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Goldene Sonne: Schwarze Schatten
Goldene Sonne: Schwarze Schatten
Goldene Sonne: Schwarze Schatten
Ebook1,144 pages17 hours

Goldene Sonne: Schwarze Schatten

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About this ebook

Jeder hat seinen Platz im Leben. Obwohl die Geschichte Erfindung ist, so zeigt sie doch einen stattlichen Teil er gruseligen Realität in Afrika auf.
Keno, ein kenianischer Journalist, kommt eher durch Zufall einem Wirtschaftsskandal, Betrug in Millionenhöhe auf die Spur. Seine Recherchen sind noch nicht abgeschlossen, da erfolgt bereits eine massive Bedrohung. Er gibt jedoch nicht auf. Daneben geht dem Mord an seinem Kollegen Winston Kipeki nach. Er stellt fest, dass der mutmaßliche Täter, der inzwischen ebenfalls im Gefängnis ermordet wurde, unschuldig war. Dabei kommt er dem Boss eines weitverbreiteten Wildererringes auf die Spur. Erst als man seinen Sohn entführt, vermutet er ein weiteres Oberhaupt dieser Schmugglerorganisation zu erkennen. Durch Unwissenheit, aber auch Selbstüberschätzung setzt er eine Lawine in Bewegung, die völlig unschuldige Menschen trifft. Das erste Opfer, sein langjähriger tansanischer Freund Jack, den man erschoss. Für ein Eingreifen seinerseits ist es bereits zu spät. Die Wahrheit ist ein Kleinod, darum will sie mancher nicht alle Tage zur Schau tragen.

LanguageDeutsch
Release dateMar 1, 2022
ISBN9781005850838
Goldene Sonne: Schwarze Schatten
Author

Angelika Friedemann

Die Autorin: Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. Albert Einstein Ich versuche, die Aufmerksamkeit der Leser zu fesseln, sie zu unterhalten und zu erfreuen, möglicherweise zu erregen oder tief zu bewegen.

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    Book preview

    Goldene Sonne - Angelika Friedemann

    Goldene Sonne – Schwarze Schatten

    Angelika Friedemann

    Goldene Sonne

    – Schwarze Schatten

    Published by Kevin Friedemann at Smashwords.

    Copyright 2022

    Smashwords Edition, License Notes

    This ebook is licensed for your personal enjoyment only. This ebook may not be re-sold or given away to other people. If you would like to share this book with another person, please purchase an additional copy for each recipient. If you’re reading this book and did not purchase it, or it was not purchased for your use only, then please return to Smashwords.com and purchase your own copy. Thank you for respecting the hard work of this author, Angelika Friedemann.

    Ng'ombe wa maskini, hazai mapacha.

    Nyumba ya simba, haiingii ila simba.

    Die Armen bleiben arm, die Reichen werden immer reicher.

    Jeder hat seinen Platz im Leben.

    Punge moja ya mtama, ni bora kuliko almasi.

    Ein Maiskorn ist besser als ein Diamant.

    Chapter °°°°

    Keno Kuoma verließ den Jeep, schloss leise die Tür, hielt die Kamera vor sein rechtes Auge, schaute kurz hindurch und drehte an dem großen Zoomobjektiv. Zufrieden schlich er geduckt an dem dichten braun-beigefarbenen Dornengebüsch entlang, bemüht kein Geräusch zu verursachen. Es war hier, so wie fast überall im Norden und Osten des Landes, zurzeit staubtrocken. Einige gelbe Gräser standen hoch, wirkten grotesk, da man im Übrigen nur Sand und Steine erblickte. Die sonst zahlreichen Wildtiere waren verschwunden, abgewandert, durchkämmten in der Nähe das Terrain nach spärlichen Überresten von Bächen, Rinnsalen und Wasserpfützen. Anders konnte man diese brackigen Gewässer nicht nennen. Dort erlangten sie noch Gras, Halme, Blätter an den Sträuchern und Bäumen. Keine Vögel sah man am Himmel. Für Tiere gab es hier und im weiten Umkreis in keinerlei Hinsicht mehr etwas zu erbeuten. Selbst nur in sehr geringem Maß vorhandenes, vertrocknetes Grün suchte man vergebens. Die Büsche, das Gesträuch, das ansonsten hoch wucherte, war verdorrt, nur einzelne knorrige Zweige zeugten davon, dass es einmal andersartig ausgesehen hatte. Vier ausgefallene Regenperioden verwandelten das Gebiet in ein katastrophales Trockenterrain, eine Vorstufe zur Wüste.

    Das interessierte den Kikuyu augenblicklich nur minimal, er nahm es nicht mehr wahr, da es inzwischen ein alltägliches Bild darstellte. Seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit gehörte dem Paar, dem er gefolgt war.

    Ein kleiner Windhauch wirbelte eine Staubfontäne empor, die sich rasch über die Savanne ausbreitete. Die Frau stellte sich enger an einen der parkenden Wagen, als sich ihnen der Sandwirbel näherte.

    Er blieb hinten dem ausgedorrten Dornengebüsch hocken, suchte nach einem Loch und robbte ein Stück vorwärts, bis er eine zweckentsprechende Stelle fand. Seine Deckung eher ungenügend. Er vertraute jedoch auf sein Glück, das man ihn nicht wahrnahm. Vorsichtig schob er das lange schwere Objektiv durch die ausgetrockneten, verschachtelten Zweige mit ihren länglichen, spitzen Dornen. Berührte er dieses Geäst, würde es sofort brechen. Das Geräusch könnten die Leute aufschnappen, da es ruhig war, sehr still. Er drückte auf den Auslöser, schoss nun Foto um Foto. Selbst das leise Klicken kam ihm enorm laut vor in dieser gespenstisch wirkenden Einöde. Keno bedauerte dabei, dass er nicht hörte, über was die vier Männer und die Frau sprachen. Es musste etwas extrem Bedeutsames sein, sonst hätte man sich nicht in der Wildnis getroffen, sondern in aller Öffentlichkeit in Nairobi, von wo die beiden deutschen Geologen extra her gefahren waren.

    Er wäre fast aufgesprungen, als er beobachtete, wie sich einer der Kerle eine Zigarette anzündete. Das bei dieser Dürre. Nur ein Funke - die Savanne würde in Sekunden lichterloh brennen. Die zwei vereinzelten Bäume, unter denen sie parkten, waren so trocken wie alles. Kahles Gesträuch! Die wazungu sind bozi, dachte er erzürnt.

    Der ältere Franzose lief nervös einige Schritte hin und her, gestikulierte wild mit den Händen, unterdessen er redete, nahm nun den Schlapphut ab, strich sich durch die braunen Haare, bevor er erneut das Gerenne aufnahm, mit der Kopfbedeckung dabei vor seinem Gesicht herum wedelte. 21 Grad waren nicht so warm, dass man ins Schwitzen geriet. Er fühlte sich offenbar äußerst unwohl oder er echauffierte sich zu heftig.

    Ein sehr merkwürdiges Treffen, zumal man sich fast tagtäglich bei den laufenden Konferenzen sah. Wieso ergo diese Zusammenkunft?

    Ein Windstoß fegte der Frau den großen Strohhut vom Kopf, dem einer der Franzosen schnell hinterherrannte. Der Hut und folgend der Mann kamen immer näher. Keno duckte sich tiefer, ließ den Auslöser los. Endlich bekam der Mann ihn zu fassen, schüttelte den kurz und eilte zurück, ohne einen Blick in seine Richtung geworfen zu haben. Damn, das war knapp, atmete er erleichtert auf. Nun fotografierte er weiter.

    Die Memsaab setzte den Hut auf, während sie mit den Männern sprach. Ein beigefarbener, dicker, schmaler Umschlag wechselte den Besitzer. Der Deutsche steckte ihn in die Innentasche seiner Jacke, ohne dass er nachsah. Die Frau hingegen schien zu meckern, wie er aus ihrer Gestik ableitete.

    Hier lief etwas Linkes ab, wusste Keno instinktiv, obwohl er sich nicht erklären konnte, um was es sich dabei handelte. Er besitzt einen siebten Sinn für dubiose Vorgehen, hatte es ein Kollege einmal bezeichnet. Dieser Instinkt sagte ihm soeben, dass diese fünf Menschen in etwas Irreguläres verwickelt waren oder planten.

    Die Frau blickte sich ständig um, wirkte wie gehetzt. Sie schaute in seine Richtung und er duckte sich tiefer, gleichzeitig hielt er den Auslösemechanismus gedrückt, obwohl sein rechter Arm allmählich erlahmte, da er mehrere Kilo hochstemmte.

    Nach weiteren zehn Minuten heftiger Debatte trennte man sich. Die beiden Autos fuhren in entgegengesetzte Richtung davon. Er robbte zu seinem Jeep, überlegte, lenkte zu guter Letzt nach Nordwest, wohin der Pkw der drei Franzosen, eine große Staubwolke zurücklassend, verschwunden war.

    Während er Kurs Nairobi steuerte, der Staubfontäne folgte, die er entfernt beobachtete, grübelte er, was das bedeutete. Theoretisch konnte das nur mit den derzeitigen Verhandlungen, den damit verbundenen Abbaurechten in Zusammenhang stehen. Mehrere Nationen trafen sich zurzeit mit Umweltminister John Njoroge Michuki, um über die spärlichen kenyanischen Bodenschätze zu verhandeln, an denen gerade der Westen enormes Interesse bekundete. Sie stellten Vorkommen von Erdmetallen, diese sogenannten Rare-Earth-Elements, in Kenya fest. Sofort setzte die Schleimerei der Industrienationen ein. Die Industrieländer benötigten Eisentitanat, Titanoxid und Zirconiumsilicat. Gleich tauchten die Politiker aus Europa wie die Geier im Land auf. Alle wollten etwas von dem Kuchen abhaben, und zwar wenn möglich - umsonst. Woanders musste man horrende Preise dafür bezahlen.

    Er öffnete die Seltersflasche, trank, indes er mit den Knien das Lenkrad über die weite vertrocknete, staubige ehemalige Grasfläche lenkte. Hier grasten ansonsten Tiere: Rinder, Zebus, Ziegen, Schafe, die von den watoto beaufsichtigt wurden. Jetzt war weit und breit nichts zu erkennen, außer hartem Boden, Steine und Staub. In den kleinen Ansiedlungen, die er links passierte, herrschte gespenstische Stille. Niemand war zu sehen, nur eine schwache Rauchsäule belegte, dass dort noch Menschen lebten. Er durchfuhr einen schmalen Nebenarm des Athi-Rivers, der völlig ausgetrocknet war. Der diente sonst als Wasserquelle für die hiesigen Bewohner, das Vieh. Die Frauen waren inzwischen gezwungen, kilometerweit zu laufen, um Wasser und ein wenig Feuerholz nach Hause zu schleppen. 50 Kilo waren für sie keine Seltenheit, oftmals trugen sie dazu noch ein mtoto im Tuch umgebunden oder das Feuerholz, das mit Riemen um die Stirn auf dem Rücken festgehalten wurde. Diese Strapazen mussten sie spätestens jeden zweiten Tag auf sich nehmen, egal wie heiß es war. Ein hartes Los, noch dazu, da sie zu wenig zu essen bekamen, die Körper ausgemergelt waren.

    Er bemerkte an der nicht mehr vorhandenen Staubfahne, dass der Wagen langsamer fuhr, so lenkte er um einen Hügel herum und blieb stehen. Anscheinend hatte man ihn entdeckt.

    Er fuhr ein Stück zurück und parkte den Jeep, lief rasch den kleinen Hügel empor, wobei er die letzten Meter auf allen vieren zurücklegte, oben angekommen vorwärts robbte, dabei über die Steine fluchte. Damn!

    Überrascht erblickte er neben dem Auto der Franzosen einen großen nagelneuen SUV. Ein etwa 50-jähriger Schwarzer redete mit den drei Männern. Keno kroch rasch zurück, hastete hinunter, holte die Kamera und eilte zurück. Dieses Mal hielt er sich weiter links und drückte auf den Auslöser. Der Schwarze war gut und teuer gekleidet, aber er kannte ihn definitiv nicht. Er wirkte arrogant - ndiyo - wie ein Mann, der keinen Widerspruch duldete.

    Der ältere Franzose sprach heftig auf den Mann ein, wütend, schubste ihn sogar an der breiten Brust. Es schien richtigen Zoff zu geben. Der Schwarze nickte nur, setzte eine große Sonnenbrille auf, während er redete. Seine goldene Uhr und ein protziger goldener Ring glänzten dabei in der Sonne. Möchte mal wissen, was jetzt in ihm vorgeht? Dass ihn ein mzungu attackierte, anmeckerte, hatte der gewiss noch nicht oft erlebt. Am liebsten würde er ihm mit der panga den Kopf abschlagen und den Rest den fisi zum Fraß vorwerfen, belustigte sich Keno.

    Fünf Minuten darauf grüßte der Schwarze kopfnickend die drei Männer und fuhr rasch davon, eine breite Staubwolke hinter sich herziehend. Erleichtert atmete er auf, dass der Mann Richtung Süden davonbrauste, der Unbekannte so nicht seinen Wagen erspähte.

    Keno wartete, bis der andere Wagen verschwunden war, und erst dann stieg er langsam hinunter. Unten angekommen klopfte er den Staub von seiner Kleidung, bemerkte einen Riss in der Jeans. Damn! Er entschied sich für die nähere Strecke Richtung Hauptstadt. Diese führte ihn über kaum noch erkennbare rötliche Feldwege, die neben vertrockneten Äckern oder Wiesen entlangführten. Alles sah einheitlich vertrocknet aus. Der Athi-River, den er mühelos durchquerte, führte zwar noch Wasser, allerdings war der Wasserstand der rötlichen Brühe, erschreckend niedrig. Er sah kurz eine grüne Wasserschlange, die sich langsam schlängelnd in ihrem Territorium bewegte. „Hau ab, sonst liegst du dummes Vieh bald auf dem Trockenen."

    Nun zu den Geologen: Ilmenit gehörte zur Mineralklasse der Oxide und Hydroxide. Oxiden mit dem Stoffmengenverhältnis Metall 2:3. Ilmenit ist einer der Hauptausgangsstoffe für die Herstellung von Titandioxid sowohl nach dem Chloridverfahren als auch nach dem Sulfatverfahren, versuchte er, seine Kenntnisse abzurufen. Rutil hingegen zählte zu den tetragonalen Mineralen, war meist von prismatischem Habitus. Bei der Herstellung von Titanoxid aus Ilmenit nach dem Sulfatverfahren entsteht verdünnte Schwefelsäure, die meist nach Aufkonzentration für den Ilmenitaufschluss wiederverwendet wird. In einigen Ländern wird diese Dünnsäure bis heute zum Teil in Flüsse und Meere geleitet. Illegal! Die Gewinnung nach dem Chloridverfahren, vorwiegend aus Rutil, lässt dagegen keine verdünnte Schwefelsäure entstehen. Das verwendete Chlor blieb weitgehend im Prozesskreislauf. Zirkon wiederum ist ein Mineral aus der Mineralklasse der Silicate und der Gruppe der Inselsilicate. Sie enthalten Spuren der radioaktiven Nuklide. Alle diese Isotope zerfallen über Zerfallsreihen zu verschiedenen Bleiisotopen. Durch Messen der entsprechenden Uran-Blei- oder Thorium-Blei-Verhältnisse kann … „Irrelevant", schimpfte er laut.

    Kenya verfügte über geringfügige Vorkommen an Bodenschätzen. Natriumkarbonat, Salz, daneben karge Mengen an Gips, Blei, Gold, Silber, Kupfer, Asbest, Kalkstein, Graphit, Flussspat, Kieselgur, Seifenstein und neuerdings über diese sogenannten Seltenen Erden, korrekterweise Erdmetallen. Was planten die zwei Geologenteams, dass man sich deswegen heimlich traf? Was konnte man dort manipulieren oder sabotieren? Wenn nicht die Rare-Earth-Elements, was dann? Wer war dieser Schwarze? Fraglos war der darin involviert. Nur wie? Hapana, es musste etwas mit der Bodenbeschaffenheit zu tun haben.

    In der Kimathi Street parkte er, setzte seine Sonnenbrille auf, stieg aus und spazierte wie einer unten vielen zur Mama Ngina Road, Richtung City Hall Way, schaute die Schaufenster an, blieb schließlich stehen und betrachtete die Auslagen, obwohl er die nicht wirklich sah, sondern mehr das Hotel schräg gegenüber im Auge behielt.

    Die Autos werden immer mehr; stinkender der gesamte Innenstadtbereich, sinnierte er, während er weiter das Hotel im Auge behielt. Dabei war zu der Zeit noch wenig Verkehr. In drei Stunden würde das anders aussehen. Da schoben sich Stoßstange an Stoßstange durch die breiten Straßen. Luxuslimousinen neben Karren, die jeden Moment auseinanderfielen, die erbärmlich stanken, mit ihren Unmengen von Abgasen die Luft verpesteten.

    Nach einer kurzen Wartezeit wurde er belohnt. Der Wagen mit den drei Franzosen erschien, hielt und zwei Männer stiegen aus, schauten sich kurz um und verschwanden in dem Hotel, während der Ältere mit dem Wagen weiterfuhr, sich hupend in den fließenden Verkehr einreihte.

    Er musste eine viertel Stunde warten, bis er diese zwei deutschen Geologen erblickte, die ebenfalls in dem Hotel wohnten. Sie spazierten schweigend an ihm vorbei, überquerten von Hupen begleitet die breite Fahrbahn.

    In der Hotelhalle, die er Minuten später betrat, war es angenehm kühl. Er schob die Sonnenbrille nach oben, musterte einen Augenblick die Personen im Entree, an der Rezeption und entschied sich für den älteren Mann. Vom Tisch ergriff er eine der Zeitungen, legte einige Geldscheine in deren Mitte. Er wartete, bis zwei der Mitarbeiter beschäftigt waren, schlenderte zum Ende des Tresens. Wie erwartet kam der Mann zu ihm. Er legte die Zeitung hin, bewegte sie in seine Richtung und bat um eine Auskunft, die er prompt erhielt. Zufrieden verließ er das Hotel, spazierte die Straße entlang. Zwei Frauen in adrett gekleideten Kostümen kamen ihm entgegen, lächelten, dass er erwiderte. Er blickte ihnen nach. Hübsche Beine, gut geformter Po bei der einen Bibi.

    In der Redaktion sprang er die Stufen hoch, suchte seinen Freund Jeff Kipeki, der im Finanz- und Wirtschaftsressort arbeitete.

    „Jambo! Habari?"

    „Nzuri! Was gibt es?", schaute der weiter auf den Monitor, während er eifrig tippte.

    „Ich lade dich zum Essen ein."

    Jeff hielt inne und schaute zu seinem Freund hoch. „Wenn du ein Essen spendierst, brauchst du etwas."

    „Nicht hier!"

    „Ich muss die Artikel fertigschreiben."

    „Was ich habe, wird dich sehr interessieren, da es ein wenig in dein Ressort fällt."

    „Das hört sich nach Ärger an. Zwei Minuten, dann ist der wenigstens erledigt und ich bekomme keinen Zoff."

    „Du schreibst über die gestrige Konferenz?", las Keno interessiert schnell die Zeilen.

    „Die ist heute Morgen geplatzt."

    „Warum?"

    „Uhuru wollte heute dabei sein und der sagte, hapana, so nicht. Michuki erklärte das Palaver für beendet, da wir nicht daran denken, irgendwelche Erze, Rohstoffe für nothing zu verscherbeln."

    „Das passt!", murmelte Keno leise, dessen Gedanken sich überschlugen, er versuchte, die beiden Ereignisse in einen Zusammenhang zu bringen.

    „Was passt?"

    „Später. Wie soll es sich weiterentwickeln?"

    „Gar nicht! Nun soll es die Deutsche regeln, wenn sie bei uns auftaucht, tobte diese Geologin. Sie war völlig hysterisch, als sie aus dem Konferenzzimmer kamen. Alle wären bozi, würden nicht begreifen, welche Chance das für Kenya bedeute. Da würden nur schwarze Idioten sitzen, die sich erdreisteten, Geld zu fordern, obwohl sie nichts für die Bergung tun würden, noch diese finanzierten. Man würde den Niggern Arbeit geben und das reiche ja wohl. Die Schwarzen würden wirklich denken, sie können es mit ihnen aufnehmen. Der Mann brachte sie irgendwie zur Ruhe und sie rannte weg, als sie die Journalisten erblickte. Nennt man heute schon Erpressung. Gebt ihr uns nicht - bekommt ihr nicht, so nach dem Motto. Wir sind schließlich die aus dem reichen Westen, ergo habt ihr blöden Schwarzen zu kuschen. Nur so offen, wie diese mbuzi, sagen sie es sonst nie. Morgen muss sie sich in aller Form entschuldigen, auch wenn es gelogen ist."

    „Ist ja nichts Neues. Mtoto wa nyoka ni nyoka. Ulimi hauna mfupa."

    „Ndiyo!" Er speicherte und drückte Senden, schaltete den Computer aus.

    „Gehen wir. Wo kommst du überhaupt her?, griff er nach seiner Jacke, die über der Stuhllehne hing. „Deine Hose ist kaputt und dreckig.

    „Lamu! Ich habe dort wegen der Pipeline recherchiert. Es war heiß, stickig und voller mgeni. Unwichtig."

    Aus seinem Auto holte er die Kamera, schraubte rasch das kleine Objektiv daran, danach spazierten sie zu einem Restaurant.

    Erst nachdem sie bestellt hatten, reichte er Jeff die Kamera. „Schau dir an, was ich vorhin entdeckt habe."

    Jeff betrachtete die Bilder aufmerksam, während Keno einige Schlucke Bier trank.

    „Wow! Interessant! Wo war das?"

    „Zwischen Katema und Katothia."

    „Warum treffen sie sich nicht in der Lobby, in ihrem Zimmer oder im Restaurant?"

    „Das frage ich dich. Sie sitzen heute Vormittag zusammen am Tisch, um mit Uhuru und Michuki über diese Rohstoffe zu debattieren. Das wird frühzeitig beendet, weil Kenya es ihnen nicht schenkt, die Frechheit besitzt, Geld dafür zu fordern. Die Frau reagierte völlig cholerisch. Der Deutsche lässt sich einen Leihwagen kommen, fährt mit der Frau über hundert Kilometer in die Wildnis, um dort drei Franzosen zu treffen, die er eine Stunde vorher sah, die im gleichen Hotel wohnen? Dabei wechselt ein Umschlag seinen Besitzer. Was bedeutet das, außer dass da etwas Linkes abläuft? Guck dir die Memsaab an. Sie ist nervös, schaute sich ständig um. Sie hat Angst. Der ältere Franzose ebenfalls. Ich gewann den Eindruck, dem stinkt die Sache, falls ich seine Körperhaltung, Gestik richtig deute."

    „Nur warum?"

    „Jeff, das möchte ich von dir wissen. Du bist der Wirtschaftsfreak."

    „Der Schwarze kam anschließend?"

    „Den trafen die Franzosen vor Kangundo. Der muss bereits dort gewartet haben, sonst wäre mir die Staubwolke aufgefallen. Etwa 50, von der bulligen Statur, der Größe her, könnte es ein Luo gewesen sein. Teure Klamotten, viel Gold. Leider parkte sein SUV so blöd, dass ich das Kennzeichen nicht lesen konnte. Er hatte mit dem älteren Franzosen Zoff, wie man unschwer erkennt. Danach ist er wie ein pumbawu Richtung Süden davongerast."

    Jeff Kipeki, ein großgewachsener, hagerer Mann blickte nachdenklich auf die Kamera, schaltete sie automatisch aus. „Die Deutschen und die Franzosen wollen und brauchen unsere Rohstoffe. Die sind eminent wichtig für sie. Es wird zu wenig auf dem Weltmarkt angeboten, daher ist die Nachfrage riesig. Bekommen sie kleinere Mengen gekauft, müssen sie Unsummen dafür bezahlen. Jetzt haben sie die Chance, günstig an diese Bodenschätze zu gelangen. Die Arbeiter werden Hungerlöhne erhalten, wie es die westlichen Firmen stets handhaben. Unser Staat bekommt einen winzigen Obolus, der unter die Rubrik mieses Trinkgeld fällt, und sie stecken immense Gewinne ein. Die Preise auf dem Weltmarkt werden bewusst hochgehalten, die Fördermenge beabsichtigt niedrig. Gerade China spielt gern aus, dass sie reichlich davon besitzen, somit kontrolliert den Markt mehr oder weniger in der Tasche haben. Sie zwingen die westlichen Nationen so dazu, dass sie fast schon bei ihnen betteln kommen, da sie unbedingt die Rare-Earth- Elements benötigen. Sie verkaufen sie es nur stark rationiert. Werden winzige Vorkommen anderswo entdeckt, tauchen die westlichen Nationen wie die Geier auf."

    „Warum hat Uhuru das Palaver abgebrochen?"

    „Kein Kommentar hieß es. Ich habe ihn gesehen. Wie der hinausstürmte, sah man ihm an, dass er vor Wut kochte. Gestern Abend deutete bereits jemand an, dass der Deal platzen wird, wenn sie nicht auf die Forderungen von Uhuru und Michuki eingehen. Wir vermuten, dass es um höhere Konditionen geht. Uhuru war gestern Abend mit Michuki und Raila bei Kibaki. Auch darüber gibt es ansonsten keine Informationen."

    „Nur was wollen oder können da Geologen deichseln?"

    „Keine Ahnung! Es kriselt seit Wochen. Dem französischen Botschafter wurden kurzfristig Termine bei unseren Oberen gestrichen. Der deutsche Botschafter versucht seit zwei, drei Wochen Termine bei Kibaki, Raila und anderen zu erhalten. Vergebens. Zeitmangel, so die offizielle Version."

    „Bei Raila auch?"

    „Ndiyo! Da sind sich alle einig – Rarität", grinste Jeff.

    „Frage ich anders, was könnte man drehen?"

    „Unsere Politiker bestechen. Kibaki und Raila unter Druck setzen. Entweder wir erhalten eure Bodenschätze oder aber wir entziehen jegliche Hilfe, zum Beispiel für Dadaab. Ihr Schwarzen habt schließlich zu spuren. Schaue die anderen Länder an, wo sie dem Volk alles stehlen. Sie benötigen Öl, ergo werden die Staatschefs kurzerhand ermordet. Sie bombardieren Länder, machen ganze Wohnviertel dem Erdboden gleich. Danach gehen sie hin und sagen, wir schicken euch unsere Firmen. Die sind zwar extrem teuer, benötigen auffällig lange, bis ein Wohnblock steht, aber das muss so sein, damit wir über Jahre die Gelder von eurem Ölverkauf abkassieren können. Selbst in den EU-Staaten setzen sie alles daran, einige unter Kontrolle zu bringen, damit die zu Entwicklungsstaaten mutieren. Ihr habt Verbindlichkeiten – ergo kuschen."

    Keno überlegte, fand trotzdem keine Erklärung. „Wieso die Geologen? Sie wollen unser TiO2, FeTiO3 und ZrSiO4, da sie das für ihre Herstellung benötigen. Nun sagen unsere Oberen, hapana. Es gibt meines Wissens nach bereits dieses Konsortium, das nur darauf wartet, die mineralhaltigen Sande abzubauen?"

    „Base Resources Limited steht in den Startlöchern und will Ilmenit, Rutil und Zirkon gewinnen. Die Reserven werden auf rund 141 Millionen Tonnen Sande geschätzt, die Lebensdauer der Mine auf 13 Jahre. Sie haben praktisch schon begonnen. Seit drei Wochen ruht alles, da unsere Politiker, allen voran unser Präsident und Uhuru, hapana sagten. Erst Verträge – folgend Arbeiten. Die Finanzierung und Investitionen in Afrika ist ein Schwerpunkt der DFA, einem Unternehmen einer Bankengruppe. 2010 haben die 230 Millionen Euro auf unseren Kontinent investiert. In verschiedenen afrikanischen Staaten und in Nairobi wurden Büros eingerichtet. Seit Monaten steigen die Preise für Rohstoffe, gleichzeitig schwanken die Aktienkurse sehr stark und die Zinsen für sichere Staatsanleihen sind im Keller. Investitionen im Rohstoffbereich werden damit kontinuierlich attraktiver. Damit erzielen sie Gewinne im drei- bis vierstelligen Prozentbereich. Da wollen sie sich gewiss kein Geschäft versauen lassen."

    Das Essen wurde serviert und Keno lächelte der jungen Frau zu, die ihm einen langen Blick zuwarf. Er schaute ihr hinterher.

    „Du änderst dich nie", schmunzelte Jeff.

    „Sie ist mir zu klein und zu pummelig, dafür ist das Gesicht hübsch."

    „Lass das Kiana hören und du kriegst Ärger."

    „Appetit darf ich mir holen, gegessen wird zu Haus, sagt Keith immer." Als wenn die mir was verbieten kann. Er schnitt das Fleisch an und betrachtete es. Er liebte es, wenn es nicht ganz durchgebraten war und das sah gut aus.

    Erst nach dem Essen kehrten sie zu dem ursprünglichen Thema zurück.

    „Diese Bergbaufirmen verzeichnen hohe Gewinne, genauso wie die Banken. Daneben kommen selbstverständlich die europäischen Unternehmen so günstig an die Rohstoffe, über die sie selber nicht verfügen. Auf der Strecke bleiben, wie permanent, die Einheimischen. Die Arbeiter schuften unter skandalösen Bedingungen für nothing, leben weiterhin in bitterer Armut. Die Staaten werden mit kleinen Beteiligungen abgespeist. Es gibt darüber einige Studien. Da wurde das explizit analysiert: Die Situation der Rohstoffförderung in Entwicklungsländern und die Rolle internationaler Bergbaugesellschaften. Auf der anderen Seite, wie sich das auf die vor Ort lebende Bevölkerung auswirkt. Fakt: Investoren kassieren eminent ab. Wir Schwarzen sind die Blöden. Zum Schluss stellen sie fest: Das Kapital von Investoren wird dringend für die nachhaltige Förderung von Rohstoffen für Zukunftstechnologien benötigt. Investoren könnten dadurch bedingt einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung des Hungers beitragen, wenn sie ihre Anlagen gleichzeitig in die Intensivierung der Landwirtschaft und eine bessere Infrastruktur in Entwicklungsländern lenken würden."

    „Welche Bank oder welches Unternehmen interessiert es, ob Millionen Menschen verhungern?, erklärte Keno zynisch. „Sie enteignen kurzerhand ganzen Dörfern das gute Ackerland, bauen ihren Mist an, den sie unseren Einheimischen dann für einen horrenden Preis verkaufen wollen. Kann nur keiner bezahlen. In anderen enteigneten Landstrichen wird Getreide für Biokraftstoff angebaut. Ist logischerweise wichtiger, dass die Europäer Biobenzin herstellen können, als dass unsere Bevölkerung satt wird. Sie nutzen gutes Ackerland für den Export von Blumen, Ananas, Tee. Das bringt den Unternehmen Geld, beträchtliche Gewinne. Arbeiter sind generell fast gratis.

    „Dafür geben sie Entwicklungshilfe, damit sich die armen Länder fortgesetzt mehr verschulden und nie frei sein werden, weil dieser Schuldenberg wie ein Damoklesschwert über ihnen hängt. Exakt dieser Schuldenberg wird wiederum benutzt, um den Ländern die wenigen Rohstoffe zu entwenden. Ihr habt ja Schulden, ergo gehört alles, was ein wenig wertvoll ist, uns. Fast umsonst natürlich. Sie haben in ihren Ländern eine Überproduktion an Fleisch, Getreide. Den Mist karren sie her, verscherbeln es billiger als unsere eigenen Produktionen und die Leute müssen den Abfall kaufen, weil sie für alles andere nicht genug Geld haben. Die Produkte aus den eigenen Ländern werden von Großgrundbesitzern, überwiegend wazungu, ganz bewusst hochgehalten. Erkläre mir mal, wieso ein Huhn aus Kenya, dreißigmal so teuer sein muss, als wie so ein vergammeltes, mageres Vieh aus der EU?"

    „Kiana schleppte mal so ein Gerippe an. Es schmeckte nach Fisch, war fett, nach dem Brutzeln mager, nur noch halb so groß. Ekelhaft! Wir haben den Dreck weggeworfen und sind essen gegangen. Nur die Armen können sich so wenigstens einmal Fleisch in der Woche leisten, obwohl sie nur Haut und Gerippe auf dem Teller haben. Die überführen containerweise ihren alten Schrott in die afrikanischen Länder, nennt sich ebenfalls Entwicklungshilfe. Mit Gitongo waren wir in Mombasa dabei, als sie die Container geöffnet haben. Defekte, alte Kühlschränke, die dreißig Jahre auf den Buckel haben. 70 Prozent davon defekt. Der Stromverbrauch bei den Dingern Zwanzigmal höher als bei unseren. FCKW-frei, ein Fremdwort. Fernseher aus der Steinzeit, kaputte Computer, teilweise zwanzig Jahre alt. Das Tollste dabei, über 65 Prozent ist es nur Schrott. Kistenweise Handys, die nicht funktionieren, Hunderttausende alte Akkus. Sie haben Tausende Liter Altöl gefunden. In ihren Ländern nennt man das - Sondermüll und der muss teuer entsorgt werden. Ergo was machen wir? Eingepackt und ab nach Afrika. Müllen wir den Kontinent zu. Überschrift - Entwicklungshilfe! Wir haben Fotos davon an drei Staaten in Europa geschickt, auch an Zeitungen, da schreibt uns so ein bornierter nugu, man kann eben nicht jeden Container kontrollieren. Das war die einzige Stellungnahme. Sie haben nach Dar es Salaam drei Container geschickt, Computer und sonstige Material für Schulen. Schrott! Die wollen den Schutt zurückschicken, geht nicht. Was geht uns euer Müll an, erklärte man amüsiert. Neulich las ich einen Artikel. Darin hieß es unter anderem, unsere Regierung bemüht sich, das Schulsystem in den afrikanischen Ländern zu unterstützen. Sie haben jetzt 2.300 Computer, daneben Schuleinrichtungen in Tanzania ausgeliefert. Esther und Jack haben uns Fotos davon geschickt. Keine Festplatten, Kabel gab es nicht. Keine Platinen drinnen, nur leere Gehäuse. Manche dieser großen Gehäuse waren mit Schrott zugemüllt. Es haben sich Freaks in ihrer Freizeit hingesetzt und versucht, aus hundert Teilen wenigstens einen zusammenzubauen. Das sind welche, aus der ersten und zweiten Generation, da kannst du noch nicht einmal zehn Jahre alte Software darauf packen, weil die Kapazität nicht ausreicht. Sie haben alte Staubsauger, Kochherde geschickt. Das tollste waren so alte Trockenhauben für die Haare. Meine Bibi meinte, die müssten aus der Steinzeit stammen. Was sollen die Leute damit? Es gibt keinen Strom, sie kochen ergo mit Feuer. Sollen sie den Staub aus der Hütte saugen oder aus der Wellblechbude im Slum? Sie schicken Millionen alte Medikamente zu uns. Ndogo sagte, das Zeug ist lebensgefährlich, wenn es Monate überfällig ist. Die wazungu versuchen den Dreck sogar bei uns, in Tanzania, Botsuana auf den Märkten an die Leute zu bringen. Einmal sparen sie in der EU die Entsorgungskosten, die Frachtkosten sind gedeckt und verdienen tun sie zusätzlich damit. Sollen die Schwarzen daran krepieren, wen interessiert das? Ngai sei Dank, dass es noch Länder gibt, die effektiv helfen und unseren Kontinent nicht nur als große Mülldeponie benutzen. Wir sind wie immer die Blöden, weil wir gegen diese Kolonialmabwana nichts unternehmen können. Muckt ein Staat auf, drohen sie mit Sanktionen und die Bevölkerungen sind die Leidtragenden. Sag mal, African Queen Mines Limited, erzielte doch kürzlich eine Einigung für das African Queens Rongo Gold Fields Projekt. Das wie interessiert mich dabei nur sekundär, da wenigstens einige Politiker reicher wurden."

    „Eine miese Geschichte. Ich trink noch ein Tusker. Also B & M Mining Company Limited mit Partner Linear Metals Corporation und Abba Mining Company Limited haben eine Übereinkunft geschlossen. Es führte zu einer Aufspaltung des Geländes. Den einen haben sie 15 qkm weggenommen und dem anderen zugeschustert. Linear erhielten dafür 150.000 US-Dollar plus 949.658 Stammaktien." Jeff unterbrach und Keno bestellte das Bier.

    „African Queen Mines ist ein explorierendes Rohstoffunternehmen mit diversifizierten mineralischen Vorkommen, Gold, in Moçambique, Kenya und Ghana. In Botsuana und Namibia sind es Diamanten. Dazu kommt, dass sie nach anderen Rohstoffen gieren. In Botsuana besitzen sie Lizenzen für fast 3.000 qkm von prospektiven Diamantenvorkommen. In Moçambique sind für 230 qkm Gold- und weitere Metalllizenzen ihre. In Namibia sind es weit über 6.000 qkm. Bei uns haben sie für 850 qkm an Gold- und weiteren Minerallizenzen. Das Unternehmen total verschachtelt, daher auf den ersten Blick nicht erkennbar, was alles dazugehört. In Botsuana ist es das Tochterunternehmen PAM Botsuana Limited. Namibia - PAM Minerals Namibia Limited. Moçambique - PAM Moçambique Limitada, Ghana - AQ Ghana Gold Limited. Bei uns suchen sie noch den Namen. Alle haben ihren Sitz in Vancouver, Kanada. Es gibt ein Joint Venture mit Akan Exploration Limited, dem ghanaischen Tochterunternehmen von Newmont Mining Corporation. Nimm Ghana. Die ersten 100.000 US-Dollar wurden bezahlt. Newmont übertrug die Lizenz unmittelbar nach der Genehmigung durch den Minister für Land-und Forstwirtschaft und Bergbau weiter. Newmont Gold behält 2 Prozent auf die gesamte Produktion aus der Lizenz. Akan besitzt das Recht auf eine Prorata-Basis von 60 Prozent. AQ Ghana Gold Limited besitzt ebenfalls Anteile. Man munkelt von 20 Prozent. Alles mit Tochterunternehmen verschachtelt und jede kassiert ab. Für den Staat, die Bevölkerung bleibt da nicht mehr viel übrig. Sie müssen die Dörfer verlassen, werden an den Rändern der Minen angesiedelt. Wollen sie ein Dach über dem Kopf, müssen sie sehen, wo sie etwas herbekommen. Wasser nun ebenfalls Luxus. Das Vieh krepiert. Einige müssen für die Minen schuften, bekommen kaum einen Pesa dafür. Da atmen schon die watoto, Gifte ein. Frühes Sterben vorprogrammiert. Von dem Gesamtvorkommen sind es so zwischen 12 Prozent und 15 Prozent, mit viel Glück. Der Rest weg. Bei uns wollen sie Anfang 2012 auf dem Rongo Gold Field beginnen. Später sollen das Ugunja Gold Projekt und das Karameri Metall Projekt folgen. Das Management führt derzeit eine Studie durch, um ein optimales Bohrprogramm festzulegen. Aber damit haben diese Geologen nichts zu tun."

    „Nicht einer?"

    „Soviel ich weiß, hapana. Müsste man erforschen. Keno, warten wir ab, ob unsere Regierung etwas zu dem heutigen Debakel erklärt und wie es weitergeht. Das werden sich die Westler nicht gefallen lassen. Das steht zu tausend Prozent fest. Die geben nicht eher Ruhe, bis sie alles abkassiert haben, notfalls mit Sanktionen oder Militärmacht. So ich muss noch arbeiten und du?"

    „Ich schreibe den Bericht daheim."

    Schon bevor er die Tür aufschloss, hörte er die laute Musik. Er betrat das Haus, ging gleich in das Zimmer seines Sohnes und stellte die Musik leiser. „Jambo, die Nachbarn im Umkreis von 100 Kilometern wissen, dass du zu Hause bist. Wo ist deine Mamaye?"

    „Irgendwo!"

    „Hast du deine Hausaufgaben erledigt?"

    „Baba, ich bin doch kein mtoto mehr."

    „Die machen auch keine Hausaufgaben. Und?"

    „Ndiyo! Baba, ich brauche 10.000 Shilingi."

    „Ich auch. Für was?"

    „Mamaye hat Geburtstag."

    „Spart man vorher. Gebe ich dir nachher. Ich muss noch arbeiten."

    „Ich habe mir deine Schuhe genommen, weil die cool sind."

    „Her damit. Damn, die gehören mir. Ich habe sie für mich geholt. Kaufe dir welche."

    „Mamaye sagt, die sind zu teuer, weil ich in ein paar Monaten doch neue brauche", maulte er.

    „Hat sie recht. Tom, stelle sie hinüber, sonst gibt es Ärger. Damn! Ständig muss ich meinen Klamotten nachrennen."

    „Stimmt nicht. Die Hosen und Pullis passen mir nicht. Deine Jeans ist übrigens kaputt."

    Keno rollte mit den großen schwarzen Augen, verließ den Raum, grinste nun: mwana yangu! Er schaltete seinen Laptop an und begann den Artikel zu schreiben, als er die Tür hörte, kurz darauf Schritte. Er drehte sich um, musterte seine Frau und zog die Augenbrauen hoch. „Ist der Rock nicht etwas sehr kurz? Wo warst du?"

    Sie beugte sich herunter, gab ihm einen Kuss. „Hast du schlechte Laune?", amüsierte sich Kiana Kuoma.

    „Bisher noch nicht, brummte er. „Wo kommst du her?

    „Von Mabel. Ich habe für sie einiges eingekauft und habe ihr das gebracht."

    „Warst du sooo einkaufen? Wieso ist sie nicht mit? Ihr latscht doch sonst überall zusammen hin."

    „Keno, spinn nicht herum."

    „Wieso, darf ich nicht mehr fragen?", erkundigte er sich aggressiv.

    „Mpanga ngazi hushuka", lachte sie und verließ kopfschüttelnd den Raum. Er blickte ihr kurz nach, widmete sich seinem Bericht.

    Sie saßen zum Abendessen am Tisch und Thomas Kihiga, sein 14-jähriger Sohn langte kräftig zu.

    „Man kann die Lebensmittelpreise bald nicht mehr bezahlen. Ich war heute auf dem Markt, weil im Market du arm wirst. Fleisch ist nur noch etwas für die Reichen."

    „Baba, wir müssen zu Babu fahren und kanga schießen gehen."

    „Sie haben momentan andere Sorgen, als kanga zu schießen, da es langsam bedrohlich trocken wird. Aber wir können am Wochenende trotzdem hinfahren. In den Ferien kannst du dort ein paar Wochen bei der Arbeit helfen. Tut dir gut und die Nachbarn freuen sich, wenn sie mal Ruhe haben. Diese Spekulanten treiben die Preise kontinuierlich in die Höhe, dazu kommen die miesen Ernten in weiten Teilen unseres Landes, die lange Trockenheit. Sollte es dieses Jahr wieder nicht ausreichend regnen, gibt es massive Probleme und die Preise explodieren weiter. Die Banken spekulieren mit Getreide. Wer am meisten bezahlt bekommt den Mais, den Weizen."

    „Wazimu! Wieso kann man so etwas nicht unterbinden? Das sind miese Machenschaften", ereiferte sich der Teenager.

    „Weil die Menschen raffen wollen. Sie können nicht genug ergaunern. Tom, du denkst doch wohl nicht, dass es einen von den Bankern, Industriebossen oder Politikern stört, wenn in Afrika oder Asien Hunderttausende Menschen verhungern? Die blöden Schwarzen haben generell zu viele watoto. In Afrika fordern sie von den Staaten, sie sollen für ihre Firmen Jatropha, Ananas oder Mais anbauen. Das Land wurde den Kleinbauern enteignet, sie zahlen ein wenig Pacht an den Staat, Hungerlöhne an die ehemaligen Eigentümer. Woanders werden die Leute von ihrem Besitz vertrieben und in Gebiete umgesiedelt, wo es kein Wasser gibt, die Böden vertrocknet sind. Das Vieh krepiert dort. Die Staaten sind ergo darauf angewiesen, Getreide aufzukaufen. Dan erzählte neulich, die Deutsche Bank erzielte mit den künstlich hochgetriebenen Getreidepreisen innerhalb kürzester Zeit Gewinne im dreistelligen Millionenbereich. Denkst du, da interessiert es einen Menschen, dass die Leute deswegen in Afrika, Teilen Asiens verhungern?"

    „Warum spielen da die Politiker mit?"

    „Weil sie zum Teil absahnen, sich damit brüsten, wie erfolgreich ihre Wirtschaft ist, dazu ein Paket Aktien von den Konzernen, Banken erhalten. Andere, besonders die Entwicklungs- und Schwellenländer, sind von den Industriestaaten, der Industrie, den Großkonzernen und besonders den Banken abhängig. Gegen die unternimmt keiner etwas. Das hast du teilweise bei der Wirtschaftskrise in den letzten Jahren mitbekommen. Die haben Millionen kleine Anleger um ihr mühsam Erspartes gebracht, aber zur Rechenschaft wurde deswegen keiner gezogen. Im Gegenteil. Die Politiker entwendeten Milliarden an Steuergeldern, die eigentlich für die Bevölkerung ausgegeben werden sollte, steckten die in die Banken. Infam! Die Bürger werden massiv betrogen, bestohlen, belogen. Welche Macht gerade die Banken haben, siehst du an diesen sogenannten Steueroasen. Da kommt das ergaunerte Geld von Politikern, Unternehmern hin. Stirbt einer der Politiker, wird aus dem Amt gejagt, heißt es, die Gelder werden eingefroren. Sehen tut die keiner, da sie bei den Banken liegen bleiben, weil die damit arbeiten. Kenya wartete seit Jahrzehnten auf Zahlungen solcher ergaunerten Gelder aus der Schweiz, Großbritannien. Bekommen werden sie die vermutlich nie. Schaue diese Industrienationen an. Politiker und Unternehmer scheffeln nur so das Geld. Die ehemalige Mittelschicht sackt ab und die Armen vegetieren an der unteren Armutsgrenze entlang. Dort ist es teilweise wie bei uns. Nur privilegierte Kinder können eine höhere Schule besuchen oder studieren. Arztkosten sind unerschwinglich, genauso wie Medikamente. Vernünftige Ernährung – Fehlanzeige. In den ach so reichen Ländern muss gesammelt werden, damit die Kinder mittags von Hilfsorganisationen wenigstens eine warme Mahlzeit bekommen, sie müssen gebrauchte Klamotten schnorren. Das interessiert die Staatschefs und Regierungen nicht. Hauptsache sie stehen gut da, werden reicher und reicher, und können den Leuten ihr Elend schön reden. Alle müssen sparen, heißt es, nur wir nicht. Das ist auch ein Grund, warum sie unbedingt in anderen Staaten expandieren wollen. Das bringt den Unternehmen im eigenen Land immense Gewinne und damit ihnen. Sie kommen billig an Rohstoffe. Öl wird knapper und damit teurer. Folglich versuchen sie, sich das über andere Wege anzueignen. Die Machthaber müssen weg. Jahrzehntelang haben sie mit denen sehr lukrative Geschäfte getätigt, egal was für Verbrecher, Diktatoren die waren. Dass Menschenrechte über Jahrzehnte permanent verletzt wurden, interessiert niemand, auch nicht Den Haag. Nun muss einer nach dem anderen ausgeschaltet werden. Was passierte, hat man im Irak gesehen. Nun ist Libyen an der Reihe. Die Amis, die Franzosen bombardieren alles, was sich bewegt. Danach gehen die Staatschefs hin und eignen sich das Öl an. Nennt sich Hilfe für den Wiederaufbau des Landes. Daneben sollen Hunderte Millionen US-Dollar von dem Kadhafi-Clan auf ausländischen Konten liegen. So verfügen sie gleich über zusätzliche Gelder. Der libysche Staat, das libysche Volk sieht nichts davon. Erst hat Kadhafi sie bestohlen, jetzt die sogenannten Befreier, der Westen. Ist bei zig anderen Staaten dito so.

    Der Irak war früher ein Land, wo die Menschen Arbeit, gute Schulbildung, funktionierende Infrastruktur hatten, egal wie diktatorisch der Hussein herrschte. Sie besaßen eine Wohnung mit Wasser und Strom, genug Lebensmittel gab es zu kaufen. Heute hausen sie in Abbruchhütten, können nur wenige Lebensmittel kaufen, weil das Geld fehlt. Wasser, Strom, Krankenversorgung - Luxus. Die Infrastruktur wird langsam erneuert, da alles brachlag, nachdem sie die Städte zerbombten. Das übernahmen selbstverständlich westliche Firmen. Bezahlt werden sie großzügig mit dem Öl, das man sich kurzerhand unter den Nagel gerissen hat. Der Westen geht hin, zerstört alles, stürzt Länder in das Chaos, folgend bauen sie sie wieder auf und der betroffene Staat muss dafür bezahlen. Können sie wenigstens viele Menschen dort beschäftigen, muss ja alles der Irak bezahlen. Die ergaunerten Gelder von Hussein im Ausland sieht der Staat, das Volk nie. In dem Land herrscht seit der Machtübernahme durch den Westen eine Art Bürgerkrieg. Schuld daran sind nicht etwa sie, hapana, der böse Hussein, weil der ja über sooo viele Atom- und Chemiewaffen verfügte. So lautete der damalige Vorwand, um sich das Öl anzueignen, Hunderttausende Menschen zu ermorden, sogar Krankenhäuser zu bombardieren. Nix da, es ist immer der böse Russe.

    Afghanistan. Seit über dreißig Jahren Mord, Totschlag, Armut. Wo sie ihre Füße hinsetzen, ist das Land nicht nur heruntergewirtschaftet, sondern es herrscht Bürgerkrieg, regieren Hunger, Gewalt und Tod.

    Ruanda. Es wird gebaut, vergrößert. Wer profitiert? Der Westen und einige wenige im Land, die den westlichen Ländern genehm sind. Die Westler bekommen dafür die Rohstoffe des Staates. Diese Nationen bestimmen, wer dort regieren darf. Es werden Politiker eingesetzt, die nach der Pfeife der Industrienationen springen, diesen noch mehr Wohlstand bringen. Gerade nach der Wirtschaftskrise müssen die zu Geld kommen, da sie alle mit Billionen Euro verschuldet sind.

    Der Südsudan ist der nächste Staat auf ihrer Liste. Missernten und andauernde Konflikte mit dem Nord-Sudan verursachen eine humanitäre Krise. Eine Luftbrücke der UNO soll nun den 50.000 Flüchtlingen helfen. Deswegen haben sie diese Luftbrücke zwischen Kenya und dem Südsudan eingerichtet. Die ersten Flüge haben Nairobi mit Tonnen Hilfsgütern, wie Schlafsäcke, Moskitonetze, Kochutensilien und Kanistern verlassen. Erst vor wenigen Tagen warnte das Welternährungsprogramm vor einer drohenden Hungerkrise im Südsudan. Die WEP plant, im kommenden Jahr etwa 2,7 Millionen Menschen dort mit Nahrungshilfe zu unterstützen. Grund für die drohende Katastrophe ist der Verlust eines Großteils der Ernten wegen unregelmäßiger Regenfälle. In Teilen des Landes sind die Lebensmittelpreise bereits um das Dreifache gestiegen. Sie werden großzügig helfen, und wie gesagt, dafür Forderungen stellen. In erster Linie Öl, anknüpfend das Gold. Sie wollen angeblich beim Aufbau helfen, wie sie das kontinuierlich nennen, wollen Hochhäuser hinstellen. So können sie ihre Wirtschaft weiter ankurbeln und vor allem viel verdienen. Das kostet dem Staat Sudan extrem viel Geld. Toll, diese Wohnsilos, nur keiner kann sich die Miete leisten. Die meisten Menschen leben unter der Armutsgrenze. In erster Linie die Franzosen, Briten, Deutschen wollen am Öl, an den Bodenschätzen reichlich mitverdienen. Den Amis hingegen geht es um die Weltherrschaft."

    „Ein Gangster ist der Kadhafi trotzdem."

    „Sicher ist er das, aber nicht erst seit ein, zwei Jahren, hapana über Jahrzehnte. Nur das gibt keinem Land das Recht, dort einzumarschieren, alles dem Erdboden gleichzumachen, Kinder, Frauen, Zivilisten zu töten. Man verkauft ihm erst über viele Jahre Waffen, lädt ihn zu sich ein, stellt sich lachend mit ihm vor jede Kamera. Man hätte ihn oder andere bereits vor Jahren festnehmen können, da er massiv Menschenrechte verletzte. Dafür ist angeblich Den Haag zuständig. Experten stellten gerade in letzter Zeit fest, dass Kadhafi kompromissbereiter, zahmer wurde. Deswegen handelten sie rasch. Es geht ihnen nicht um Frieden in der Region, noch um die Menschen, sondern nur um sein ergaunertes Geld, die Bodenschätze. Diese angeblichen so unterdrückten libyschen Demonstranten sind doch nicht besser. Du hast es wiederholt in den Nachrichten gesehen, wie sie selbst mit Frauen und Kindern umgehen. Grausam, bestialisch. Der Westen lobt sie dafür, dass die lachend watoto mit dem Jeep mehrmals überrollen, während die Mütter von ihnen festgehalten wurden und zusehen mussten. Danach vergewaltigt und erschießt man die Frauen. Alte Männer werden auf das Brutalste erschlagen, andere erschießt man kurzerhand. Sie schrecken vor keiner Gewalttätigkeit zurück, werden dafür in den westlichen Medien als ach so arme Menschen hingestellt, die endlich frei sein wollen. Frei? Nennt man es frei, wenn sie zu Bestien mutieren? Die westlichen Medien, Politiker stacheln die Menschen richtig auf, damit die alles Menschliche verlieren. Das Öl ist endlich in greifbarer Nähe, freuen sie sich dabei. Libyen wird der nächste Krisenherd bleiben. Wo ist da Den Haag? Den Haag greift nur ein, wenn alle westlichen Sanktionen nicht fruchten, sich Politiker quer stellen, den westlichen Nationen nicht ihre Rohstoffe abtreten. Da heißt es urplötzlich Menschenrechtsverletzungen. Wird zum Beispiel China wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt? Hapana, mit denen machen sie Geschäfte, weil die zu groß und zu mächtig sind. Menschenrechte verletzen darf jeder, wenn er Geld, Macht, und reichlich Militär hat. Bist du ein kleiner Staat, verfügst über keine Ressourcen, darfst du es ebenfalls. Schlecht ist, du verfügst über Rohstoffe, bist nicht sehr groß, in Afrika beheimatet, und springst nicht nach ihrer Pfeife. Prompt landest du in Den Haag. Wie man dort Menschenrechtsverletzungen definiert, versteht keiner. Die Präambel umfasst:

    Zu den in der Erklärung aufgezählten Rechten gehören: das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person; das Recht auf Schutz vor willkürlicher Verhaftung; auf einen fairen Prozess; auf Unschuldsvermutung vor dem Schuldspruch; auf Unverletzlichkeit der Wohnung; auf Briefgeheimnis; auf Freiheit der Wahl von Aufenthalt und Wohnort; Recht auf Asyl, Staatsbürgerschaft und Besitz; auf Gedanken-, Gewissens-, Religions-, Meinungs- und Ausdrucksfreiheit; auf Zusammenschluss, friedliche Versammlung, aktives und passives Wahlrecht; das Recht auf soziale Sicherheit, Arbeit, Ruhe und einen der Gesundheit und dem Wohlbefinden angemessenen Lebensstandard; auf Bildung sowie die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Gemeinschaft.

    Die Menschen sind und bleiben von Geburt an frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede dürfen nur im Allgemeinnutzen begründet sein.

    Das Ziel einer jeden politischen Vereinigung besteht in der Erhaltung der natürlichen und unantastbaren Menschenrechte. Diese Rechte sind Freiheit, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung.

    Die Nation bildet den hauptsächlichen Ursprung jeder Souveränität. Keine Körperschaft und kein Individuum können eine Gewalt ausüben, die nicht ausdrücklich von der Nation ausgeht.

    Dem Gesetz allein obliegt es, die der Gesellschaft schädlichen Handlungen zu verbieten. Alles, was nicht gesetzlich verboten ist, kann nicht verhindert werden.

    Da alle Bürger in seinen Augen gleich sind, haben sie auch gleichermaßen Zugang zu allen Würden, Stellungen oder öffentlichen Ämtern, je nach Fähigkeiten, ohne einen anderen Unterschied als den ihrer Tugend oder Talente.

    Kein Mensch kann anders als in den gesetzlich verfügten Fällen und den vorgeschriebenen Formen angeklagt, verhaftet oder gefangen genommen werden. Wer willkürlich Befehle verlangt, ausfertigt, ausführt oder ausführen lässt, muss bestraft werden.

    Niemand darf wegen seiner Meinung, selbst religiöser Art, belangt werden, solange die Äußerungen nicht die gesetzlich festgelegte Ordnung stören.

    Freie Gedanken- und Meinungsfreiheit ist eines der kostbarsten Menschenrechte; jeder Bürger kann daher frei schreiben, reden und drucken, unter Vorbehalt des Missbrauchs dieser Freiheit in den gesetzlich festgelegten Fällen.

    Da das Eigentum ein unverletzliches und heiliges Recht ist, kann es niemandem genommen werden, außer im Falle öffentlicher Notwendigkeit unter der Bedingung einer gerechten und vorherigen Entschädigung. Nimmt man das als Grundlage, verletzen 80 Prozent der Staaten die Menschenrechte, selbst so tolle Länder wie Frankreich, Deutschland, die USA."

    „Keno, du weißt, dass sie das unterschrieben haben, obwohl es nie jemand befolgen wollte, außer wenn es mal gerade für sie dienlich ist, sie jemanden so aus dem Amt kippen können, weil der nicht nach ihrer Nase tanzt. Schaue in den einzelnen Staaten deren Grundgesetze, Verfassungen an. Werden die befolgt? Momentan steht der Shilingi wieder bei 125,18", lenkte Kiana ab, da sie das langweilte, Keno stundenlang Vorträge halten konnte. Eine Änderung in der Politik würde es deswegen nie geben.

    „Da waren wir schon schlimmer dran. So, genug für heute."

    Tom sprang auf. „Ich rufe Babu an."

    Keno und Kiana schauten sich an, grinsten. „Tisch abräumen, mtoto!"

    „Immer ich!"

    „Arbeitsteilung! Ich muss noch Fotos ausdrucken."

    „Soll ich dir helfen?"

    „Leiste mir Gesellschaft. Wenn ich dich so anschaue, fällt mir die Arbeit gleich leichter."

    „Baba, vorhin hast du noch gemeckert, dass der Rock zu kurz ist", schüttelte sein Sohn den Kopf.

    „Draußen muss sie nicht so herumlaufen. Zu kurze Rücke bringen viele nur auf dumme Gedanken. Lernst du alles noch."

    „Meine Bibi kann ruhig so rumlaufen. Sieht geil aus."

    „Tom, tafadhali!"

    „Damit warte noch mindestens zehn Jahre."

    „In dem Alter war ich schon da."

    „Du warst eine Panne und solltest erst später auf die Welt kommen. Ist ein Rock so kurz, dass gerade der Hintern bedeckt ist, werden die Frauen schnell mit einer malaya verwechselt. Tisch abräumen", lächelte Keno und verschwand in seinem Büro, den bösen Blick seiner Frau ignorierend.

    Chapter °°°°

    Keno saß am Donnerstag im Büro. Er konnte sich immer noch nicht erklären, warum sich diese Geologen vergangene Woche heimlich getroffen hatten, und das ärgerte ihn.

    Er tippte seinen Artikel für die morgige Ausgabe.

    Er blickte kurz auf, als er Atieno auf sich zu schlendern sah. Er drückte eine Taste und gleich erschien ein imposanter Löwenkopf mit einer schwarzen Mähne. Das Maul weit aufgerissen, sah man seine spitzen Zähne.

    „Jambo! Wann machst du endlich mal das Vieh weg?", zog er sich einen Stuhl heran.

    „Nie, warum sollte ich? Was hast du gegen Ngatia?"

    „Man gibt simba keine Namen."

    „Wenn du meinst. Hast du etwa Angst?", spöttelte Keno. Er konnte den 56-jährigen Luo nicht leiden. Der hatte am Anfang kontinuierlich versucht, ihn madigzumachen. Andere Kollegen hatten es als Neid bezeichnet. Das war es wohl eher. Der Mann war nie über eine Mittelmäßigkeit herausgekommen. Er schrieb über die kleinen Alltäglichkeiten. Einmal einen Verkehrsunfall beschrieben und nun benutzt er den Artikel seit dreißig Jahren, ändert nur die Straße und die Modelle, lästerte man im Kollegenkreis.

    „An was sitzt du?"

    „Maasai Mara."

    „Wen interessiert das denn noch?", erklang es höhnisch aus dessen Mund und eine Bierfahne wehte zu Keno. Atieno zog dabei die Brauen hoch, runzelte die Stirn. Die Kollision der Falten verursachten tiefe Runzeln, ließen ihn älter aussehen.

    „Sag´s dem Boss!"

    „Ist doch ewig das Gleiche. Die Viecher kommen und gehen …"

    Keno betrachtete den Mann, hörte nicht auf dessen dummes Geschwätz. Er hatte einen fast kahlen Quadratschädel, der direkt, ohne Übergang auf den breiten Schultern saß. Eine Art weißer Zickenbart an seinem Kinn war der einzige Kontrast zu dem Schwarz der Haut, des schwarzen, ständig zerknitterten Anzuges. Selbst das Hemd war schwarz.

    „Ich habe zu tun, unterbrach ihn Keno nun brüsk. „Was wolltest du?

    „Nur wissen, was so anliegt."

    „Nun weißt du es. Ich muss etwas tun."

    Der Mann schob den Stuhl gerade und ging ohne ein weiteres Wort. „Wazimu", murmelte Keno, legte seine nackten Füße auf den Schreibtisch, grübelte.

    Jeff kam herein und grinste. „Du scheinst Langeweile zu haben?"

    Keno nahm die Füße herunter. „Ich überlege immer noch, was die Geologen da aushecken. Die wazungu müssen mal wieder alles für uns pumbawu regeln."

    „Keno, was hören sie denn? Korrupte Politiker, Diktatoren, die das Volk ausbeuten, Wahlbetrug, Bürgerkriege, Hungersnöte, weil wir Schwarzen zu viele watoto zeugen und generell zu faul zum Arbeiten sind. Frage bei ihnen nach, wie viele Leute, die über Afrika berichten, wirklich in einen der Staaten waren, wie gut sie die dortigen Verhältnisse kennen. Was heißt generell Objektivität? Neulich waren zwei Medizinstudenten für ein halbes Jahr in der Kenyatta-Clinic. Sie haben darüber Berichte via Internet geschrieben. Der eine fand es gut, war über das andere Arbeiten erstaunt, aber bewunderte das Engagement und Können unserer Ärzte. Er kam gut mit unseren Leuten aus, fand Freunde, die er später besuchen möchte. Für ihn ein gelungenes halbes Jahr, das ihn in seiner Entwicklung, nicht nur auf medizinischem Gebiet, geholfen hat. Schreibt er so. Bei dem anderen Mann hört sich völlig anders an. Blöde Schwarze. Arbeiten wie in der Steinzeit, außer sie haben von ihnen, den guten Weißen, Apparaturen umsonst erhalten. Da steht übrigens nichts von den Deutschen, nicht ein Gerät. Die Schwarzen sind sehr rückständig in ihrem Denken. Blöd nur, dass viele der Ärzte im Westen studiert haben. Privat konnte er nie weggehen, weil man ihm überall auflauerte, um ihn zu bestehlen. Passiert war übrigens nie etwas. Lesen die Leute das, glauben sie eher demjenigen, der alles negativ darstellt. Es untermauert nämlich ihre eigene Meinung von Afrika. Wir benötigen für alles die wazungu."

    „Sicher und wir sorgen dafür, dass es in weiten Teilen Mittelafrikas weniger regnet, sich die Trockengebiete kontinuierlich ausbreiten. Wir sind zu blöd unsere Kinder zu impfen, wissen nicht, was Schulbücher sind und unsere Mzee tanzen noch im Baströckchen um die Feuer herum, damit weniger Menschen verhungern. Wer von uns lebt da eigentlich im Perfektum?"

    „Exakt! Schulen, Clinics werden nuuur von Hilfsorganisationen aufgebaut, heißt es. Gute Ärzte und Lehrer sind nuuur Weiße, weil Schwarze generell zu blöd zum Studieren sind. Sie berichten nur über Krisenherde, die Slums, wie toll ihre Hilfsorganisationen arbeiten, wie viele Gelder ihre Staaten in den schwarzen Kontinent stopfen. Das sind Schlagzeilen, die die Leute interessiert. Keiner liest einen Artikel über Schwarze, die sich engagieren. Starte mal eine Umfrage in den westlichen EU-Staaten. Da werden dir vermutlich 80 Prozent der Leute sagen, wir stecken zu viele Gelder in die afrikanischen Staaten. Davon sehen wir keinen Dollar mehr, weil alles in die Taschen von korrupten Politikern fließt. Zum kleinen Teil korrekt. Jetzt kommt jedoch die andere Seite. Die wenigsten Menschen wissen, was ihr Staat, ihre Unternehmen dafür bei den afrikanischen Ländern abkassieren. Darüber erzählt ihnen die Regierung nichts. Da stellt sich kein Politiker hin und sagt, unsere Unternehmen haben eine Milliarde Gewinne in Afrika erzielt. Für den Staatshaushalt bedeutete dass Mehreinnahmen von 50, 100 Millionen oder wie viele Steuern sie zahlen müssen. Sie verkündet nur, wir haben wieder 20 Millionen für Afrika zahlen müssen."

    „Konsequent! Ein schwarzer Arzt, der täglich sechzehn Stunden versucht, Menschenleben mit den primitivsten Mitteln zu retten - wer möchte das hören? Lehrer, die engagiert selbst unter freien Himmel unseren watoto etwas lernen - uninteressant. Die Bauern, die durch harte Knochenarbeit, aus den vertrockneten Böden noch genug Nahrung herauszuholen, damit ihre Familien satt werden - belanglos. Die Arbeiter, die vierzehn Stunden schuften, um wenigstens der Familie eine Mahlzeit am Tag zu bieten - bedeutungslos. Sie schreiben nicht darüber, wie die wazungu in unsere Länder strömen, damit sie den großen Reibach verzeichnen können. Auf diesen Landstrichen lassen sie von uns Blumen, Ananas, Mais oder Sonstiges anbauen. Alles wird nach Europa transportiert und so werden sie innerhalb kürzester Zeit noch reicher. Nennt man humanitäre Hilfe oder teilweise Entwicklungshilfe. Dass sie dabei Bauern das Land stehlen, Dörfer den Erdboden gleichmachen, Menschen in Dürregebiete umsiedeln und Arbeiter Hungerlöhne zahlen - unbedeutend. Dass ihre Banken massiv mit Getreide handeln, die Preise so verhundertfachen – irrelevant. Können die Menschen den hohen Preis nicht mehr zahlen, haben sie eben Pech gehabt und verhungern. Dass sie sich an den Rohstoffen auf schändliche, ja zum Teil auf kriminelle Weise bereichern – nebensächlich. Dass sie Arbeiter in den Ländern unter unzumutbaren, ja sogar extrem gefährlichen Bedingungen schuften lassen, die dafür kaum Lohn erhalten – alltäglich. Das könnte ich ewig so weiterführen. Jeff, du hast im vergangenen Jahr die Franzosen, Belgier und Briten gehört, ihre Berichte gelesen. Es ist überall auf dem Kontinent gleich, wo die Besatzer ihren Fuß hinsetzen, verarmt das Volk, weil sie alles entwenden, das Volk unterdrücken, die Armut forcieren. Was mich augenblicklich interessiert, nirgends werden mit einem Wort die abgebrochenen Verhandlungen erwähnt."

    „Weil sie hoffen, dass die wieder aufgenommen werden. Man geht davon aus, dass die Politiker Druck bei den Oberen erzeugen. Das erwarten ihre Bankenchefs und Vorstandsvorsitzenden schließlich. Viele Staaten sind gerade durch die langanhaltendende Trockenheit ziemlich weit unten. Wir bieten ihnen teuren Weizen an und bekommen so Gold, Diamanten, Öl, Rohstoffe jeglicher Art."

    Keno rollte mit dem Stuhl zurück, legte seine nackten Füße auf die Schreibtischkante. „Nicht nur das. Ihre Staaten sind mit Billionen US-Dollar hoch verschuldet. Der Mzee hat uns oftmals erzählt, wie er seinerzeit diese dekadenten, schleimigen Kolonialherren verachtet hat, weil die brutal, menschenverachtend mit den Schwarzen umgingen; wie sie denen das Land und das Vieh entwendeten, sie in ein Korsett gezwängt wurden, bei dem sie kaum noch atmen konnten. Ist es heute anders? Wir sind doch nicht konkret frei? Die wazungu diktieren immer noch unser Leben. Sie nehmen, was sie wollen und benötigen. Sie dürfen in den Ländern Afrikas weiterhin stehlen, vergewaltigen, töten, Menschen unterdrücken. Das Korsett ist nie gelockert worden. Sie schaffen Krisenherde durch ihre Macht- und Habgier weltweit. Millionen Menschen werden dabei getötet, in den Hungertod oder an den Rand der Armutsgrenze getrieben. Alles nur, weil sich ein paar Länder einbilden, sie sind etwas Besonderes. So ergaunern sie Gelder. Dafür können sie noch mehr Waffen kaufen, um über die nächsten Länder herzufallen, wo es noch etwas zu holen gibt. Bei all dem heben sie die Finger, da all die anderen sooo schlecht sind. Was hat sich in Afghanistan, dem Irak geändert? Das sind nur zwei Beispiele. Nichts! Die neuen Machthaber, von den Westlern eingesetzt, sind doch nicht anders als die ehemaligen Herrscher. Sie töten Leute, foltern und diskriminieren sie. Die Einheimischen haben noch weniger als vorher. Was glaubst du, was in Libyen passiert, wenn sie Kadhafi erwischen? Sie werden ihn bestialisch ermorden. Dass es Gerichte gibt, ist den Westlern unbekannt, solange es ihnen in den Kram passt. Nur wenn ein Staatschef nicht nach ihrer Pfeife tanzt, sie keinen Grund finden, in das Land einzumarschieren, dann schreien sie nach Den Haag, weil alle so böse sind. Diese Aufständischen sind schlimmer, brutaler, machtbesessener als die Schergen von Kadhafi, Hussein. Sie ermorden jeden, ob Frau, Kind, Mann, der nicht ihrer Meinung ist. Dürfen sie, schließlich unterstützt sie der Westen darin. Die bombardieren einstweilen die Wohnviertel. Aus Versehen, ich weiß. Was bedeuten Hunderttausende Tote, wenn das für sie so wichtige Öl wartet? Der Mzee sagte, ich habe siebzig Jahre vergeblich darauf gewartet, dass sich die Menschen ändern. James oder Dan werden es ebenfalls nicht mehr erleben. Ich vermute selbst Jason und Gerret nicht. Die Gier nach Reichtum wird immer größer. Ihnen reichen nicht mehr 50 Millionen Dollar auf dem Konto, es müssen 200 Millionen sein. Einige Staaten streben an, dass nur noch zehn Nationen übrig bleiben, die die ganze Welt beherrschen. Milliarden Menschen verhungern deswegen, weil ihre bankrotten Staaten, um Profit zu erlangen, Getreide aufkauft, überall durch Manipulationen den kleinen Leuten Häuser, ihr mühsam Erspartes wegnahmen. Wenigstens muss sich ihre Superbank in einigen Ländern vor Gericht dafür verantworten."

    „Wir werden nur nichts daran verändern können, außer darüber zu berichten und hoffen, dass es wenigstens ein paar Leute kapieren und philiströser bei den Wahlen nachdenken. Gegen die wazungu kommen wir nicht an, weil sie uns sonst die Medikamentenzufuhr sperren, uns keine Lebensmittel mehr liefern, militärische ihre Macht demonstrieren. Das heißt: Deutschland will sich verstärkt militärisch engagieren. Hast du doch gerade gehört. Du erlebst es bei uns. Die britischen Armeeangehörigen, die wazungu dürfen stehlen, unsere Frauen vergewaltigen, Kinder schlagen, sogar Menschen töten, alles ohne dafür bestraft zu werden."

    „Gehen wir an die Arbeit."

    „Woran sitzt du gerade?"

    „Maasai Mara. Ich fahre heute Nachmittag mit meiner Bibi zu Keith. Morgen bin ich mit den Rangern unterwegs. Montag wollen Dan und Keith ihr neues Projekt vorstellen und geben nachmittags eine Pressekonferenz. Jeff, behalte diese Geologen im Auge. Mich würde zu sehr interessieren, was sie da mauscheln."

    Es war merkwürdig, dass man nirgends etwas über diese Erden las, nichts über die Vorkommen, nichts darüber, dass Deutschland und Frankreich hier groß investieren wollten. Aber man las in den deutschen und französischen Zeitungen vieles nicht. Die Länder konnten anscheinend schalten und walten, ohne dass sie jemand Rechenschaft schuldig waren. Das erklärte jedoch so manches. So konnte man Waffen, Maschinen, Teile für AKWs, Geräte in Staaten liefern, die eigentlich mit einem Embargo belegt waren. So konnte man darüber hinwegsehen, dass Bankenvorsitzende, mit denen man befreundet war, Spekulationen mit Getreide betrieben und dabei den Hunger in der Welt schürten, sie aber Gewinne von mehreren Hundert Millionen erlangten. Was interessiert es diese Staatschefs, dass dabei eine Million Menschen verhungerten? So schaffte man es, einige ausgesuchte Personen innerhalb kürzester Zeit zu neuen Millionären zu formen, weil die dank der Regierungen auf Kosten von einem Teil der Bevölkerung immense Gewinne scheffelten.

    Chapter °°°°

    Keno wurde am frühen Morgen von Keith, seinem Cousin, geweckt, da sie sich bereits um fünf Uhr mit den Rangern vom Kenya Wildlife Service treffen wollten.

    Selbst für ihn waren die Tierwanderungen ein Naturereignis der besonderen Art, obwohl er diese jährlich bestaunte. Schon als Kind hatte er sich Wochen vorher darauf gefreut. Sein Dad war mit ihnen jährlich zu der Ngatia-Lodge seines Onkels gefahren, wo man einen herrlichen Überblick über die Weite der Maasai Mara hatte. Eventuell waren diese Erlebnisse der Ausschlag dazu gewesen, dass er sich für Ökologie, den Umweltschutz entschieden hatte und diesen in seinen Artikeln permanent einforderte, Missstände aufdeckte. Er hatte dementsprechend häufig Ärger mit Landbesitzern, Geschäftsleuten und Politikern bekommen. Man hatte versucht, ihn zu bestechen, hatte ihn bereits mehrfach massiv bedroht – ohne Erfolg. Geld benötigte er generell nicht, da er eher zu der Sorte privilegierter Schwarzer gehörte. Der Reichtum seiner Familie war zwar nicht so groß, wie die von anderen Schwarzen, aber es hatte ihm und der ganzen Familie immer ein sorgenfreies Leben ermöglicht. Seine Geschwister und Verwandten hatten alle eine gute Schulbildung erhalten; viele hatten im Ausland studiert. Den Grundstein dafür hatte sein Babu noch vor der Unabhängigkeit gelegt, als er Land kaufte. Als der während des Mau-Mau-Aufstandes ermordet wurde, da er zu eng mit einem mzungu, einem Weißen, einem Bwana, befreundet war, wurden die Landankäufe trotzdem fortgesetzt. Der Mzee, wie sie den Bwana William alle nannten und Karegas Freund Ndemi, hatten dieses so vereinbart. Sein Dad, Rechtsanwalt, hatte zudem durch geschicktes Taktieren, das Erbe vergrößert. Das Umfeld hatte bei allen Kuomas, selbst den Frauen, dafür gesorgt, dass sie nicht nur begünstigt aufgewachsen waren, charakterisiert über jede Menge Selbstbewusstsein verfügten, obwohl der Mzee behauptete, das hätten sie alle von den Urgroßeltern, einem Arathi und einer Medizinfrau, geerbt. Seine Großmutter war für damalige Verhältnisse mehr als selbstbewusst und modern gewesen. Sie war eine der wenigen Mädchen, die bereits eine Schule besucht hatte. Nach dem Tod ihres Mannes hatte sie die vier Kinder allein großgezogen. Sie hatte ihnen die alten Werte der Kikuyu vermittelt; gleichzeitig den Umgang mit den wazungu gefördert. Sie sollten in beiden Welten aufwachsen. Der Mzee hatte sie dabei unterstützt, ihnen die Seite der Weißen gezeigt, davon erzählt. Ein Schritt, der sich überall in der großen Familie Kuoma widerspiegelte. Einige waren mit weißen Frauen, mit Mischlingen, Frauen aus anderen Ethnien verheiratet. Man zählte wazungu zu den engsten Freunden, verkehrte auf gleicher Ebene mit Schwarz und Weiß. Natürlich gab es noch Rassendiskriminierung, wie er gerade in seiner Schulzeit kontinuierlich festgestellt hatte, da sie Mischlingskinder waren. Er hatte diesen dope gezeigt, dass man ihn nicht mit solchen blöden Phrasen ärgern konnte. Seit seinem Studium in London ging er generell relax damit um. Das Wort Rassenschranken gehörte nie zu ihrem Denken. Karega, sein Babu hatte einmal festgestellt: Die wazungu machen alles verwirrt. Ist doch egal, ob Schwarz, Weiß oder Gepunktet. Der Spruch hatte dank des Mzee, 70 Jahre überdauerte. Selbst heute kannte den in den drei Dörfern jedes mtoto. Ndiyo, der Mzee fehlte allen. Seinen Tod vor sechs Monaten hatten die wenigstens bisher verdaut. Er auch nicht.

    Außer den Gnus und Zebras, von denen ganzjährig zumindest kleine Herden durch die Maasai Mara streifen, sind fast alle anderen Tierarten standorttreu. Berühmt ist die Maasai Mara für ihre Großkatzen: Löwen und Geparden, selbst der scheue Leopard wird kaum irgendwo so häufig beobachtet wie in dem Gebiet der Flecken, wie es übersetzt heißt.

    Dieses Paradies für Tiere war allerdings bedroht, da dort zu viele Jeeps und Kleinbusse die Touristen herumfuhren. Daneben breiten sich Pflanzen rasant aus, die aggressiv gegenüber den Gräsern wucherten. Sie wurden durch Samenreste in den Reifen der Autos eingeschleppt.

    „Hier herrscht strengstes Verbot, von den klar gekennzeichneten Wegen abzuweichen. Diese Fahrer verlieren ihre Lizenz für die Reservate, desgleichen bekommen die Lodgebesitzer Ärger und müssen horrende Bußgelder zahlen", erklärte ihm Simon, ein Maasai, der seit vielen Jahren als Ranger bei dem KWS, dem Kenya-Wildlife-Service, arbeitete. Ein harter, gefährlicher, nicht gerade üppig bezahlter Job.

    „Gerade in der Mara haben wir durch Zufall festgestellt, dass aufseiten der Einfahrten in den Park sich merkwürdige Pflanzen verteilen. Das Zeug verbreitet sich wie Zunder und das ursprüngliche Gras, die Nahrung für Tausende Tiere, kann nicht mehr wachsen. Wir haben im Umkreis bereits begonnen, den Mist herauszureißen und zu verbrennen, bevor das Zeug

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