Die Skalpjäger vom Lake Ontario: Trilogie-Gesamtband
Von Tomos Forrest
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Über dieses E-Book
Eines Tages, er ist gerade auf der Flucht vor einer Kriegsbande der Mingos, wird er von Colonel Richard Bacon gebeten, dessen Nichte Kathrin mit deren Familie sowie weitere Siedler an das Ufer des Ontario-Sees, in die Nähe von Fort Oswego zu begleiten und für deren Sicherheit zu sorgen. Ihm wird First Lieutenant Dunmore zusammen mit einigen fähigen Soldaten und genug Munition als Unterstützung mitgegeben, denn der etwa zweiwöchige Weg hoch hinauf in den Norden verspricht alles andere als friedlich verlaufend zu werden. Indianer streifen durch das Land, stecken wahllos Blockhäuser in Brand und skalpieren jeden Weißen, der ihnen begegnet, egal ob Mann, Frau oder Kind.
Kaum sind sie aufgebrochen, erfolgt auch schon der erste Überfall auf den kleinen Treck, wenig später wird Lederstrumpf bei einem Angriff überwältigt und entführt, und er muss die Erfahrung machen, dass jemand, der hehre Absichten vortäuscht, damit eigene, nicht gerade friedliche Ziele verfolgt, die nicht nur sein Leben kosten können …
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Buchvorschau
Die Skalpjäger vom Lake Ontario - Tomos Forrest
Impressum
Copyright © by Author/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Kathrin Peschel nach einem Motiv von Klaus Dill, 2022
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Die Skalpjäger vom Lake Ontario
Einige wichtige Personen:
Teil 1: Doppeltes Spiel mit falschen Freunden
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
Teil 2: Freunde, Mörder oder Verräter?
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
Teil 3: Entscheidung bei Fort Oswego
1. Kapitel
2. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
Aus der Feder von Tomos Forrest sind weiterhin erhältlich:
Das Buch
Nathaniel Bumppo, der bei Freund und Feind oft einfach nur Lederstrumpf heißt, aber noch viele weitere Namen trägt, kennt das Land und die Indianer besser als alle anderen, denn er hat viele Jahre zwischen ihnen gelebt.
Eines Tages, er ist gerade auf der Flucht vor einer Kriegsbande der Mingos, wird er von Colonel Richard Bacon gebeten, dessen Nichte Kathrin mit deren Familie sowie weitere Siedler an das Ufer des Ontario-Sees, in die Nähe von Fort Oswego zu begleiten und für deren Sicherheit zu sorgen. Ihm wird First Lieutenant Dunmore zusammen mit einigen fähigen Soldaten und genug Munition als Unterstützung mitgegeben, denn der etwa zweiwöchige Weg hoch hinauf in den Norden verspricht alles andere als friedlich verlaufend zu werden. Indianer streifen durch das Land, stecken wahllos Blockhäuser in Brand und skalpieren jeden Weißen, der ihnen begegnet, egal ob Mann, Frau oder Kind.
Kaum sind sie aufgebrochen, erfolgt auch schon der erste Überfall auf den kleinen Treck, wenig später wird Lederstrumpf bei einem Angriff überwältigt und entführt, und er muss die Erfahrung machen, dass jemand, der hehre Absichten vortäuscht, damit eigene, nicht gerade friedliche Ziele verfolgt, die nicht nur sein Leben kosten können …
***
Die Skalpjäger vom Lake Ontario
Die neue Lederstrumpf-Saga – J.F. Coopers unsterbliche Helden
»Er kennt die Indianer besser als alle anderen, denn er hat viele Jahre zwischen ihnen gelebt …«
Einige wichtige Personen:
› Nathaniel Bumppo: genannt Lederstrumpf, hat viele Namen; unter anderem Bear slayer, Hawkeye, Waldläufer …
› Chingachgook: Delaware, langjähriger Blutsbruder Bumppos
› Jeremias Foster: Halbblut, Skalpjäger, Händler, wiegelt die Mohawk gegen die Weißen auf.
› William S. Burkers: Händler, Waffenschieber, Alkoholschmuggler, Tochter Arabella wurde entführt
› Enyeto – Walks as a boar (Läuft wie ein Eber): Mingo, Helfer von Foster
› First Lieutenant Frederik Georg Dunmore: vom Fort Blackwater
› Cornstalk: Shawnee-Chief, auch Keigh-tugh-qua und Wynepuechsika genannt; Blutsbruder Bumppos
Der hierin erwähnte Cornstalk (* 1720 (?); † 10. November 1777) war auch als Keigh-tugh-qua und Wynepuechsika bekannt und in der Zeit der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung ein berühmter Anführer der Shawnee-Indianer. Sein englischer Name Cornstalk (Maisstengel) ist eine Übersetzung seines Shawnee-Namens Hokoleskwa oder Colesqua (blade of corn – Maishalm oder stalk of corn –Maisstengel).
***
Teil 1: Doppeltes Spiel mit falschen Freunden
1. Kapitel
Nathaniel hatte für gewöhnlich einen leichten Schlaf.
Doch die heutige Nacht war nach zwei Tagen und Nächten der Hetze durch die Wälder die erste Nacht, in der er es riskierte, zu schlafen. Der Abstand zu seinen Verfolgern war groß genug geworden, und schließlich forderte die Natur ihren Preis. So war es gekommen, dass er zusammengerollt wie ein Hund am Fuß eines Baumes eingeschlafen war und seine geschärften Sinne viel zu spät auf die Gefahr reagierten.
Da aber bestand auch schon keine Möglichkeit mehr für eine Abwehr.
Nathaniel schreckte aus dem Schlaf auf, als ihn der schnaufende Atem des Bären direkt ins Gesicht traf. Zugleich war er geistesgegenwärtig genug, sich nicht zu rühren. Blitzschnell wurde ihm bewusst, dass er sich tot stellen musste, wollte er nicht innerhalb von wenigen Augenblicken von der angreifenden Bestie zerfetzt werden.
Nathaniel blinzelte nur kurz mit den Augen.
Der Vollmond warf genügend Licht zwischen die Baumkronen auf die kleine Lichtung, um das zottige Ungeheuer zu erkennen, das sich eben über ihn gebeugt hatte.
Erneut schnaufte der Bär und begann dann, den Gegenstand vor ihm näher zu untersuchen. Sein Geruchssinn hatte ihm eine seltsame Mischung vermittelt, die zum einen Beute signalisierte, zum anderen aber einen starken anderen Geruch besaß, der alles zu überlagern schien.
Schnüffelnd und schnaufend untersuchte der Bär den Körper von oben bis unten und kehrte schließlich wieder mit seiner Schnauze zum Kopf des Erstarrten zurück. Ein unwilliges Brummen, dann schob sich eine der Pranken unter den Körper Nathaniels und rollte ihn zur Seite, wo er gegen den Baumstamm prallte.
Das Brummen wurde lauter, und jetzt rollte der Bär den Mann zur anderen Seite.
Nathaniel biss die Zähne fest zusammen, denn bei dieser Bewegung spürte er auf schmerzhafte Weise, wie die Krallen durch die dünne Decke schnitten und seine hirschlederne Bekleidung durchdrangen. Aber er hielt jeglichen Laut zurück, und erneut brummte der Bär laut.
Eine Weile geschah nichts, und Nathaniel riskierte es, die Augen richtig zu öffnen.
Wie zwei glühende Kohlen betrachteten ihn die Augen des Bären aus der Dunkelheit. Von dessen Körper konnte er wenig erkennen, aber als das Tier sich jetzt aufrichtete, glaubte Nathaniel, dass es sich jetzt doch noch auf ihn stürzen wollte. Unter dem Körpergewicht des Bären wäre er wohl zerdrückt worden, aber glücklicherweise war das Tier nun unsicher geworden.
Brummend wiegte es seinen Oberkörper vor und zurück, trat von einer Hinterpfote auf die andere und erweckte in der Dunkelheit des nächtlichen Waldes den Eindruck eines direkt aus der Hölle aufgestiegenen Dämons. Jetzt riss er den Rachen weit auf und stieß einen fauchenden Laut aus. Nathaniel roch die dabei entweichenden Ausdünstungen nach Fäulnis und Aas und spürte, wie die Übelkeit in ihm aufstieg.
Doch nun ließ sich das Tier brummend wieder auf alle viere fallen, verharrte noch einen Moment, dann hörte der noch immer steif liegende Waldläufer, wie sich der schwere Körper prasselnd einen Weg durch das Unterholz suchte, in der Ferne noch einmal brummte und schließlich wieder Ruhe einkehrte.
Erst jetzt erhob er sich aus seiner unbequemen Stellung, warf die einfache Decke von den Schultern, in die er sich gewickelt hatte, und untersuchte tastend die Stelle an der Hüfte, an der ihn das Tier beim zweiten Angriff herumgedreht hatte. Die Wunde blutete, aber glücklicherweise nicht sehr stark, und Nathaniel säuberte sie im Dunkeln, so gut es ging, mit seinem Halstuch. Danach rollte er seine Decke zusammen und hing sie sich zusammen mit dem Pulverhorn über die Schulter, griff die Kentucky-Büchse auf und bemühte sich, die Richtung anhand der Sterne festzulegen. An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken, außerdem fühlte er sich trotz der unangenehmen Begegnung mit dem Bären einigermaßen erfrischt. Ein Mensch wie er benötigte wenig Schlaf, fand sich in jeder Situation in der Wildnis rasch zurecht und konnte auch mit dem Mondlicht und den Baumwipfeln über sich genügend von den Sternen erkennen, um die grobe Marschrichtung einzuhalten.
Während Nathaniel unverdrossen seinen Weg einschlug, jagten ihm die Gedanken an die letzten Tage und Nächte wieder einmal durch den Kopf.
Jeremias Foster, der eigentlich einen kleinen Handelsposten am Ohio River betrieb, hatte sich mit einer Kriegerrotte unter deren Häuptling Enyeto (Läuft wie ein Eber) zusammengeschlossen, um die Indianer gegen die Weißen aufzuwiegeln. Es ging ihm dabei nicht um die Franzosen oder die Engländer. Foster war ein Halbblut, ein Mischling eines französischen Soldaten und einer Mingo-Frau, und seit er laufen konnte, hasste er alle Weißen, was ihn aber nicht daran hinderte, Geschäfte mit ihnen zu machen und die Felle der Indianer gegen Pulver und Blei und natürlich reichlich Feuerwasser einzutauschen. Der gepanschte Rum oder gelegentlich auch Whisky wurde von ihm noch mit anderen Ingredienzen vermischt und dadurch oft mit fürchterlichen Folgen für alle, die davon tranken.
Nathaniel hatte ihn vor vier Wochen in seinem Versteck am Lake Champlain aufgestöbert und seine vollständige Destillieranlage zerstört, den in den Fässern reifenden Alkohol auslaufen lassen und wurde gleich darauf von einer Gruppe Indianer angegriffen. Nach einem kurzen Schusswechsel zogen sich aber die Angreifer zurück, ohne dass er einen der Krieger auf eine Distanz betrachten konnte, die ihm eine Stammeszuordnung ermöglicht hätte. Nur aufgrund einer kurz darauf aufgefundenen Adlerfeder und ihrer Einfassung, mit der sie im Haar befestigt wurde, vermutete er Mingos als Urheber des Gefechtes. Schon bald wurde ihm allerdings klar, dass man ihn verfolgte, und als ihm in den frühen Abendstunden aus dem Hinterhalt das Pferd erschossen wurde und er nur mit knapper Not entkam, wusste Nathaniel, dass es sich tatsächlich um Foster und die mit ihm verbündeten Mingo-Krieger handelte. Und er ahnte, wer ihr Anführer war. Als der Schuss fiel, stieß der Mann einen gellenden Schrei aus, den Lederstrumpf schon einmal gehört hatte.
Damals konnte er gemeinsam mit seinem Blutsbruder Chingachgook die Familie retten, die von den Mingos angegriffen wurde und sich verzweifelt verteidigte. Chingachgook, Die Große Schlange, hatte sie noch eine Weile verfolgt. Als der Delaware zu den Weißen zurückkehrte, trug er an seinem Gürtel einen blutigen Skalp. Auf die Frage Nathaniels bestätigte er ihm, dass es sich um Mingos unter Enyeto handelte, von denen er allerdings nur einen einholen konnte und tötete – die anderen setzten ihre Flucht fort.
Enyeto war ein gefährlicher, unberechenbarer Krieger, der sich zum Häuptling einer Gruppe von jungen Kriegern erklärt hatte und mit ihnen marodierend durch das Land zog, dabei Siedler überfiel und ganze Familien auf grausame Weise auslöschte.
Bei dem Gedanken an Enyeto ballte Nathaniel unwillkürlich die linke Faust, während er mit der rechten seine Rifle fester umklammerte. Er war auf einem schmalen, gewundenen Wildpfad unterwegs, dessen Beschaffenheit eigentlich seine volle Aufmerksamkeit erforderte. So konnte es geschehen, dass er in der nur schlecht beleuchteten Waldlandschaft um ein Haar in die Falle getreten wäre. Im letzten Augenblick erkannte er den matten Widerschein eines Mondstrahles auf dem Eisen, riss seine Füße hoch und landete nach dem Sprung etwas unsanft auf den Knien. Der weiche Waldboden verhinderte jedoch Schlimmeres.
Als er sich wieder aufraffte und einen Blick zurück auf die geöffnete Bügelfalle warf, schauderte er unwillkürlich. Möglicherweise hatte der kräftige Wind des Vortages dafür gesorgt, dass die zur Tarnung darüber gelegten Zweige etwas verschoben waren. Eigentlich war es egal, was ihm diese mörderische Falle in letzter Minute verraten hatte. Nur durch seinen beherzten Sprung war er der Falle entgangen, die ihm vermutlich glatt das Fußgelenk durchschlagen hätte, wäre er hineingetreten.
Eine gespannte Falle, groß genug, um einen Wolf oder ein anderes, großes Tier darin zu fangen, war das Zeichen für die Anwesenheit von Menschen. Und das bedeutete für den Flüchtling, dass er der nächsten Gefahr noch nicht entkommen war.
Nathaniel war nur ein paar Schritte auf dem Wildpfad weitergegangen, zog dabei tief die Luft in die Nase ein und drehte sich mit geblähten Nasenflügeln einmal im Kreis. Schließlich hatte er die Quelle für den feinen Rauchgeruch, der noch immer in der Luft lag, gefunden und eilte dem sich zwischen den Bäumen abzeichnenden Umriss einer Blockhütte entgegen, lautlos und schnell wie eines der Tiere, die diesen Wald am Lake Champlain auf ihren Raubzügen durchstreiften. Jetzt wurde der Geruch eines fast niedergebrannten Feuers stärker, gleich darauf legte Nathaniel sein Ohr an das raue Holz neben der Tür und lauschte. Er hörte, wie das Blut in seinem Ohr rauschte, und er konnte seinem Herzschlag lauschen, der heftig bis in den Hals hinauf schlug.
Aus dem Blockhaus drang kein Laut zu ihm heraus, und nun war guter Rat teuer. Wer eine solche Hütte oder auch nur ein Zelt ohne Einwilligung des Besitzers betrat, musste damit rechnen, dass ohne Vorwarnung auf ihn geschossen wurde. Also machte er sich durch zaghaftes Klopfen bemerkbar und verstärkte schließlich seine Bemühungen, da keine Reaktion erfolgte.
Endlich drückte er gegen die massive Eingangstür, die darauf lautlos in das Innere schwang. Aus der Dunkelheit des dahinter befindlichen Raumes drang immer noch kein Laut zu ihm heraus.
»Hallo the house!«, rief Nathaniel mit halblauter Stimme, wie es in solchen Fällen üblich war. Offenbar hatten die Bewohner einen tiefen Schlaf und zudem keinerlei Hunde. Der fremde Besucher nahm seinen unförmigen, schwarzen Hut vom Kopf, steckte ihn auf den Lauf seiner Rifle und schob ihn langsam in das Innere der Hütte. Dabei wiederholte er seinen Ruf, diesmal lauter.
Nichts rührte sich.
Also riskierte er es, mit einem raschen Schritt in die Hütte einzutreten und sich vor die regungslose Gestalt auf dem einfachen Bett zu stellen.
»Bitte um Entschuldigung, aber die Tür stand offen, und ich …«
Damit verstummte Nathaniel wieder, denn nun nahm er neben dem Geruch des erst kürzlich erloschenen Feuers etwas anderes wahr. Ein unangenehmer, eigenartiger und dabei unverkennbarer Geruch trat hinzu.
Das war eindeutig Blut, und mit einem schnellen Schritt war er an der einfachen Herdstelle und blies in die fast erloschene Glut. Behutsam wiederholte er das Verfahren, bis eine kleine Flamme aufzüngelte, an die er einen halb verkohlten Holzspan hielt. Die Flamme wurde größer, er konnte Holzstückchen darauf legen und hatte endlich den einfachen Herd wieder zu heller Glut entflammt, die nun das Innere des Blockhauses ausreichend beleuchtete.
Als er sich langsam wieder zur Bettstelle umdrehte, erkannte er dort vier dunkle Körper, dicht beieinander liegend, als würden sie friedlich schlafen. Nathaniel nahm ein Kienstück, wartete, bis die Flamme gierig daran entlangleckte und hielt sie anschließend über die Bettstelle. Der Anblick, der sich ihm im flackernden Schein seiner Kienleuchte bot, ließ ihn erschauern. Dort lag ein Mann lang ausgestreckt neben seiner Frau, auf jeder Seite des Paares lag ein Kind, beim Mann ein etwa zehnjähriger Junge, neben der Frau ein vielleicht sechs Jahre altes Mädchen. Ihre Gesichter waren blutleer, als der Schein der Kienleuchte auf sie fiel.
Als er sein Licht langsam über die reglosen Gestalten gleiten ließ, erkannte er die Todesursache. Allen vier Menschen in diesem Blockhaus war die Kehle durchgeschnitten. Das dunkle Blut hatte sich auf ihrer Kleidung sowie dem Bett in einer ekelhaften, schwarzen Lache ausgebreitet und war inzwischen längst verkrustet. Nathaniel traten bei diesem Anblick die Tränen in die Augen, und obwohl er schon öfter derart bestialisch ermordete Siedlerfamilien gesehen hatte, konnte er sich an diesen Anblick nicht gewöhnen.
Wortlos taumelte er aus der Hütte und ließ sich davor langsam auf den Boden nieder, lehnte den Rücken gegen die nur grob gehobelten Balken und stützte den Kopf schwer auf seine Hände.
Warum nur? Wer hatte ein Interesse daran, harmlose Menschen auf so grausame Weise zu töten? Und warum hatte man sie anschließend auf das Bett gelegt und sie nicht einfach an Ort und Stelle liegen gelassen?
Die Antwort auf diese Fragen gab er sich selbst, als er im ersten Morgengrauen die Gräber aushob, um die Toten würdig zu bestatten.
Sie waren offenbar nicht erst nach ihrer Ermordung auf das Bett gelegt worden, sondern an Ort und Stelle umgebracht. Wie das geschehen war, wollte er sich gar nicht weiter ausmalen. Aber während die Indianer oft nach solchen Bluttaten das Blockhaus anzündeten, waren diese Toten wie zu einem besonderen Zweck auf dem Bett liegen geblieben.
Das konnte nur eines bedeuten: Der oder die Mörder wollten, dass man sie so vorfand. Und sie wussten auch, dass diese Entdeckung nicht lange auf sich warten würde.
Was wiederum bedeutete, dass sich vermutlich die Mörder wie auch die von ihnen Erwarteten noch in der Nähe befinden mussten.
Nathaniel überprüfte das Zündkraut auf der Pfanne seiner Rilfe und schloss behutsam den Deckel wieder. Anschließend sah er sich auf der Lichtung um und wählte einen geeigneten Platz.
Er war in solchen Dingen geduldig, verstand es, sich bequem auch auf einem Ast einzurichten, das Gewicht so zu verlagern, dass die harte Unterlage nirgendwo drückte, und er sofort bereit war, die Kentucky-Rifle zu benutzen, sollte es darauf ankommen.
Doch als die Reiter durch den Wald kamen, ließ er sein Gewehr wieder sinken. Die roten Uniformen der Soldaten schimmerten deutlich zwischen den Bäumen hindurch, und Nathaniel wusste jetzt, dass ihm von dieser Gruppe keine Gefahr drohte. Im Gegenteil, als er von seinem Baum hinunterkletterte und die Männer in nachlässiger Haltung, den Rücken an den Stamm gelehnt, erwartete, wusste er, dass diese Soldaten ihn wahrscheinlich sogar vor seinen Verfolgern bewahren konnten.
Zumindest für eine gewisse Zeit.
Erstaunt betrachtete ihn First Lieutenant Frederik Georg Dunmore, der sein Pferd als Erster auf die Lichtung vor dem Blockhaus trieb.
»Aber – das ist ja – Lederstrumpf! Wie kommst du hierher, Nathaniel? Und bist du allein oder ist der Delaware bei dir?«
Der Waldläufer wartete ab, bis die Soldaten ebenfalls ihre Pferde zügelten und alle gleich darauf aus den Sätteln stiegen.
»Fred, schön dich gerade hier zu sehen. Chingachgook ist gemeinsam mit Uncas und zwei weiteren Kriegern auf der Jagd, sie wollen Fleisch machen und ihre Familien für den Winter mit Vorräten versehen.«
»Was ist hier geschehen, Lederstrumpf?«
»Die Familie ist ermordet worden, sie liegen alle auf dem Bett wie aufgereiht. Kein schöner Anblick!«, gab Nathaniel zur Antwort, während er die Hand des Freundes kräftig drückte.
Dunmore warf den Kopf herum und starrte auf die noch immer weit offen stehende Tür.
»Verd… dann sind wir also zu spät gekommen!«, murmelte er durch die zusammengepressten Zähne. »Wenn wir doch nur geahnt hätten …«
»Was geahnt, Fred? Hat euch jemand von der geplanten Ermordung berichtet?«
Der First Lieutenant schüttelte sein blass gewordenes Gesicht.
»Nicht direkt, aber die Anzeichen sind deutlich gewesen. Überall im Land steigen Rauchsäulen auf, und unsere Kundschafter berichten von verschiedenen Stämmen, dass sie das Kriegsbeil ausgegraben haben!«
Nathaniel schüttelte den Kopf.
»Das glaube ich nicht, Fred. Davon habe ich während meiner bisherigen Reise durch das Land keinerlei Anzeichen gefunden. Es mag sein, dass hier, in der Nähe des Forts, die Gewalttaten begonnen haben. Aber das sind nach meiner Überzeugung die Taten einer kleinen Gruppe, die den Krieg damit heraufbeschwören wollen.«
Der First Lieutenant sah ihn auf merkwürdige Weise an.
»Meinst du wirklich? Dann müssen es aber Menschen sein, die von einem wahren Genie angeführt werden. Innerhalb weniger Stunden brannten mehrere Blockhäuser in einem weiten Umkreis ab, und das würde bedeuten, dass diese Burschen die einsamen Siedler überfallen, sie ermorden, alles anzünden und sofort weiterreiten, um die nächste Tat zu begehen.«
»Hier haben sie nichts angezündet, auch keinen Versuch unternommen!«, antwortete ihm Nathaniel nachdenklich.
»Vielleicht wurden sie durch deine Ankunft gestört?«
»Das glaube ich