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Die Ärzte der Charité: Die Götter der Wissenschaft in Berlin
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Die Ärzte der Charité: Die Götter der Wissenschaft in Berlin

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Die Charité, aus dem frz.: Nächstenliebe/Barmherzigkeit, ist das berühmtes und traditionsreiches Krankenhaus in Deutschland. Seine Entstehung verdankt es eigentlich einer der Geißeln der Menschheit, der Pest. Am 14. November 1709 wurde durch eine Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich I. die Gründung von "Lazareth-Häusern" außerhalb der Städte angeordnet, um "bei jetzigen gefährlichen Pest-Läufften" entsprechend vorbereitet zu sein. Auslöser der königlichen Anordnung war eine Pestepidemie in Osteuropa, die schon die Provinz Preußen teilweise entvölkert hatte und nun auch die Mark Brandenburg und Berlin bedrohte. In der folgenden Zeit wurde der Name Charité durch zahlreiche herausragende Ärzte und Wissenschaftler international bekannt, mit denen sich dieses Buch beschäftigen möchte.
LanguageDeutsch
Publisherepubli
Release dateFeb 16, 2022
ISBN9783754951484
Die Ärzte der Charité: Die Götter der Wissenschaft in Berlin

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    Die Ärzte der Charité - Walter Brendel

    Einleitung

    Die Charité, aus dem frz.: Nächstenliebe/Barmherzigkeit, ist das berühmtes und traditionsreiches Krankenhaus in Deutschland. Seine Entstehung verdankt es eigentlich einer der Geißeln der Menschheit, der Pest. Am 14. November 1709 wurde durch eine Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich I. die Gründung von „Lazareth-Häusern außerhalb der Städte angeordnet, um „bei jetzigen gefährlichen Pest-Läufften entsprechend vorbereitet zu sein. Auslöser der königlichen Anordnung war eine Pestepidemie in Osteuropa, die schon die Provinz Preußen teilweise entvölkert hatte und nun auch die Mark Brandenburg und Berlin bedrohte. Am 13. Mai 1710 gründete man die Vorsorgeeinrichtung für Berlin, die Bauarbeiten für das Haus begannen. Tatsächlich trat der befürchtete Ernstfall aber nicht ein; die Pestepidemie in den Jahren 1709 bis 1711 streifte Brandenburg nur in der Uckermark und drang nicht bis Berlin vor. Das vor dem Spandowischen Tor außerhalb der Stadtmauern errichtete „Lazareth" wurde nicht für Pestkranke benötigt und diente zunächst als Armen-und Arbeitshaus (‚Spinnhaus‘) für Arme, Bettler, unehelich Schwangere und Prostituierte, sowie als Garnisonslazarett. Das ursprüngliche Pesthaus war ein quadratisch angelegtes, zweistöckiges Gebäude mit einer Länge von 48 Metern, bei dem die Angestellten des Hospitals im Erdgeschoss wohnten und die Kranken, nach Männern und Frauen getrennt, im Obergeschoss. 1713 erfolgte zusätzlich die Eröffnung eines Theatrum anatomicum, sodass das Haus zusammen mit dem 1724 gegründeten Collegium medico-chirurgicum auch zur Ausbildungsstätte von Militärärzten avancierte. In den Jahren 1785 bis 1800 erfolgte in mehreren Abschnitten ein Erweiterungsbau der Charité und durch die veränderten Stadtmauern lag die Charité seit dem Jahr 1800 innerhalb des Berliner Stadtgebiets.

    Am 9. Januar 1727 verfügte dann der königliche Nachfolger Friedrich Wilhelm I. (der Soldatenkönig) in einer weiteren Kabinettsorder die Umwandlung des Lazaretts in ein Bürgerhospital und ordnete in einer Randbemerkung an: „Es soll das Haus die Charité heißen." Erster Direktor wurde der Leibarzt des Königs, Johann Theodor Eller (1689–1760).

    1795 wurde die Pépinière zur Aus-und Weiterbildung von Militärärzten gegründet, die 1809 die Bücherei des aufgelösten Collegium medico-chirurgicum übernahm. Rudolf Virchow und Hermann von Helmholtz waren Stipendiaten dieser Akademie. Im Jahr 1801 wurde Christoph Wilhelm Hufeland als königlicher Leibarzt und leitender Charité-Arzt berufen. 1810 wurde Hufeland auch Dekan der Medizinischen Fakultät der neu gegründeten Berliner Universität. An der Universität fand in den folgenden Jahren die Ausbildung von ‚zivilen‘ Medizinstudenten statt, während die Charité Militärärzte und Militärchirurgen ausbildete. Die Ausbildung an der Charité verlief dabei wesentlich praxisorientierter „am Krankenbett", während die Ausbildung an der Universität sehr theoretisch-allgemeinbildend war, entsprechend dem Bildungsideal Wilhelm von Humboldts. Hufeland sah dagegen die Vorteile der praxisorientierten Ausbildung und erstrebte eine engere Verbindung von Charité und Universität. Die Trennung beider Institutionen bestand zunächst fort, wurde jedoch nach und nach durchbrochen, nachdem die Universität immer mehr eigene Kliniken auf dem Charité-Gelände errichten ließ. 1828 wurde ein Teil der Medizinischen Klinik von der Ziegelstraße in die Charité verlegt. Es folgten mehr und mehr Kliniken bis 1927 die chirurgische Universitätsklinik als letzte Klinik in die Charité verlagert wurde.

    1815 wurde Carl August Wilhelm Berends Leiter der Charité. Rudolf Virchow wurde 1856 zum Direktor des pathologischen Instituts berufen und konnte damit seiner Zellularpathologie zum wissenschaftlichen Durchbruch verhelfen. Der Grundsatz seiner Lehre omnis cellula e cellula revolutionierte die medizinische Wissenschaft. Am Gesundheitsamt, das 1876 gegründet wurde, arbeiteten Emil Adolf von Behring und Paul Ehrlich. Robert Koch war seit 1880 am Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin tätig. In direkter Nähe zur Charité steht ein Denkmal für Robert Koch, der in dieser Zeit dort arbeitete und die Erreger von Milzbrand, Tuberkulose und Cholera (unbeachteter Erstbeschreiber der Cholera war 30 Jahre früher Filippo Pacini) entdeckte.

    Die Charité um 1850

    Von 1896 bis 1917 erfolgten großzügige Um-und Neubauten im Bereich der Charité. Deren Genehmigung ist ganz wesentlich Friedrich Althoff, Ministerialdirektor im Preußischen Kultusministerium, zu verdanken. Damit wurden die baulichen Voraussetzungen für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Medizinischen Fakultät geschaffen. Ein Denkmal im Klinikgelände ehrt den verdienstvollen preußischen Wissenschaftspolitiker Althoff. Die in rotem Backstein ausgeführten Bauten stehen heute unter Denkmalschutz. Es gibt heute noch ein ‚Althoff-Gebäude‘ mit einem ‚Althoff-Saal‘ an der Charité. Ihr höchstes Ansehen genoss die Charité zwischen 1870 und 1918. Die Berufungspolitik, nur noch verdiente Ordinarien zu berufen, führte zu weniger jüngeren und wissenschaftlich noch kreativen Ordinarien. So hatte beispielsweise Ferdinand Sauerbruch (1875–1951) den Zenit seiner Karriere schon überschritten, als er 1927 an die Charité kam.

    In der folgenden Zeit wurde der Name Charité durch zahlreiche herausragende Ärzte und Wissenschaftler international bekannt, so etwa durch Rudolf Virchow, Hermann von Helmholtz, Robert Koch, Paul Langerhans, Paul Ehrlich und Emil Adolf von Behring. Aber auch die Begründer medizinischer Spezialgebiete und weitere namhafte Experten wie Ferdinand Sauerbruch, Ernst von Bergmann, Wilhelm Griesinger, Albrecht von Graefe, Heinrich Schulte, Otto Heubner, Caspar Friedrich Wolff, Karl Bonhoeffer, Heinrich Adolf von Bardeleben, Hans Erhard Bock, August Bier, Friedrich Kraus, Walter Stoeckel, Johann Friedrich Dieffenbach, Theodor Schwann, Friedrich Gustav Jakob Henle, Johann Lukas Schönlein, Ludwig Traube, Bernhard von Langenbeck, Theodor Billroth, Curt Schimmelbusch, Leonor Michaelis, August von Wassermann, Emil Fischer, Rahel Hirsch, Selmar Aschheim, Bernhard Zondek, Rudolf Nissen, Hermann Oppenheim, Herbert Herxheimer, Samuel Mitja Rapoport, Traube und Gutzmann wirkten hier. Acht spätere Nobelpreisträger begannen ihren wissenschaftlichen Weg an der Charité, wie zum Beispiel Werner Forßmann und Albrecht Kossel.

    Einige der berühmten Ärzte wollen wir nachfolgend vorstellen:

    Johann Theodor Eller (1689 – 1760)

    Johann Theodor Eller wurde am 29. November 1689 in Plötzkau geboren. Eller studierte zunächst in Quedlinburg und Jena Rechtswissenschaften, später in Halle, Leiden, Amsterdam und Paris Medizin und Naturwissenschaften. Louis Lemery und Wilhelm Homberg weckten sein Interesse für Chemie. Ein Aufenthalt in London brachte ihm weitere gute Beziehungen ein.

    Chirurgen gelten im 18. Jahrhundert nicht als echte Mediziner. Das menschliche Leben gründet, so die damals gängige Vorstellung, auf einem Geheimnis, das nicht dadurch zu lüften ist, dass man seinen Träger aufschneidet. Akademische Ärzte sind vor allem Gelehrte, die den „inneren Krankheiten mit Säfteausgleich, Aderlass und Schwitzkuren zu Leibe rücken wollen. Wenn es blutig wird, kommt eine andere Sorte Arzt zum Einsatz: die oft eher bildungsfernen Wundärzte. In Berlin haben sie zur Jahrhundertwende ihre ungeliebte Berufsbezeichnung Barbier gegen den weniger bekannten Begriff Chirurg eingetauscht. Im Berliner Bürgerbuch heißt es über einen Chirurgen: „ … kann wegen Blödigkeit des Verstandes nur mit Bartschere etwas verdienen.

    Johann Theodor Eller

    Nach seiner Rückkehr 1721 wurde er Leibarzt und Physikus des Fürsten von Anhalt-Bernburg, wo er als erster in Deutschland die Pockenimpfung durchführte.

    Johann Theodor Eller ist eigentlich Gelehrtenarzt. Nach ein paar Semestern Jura in Jena hat er Medizin und Naturwissenschaften studiert, sein Interesse gilt Mineralien und Metallen. Doch er ist praktisch veranlagt und verfügt über ein außergewöhnliches anatomisches Wissen. In Magdeburg soll er Militärchirurgen die menschliche Anatomie näherbringen, bevor sie die im Lazarett kennenlernen. Friedrich Wilhelm I. ist begeistert und will dasselbe für die Chirurgen in Berlin. Deshalb wird Eller 1724 ans Collegium medico-chirurgicum berufen. 1725 war er zusammen mit Georg Ernst Stahl, dem Leibarzt des Königs, Urheber eines „Medizinaledikts", das den Grundstein legte für eine fundiertere, anatomische und chirurgische Ausbildung, staatliche Prüfung und Zulassung der Ärzte sowie anderer Medizinalberufe: Jeder Chirurg in Preußen muss einen Lehrbrief vorlegen, eine Prüfung bestehen und sieben Jahre bei einem Meister und als Truppenarzt gearbeitet haben. Vor allem dieser letzte Punkt ist ganz im Sinne des Soldatenkönigs. Als der drei Jahre später die Gründung der Charité beschließt, macht er Eller zum ersten Dirigierenden Arzt. Das Gebäude steht schon. Zusammen mit dem Chirurgen und Militärarzt Gabriel Senff leitete er acht Jahre lang die 1727 eröffnet Charité in Berlin.

    Weil die Pest ausgeblieben ist, kommen Arme, Bettler, Prostituierte und verwundete Soldaten. Durch den neuen Namen ändert sich aber nicht viel: Die Patienten sind allesamt Bedürftige, die Charité ist chronisch pleite, das Pflegepersonal – genannt Wärter – besteht auch aus genesenen Patienten, die ihren Aufenthalt abarbeiten müssen. Prügel ist an der Tagesordnung. Oft warten Patienten tagelang auf den Besuch des Arztes. Nach acht Jahren gibt Eller auf und wird Leibarzt unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II.

    Eller, einer der bedeutendsten Mediziner des 18. Jahrhunderts verstarb am 13. September 1760 in Berlin.

    Caspar Friedrich Wolff (1734 – 1794)

    Caspar Friedrich Wolff wurde am 18. Januar 1734 als Sohn des Schneidermeisters Johann Wolff und dessen Frau Anna Sophie Wolff geb. Stiebeler in Berlin geboren. Er hatte mit Christian Friedrich (geboren 1728), Anna Sophia (geboren 1732) und Maria Elisabeth (geboren 1732) drei ältere Geschwister. Sein Vater stammte aus Prenzlau und hatte sich in Berlin niedergelassen und die Bürgerrechte erworben.

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