Ein Zufall kann zum Schicksal werden: Dr. Norden Bestseller – Neue Edition 13 – Arztroman
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Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Guten Tag, Frau Nilson. Was führt Sie zu mir?« fragte Dr. Daniel Norden erstaunt, denn einen kranken Eindruck machte die sonnengebräunte Dame mittleren Alters gewiß nicht. Ein wenig besorgt war er aber dennoch, denn die Nilsons hatten eine Weltreise gemacht, und dabei konnte man sich schon einen Virus einfangen, der nicht gleich erkennbar war. »Ich wollte mich eigentlich nur zurückmelden«, erwiderte Mary Nilson. »Wir haben alles bestens überstanden, und es war sehr interessant, aber nun sind wir doch froh, wieder zu hause zu sein. Besonders Annettes wegen.« Ihre Stimme hatte einen besorgten Klang. »Was ist mit Annette?« fragte Dr. Norden überrascht. »Sie ist so verändert. Ich mache mir doch Vorwürfe, daß wir so lange weg waren.« »Aber Annette ist doch kein Kind mehr«, stellte der Arzt fest. »Mit zwanzig Jahren sind die jungen Menschen recht selbständig, und außerdem war sie doch nicht allein, Frau Nilson.« Dr. Norden war über die Familienverhältnisse der Nilsons bestens informiert.
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Dr. Norden – Retro Edition
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Ein Zufall kann zum Schicksal werden - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller – Neue Edition
– 13 –
Ein Zufall kann zum Schicksal werden
Patricia Vandenberg
»Guten Tag, Frau Nilson. Was führt Sie zu mir?« fragte Dr. Daniel Norden erstaunt, denn einen kranken Eindruck machte die sonnengebräunte Dame mittleren Alters gewiß nicht. Ein wenig besorgt war er aber dennoch, denn die Nilsons hatten eine Weltreise gemacht, und dabei konnte man sich schon einen Virus einfangen, der nicht gleich erkennbar war.
»Ich wollte mich eigentlich nur zurückmelden«, erwiderte Mary Nilson. »Wir haben alles bestens überstanden, und es war sehr interessant, aber nun sind wir doch froh, wieder zu hause zu sein. Besonders Annettes wegen.« Ihre Stimme hatte einen besorgten Klang.
»Was ist mit Annette?« fragte Dr. Norden überrascht.
»Sie ist so verändert. Ich mache mir doch Vorwürfe, daß wir so lange weg waren.«
»Aber Annette ist doch kein Kind mehr«, stellte der Arzt fest. »Mit zwanzig Jahren sind die jungen Menschen recht selbständig, und außerdem war sie doch nicht allein, Frau Nilson.«
Dr. Norden war über die Familienverhältnisse der Nilsons bestens informiert. Sie wohnten in nächster Nachbarschaft und lebten in besten Verhältnissen. Sie stammten aus Schweden, hatten aber München schon lange zur Wahlheimat gemacht.
Schon von Haus aus vermögend, war Arne Nilson zudem noch ein sehr geschäftstüchtiger Mann, der an manchen Unternehmen beteiligt war. An wie vielen wußte niemand, da er darüber nicht sprach und auch keinen Wert darauf legte, in der Öffentlichkeit eine Rolle zu spielen.
Er war ein sympathischer Mann, hatte noch etwas von einem Wikinger an sich und liebte hin und wieder auch ein abenteuerliches Leben. Ebenso gern war er dann wieder daheim in seinem schönen Haus, das mit Kostbarkeiten aus aller Welt gefüllt war, führte mit Mary eine glückliche Ehe, war stolz auf seinen Sohn Dirk und liebte seine Tochter Annette abgöttisch.
Annette war ein sehr sportliches Mädchen, das ebenso gut reiten wie fechten konnte und als Tennisspielerin schon internationales Format erreicht hatte. Wenn Dr. Norden ihretwegen konsultiert wurde, dann nur, wenn sie mal eine kleine Verletzung hatte. Sie war kerngesund und springlebendig, und Dr. Norden konnte sich nicht vorstellen, daß man sich ihretwegen Sorgen machen mußte.
Aber Mary Nilson war nicht die Frau, die sich grundlose Sorgen machte, und deshalb war es dem Arzt ganz interessant, was sie nun vermutete.
»Ich könnte mir nur erklären, daß sie durch diese etwas seltsame Freundschaft mit Florian Funk deprimiert wird«, erklärte Mary. »Kennen Sie ihn zufällig?«
Dr. Norden kannte viele Leute, aber diesmal mußte er bedauern.
»Wieso seltsame Freundschaft?« fragte er.
»Weil sie überhaupt nicht zueinander passen«, erklärte Mary. »Ich will nichts gegen Florian sagen. Er ist ein höflicher junger Mann, beste Familie, sieht auch sehr gut aus. Aber er ist ein Stubenhocker. Treibt keinerlei Sport. Ich kann mir nicht erklären, wie es überhaupt zu dieser Freundschaft gekommen ist, aber er ist von einer Anhänglichkeit, die mir auf die Nerven gehen würde. Sie sehen sich fast jeden Tag, und dann schreibt er ihr noch dauernd Briefe. Kaum haben sie sich getrennt, ruft er schon wieder an. Das ist doch nicht normal.«
Mary war eine so absolut normale Frau, und sie hatte auch einen sehr normalen Mann, der nicht zu Sentimentalitäten neigte.
»Es könnte ja Liebe sein«, bemerkte Dr. Norden mit einem flüchtigen Lächeln.
»Dann aber eine einseitige«, widersprach sie. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Annette davon begeistert ist. Ich glaube eher, daß sie Mitleid mit ihm hat, ihn aber nicht verletzen will.«
Dr. Norden konnte dazu schlecht etwas sagen, aber er spürte, daß sich Mary Nilson in echter Sorge um ihre Tochter befand.
»Jetzt hätte Annette an einem Tennisturnier in den Staaten teilnehmen können, aber sie hat es abgelehnt«, fuhr Mary fort, »und das kommt mir schon mehr als merkwürdig vor.«
»Wie wäre es, wenn sie mal mit ihr sprechen würden, Frau Nilson?« fragte Dr. Norden.
»Das sieht wieder so nach Einmischung aus. Davon halten wir auch nichts. Ich kann diese Ellen Funk nämlich nicht leiden. Es ist die Stiefmutter von Florian, ein exzentrisches Weib. Will überall die erste Geige spielen. Natürlich wäre es ihr recht, wenn Florian Annette heiraten würde und aus dem Haus käme. Aber das kommt überhaupt nicht in Frage, dazu sind sie beide zu jung.«
»Wie jung ist er?« fragte Dr. Norden.
»Zweiundzwanzig.«
Dr. Norden wollte nicht erwähnen, daß viele junge Menschen so früh heirateten. Er wußte, daß Mary nicht zu Übertreibungen neigte und nicht nur die Jugend der beiden als Gegenargument gegen eine Heirat einwand-te.
»Ich weiß nicht, wie ich Ihnen helfen könnte, Frau Nilson«, sagte er.
»Sie waren schon lange nicht mehr im Tennisclub«, erklärte sie mit ihrer umwerfenden Offenheit. »Am Sonntag ist ein Hausturnier. Könnten Sie da nicht mal kommen und mit Annette ein Gespräch beginnen? Ihre Frau sieht man ja auch so selten.«
Daniel Norden hatte nicht die geringste Lust, nach einer arbeitsreichen Woche den Sonntagnachmittag auf dem Tennisplatz zu verbringen, anstatt mit seinen Kindern, aber er wollte keine ablehnende Antwort geben.
»Mal sehen, was sich machen läßt«, erwiderte er.
»Wir würden Sie ja auch gern mal bei uns zu Gast haben«, sagte Mary Nilson. »Man wohnt so nahe beieinander und sieht sich so selten.«
»Sie wissen ja, wie es bei mir zugeht.«
»Ja, ich weiß«, sie seufzte, »und ich halte Sie auch noch auf. Bitte, nicht böse sein, aber ich fühle mich so hilflos.«
Das sagte eine Frau wie Mary Nilson, und das gab Dr. Norden zu denken.
»Vielleicht klappt es am Sonntag«, sagte er.
*
Doch es sollte ganz anders kommen, so, wie es bestimmt nicht vorauszusehen gewesen war.
Es war Freitag geworden, und Daniel hatte völlig vergessen, seine Frau Fee zu fragen, ob sie Lust hätte, ein Tennisturnier zu besuchen. Es war ein so wechselhaftes Wetter, daß sich die Krankheitsfälle häuften und er bis spät in die Nacht hinein Krankenbesuche machen mußte. Er hatte kaum Zeit, eine Mahlzeit mal in Ruhe einzunehmen, was Fee ebenso mißfiel wie der guten Haushälterin Lenni, und auch die drei Kinder maulten, weil sie den Papi kaum noch zu sehen bekamen.
Auch an diesem Freitagabend war Daniel wieder unterwegs, als Fee ein dringender Anruf in seiner Privatwohnung erreichte.
Frau Buchmann, eine Fotografin, die Fee sehr gut kannte, da sie schon ganz entzückende Porträtfotos von ihren Kindern gemacht hatte, war am Telefon, und sie war sehr aufgeregt.
»Dr. Norden muß schnell kommen«, tönte es an Fees Ohr. »In meinem Garten liegt ein bewußtloser Mann. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll.«
Fee wußte momentan auch keinen Rat, da sie nicht wußte, wo sie Daniel erreichen konnte. Aber da sie selbst Ärztin war und es noch nicht vergessen hatte, konnte sie einen solchen Hilferuf nicht ungehört verhallen lassen, um so mehr, weil Frau Buchmanns Haus nur etwa zweihundert Meter entfernt lag.
»Ich komme«, sagte sie.
Sie hatte zwar nur einen kleinen Arztkoffer, aber erste Hilfe würde sie doch leisten können. Vielleicht handelte es sich auch nur um einen Betrunkenen, der sich nicht mehr zurechtgefunden hatte. Das war auch schon passiert, aber Fee konnte sich auch recht gut vorstellen, wie es einer alleinstehenden Frau zumute war, wenn sie so erschreckt wurde.
Sie benutzte ihr Mofa, das sie sich für kurze Wege angeschafft hatte, da man mit dem keine Parkschwierigkeiten hatte. Daniel war das nicht ganz recht gewesen, aber Fee hatte ihn überzeugt und hatte auch ihren Spaß damit.
Ein Spaß sollte es diesmal allerdings nicht sein, denn um einen Betrunkenen handelte es sich nicht, und Fee konnte auch keine sichtbaren Verletzungen feststellen. Ihr sah es fast mehr nach einem Herzinfarkt aus, obgleich es sich um einen noch jungen Mann handelte.
»Rufen Sie schnell einen Krankenwagen, Frau Buchmann. Er muß in die Klinik. Ich wage nicht, hier etwas zu machen.«
Sie nannte auch die Nummer, und die schrecklich aufgeregte, nicht mehr junge Frau führte diesen Auftrag dann aus.
Der Krankenwagen kam. Ein junger Arzt, der Fee unbekannt war, starrte Fee betroffen an, als sie sich als Kollegin vorstellte. Der Name Norden schien ihn noch mehr zu irritieren.
»Am besten gleich zur Behnisch-Klinik«, sagte sie energisch. »Ich wage nicht, eine Diagnose zu stellen. Man sollte Sauerstoff geben.«
Vielleicht fühlte er sich bevormundet, vielleicht wußte er sich auch selbst keinen Rat.
»Gut, zur Behnisch-Klinik«, sagte er mit einem unwilligen Unterton. »Wie lange liegt der Mann schon hier?«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Fee. Frau Buchmann wußte es auch nicht. Sie hatte ihn kurz zuvor erst gefunden. »Ich glaube, Eile tut not«, sagte Fee mahnend.
Der Krankenwagen fuhr ab. »Darf ich mal Ihr Telefon benutzen, Frau Buchmann?« fragte Fee. »Ich will Dr. Behnisch verständigen.«
Frau Buchmann war froh, nicht mehr allein zu sein. Fee erreichte Jenny Behnisch und erklärte ihr, was vorgefallen war. Daniel sei unterwegs, fügte sie noch hinzu.
»Ich wußte mir keinen anderen Rat«, sagte Frau Buchmann immer noch zitternd vor Erregung. »Mit den