Trotz Corona
()
About this ebook
Grundtenor des Buches ist: Die Covis-19-Pandemie und ihre Bekämpfung haben Leiden verursacht, Schäden, Einschränkungen der Freiheitsrechte, alltägliche Beschwernisse – aber auch positive Erfahrungen. Bauen wir auf diesen auf –jede(r) Einzelne und die Gesellschaft -, ergeben sich Chancen für eine bessere Zukunft.
Die 67 kurzen Texten verbinden in tagebuchähnlicher Form Selbstbeobachtungen des Schreibenden und Beobachtungen in seinem Umfeld mit Reflexionen über politische Entscheidungen und Mediendebatten. Zentral geht es in beiden Bereichen um die Wertebene: Welche Werte werden verfolgt, wo entstehen Dilemmata, wie sieht ein "gutes Leben" aus?
Die auf die Person des Schreibers und seinen Alltag bezogenen Texte betreffen: seine Ängste, seinen Medienkonsum, das Verhältnis zu seinen Verwandten (Enkeln), die Beobachtungen in der Nachbarschaft, die doppelte Natur-Erfahrung (hier das unsichtbare Virus, dort die frühlingshafte Blütenpracht). Immer wieder wird die "bornierte" Situation des Ich kontrastiert mit der Lage anderer Menschen, welche die Pandemie und ihre Bekämpfung unter schwierigeren Bedingungen erfahren.
Bei den Reflexionen über die politischen Reaktionen auf die Pandemie und ihre mediale Darstellung geht es um: den Zielkonflikt zwischen Lebensschutz und Wirtschaftsinteressen, den Umgang mit Nichtwissen und Unsicherheit, durch die Pandemie sichtbar werdende oder gar gesteigerte soziale Ungleichheiten. Immer wieder steht die Sprache der Diskurse im Fokus: "Systemrelevanz", "Helden des Alltags", "Normalität", "tickende Zeitbomben", Zahlen und Kurven usw.
Den Schluss bilden Überlegungen, wie ein "gutes Leben" nach der Pandemie aussehen könnte. Sowohl in Bezug auf den Einzelnen wie auch in Bezug auf die Politik werden Handlungsalternativen aufgezeigt, welche um die Begriffe "Verlust", "Solidarität" und "Umgang mit Unsicherheit" kreisen.
Gerahmt werden die Tagebucheinträge von der Stimme eines Verfassers, der wiederholt die Aussagen des Ich ergänzt und korrigiert.
Related to Trotz Corona
Related ebooks
DER LETZTE ATEMZUG: Zombie-Thriller Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNachtreise Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDIN -CORONA: CORONA Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPalmström und Coronas Wellen: Virologie in Versen, Band II Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsBlutblume: Thriller Rating: 0 out of 5 stars0 ratings33 Tage zwischen Bangen und Hoffen - Tagebuch eines Bestrahlten: Mit I-Padgrafiken des Autors Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAls die Welt den Atem anhielt: Die Coronazeit in Geschichten und Gedanken zweier Autorinnen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLuft holen: Briefe in Zeiten von Corona Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsCorona, Grappa und ein kleines Plädoyer Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Tote auf Öland: Kriminalroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAUF HÖLLENKURS: Endzeit-Thriller Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsParallelleben Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsP.I.D. - Verborgene Erinnerung: Kurzroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsOhne Gestern Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLetzter Vorhang Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAngst Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIN 80 JAHREN UM DIE WELT: Jörg Weigand zum Jubeltage Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDiabolische List: Roman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSyltsterne: Kriminalroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMEMORIAM - Auch deine Stunde schlägt Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsCorona Tagebuch (Bd. 1): Wie die Welt ab 2019 verändert wurde Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWende: Roman Rating: 4 out of 5 stars4/5Territorium: Roman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsStresstest Corona: Warum wir eine neue Medizin brauchen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsCorona Time-out: Ein Blick auf die Zeit, als unser Leben stillstand Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPatientin Jahrgang 1979, auf der Treppe ausgerutscht: Wie Corona in mein Leben trat (und leider nicht mehr ging) Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLetzte Hoffnung Meer: Kriminalroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWarum lassen wir uns verrückt machen?: Neue ketzerische Gedanken Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFrauengrund Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
General Fiction For You
Grimms Märchen: Mit hochauflösenden, vollfarbigen Bildern Rating: 4 out of 5 stars4/5Sämtliche Creative Writing Ratgeber: 5 x Kreatives Schreiben Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHeinrich Heine: Gesammelte Werke: Anhofs große Literaturbibliothek Rating: 5 out of 5 stars5/51984 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Struwwelpeter - ungekürzte Fassung: Der Kinderbuch Klassiker zum Lesen und Vorlesen Rating: 4 out of 5 stars4/5Denke (nach) und werde reich: Die 13 Erfolgsgesetze - Vollständige Ebook-Ausgabe Rating: 5 out of 5 stars5/5Die Welle: In Einfacher Sprache Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSchneewittchen und die sieben Zwerge: Ein Märchenbuch für Kinder Rating: 4 out of 5 stars4/5Schöne neue Welt von Aldous Huxley (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHandbüchlein der Moral Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsJames Bond 01 - Casino Royale Rating: 4 out of 5 stars4/5Immanuel Kant: Gesammelte Werke: Andhofs große Literaturbibliothek Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWalter Benjamin: Gesamtausgabe - Sämtliche Werke: Neue überarbeitete Auflage Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Edda - Nordische Mythologie und Heldengedichte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAnnas Tagebuch: A Short Story for German Learners, Level Elementary (A2): German Reader Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsItalienisch lernen durch das Lesen von Kurzgeschichten: 12 Spannende Geschichten auf Italienisch und Deutsch mit Vokabellisten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Tod in Venedig Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGesammelte Werke Gustav Meyrinks Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHans Fallada: Gesamtausgabe (32 Werke und Illustrationen) Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Nibelungenlied Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIlias & Odyssee Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGesammelte Werke: Romane, Memoiren, Essays, Novellen und Erzählungen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEin Haus mit vielen Zimmern: Autorinnen erzählen vom Schreiben Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGermanische Mythologie: Vollständige Ausgabe Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDienstanweisung für einen Unterteufel Rating: 4 out of 5 stars4/5
Reviews for Trotz Corona
0 ratings0 reviews
Book preview
Trotz Corona - Klaus F. Geiger
Wo aber Gefahr ist ...
Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.
Friedrich Hölderlin, Aus: Patmos
Plötzlich
hatte er viel Zeit. Das heißt, er hatte schon vorher, in den letzten Jahren, viel Zeit gehabt, er war ja im sogenannten Ruhestand. Aber jetzt hatte er noch mehr Zeit. Ein bisschen seiner Frau im Haushalt helfen, zwei Tageszeitungen von der ersten bis zur letzten Seite und jede Woche einen neuen Roman lesen – das reichte nicht, das füllte die Zeit nicht aus, nicht quantitativ und nicht qualitativ. Er fühlte eine wachsende innere Unruhe. Er wollte aktiv sein. Jetzt, wo die allgemeine Kontaktsperre ihn hinderte, aus dem Haus zu gehen und anderen mit seinem pädagogischen Rat in ihren Lebensaufgaben beizustehen. Eine Kontaktsperre, die nicht nur selbstverordnet war, weil er sich nicht anstecken lassen wollte von dem Virus, das sich über die ganze Erde verbreitete. Nein, diese Kontaktsperre war auch den Anderen – das heißt, allen Menschen außer seiner Ehefrau – öffentlich verordnet worden war, um ihn zu schützen. Weil er wegen seines Alters zu einer Risikogruppe gehörte, wie es immer hieß, quasi die Risikogruppe verkörperte.
Wäre diese sich endlos dehnende Zeit nicht eine Möglichkeit, sich an den Schreibtisch zu setzen und wieder einmal zu schreiben? Aber worüber sollte er schreiben? Kein Thema drängte sich ihm auf. Bis eine Bemerkung einer Bekannten ihn aus seiner leeren Gespanntheit erlöste. Was hatte denn sein Leben in den letzten beiden Wochen geprägt, was hatte die Zeitungsseiten und TV-Nachrichten, die er so ausgiebig rezipierte, von Anfang bis Ende ausgefüllt? Könnte, gar: sollte er nicht über die Zeit der Pandemie schreiben – genauer gesagt, über die Erfahrungen die er damit machte, seine Beobachtungen an sich und anderen? Plötzlich setzte ein, was er schon von früher kannte: Seine Gedanken überschlugen sich, er füllte Zettel auf Zettel, ja, mitten in der Nacht fielen ihm noch auffällige Vorkommnisse ein, zu denen er unbedingt ein Stichwort notieren musste, um sie nicht zu vergessen.
Er setzte sich also an seinen Schreibtisch und verfasste jeden Tag ein oder zwei kurze Texte. In diesem Sinne kann man das Ergebnis – auch wenn die Eintragungen sich auf das eine Thema der Pandemie beschränkten – als Tagebuch bezeichnen. Wie für ein Tagebuch typisch, ergibt sich kein einheitliches Bild, denn das, was ihn erstaunte, zum Nachdenken brachte, oftmals erboste, wechselte ja, ebenso wie seine Reaktion darauf.
An verschiedenen Stellen – ich habe sie durch Kursivschrift kenntlich gemacht - konnte ich dem Drang nicht widerstehen, die Ausführungen des Tagebuchschreibers zu ergänzen oder richtig zu stellen.
1
Ich möchte mit etwas Schönem beginnen. Die drei jüngsten unserer Enkel, ein Junge, zwei Mädchen, wohnen im Nachbarhaus. Oft besuchen sie uns, auch mit ihren Freundinnen und Freunden, mindestens einmal in der Woche hole ich sie von Schule und Kindergarten ab, macht meine Frau ihnen ein Essen, das sie sich gewünscht haben. Und nun plötzlich, ganz zu Beginn des Auftretens des Coronavirus in Deutschland, dieser Aufruf an die Bevölkerung, ein Aufruf, der meine Frau und mich betroffen hat und betroffen gemacht hat: Eltern schickt eure Kinder nicht mehr zu ihren Großeltern zum Beaufsichtigen, denn die sind besonders zu schützen, da sie zur Risikogruppe zählen. Wir beiden sind also Risikogruppe, und wir sollen gerade auf das verzichten – nicht nur die Eltern verzichten, so wie in dem Aufruf formuliert, sondern auch wir – auf das, was uns besonders beglückt: mit diesen Kindern zusammen sein, mit ihnen sprechen, lachen, spielen, auch lernen.
Und wo kommt jetzt die schöne Geschichte? Sie beginnt damit, dass wir die Tür des Wintergartens öffnen und hinüberschauen in den Garten nebenan, wo unsere Enkel spielen. Die Jüngste, die Fünfjährige, sieht das und eilt auf uns zu. Bis zur ersten Stufe der Treppe, die zum Wintergarten führt. Sie strahlt, hat eine Hand ausgestreckt. Doch dann hält sie plötzlich an, macht einen Schritt rückwärts auf den Rasen, lächelt uns an, entschuldigend. Ich fühle ein Glücksgefühl, ein Gefühl doppelter Dankbarkeit: zum einen für den Wunsch dieses kleinen Mädchens, uns nahe zu sein, körperlich nahe wie immer, zum anderen aber für ihre Rücksichtnahme, für ihren Verzicht auf die Erfüllung ihres Wunsches, weil sie uns schützen will.
In diesem Moment machen auch ihr großer Bruder und ihre große Schwester auf sich aufmerksam. Der Bruder balanciert auf einem zwischen zwei Bäumen aufgespannten Seil, die Schwester lässt sich aus dem Handstand langsam rückwärts in die Figur der Brücke gleiten. Wir applaudieren. Wir haben verstanden: Unsere Blicke sind den beiden wichtig, ganz wie vor der Krise, ebenso unsere Anerkennung für ihr Können. Wir bleiben uns nah – auch bei dem aufgezwungenen räumlichen Abstand.
2
Ein kurzes Video im Smartphone meiner Frau. Etliche Branchen haben bereits ihre Geschäfte schließen müssen, aber noch nicht die Frisiersalons. Das Video zeigt eine Frau mit nach hinten geneigtem, frisch eingeseiftem Kopf. Dicht hinter ihr steht der Friseur, der sich an ihren Haaren zu schaffen macht. Die Frau spricht in ein Mikrophon, gehalten von einer Person, die nicht ins Bild kommt. Sie spricht in einem Ton der Verwunderung und der Anklage (zu ergänzen: an die da oben). Es sei befremdlich, dass Frisiersalons noch nicht geschlossen seien, obwohl sich da zwei Personen doch so nahe kämen. Sie spricht, bleibt ruhig sitzen, der Friseur massiert weiter.
Heißt das nicht, dass diese Frau das Gefühl hat, sie befinde sich möglicherweise in Gefahr (nämlich der Gefahr, angesteckt zu werden)? Sie zieht daraus aber