Das düstere Inselschloss: Irrlicht - Neue Edition 10 – Mystikroman
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Mystik Romanen interessiert.
Hier traf er nur Gwendoline an. Sie saß am Arbeitstisch und putzte Gemüse. Ein Schatten glitt über ihr zerfurchtes Gesicht, als sie den Butler hereinkommen sah. »Es kommt näher«, murmelte sie. »Feurige Arme werden sich um Scar-Island schlingen und alles vernichten.« »Dir fehlt nur noch eine Warze im Gesicht und eine schwarze Katze auf der Schulter!« sagte Arthur ärgerlich. Dann schämte er sich seiner Grobheit und war froh, daß Gwendoline ihn nicht hatte hören können. »Unheil, das aus der Hölle kommt. Drohend beieinander sind Wasser und Tod«, flüsterte sie, mit dem Messer in Richtung des Fensters weisend. Unwillkürlich schaute Arthur in die angegebene Richtung. Im selben Augenblick fuhr der alte Bedienstete wie unter einem Hieb zurück. Ein Gesicht war hinter der Scheibe aufgetaucht – dunkel, von nassen schwarzen Haarsträhnen umrahmt. Aus zwei Augen verbreitete sich ein eigenartiges grünes Flimmern. Gwendoline bekreuzigte sich hastig. Dann war alles wie ein Spuk vorbei. Über den Teufel und das Fegefeuer hatten sie an diesem Abend im einzigen Pub des zwanzig Seelen zählenden Dorfes gesprochen. Ken Lunday, der alte Fischer, war noch ganz davon erfüllt, als er den Heimweg antrat.
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Das düstere Inselschloss - Richmond Margaret
Irrlicht - Neue Edition
– 10 –
Das düstere Inselschloss
Wenn eine Gespenstergeschichte wahr wird
Richmond Margaret
Hier traf er nur Gwendoline an. Sie saß am Arbeitstisch und putzte Gemüse. Ein Schatten glitt über ihr zerfurchtes Gesicht, als sie den Butler hereinkommen sah. »Es kommt näher«, murmelte sie. »Feurige Arme werden sich um Scar-Island schlingen und alles vernichten.« »Dir fehlt nur noch eine Warze im Gesicht und eine schwarze Katze auf der Schulter!« sagte Arthur ärgerlich. Dann schämte er sich seiner Grobheit und war froh, daß Gwendoline ihn nicht hatte hören können. »Unheil, das aus der Hölle kommt. Drohend beieinander sind Wasser und Tod«, flüsterte sie, mit dem Messer in Richtung des Fensters weisend. Unwillkürlich schaute Arthur in die angegebene Richtung. Im selben Augenblick fuhr der alte Bedienstete wie unter einem Hieb zurück. Ein Gesicht war hinter der Scheibe aufgetaucht – dunkel, von nassen schwarzen Haarsträhnen umrahmt. Aus zwei Augen verbreitete sich ein eigenartiges grünes Flimmern. Gwendoline bekreuzigte sich hastig. Dann war alles wie ein Spuk vorbei.
Über den Teufel und das Fegefeuer hatten sie an diesem Abend im einzigen Pub des zwanzig Seelen zählenden Dorfes gesprochen. Ken Lunday, der alte Fischer, war noch ganz davon erfüllt, als er den Heimweg antrat.
Inzwischen hatten sich der Seenebel bis hinauf zum zerklüfteten Küstenstreifen ausgebreitet. Er dämpfte die gewohnten Geräusche, auch das der Wellen, die gegen die Felsen brandeten.
Es herrschte eine eigenartige Stimmung. Ken Lunday empfand sie als bedrückend. Nach wenigen Schritten schon hatte er das Gefühl, vom Wasser her belauert zu werden. Er blieb stehen und spähte angestrengt. Plötzlich überfiel ihn beklemmende Angst.
Er atmete tief durch und wollte weitergehen. Doch es schien ihn etwas auf die Stelle zu bannen. Seine Beine wurden bleischwer; sein Herz begann wie rasend zu klopfen. Er bekam eine Gänsehaut, als plötzlich jäh und durchdringend ein höllisches Gelächter ertönte. Es kam aus der Richtung, wo sich im Loch Alish das kleine Scar-Island mit dem Schloß derer von Wesby befand.
Ken Lunday bekreuzigte sich unwillkürlich. Da er ohnehin abergläubisch war, wähnte er sich nun vom Satan verfolgt, über den er zuvor mit den anderen Stammgästen große Reden geschwungen hatte.
»Es war doch nicht ernst gemeint«, murmelte er entschuldigend vor sich hin. »Wir haben nur ein wenig zuviel getrunken und uns über alles erhaben gefühlt.«
Rings um ihn blieb es still. Durch die dichte Nebelschicht aber glitt es von der Insel her wie ein langer dunkler Schatten. An dessen vorderster Spitze leuchtete es jetzt rot auf – dem glühenden, bösen Auge eines Tieres gleich.
Dem alten Fischer sträubten sich die weißen Nackenhaare. Ihm wurden die Knie weich. Wie ein Betrunkener schwankend, ergriff er die Flucht. Obwohl er oft im Scherz behauptet hatte, den Weg nach Hause auch mit geschlossenen Augen finden zu können, brauchte er heute das Doppelte an Zeit.
In Schweiß gebadet erreichte Ken Lunday das Häuschen, das er seit dem Tode seiner Frau und dem Auszug des Sohnes allein bewohnte. Es war ziemlich hoch gelegen und bot an klaren Tagen einen herrlichen Ausblick auf das nahe Naturschutzgebiet.
Doch jetzt war es vom dichten Nebel wie von einer hohen grauen Mauer umgeben. Das vermittelte jedoch kein Gefühl des Schutzes. Im Gegenteil – Ken Lundays Furcht wuchs erstickend an. Das trieb ihn ruhelos durch die niedrigen Räume und immer wieder an eines der Fenster.
Von einem aus konnte man bei günstiger Witterung auch den Nordzipfel von Loch Alish erblicken. Es gab dort eine halb zerfallene Hütte, die von den Einheimischen gemieden wurde. Unheimliche Erlebnisse wollte der eine oder andere da schon gehabt haben. Touristen blieben dem schwer zugänglichen Nordzipfel fern, seit jemand dort ein Schild mit der Warnung vor giftigen Schlangen aufgestellt hatte.
Einen Spaßvogel hatte Ken Lunday denjenigen genannt. Aber es war ihm recht, daß man auf diese Art neugierige Fremde vertrieb. In jüngeren Jahren war er auch ein Schelm gewesen, doch niemals so ernst und bedrückt wie an diesem Abend.
Immer wieder schaute er zum Nordzipfel hin, bis er dort schattenhaft eine Bewegung wahrnahm und es wieder kurz rot aufleuchten sah. Ein Zittern durchrann seinen sehnigen und schlanken Körper. Er umklammerte das schmale Fensterbrett, als brauchte er Halt. Aber so sehr er jetzt auch spähte, die Nebelwand war dicht und undurchdringbar, kein Licht war mehr zu erkennen. Die graue Schicht schob sich so nahe heran, als wollte sie das Häuschen erdrücken.
Ken Lunday begann zu frösteln. Er entfachte die Glut im offenen Kamin zu einem knisternden Feuer und hängte den mit Wasser gefüllten zerbeulten Teekessel an den Haken. Dann setzte er sich in den alten Lehnstuhl und grübelte vor sich hin.
Auf Scar-Island, das wußte er, gab es keinen Fischerkahn mehr, seit Sir Oliver Wesby, der neue Schloßbesitzer, eine gepflasterte Verbindung zum Land hatte bauen lassen. Auf ihr ging es lebhaft zu, wenn Sir Oliver und seine Frau Lilian Gäste geladen hatten. Ein buntes Treiben herrschte dann auf der Insel. Die hübschen Kleider der Damen streuten vielfarbige Tupfer in das Grün und Grau zwischen Schloß und Ufer.
Aber, auch das war Ken Lunday bekannt, die Wesbys hatten zur Zeit keine Gäste. Sie waren gestern erst von einer längeren Auslandsreise zurückgekehrt. Außerdem besaßen sie ein Motorboot, das nicht lautlos fuhr und mit seiner schneeigen Weiße sowie den Positionslichtern auch im Nebel zu erkennen sein würde.
Irgend etwas, so dachte Ken Lunday, nachdem er einen Becher mit Tee gefüllt hatte und genüßlich schlürfte, irgend etwas stimmt da nicht. Ich sollte mit Miles darüber sprechen, bevor ich im Schloß Meldung mache.
Miles war acht Jahre älter und einst als Schmied tätig gewesen. Jetzt verbrachte er seinen Lebensabend damit, kleine schmiedeeiserne Gegenstände herzustellen, die er an die Touristen verkaufte.
Miles wohnte mit seiner großen Familie am westlichen Ende von Loch Alish. Er war zu beneiden, weil er die Einsamkeit des Alters nicht erfahren würde. Stets war eins seiner Enkelkinder bei ihm, die dankbarsten Zuhörer für seine spannenden Geschichten.
Aber was ich ihm morgen zu erzählen habe, dachte Ken Lunday nach dem letzten Schluck aus seinem Teebecher, übertrifft bestimmt alles, was er sich bisher ausgedacht hat.
Kaum konnte Ken Lunday es erwarten, den alten Gefährten wiederzusehen. Er traf ihn zwar nicht mehr so oft wie früher, wußte jedoch über seine Gewohnheiten Bescheid. Jeden Morgen nämlich spazierte Miles auf dem gegenüberliegenden Ufer entlang, bis hin zu der Stelle, wo er den größten seiner Fische gefangen hatte. Von diesem erzählte er immer wieder voller Stolz – und jedesmal wurde dieser Fisch in seiner Erinnerung ein wenig größer.
Ken Lunday indes fühlte sich klein und hilflos, als er dann im Bett lag. Er war überzeugt, daß heute etwas Bedrohliches nach Loch Alish gekommen war. Noch immer meinte er das höllische Gelächter zu hören. Selbst mit gesenkten Lidern sah er das rote Licht wie ein böses Auge leuchten.