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Liebe und Schmerz und der ganze verdammte Kram: 4 Erzählungen
Liebe und Schmerz und der ganze verdammte Kram: 4 Erzählungen
Liebe und Schmerz und der ganze verdammte Kram: 4 Erzählungen
Ebook244 pages3 hours

Liebe und Schmerz und der ganze verdammte Kram: 4 Erzählungen

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About this ebook

1 - "Warum ich?", gelang es mir allerdings, die wichtigste aller Fragen herauszupressen. "Oh", stutzte Levi. "Ich hatte gedacht, das wäre offensichtlich." War es das? "Ich", deutete Levi daraufhin auf sich. "Ich finde dich bezaubernd. - Und Love hier", zeigte er nun auf seinen Freund. "Love ist unsterblich in dich verliebt, seit du die Teller hast fallen lassen." -
2 - "Colette wird das auch tun", fügte sie dann leise hinzu. "Wenn Léon zurück ist. Was können wir denn sonst tun? Wir Frauen, die wir hier sitzen und beten und hoffen und weinen und fürchten? Das einzige, was uns hilft, ist daran zu denken, wie es wieder sein wird. Wenn unsere Geliebten zurück sind…" "Aber ich bin schon da, Cathérine, und nichts ist, wie es war und es kann nie wieder so werden! Und du weißt das!" Ja, sie wusste das. Himmel Herrgott, natürlich wusste sie das. Und er hatte ja gar keine Ahnung, wie sehr sie das wusste und sie würde es ihm nie sagen können. -
3 - "Ich wollte es ihr ersparen", flüsterte der Angeklagte schließlich unter Tränen. "Ich wollte es ihr ersparen." "Was wollten Sie ihr ersparen?", forderte der Kommissar, doch Fred antwortete nicht. Stattdessen griff er in seine Brusttasche und zog einige sorgfältig gefaltete Papiere heraus. "Ich konnte ihr nicht einmal sagen, dass ich es wusste. Dass es mir nichts ausgemacht hat. Dass es der Grund war, warum ich sie so sehr geliebt habe." Damit faltete er die Papiere auseinander und schob sie dem Kommissar über den Tisch hinweg zu. -
4 - "Hey… Baby. Sorry: Summer." Ist mir jemals aufgefallen, wie fremd ihre Stimme über das Telefon klingt? Tiefer, rauer. "Hey, sorry dass ich mich erst jetzt melde. Es war alles etwas hektisch…" "Kein Problem." Sie gähnt hörbar. Verdammt, ich habe sie geweckt. Heute ist Samstag. Ich habe kein Zeitgefühl mehr. "Ich hab mir gedacht, solange sich die Polizei nicht meldet, ist alles in Ordnung mit dir." Ich schlucke und setze mich auf den Klodeckel. Shit. "Es tut mir wirklich leid, Nat. Tante May hat mich nicht aus den Augen gelassen…" "Nun, wundert es dich nach allem, was passiert ist?" Sie sagt das, als würde sie eine Anklage verlesen und ich schlucke wieder. "Hast du gegessen?" Ich schüttele den Kopf. "Ja." "Hast du geschlafen?" "Ja." "Du bist ein miserabler Lügner, Summer Rain McQuinn." - - Ein schwedischer Sommer; ein Krieg, der alles verändert; ein Missverständnis; ein Jahr Leben - vier Leben, vier Erzählungen, ein Thema: Liebe.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateMar 14, 2018
ISBN9783742745965
Liebe und Schmerz und der ganze verdammte Kram: 4 Erzählungen

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    Liebe und Schmerz und der ganze verdammte Kram - Rika Mayer

    0

    Für Kathi, die mir immer glaubt, dass meine Figuren real sind und sie mit dem Rotstift im Zaum hält;

    für Tina und ihren Realitätssinn, der so herrlich surreal ist;

    und für Maret und ihre großartige Kunst, die hier auch mein Cover ziert und ihre Ruhe.

    Better to have loved and lost than never to have loved at all.

    — Alfred, Lord Tennyson

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    1.jpg

    Es war mein zweiter Sommer in Fjällbacka, dem kleinen ehemaligen Fischernest inmitten der felsigen Nordostküste Schwedens, nahe der norwegischen Grenze gelegen. Die meisten meiner Freundinnen verbrachten ihre Ferien auf der faulen Haut, in der Sonne liegend, ich hingegen half einer alten Freundin meiner Mutter im Café Bryggan, das direkt am Hafen zu finden ist und von dessen Terrasse aus man einen guten Blick auf alle Neuankömmlinge hatte. Die Hochsaison hatte noch nicht richtig begonnen und trotz des anhaltend guten Wetters war der Strom der Touristen und Badegäste überschaubar. Die ersten Boote und kleineren Yachten legten an und brachten die gehobenere Gesellschaft an unsere Tische.

    Da es außerdem erst früh am Abend war, gab es an diesem bestimmten Tag nur wenige Gäste zu bedienen und so konnten meine Freundin Nellie und ich fast ungestört das bunte Treiben um uns herum beobachten. Auch wenn es Tage gab, an denen ich mit brennenden Fußsohlen nach Hause kam und todmüde ins Bett fiel, so wollte ich doch mit keiner meiner Freundinnen zu Hause tauschen. Es gab so viel zu sehen und zu hören und Nellie, obgleich älter als ich, war eine gute Verbündete im Geiste, wenn es um meinen Hang zu Tagträumereien ging.

    Am anderen Ende des Anlegehafens gibt es eine kleine Insel, auf der man ein Badehaus und ein paar Hütten errichtet hat und dazu einen Holzturm, von dem man wagemutig ins Meer springen kann. An diesem besagten Abend waren ein paar ältere Burschen aus dem Ort dort, um den Dreck des Arbeitstages von sich zu waschen und obwohl man sie in der Ferne kaum erkennen konnte, so wussten wir doch zu genau, um wen es sich handelte und Nellie und ich feixten darum, wer von ihnen denn nun eigentlich der mutigste Turmakrobat war. „Arne, bestimmte Nellie gleich zu Beginn. „Er ist immer in allem der Beste. „Das sagst du nur, weil du ein Auge auf ihn geworfen hast, neckte ich sie und sie schnaubte achselzuckend. „Und wenn schon? Er ist eben ein richtiger Mann. Er kann richtig anpacken und fährt außerdem ein tolles Motorrad. Da ich nicht genau wusste, was das eine mit dem anderen, und vor allem mit meiner Aussage, zu tun hatte, lachte ich laut. „Du willst wohl, dass er dich ordentlich anpackt und auf seinem Motorrad entführt! „Hätte nichts dagegen, murmelte sie verträumt und nahm dann zwei Speisekarten, um sie zwei neueingetroffenen Gästen zu bringen. „Und dir würde es auch nicht schaden, zischte sie noch über ihre Schulter. „So grün wie du hinter den Ohren bist. Da sie das ständig zu mir sagte, begnügte ich mich damit, ihr gedanklich die Zunge zu zeigen. Protestieren hätte ich sowieso nicht gekonnt, immerhin hatte sie Recht. Aber ich war auch erst siebzehn und so jemand wie Arne Edholm versetzte mich eben nicht unbedingt in Ekstase.

    Die Sonne war langsam dabei unterzugehen, als sich in ihrem goldenen Strahl lautlos eine Segelyacht durch die der Bucht vorgelagerten Inseln in unseren Hafen schlängelte. Ich bemerkte es zuerst gar nicht, ob des fehlenden Motorengeräusches, aber einer der Gäste an der Wasserkante machte alle weiteren Anwesenden darauf aufmerksam. Ein Boot wie dieses hatte ich noch nie außerhalb eines Fotos gesehen: cremeweiße Segel, ein weißer Rumpf und hölzerner Aufbau. „So etwas sieht man doch sonst höchstens in Smögen, stieß Nellie mich an und ich nickte. Wir bekamen hier schon unseren Anteil an Reichen und Schönen, denen es gefiel auf denselben Wegen zu spazieren wie einst die große Ingrid Bergmann, aber Smögen war sicherlich der übliche Anlegeplatz für eine Yacht dieses Kalibers. „Auf jeden Fall ist es ein altes Stück, kam nun auch Leo Hallquist, unser Oberkellner, zu uns herüber, um das Schmuckstück aus der Nähe zu beobachten. „Und kein Nachbau, fügte er mit Kennerauge hinzu. Nellie und ich nickten wieder. Leo kannte sich aus in solchen Belangen. Immerhin arbeitete er an seinen freien Tagen oft in der Bootswerkstatt seines Onkels. „Aus den 30ern würde ich sagen, vielleicht auch älter.

    Obwohl noch Plätze an den Stegen frei waren, ging die Yacht etwas abseits vor Anker. „Bestimmt so ein knausriges altes Millionärsehepaar, schnaubte einer der Gäste hinter uns. Die Ankunft hatte mittlerweile viele Blicke auf sich gezogen und niemand störte sich daran, dass wir sie nicht bedienten. Wir beobachteten wie seitlich ein Beiboot zu Wasser gelassen wurde. Zwei Personen gingen von Bord: Die eine setzte sich an die Ruder, die andere lehnte sich zurück und schien die Umgebung zu begutachten. „Vielleicht ist es jemand Berühmtes, flüsterte Nellie, wie sie es immer tat, wenn sie aufgeregt war. „Eine Grande Dame des Films und ihr Enkelsohn, der Produzent. – Vielleicht ist es Ingrid Bergmanns Sohn oder eine ihrer Töchter! „Eine Grande Dame wird es wohl kaum sein, musste Leo sie enttäuschen. „Dazu ist sie zu behändig ins Boot geklettert. – Aber vielleicht ist es eines dieser neureichen jungen Paare aus Neuengland, die hier in Europa eine Yacht für die trägen Sommermonate besitzen, um den endlosen und immergleichen Partys zu entkommen." Ich mochte Leos trockenen Humor. Er war so treffend. Leo selbst mochte ich im Übrigen auch. Wenn ich es mir recht überlegte, war Leo wohl am ehesten der Typ Mann, auf den ich ein Auge werfen würde. Er hatte kein Motorrad sondern ein Auto, aber gut anpacken konnte er auch – ich hatte ihn gesehen, wenn er bei den Lieferungen half.

    Das Ruderboot glitt in den Sonnenuntergang und als es etwas außerhalb der Schifffahrtswege war, sah man schemenhaft, wie zuerst eine, dann die zweite Person mit einem Kopfsprung in die See tauchte. Danach erinnerten sich die Gäste wieder daran, warum sie eigentlich ins Café gekommen waren und wir mussten wieder an die Arbeit. Vergessen konnte ich die Yacht allerdings natürlich nicht und als ich gegen zehn von meiner Schicht nach Hause ging, nahm ich den Weg am Hafen entlang und versuchte, zwischen den Häusern hindurch einen Blick zu erhaschen. An Deck brannte Licht und mir war, als könnte ich leise Musik hören. Doch die hätte gut auch aus einem der Häuser kommen können, auf deren Terrassen die Bewohner am Wasser saßen und den lauen Abend genossen.

    Da ich am Abend meist nur die kurze Schicht hatte, musste ich am Morgen die Frühschicht übernehmen, aber das machte mir nichts aus, da diese erst um halb zehn begann und meist daraus bestand, Tische einzudecken und Kaffee zu machen. Aber ich war erst mal, bis auf das Küchenpersonal, allein und deshalb wurde ich oft dabei erwischt, wie ich Tagträumen nachhing, anstatt Servietten zu falten.

    Doch an diesem Morgen wurde ich von ganz anderen Ereignissen, realen Ereignissen, abgelenkt. Gerade als ich nämlich die Tischdecken über die Tische am Wasser aufbreitete, legte das Ruderboot am Ende des Stegs an und eine Person kletterte heraus, um es zu vertäuen und reichte dann eine Hand zur zweiten Person hinunter, um ihr herauf zu helfen. Sie verweilten noch eine Zeit bei ihrem Boot, während der eine etwas tat, das wie Pfeifestopfen aussah. Schließlich kamen sie dann aber doch in unsere Richtung. Bis zu diesem Moment hätte ich noch nie sagen können, dass mir schon einmal der Atem gestockt wäre und auch jetzt bemerkte ich es erst gar nicht, zu sehr war ich auf die beiden jungen Männer konzentriert, die entspannt über den Steg in den Hafen schlenderten. Denn es waren junge Männer, das wurde nun deutlich. Auch wenn sie beide etwas seltsam verkleidet wirkten. Der Linke trug eine Kapitänskappe, ein, dem schmalen Körper anliegendes, dunkelblaues Shirt, weiße Leinenhosen, die von Hosenträgern gehalten wurden und blau-weiß gestreifte Segeltuchschuhe. Dazu zog er an der zuvor gestopften Pfeife. Der Rechte trug einen dieser runden Strohhüte, die man sonst nur mehr auf Fotos sah, ein blau-weiß gekringeltes Shirt über der weißen Leinenhose und den dunkelblauen Segeltuchschuhen. Aber wenn der Linke von ihnen schon sehr schmal wirkte, so war der Rechte fast ein Strich in der Landschaft. Das gestreifte Shirt betonte außerdem noch seine zerbrechliche Taille.

    Sie plauderten angeregt auf ihrem Weg herauf und betraten schließlich die Terrasse, auf der ich immer noch angewurzelt war, ein Tischtuch in der Hand. „God morgon, fröken, standen sie nun vor mir und lächelten verschmitzt, wohlwissend, dass ich sie beobachtet hatte. „Oh, ließ ich das Tischtuch fallen. „God morgon. „Wir hatten gehofft, dass wir hier einen anständigen Kaffee serviert bekommen könnten, legte der Junge im gestreiften Shirt dar und ich war so von seinem Gesicht eingenommen, dass mir zuerst weder seine Ausdrucksweise noch seine tatsächlichen Worte auffielen. Es war das Schönste was ich je gesehen hatte. So als wäre Gott eines Morgens aufgewacht und hätte gesagt: „Heute zeige ich euch, was ich wirklich zu erschaffen im Standen bin! Strahlend blaue Augen unter den langen dunklen Wimpern, eine schmale feingemeißelte Nase und ein Grübchen auf der Unterlippe. „Das Gebräu, das Love (sprich: Luhv) heute Morgen ans Bett gebracht hat, hat kaum den Namen verdient. „Mehr war eben nicht mehr in der Dose, erwiderte der Junge im dunkelblauen Shirt und zuckte nonchalant die Schultern. „Ich habe dir bereits gesagt, dass wir uns neue Vorräte beschaffen müssen. Sein Gesicht war dem seines Freundes nicht unähnlich, doch seine Augen waren grün und braun und seine Wangenknochen waren weniger hoch und ausgeprägt. Aber wo das eine Gesicht schön war, war das andere attraktiv. „Natürlich, älskling, nickte der Blonde. „Und das werden wir auch tun, sobald dieses hübsche Geschöpf uns zwei Tassen Kaffee gebracht hat und ich endlich munter bin. Sein Haar unter dem keck nach hinten geschobenen Hut hatte die Farbe von reifem Getreide und war über dem linken Auge scharf gescheitelt und seine natürlichen Wellen waren sorgfältig nieder gekämmt. Es war eine altmodische Frisur - das war das Wort das auch zum Rest ihrer Kleidung passte.

    „Ich fürchte, sagte der Brünette, unter dessen Kappe ich nun eine ähnliche Frisur vermutete und zog an seiner Pfeife, „das Fräulein ist zu sehr von deiner Schönheit geblendet. Vielleicht sollten wir es wo anders versuchen. „Oh… nein, kam ich nun endlich wieder zu mir und straffte meinen Rücken. „Bitte, bleiben Sie. – Suchen Sie sich einen Tisch aus, deutete ich um mich. „Kaffee, richtig? Schwarz? Milch? Zucker? „Siehst du?, stieß der Blonde den Brünetten an. „Sie möchte uns bedienen. – Und außerdem ist sie viel mehr an dir interessiert als an mir. Das ist mir gleich aufgefallen." Meine Wangen wurden rot und ich drehte mich eilig um, um das letzte Tischtuch aufzubreiten.

    „Schwarz, älskling, beantwortete der Brünette nun meine Frage. Seine Stimme war etwas rauer und weniger melodiös als die des Blonden. „Nur schwarz. Ich lief sofort zur Bar, ohne mich noch einmal umzudrehen, froh weg zu kommen und trank dort erst einmal ein paar große Schluck Wasser. „Reiß dich zusammen, Svea!, schalt ich mich selbst halblaut. „Du machst dich hier noch lächerlich. Aber wie sollte mein Körper, oder mein Geist, wissen, was zu tun war, wenn mir so etwas doch noch nie passiert war?

    „Darf es auch eine Kleinigkeit zu essen sein?, hatte ich wieder meine professionelle Miene aufgesetzt, als ich zu ihrem Tisch zurück kam und stellte die zwei bestellten Tassen vor sie hin, die sie sich direkt ans Wasser gesetzt hatten. „Wir haben jeden Morgen eine kleine Auswahl an frischem Gebäck. „Ich fürchte, alter Freund, beugte der Brünette, den sein Freund vorhin Love genannt hatte, sich zu dem Blonden, „wir haben sie ein bisschen verärgert. Sie ist plötzlich so ernst. „Sie ist in dich verliebt, älskling, antwortete der Blonde daraufhin in scheinbar vollem Ernst. „Das sagte ich doch bereits. „Und ich sage immer noch, dass du es bist, der ihr gefällt, entgegnete Love. „Sie hat dich so viel länger angestarrt. „Ich bin in keinen von euch verliebt!, platzte es da aus mir heraus. „Und hört auf so komisch zu reden! Damit stürmte ich zurück ins Café und versteckte mich hinter der Bar auf dem Boden, wo ich mich auf meine zitternden Hände setzte und leise bis zehn zählte, bevor ich tief Luft holen konnte.

    „Fröken?, tauchte da Loves Gesicht über mir auf. „Ich will Sie nicht dabei stören, wie sie die Gläser hier unten zählen, aber Sie haben weitere Gäste und Levi und ich haben zwar versucht sie zu unterhalten, aber ich denke wohl, sie sind gekommen, um Kaffee zu trinken und nicht um Levis Geschichten aus dem indischen Dschungel zu lauschen. – Die erzählt er außerdem am Abend besser – wenn er schon etwas getrunken hat. Jetzt musste ich herzlich lachen und dieses Lachen befreite ungemein und ich rappelte mich hoch und zog meine Uniform zurecht. „Danke für den Versuch, sagte ich dann. „Und tut mir leid: Das ist sonst nicht meine Art. „Sich vor den Gästen zu verstecken? „Ja, das auch, lächelte ich. „Sie müssen Levi verzeihen, lächelte er darauf zurück. „Er ist noch nicht ganz er selbst, bevor er starken Kaffee getrunken hat. Ich konnte mir vorstellen, dass er sehr wohl er selbst gewesen war, nur eben als Teil dieses seltsamen Spiels, das sie beide offensichtlich spielten, aber ich nickte dennoch. „Wir sind ein Café. Er kann so viel davon haben, wie er bezahlen kann. „Oh, sagen Sie ihm das bloß nicht, fröken, folgte er mir wieder hinaus. „Er hat Geld wie Heu, aber er schläft so schon so schlecht!" Ich lachte wieder und begrüßte die neuen Gäste und er ging zurück an seinen Tisch. Love und Levi, das konnte doch wohl nicht einfach nur ein Zufall sein!

    Es kamen noch weitere Gäste und schließlich traf auch Leo ein, der die Mittagsschicht mit mir und Freja teilte, die dann noch um zwölf zu uns stoßen würde. „Wer sind denn die zwei Gestalten da an Tisch 17?", kam er zu mir an die Bar, wo ich mich die meiste Zeit verschanzte und band seine Oberkellnerschürze um. Leo war 26 und hatte das Kellnern und Leiten eines Restaurants richtig gelernt, weshalb Liv Ahlgren, Mamas Freundin, hoffte, dass er eines Tages als Geschäftspartner ins Café einsteigen würde.

    „Das sind die beiden Besitzer der Segelyacht, verkündete ich. „Die beiden?, staunte Leo. „Na, das passt dann ja. Hoffentlich wollen sie nur nicht zu weit hinaus fahren. Zu schade um das schöne Boot. „Vielleicht haben sie ja einen Steuermann!, warf ich ein und erinnerte mich dann an ihre gestrige Ankunft. Der Steuermann war auch ins Boot gestiegen und die Yacht sah nun, zumindest von Weitem, verlassen aus. „Na, zuckte Leo die Schultern. „Mir kann es ja eigentlich auch egal sein. Aber das Boot… - Bleiben sie zum Mittagessen? „Das weiß ich nicht, zuckte ich nun mit den Schultern. „Bislang haben sie nur Unmengen an Kaffee getrunken und die Zeitung gelesen. „Ich werd sie mal fragen, nahm Leo ein Tablett von der Theke. „Sonst brauchen wir die Tische für essende Gäste. Er marschierte ab und ich ging, um die Speisekarten zu holen.

    Als wir wieder aufeinander trafen, schrieb er gerade ihre Rechnung. „Du meine Güte, sah er auf. „Die können reden für Schweden. Aber sind das meine Ohren oder reden die so alt wie ihr Boot aussieht? „Sie haben dich ja ganz schön um den Finger gewickelt!, lachte ich und holte Bierflaschen aus dem Kühlschrank. Leo senkte wieder den Kopf und tat, als würde er sich auf die Zahlen konzentrieren. Ich lächelte in mich hinein und sah zu den beiden Jungen hinüber. Das Lächeln gefror mir allerdings ein bisschen auf den Lippen, denn Love spielte gerade scheinbar wie zufällig mit Levis Hand auf dem Tisch. „Sie haben übrigens darauf bestanden, dass du ihnen die Rechnung bringst, älskling, legte Leo nun seinerseits mit einem breiten Grinsen das Stück Papier vor mich hin. Oh ja, sie hatten ihn ganz schön eingewickelt!

    „184 Kronen, setzte ich den kleinen Teller mit der Rechnung vor ihnen ab. „Das übernehme ich!, sagte Love sofort und holte sein Geld aus der Hosentasche. „Als Entschuldigung dafür, dass ich dir heute Morgen diese schreckliche Brühe vorgesetzt habe. „Zu großzügig, lehnte Levi sich zurück und zog den Hut etwas weiter in die Stirn. Er trug Make-up fiel mir nun auf. Nur ganz wenig, um die Augen rum, aber es betonte ihren Glanz. Dann holte er seine eigene Pfeife aus der Tasche, zusammen mit einem kleinen Beutel Tabak. Love legte ein paar Scheine auf den Teller. „Sagen Sie noch, fröken, wo können wir hier ein paar Einkäufe erledigen? Wir benötigen Kaffee und Brot… „Und Wein, älskling, unterbrach ihn Levi. „Vergiss nicht den Wein! „Es gibt einen Supermarkt, die Straße entlang, deutete ich nach links. „Dort bekommt man alles. Als müsste man das heutzutage dazu sagen. Aber irgendwie war mich das Bedürfnis überkommen für einen Moment zu tun, als hätten wir wirklich die 30er Jahre. „Vielen Dank, älskling, erhob Levi sich von seinem Stuhl. „Der Kaffee war sehr gut, lächelte er fröhlich. „Und vielleicht könnten Sie uns diesen Tisch für heute Abend frei halten? So gegen acht? Ich nickte und er zog den Hut und verbeugte sich leicht. „Auf Wiedersehen, fröken. Hej då! „Hej då!, tippte Love sich an seine Kappe und die beiden verließen die Terrasse und gingen in die gewiesene Richtung. Ich nahm den Teller und musste feststellen, dass dort 500 Kronen lagen.

    Den Nachmittag hatte ich frei, damit ich am Abend wieder frisch und munter an die Arbeit gehen konnte und ich nutzte die Zeit, um mit Nellie zum Schwimmen zu gehen. In Schweden musste man jeden Sonnentag nutzen, man konnte nie wissen, wann man wieder den Pullover auspacken musste. Nellie Ahlgren war Livs Tochter und half über die Sommersaison im Café aus, um ihr Taschengeld aufzubessern. Eigentlich studierte sie in Göteborg Mathematik. Sie war zwanzig, ließ mich das aber nur selten spüren. Außer bei der Jungsfrage. Letzten Sommer hatte sie zu Anfang noch einen Freund von der Uni gehabt, aber nachdem er sie in unserem herrlichen Fjällbacka besuchen gekommen war, hatte ich nie wieder ein Wort über ihn gehört und Nellie war dazu übergegangen, Arne Edholm anzuhimmeln. Aus der Ferne. Ich hatte sie noch nicht gefragt, ob er wirklich wusste, wer sie war.

    Wir setzten uns auf den blanken Stein, der zum Meer hin etwas abfiel und Nellie cremte mir den Rücken mit Sonnencreme ein. Da ich zu meinem blonden Haar außerdem sehr helle Haut habe, verbrenne ich sehr schnell, bevor ich schließlich eine Bräune bekomme – und da ist der Sommer meist schon herum.

    Da die meisten anderen jungen Leute noch am Mittagstisch saßen, konnten wir uns ungestört unterhalten. Unser Thema war natürlich meine Begegnung mit den beiden bunten Yachtbesitzern. Denn Nellie hatte natürlich längst erfahren, dass ich sogar mit ihnen gesprochen hatte und stürzte sich gierig darauf. Von unserem Badeplatz auf dem Felsen konnten wir die Yacht sehr gut sehen und die beiden lagen auf dem Kajütendach, um sich zu sonnen.

    „Zwei Jungs, sagst du?, zog Nellie erst einmal die Augenbrauen hoch. „Das ist ja höchst interessant. – Und vielleicht nur ein bisschen seltsam, fügte sie hinzu. „Aber niemand Berühmtes? „Ich glaube nicht, zuckte ich die Schultern. „Obwohl sie sich schon so benommen haben. Der eine sagte außerdem auch, der andere hätte sehr viel Geld. Aber es könnte natürlich sein, dass sie nur so tun als ob. „Vielleicht ist das ganze ja ein Film!, ereiferte sich Nellie. „Vielleicht drehen sie hier einen Film! Vielleicht warst du sogar schon ein Teil davon! Sie griff nach meiner Hand. „Oh, wir müssen heute Abend unbedingt nach Kameras Ausschau halten! Ein Film? Ja, da würden die beiden auf jeden Fall hinein passen. Trotzdem erschien es mir unwahrscheinlich. „Ich glaube eher, dass die zwei sich hier einfach einen großen Spaß erlauben, stellte ich fest, selbst überrascht über meine Nüchternheit, nach allem, was ich am Morgen gesehen und gehört hatte. „Oder vielleicht sind es auch zwei Verrückte, die aus einer Klinik entkommen sind. Mit verschmitzten grünen Augen und einem geradezu tödlichen Strahlen. Ich ertappte mich dabei, wie meine Gedanken zu heute Morgen zurück schweiften und ich in dieses unwirklich schöne Gesicht starrte und Love mir zuzwinkerte,

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