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Hans Georg von Carlowitz (1772 – 1840) und die Zeichen der Zeit: Historischer Roman
Hans Georg von Carlowitz (1772 – 1840) und die Zeichen der Zeit: Historischer Roman
Hans Georg von Carlowitz (1772 – 1840) und die Zeichen der Zeit: Historischer Roman
eBook461 Seiten5 Stunden

Hans Georg von Carlowitz (1772 – 1840) und die Zeichen der Zeit: Historischer Roman

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Über dieses E-Book

»In erster Linie ist aber Carlowitz als Urheber der sächsischen Verfassung zu nennen, Lindenau in zweiter.« (Otto Eduard Schmidt) Der Platz vor dem Landesparlament in Dresden ist nach Bernhard v. Lindenau als Schöpfer der ersten sächsischen Verfassung von 1831 benannt. Mit ihr wird das Tor zur bürgerlichen Gesellschaft und industriellen Revolution in Sachsen aufgestoßen. Der entscheidende Anteil des Hans Georg v. Carlowitz an diesem epochalen Dokument ist in unserer Erinnerungskultur verschwunden. Carlowitz ist Zeitgenosse dreier Revolutionen: Erstens die der Aufklärung, Romantik und klassischen deutschen Philosophie. Zum anderen sind es die industrielle in England und die politische Revolution in Frankreich 1789, die ihn beeinflussen. Humanistische Gesinnung, Nächstenliebe und Tatmenschentum prägen den Menschen Carlowitz, dessen politisches Leben und Handeln im vorliegenden Roman nachgezeichnet wird. Erzählt wird von seinen Bemühungen um eine allgemeine Bildung der Landeskinder, seinem Einsatz für die deutsche Einheit als sächsischer Gesandter am Bundestag und seinem Engagement für die wirtschaftliche Entwicklung Sachsens, das in seiner Unterstützung für den Bau der ersten deutschen Ferneisenbahnstrecke Dresden-Leipzig gipfelt. Carlowitz ist der Einzige aus den Reihen des progressiven Adels, der »ZWISCHEN DEN ZEITEN« von Feudalismus und bürgerlicher Gesellschaft trotz ständiger Rückschläge immer »Baumeister am großen Steinbruch sächsischer Verhältnisse« blieb. So würdigt ihn O. E. Schmidt mit den Worten: »Sein Wesensbild zählt zu den anziehendsten und schönsten, die der obersächsische Adel hervorgebracht hat.« Hans Georg von Carlowitz würde 2022 seinen 250. Geburtstag feiern.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. März 2022
ISBN9783969405789
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    Buchvorschau

    Hans Georg von Carlowitz (1772 – 1840) und die Zeichen der Zeit - Bernhard Schawohl

    ERSTES BUCH

    MARIE

    Marie hatte sich auf den weiten Weg nach Dresden gemacht, weil sie sich auf dem weihnachtlichen Striezelmarkt einen wenigstens bescheidenen Verdienst sichern wollte. Dass ihr das gelänge, war lebensnotwendig. Denn es war so ziemlich die einzige Gelegenheit im Jahr, ein wenig Geld zu verdienen. Darauf war sie dringend angewiesen, um sich und den Kindern Kleider oder sogar auch ein Paar neue Schuhe kaufen zu können. Außerdem musste die Uniform, die sie im Januar für ihren Max gekauft hatte, bevor er nach Russland zog, noch abbezahlt werden. Zum Glück hatte sie für sich und die Kinder Unterschlupf in dem Haus des Seilermeisters Geißler, in dem die Mutter wohnte, gefunden. So hatte sie wenigstens freies Logis.

    Das Haus lag unmittelbar am Fuße des Burgberges in Liebstadt. Den steilen Felsen krönte Schloss Kuckuckstein, das seine mittelalterliche Herkunft allen Ankommenden stolz präsentierte. Ganz gleich, ob sie aus dem Tale des Molchgrundbaches, des Seidewitz Tales oder anderer Täler, die sich hier vereinigen, der Burg zuwanderten. Ganz in der Nähe führte ein alter Handelsweg vorbei, der die Residenz mit Böhmen verband. So konnte Marie hoffen, dass sie den weiten Marsch nach Dresden nicht vollständig zu Fuß bewältigen musste. Die beiden Kinder, glaubte sie, würden vielleicht einen der Fuhrmänner erbarmen.

    Marie plante, wieder bei dem freundlichen Bäcker Lorenz Werl unterzukommen, der ihr im vorigen Jahr Arbeit gab. An seinem Stand war es schön warm. Der findige Bäcker hatte ihn mit einem kleinen Ofen versehen, um frische Leckereien zu backen und Mandeln zu rösten. Zudem hatte er ein weiches Herz und gab ihr ein wenig Geld für die Apfelstrudel, die sie mitgebracht hatte. Frisch ausgebacken und warm verkauft, machte er sogar einen guten Gewinn damit. Auf eigene Rechnung, hatte der Bäcker zugestanden, durfte Marie an seinem Stand ihre Pflaumentoffel verkaufen. Die lustigen Männlein, die wie kleine Schornsteinfeger aussahen, waren schon im vorigen Jahr außer jeder Konkurrenz. Nicht nur, dass ihr die Backpflaumen vom Baum im Garten der Mutter besonders gut gelungen waren. Nein, sie waren denen an den anderen Ständen auf dem Markt weit überlegen. Denn Marie hatte sich überlegt, dass die Köpfe ihrer Toffel aus Marzipan gemacht werden könnten, den der Bäcker fertigt. Der war sogleich begeistert von ihrer neuen Idee. Zudem nahm er die zwar nicht auffallend hübsche, doch auf eigentümliche Art anziehende junge Frau noch aus einem anderen Grund gern an seinen Stand. Denn seit sie bei ihm war, kamen die jungen Herren der besseren Gesellschaft oft sogar mehrmals vorbei, um Striezel, etwas Gebäck oder auch Pflaumentoffel zu kaufen.

    Trotz all dieser guten Verbindungen aus dem vorigen Jahr war sich Marie nicht sicher, ob der Bäcker zu diesem Weihnachten nicht vielleicht doch einer anderen, die hübscher als sie selbst war, den Vorzug geben würde. Daher hatte sie sich aufgemacht, um ihren Platz rechtzeitig zu sichern. Auf das weiche Herz des Mannes vertrauend, hatte sie den kleinen Anton mit auf den weiten Weg genommen. Mit ihm, war sie gewiss, würde sie zwei Tagesmärsche planen müssen. Bei einer Freundin in Röhrsdorf, deren Mann ebenfalls im Felde war, würde sie auf halbem Wege Quartier für eine Nacht nehmen können. Neben Anton hatte sie noch einen zweiten Trumpf, den sie dem Bäcker gegenüber ausspielen wollte: Katharina. Sie war kaum vier Wochen alt und musste daher ohnehin mit auf den weiten Marsch. Es vergingen kaum zwei Stunden Ruhe, bis sich das Kind ungestüm bemerkbar machte, um der warmen Brust der Mutter habhaft zu werden.

    Über den Tumult in den Straßen der Stadt war Marie erschrocken. Bevor sie die Wirtschaft des Bäckers in der Nähe der Hofkirche erreichte, bemerkte sie einen Mann, der auf einen Fuhrwagen gesprungen war. Um den völlig erschöpften Kleinen etwas zu wärmen, verbarg sie ihn im Rock zwischen ihren Schenkeln. Fast wäre sie bei dem, was sie von dem Manne auf dem Fuhrwagen hörte, zusammengebrochen. Müde, vor Kälte und aus Verzweiflung zitternd, erreichte sie Bäcker Werls Laden. Da es schon später Nachmittag war, hatte er bereits einige Stunden guten Schlafes hinter sich. Immer, wenn er früh am Morgen die Regale im Laden mit frischem Brot und Kuchen gefüllt hatte, legte er sich in der Nähe des Backofens aufs Ohr.

    Lorenz Werl war ein zufriedener Mann. Vor Jahren, als er auf Wanderschaft war, kam er nach Dresden. Schon von Weitem, er hatte die Grenzen der Stadt längst noch nicht erreicht, fielen ihm die beiden gewaltigen Kirchen ins Auge. Die eine, bemerkte er beim Näherkommen, entsprach ganz seinem Geschmack. Noch nie hatte er ein so prächtiges Bauwerk des italienischen Barock nördlich der Alpen gesehen. Außer in seiner Heimatstadt München natürlich. Nur waren die Werke dort kompakter, nicht so grazil wie diese Hofkirche. Hatte er sich in seinem Handwerk schon immer besonders für die Zuckerbäckerei begeistert – hier stand leicht und luftig in Stein, was selbst dem größten Meister der Zuckerbäckerkunst nicht gelingen mochte. Hier musste er bleiben! Zudem war Werl ein praktisch denkender Mann. Nie, war ihm bewusst, hätte er es in München so schnell zum Meister bringen können wie hier in Dresden. Also hatte er sich das Haus Nr. 13 im Italienischen Dörfchen gekauft, um heimisch zu werden. Es lag gleich neben der bewunderten Hofkirche, unweit der Elbbrücke und dem Zwingergraben zu. In dem Dörfchen, das seinen Namen wegen der einstmals dort wohnenden italienischen Erbauer der Kirche trug, hatten sich viele Handwerker, aber auch Hofbedienstete und Künstler des Theaters angesiedelt. So konnte der Bäcker, der am Abend auch eine kleine Wirtschaft mit bayerischem Bierausschank betrieb, auf ein gutes Auskommen hoffen. Von den sechzehn öffentlichen Brauhäusern, die es in der Stadt gab, war ihm natürlich das Bayerische Brauhaus in der Friedrichstadt das liebste. Von da bezog er einen besonders edlen Gerstensaft, der den Dresdnern wegen seines guten Hopfens besonders gut schmeckte.

    Plötzlich hörte er, wie ihn sein Weib von vorn aus dem Geschäft aufgeregt zu sich rief. „Komm schnell, Lorenz, Marie ist gekommen! Noch ein wenig schlaftrunken richtete er sich auf. „Wo, zum Teufel, hat diese verfluchte Katze meine Filzpantoffel wieder hingeschleppt? grollte er, während er aufstand. Er stopfte das staubige Bäckerhemd, so gut es ihm gelang, in die Hosen und zog die Hosenträger über den dicken Bauch. Trotz ihres Kummers musste Marie angesichts des Bäckers lachen, der schlaftrunken und in Socken auf sie zutrat. Er liebte diese Socken besonders, denn sie waren aus Hundewolle gestrickt. Marie hatte sie ihm im vorigen Jahr als Dank für die Aufnahme an seinem Weihnachtsstand geschenkt.

    „Gib dem Kleinen ein Paar Kuchenränder! wies der Bäcker seine Frau in urbayerischem Dialekt an, „aber sei nicht so geizig und schneide so, dass er einen Streifen von den Pflaumen und Äpfeln erwischt.

    Die Bäckersfrau warf ihm einen bösen Blick zu. Als sei sie je geizig gewesen. Noch dazu, wenn es um einen so reizenden Knirps wie diesen Anton ging.

    Lorenz nahm die junge Frau an ihrer schlanken Taille und führte sie in die warme Backstube. „Was verbirgst du da unter dem Tuch?" wollte er wissen. Marie wickelte ihr Kind aus und legte es auf die warme Bank am Ofen.

    „Mon dieu! So einen kleinen Wurm schleppst du von Liebstadt bis hierher?"

    „Was sollte ich machen, sehen Sie her! Marie gab der Kleinen die Brust, legte das zufrieden glucksende Kind nach einigen Minuten auf ihre Schulter und klopfte ihm zärtlich auf den Rücken. Danach legte sie es wieder auf