Der Wespenesser
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Klaus Sebastian
Klaus Sebastian ist ein deutscher Schriftsteller und Kunstkritiker. Seine Krimis und Romane basieren stets auf realen Beobachtungen, die der Autor auf Reisen durch Südostasien, die Philippinen oder Mexiko machte. Sebastian lebt in Düsseldorf und Thailand.
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Book preview
Der Wespenesser - Klaus Sebastian
Klaus Sebastian
Der Wespenesser
Ein Koh-Chang-Krimi
Klaus Sebastian
Der Wespenesser
Roman
Was kümmert mich der Schiffbruch der Welt,
ich weiß von nichts als meiner seligen Insel.
Friedrich Hölderlin
Alle Rechte vorbehalten.
Copyright © Klaus Sebastian 2019
Cover-Foto: Soorelis/pixabay
Personal
Inspektor Chaichet Polizeichef auf der Insel Koh Kut
Sergeant Anurak Polizeichef auf der Insel Koh Chang
Pong Sergeant der Touristenpolizei
Nang Sekretärin im Polizeibüro
Jirawan Polizistin
Fernand Inhaber der Yuyu-Bar
Simon Philipps Schlagzeuger
Doktor Tan Pathologe
Nonsi Chef der Spurensicherung
Tibor Prag Youtube-Star
Sisang Silapah Schauspielerin
Toni Deutscher Metzger auf Koh Chang
Siri Freundin von Chaichet
Tukkata Mutter von Siri
Major Wongsawan Offizier der Royal-Thai-Marine
Eine Übersetzung von Thai-Wörtern, die in dieser Geschichte vorkommen, befindet sich auf den letzten Seiten dieses Buchs.
Prolog 1
Der Thai richtete die kleine Webcam auf sein Gesicht aus und zog eine Grimasse. Er war jetzt bereit für das Video. Sein schwarzes, mittellanges Haar war ordentlich gescheitelt, sein weißes Hemd frisch gebügelt, das Kautschuk-Armband der Breitling-Taucher-Uhr saß perfekt an seinem linken Handgelenk.
Mit einem Knopfdruck startete er die Aufnahme. Zuerst begrüßte er seine Zuschauer und informierte sie über den Inhalt des nun folgenden Spektakels. Sie würden ihm heute dabei zuschauen, wie er eine Portion Wespen verspeiste.
Der Youtube-Star begann zunächst damit, einen Löffel mit braun gebrannten Wespenlarven in seinem Mund zu versenken. Da die Larven in Form und Farbe den mehlig weichen, italienischen Gnocchi ähnlich sahen, wirkte das noch recht harmlos, zumal der Verzehr von Insekten in Thailand nicht besonders ungewöhnlich war. Ein Video, in dem der Hauptdarsteller einen Teller mit ausgewachsenen Wespen verspeiste, würde hingegen schon heftigere Reaktionen hervorrufen. Jedenfalls hoffte der Thai im weißen Hemd auf zahllose Besucher, die mit ihren Klicks automatisch eine Menge Geld auf sein Konto spülen würden. Das Internet als Geldmaschine. So genial, so einfach.
Er schloss die Augen, führte den Löffel mit den gelb-schwarzen Körpern der Insekten dicht vor das kleine Objektiv der Kamera, dann steckte er sich den in Öl gebackenen Imbiss in den Mund und begann mit verzückter Miene zu kauen.
„Ah, aroi maaaaak. So knusprig!"
Das Wespennest hatte er zufällig gefunden, als er die Rückseite seines aus Holz gebauten Gartenhauses reinigen wollte. Es war so groß wie ein menschlicher Schädel, klebte wie ein großer Baumpilz unter der Dachkante, und am Einflugloch herrschte summender Hochbetrieb. Kurz entschlossen hatte er eine passende Plastikbox aus der Küche geholt, sie über das Nest gestülpt, dann mit einer beherzten seitlichen Bewegung das papierartige Gebilde von der Dachkante abgerissen und es mit dem dazugehörigen Kunststoffdeckel verschlossen. Zum Glück war er bei dieser riskanten Aktion nicht gestochen worden.
Anschließend hatte er seine Beute für vierundzwanzig Stunden im Gefrierfach seines Kühlschranks verstaut. Dort, im Nebel aus Eis, starben die schockgefrorenen Wespen schon nach wenigen Minuten.
Am folgenden Tag konnte er das aus papierdünnen Lamellen-schichten bestehende Nest in aller Ruhe ausräumen. Er trennte die größere Königin von den Arbeitswespen, schüttelte die hellen Larven wie Bonbons aus den sechseckigen Waben und legte sie auf einen kleinen Teller.
Er wusste, dass die meisten Menschen sich vor dem Stachel dieser lästigen Insekten fürchteten und deshalb nie auf den Gedanken gekommen wären, Wespen in Sojasoße zu braten. Dabei war sogar der Verzehr des Stachels völlig ungefährlich. Beim Braten oder Kochen zerfielen die Proteine des Gifts nämlich bereits nach wenigen Sekunden.
Zwei Tage später hatte der Wespenesser zweihundert Kommentare und 40.000 Klicks auf dem Besucherzähler seines Videos. Wie zu erwarten war, beschimpften ihn einige der Zuschauer, weil er das Nest einer geschützten Insektenart zerstört hatte. Andere bewunderten ihn für seinen Mut. Die Mehrzahl der Besucher begnügte sich mit einem einfallslosen igitt oder bäääähhhh.
Prolog 2
Tibor Prag hielt überhaupt nichts von Wahrsagern, Hellsehern oder Astrologen. Das unterschied ihn von den meisten seiner abergläubischen Landsleute. Die Thais liebten es nämlich, sich die Zukunft vorhersagen zu lassen. Manche ließen sich beim Sterndeuter ihrer Wahl besonders günstige Termine für Hochzeiten, Grundstückskäufe oder Aktiengeschäfte ausrechnen. Die meisten Wahrsager, Kartenleser und Handleser fand man übrigens vor und in den Tempeln, den Wats des Buddha. Die buddhistischen Mönche waren so tolerant, dass sie es akzeptierten, wenn die Gläubigen bei Geistern, Astrologen oder Esoterikern fremdgingen oder sich eine zweite Meinung einholten. Und es kam gar nicht so selten vor, dass die Mönche im Nebenjob selbst als Handleser oder Wahrsager aktiv wurden. Das Problem für die Kunden war nur, die Spreu vom Reiskorn zu unterscheiden.
Denn es gab in der Tat einige Mönche, die von Geburt an über eine hellseherische Begabung verfügten. Daneben existierten allerdings jede Menge Blender und Trittbrettfahrer, die ihren Kunden nur süße Worte - also das, was sie gern hören wollten - in die Ohren träufelten.
Dass Tibor nun seine Handflächen, mitten in Bangkok, am berühmten Erawan-Schrein, einem nicht minder berühmten Mönch und Wahrsager entgegenhielt, tat er nur seiner Mia Noi zuliebe. Sie hatte ihn mit ihrer Engelszunge dazu überredet, sich an diesem legendären Ort, inmitten einer Gruppe fast lebensgroßer Holzelefanten, die Zukunft voraussagen zu lassen. Denn sie waren noch nicht sehr lange ein Paar. Und insgeheim hoffte Mia Noi wohl, dass der weise Mann ihnen ein glückliches Leben prophezeien würde. Eben diese Hoffnung auf ein sorgenfreies, gesundes Schicksal und ein gutes Karma für ein folgendes Leben war übrigens der Grund dafür, dass zahlreiche wohlhabende Thais und Thaichinesen dem mächtigen Geist des Schreins eine große Elefantenskulptur zum Geschenk machten.
„Finanziell müssen Sie sich keine Sorgen machen", erklärte der auf dem Boden sitzende Mönch. Er war jünger als Tibor sich das ausgemalt hatte. Da saß kein greiser Mann mit wackelnden Zähnen vor ihm, sondern ein junger Kerl in einem safrangelben Gewand, der die recht ausgeprägten Linien in Tibors Hand wie ein Wissenschaftler mit einer Lupe studierte. Sein Name war Pra Wirapol. In einen weißen Kittel gekleidet hätte man ihn sich - trotz seiner Glatze - auch als jungen, dynamischen Zahnarzt vorstellen können.
Bevor er mit dem Abtasten der Handinnenfläche fortfuhr, tauchte er seine Fingerspitzen in eine Messingschale mit Rosenblättern.
„Sie essen gern?" fragte er, während seine Augen weiterhin die Handfläche des Kunden nach markanten Merkmalen absuchten.
Mia Noi kicherte. Auf Anhieb hatte der hellsichtige Mönch mit nur zwei Bemerkungen den Nagel auf den Kopf getroffen. Tibor verdiente in der Tat gutes Geld mit Videos, die er im Internet veröffentlichte. Und in diesen Videos drehte sich alles ums Essen. Ihr Lebensgefährte galt als der erfolgreichste Restaurantkritiker Thailands. Mia Noi wischte ihrem unbequem auf einem niedrigen Plastikhocker sitzenden Partner ein paar Schweißperlen von der Stirn. Der hatte momentan keine Hand frei und ließ die Prozedur ohne große Anteilnahme über sich ergehen. Es war unglaublich heiß auf dem Platz neben dem Schrein mit der Skulptur des viergesichtigen Gottes Brahma. Und es war unbeschreiblich laut. Links und rechts, sogar oben auf den Hochstraßen, die den Himmel verdunkelten, brodelte und brüllte der Verkehr der Millionenstadt wie ein reißender Strom.
„Wie sieht es mit der Liebe aus?" fragte Mia Noi vage. Diese Frage interessierte sie außerordentlich.
„Die Liebeslinie ist klar und fest, antwortete Wirapol. „Aber warum ist die Lebenslinie so kurz?
Nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte, biss er sich wie ein Schulkind auf die Unterlippe. Er war berühmt für seine treffenden Analysen und verblüffenden Vorhersagen, aber er war halt auch noch ziemlich jung. Ein alter, erfahrener Mönch hätte sich wohl kaum zu einem derartigen Tabubruch hinreißen lassen. Denn seit Jahrhunderten galt die ungeschriebene Regel, dass man einem Klienten niemals Auskünfte über die ihm noch verbleibende Lebenszeit erteilen durfte.
Der apathische, schwitzende Tibor Prag hatte nur mit einem Ohr hingehört, doch Mia Noi waren die beängstigenden Worte keineswegs entgangen.
„Sie meinen....?" hauchte sie mit belegter Stimme.
„Nein, nein, verstehen Sie das bitte nicht falsch!"
Da der Mönch seinen kardinalen Fehler mit einer lahmen Beschwichtigung wohl kaum wieder aus der Welt schaffen konnte, nahm er seine Aussage komplett zurück.
„Sehen Sie selbst: Die Lebenslinie hier in der linken Hand verläuft wunderbar vom Daumen bis zum Handgelenk. Machen Sie sich also keine unnützen Sorgen."
Tibor Prag hatte mittlerweile genug von der spirituellen Beratung und erhob sich von dem winzigen Hocker. Sein linkes Bein war eingeschlafen.
Als Mia Noi das sah, legte sie dem Wahrsager einen Umschlag mit Geld auf den freien Hocker und bedankte sich mit einem artigen Wai.
„Kop khun kaa!"
Der Mönch nickte nur beiläufig, verstaute das Honorar in den Falten seines Obergewands und winkte den nächsten Fragesteller heran. Im Laufe der vergangenen zehn Minuten hatte sich eine lange Warteschlange gebildet. Er ging davon aus, dass er heute mal wieder Überstunden machen musste.
„Ich glaube dem nichts, sagte Tibor auf dem Weg zum unterirdischen Parkhaus. „Dass wir nicht arm sind, hat er bestimmt an unserer Kleidung gesehen. Und da alle Thais gern essen, war auch diese Bemerkung nicht besonders geistreich.
Mia Noi wusste, dass ihr Partner sehr rational eingestellt war, und deshalb hatte sie nichts anderes erwartet. Sie nahm ihm seine skeptische Einschätzung nicht übel. In typisch thailändischer Manier lächelte sie die Meinungsverschiedenheit weg und ging so einer möglichen Konfrontation aus dem Weg. Vor allem war sie froh, dass er die letzte Aussage des Mönchs nicht mehr erwähnte. Vielleicht hatte er ja nicht richtig hingehört. Sie selbst nahm sich vor, die Analyse der Lebenslinie schnell zu vergessen oder zu verdrängen. Auch so ein berühmter Mann konnte sich im Lärm und in der Hektik der Hauptstadt einmal irren. Pra Wirapol war weder ein Roboter noch ein Heiliger.
„Morgen fahren wir nach Koh Chang?" fragte sie Tibor, der mit dem BMW-Funkschlüssel in der Hand nach dem geparkten Wagen suchte.
„Ja. Wir fahren früh los. Es soll dort ein paar gute Restaurants geben."
„Ich freue mich, Tirak", juchzte sie und hakte sich bei ihrem Partner unter.
„Dahinten steht ja unser Auto!"
Samstagabend
In der Yu-Yu-Bar kochte die Luft. Die Gäste, die dicht gedrängt vor der kleinen Bühne standen, hielten kleine, eisgekühlte Bierflaschen in der Hand, was sie daran hinderte, den Takt der lässigen Reggae-Musik mit einem Klatschen zu begleiten. Also begnügten sich die meisten damit, ihre Chang-Flaschen in der feuchtheißen Luft herumzuschwenken. Die Mehrzahl der Besucher gehörte den Jahrgängen an, die sich noch an Live-Konzerte von Bob Marley oder den Eagles erinnern konnten. Die Männer trugen Hard-Rock-T-Shirts und ausgebeulte Cargo-Hosen, die nach Freiheit und Abenteuer aussehen sollten - Abenteuer, die sie vermutlich nie erlebt hatten.
Die meisten Frauen waren Touristinnen, die sich für den besonderen Abend farbenfroh herausgeputzt hatten.
Zwei Ladies tanzten vorne an der Bühne in gespielter Ekstase zu einer schludrigen Version von I shot the sheriff, indem sie ihre voluminösen Hüften kreisen ließen und ihre tätowierten Arme unrhythmisch in die Luft warfen. Die beiden lebten schon länger auf der Insel Koh Chang und demonstrierten ihr Anderssein vor allem durch ihr nachlässiges Outfit. Mit ihren bodenlangen, quietschbunt gebatikten Röcken hätten sie als Statistinnen in einem Woodstock-Film mitwirken können.
Fernand, der Club-Inhaber und Gitarrist der Band, beobachtete sein Reich mit einem selbstgefälligen Lächeln. Die Hochsaison hatte noch nicht einmal richtig angefangen, doch sein Laden brummte schon wie ein Hornissennest. Das sollte ihm erstmal einer nachmachen. Das Konzept aus Tarzan-Architektur, coolen Drinks und Live-Musik erfüllte offenbar genau jene Vorstellungen, die sich Urlauber von einem entspannten Abend auf einer thailändischen Insel machten.
Fernand steckte sich eine Marlboro zwischen die wulstigen Lippen und bat einen Gast um Feuer.
„Gefällt es dir?" fragte er.
„Ja, super. Konservenmusik kann man überall hören. Wann gehst du wieder auf die Bühne?"
„Nach dem nächsten Song."
Hin und wieder gönnte sich Fernand eine Erholungspause. Auch er war nicht mehr der Jüngste und er musste wirklich niemandem mehr beweisen, dass er ein begnadeter Gitarrist war. Ohne Konkurrenzneid hatte er seine Fender-Telecaster einem Urlauber aus Australien überlassen. Durch den Wechsel der Musiker wurde das Ganze nämlich noch ein Stück lebendiger. Es klang nach Improvisation und Session. Obwohl sie die meisten Songs natürlich penibel eingeprobt hatten.
Im vorigen Jahr hatte ein Gast auf der Facebook-Seite der Yu-Yu-Bar gepostet, dass der Bassist von Dire Straits bei einer der Sessions mitgerockt hatte. Das war zwar eine Lüge, pure fake-news gewesen, doch das Gerücht hatte sich wie wild im Netz und auf der Insel verbreitet und so das extravagante Image der Bar noch ein wenig aufpoliert.
Vielleicht sollte ich verbreiten, dass Keith Moon von The Who kurz vor seinem Tod bei uns getrommelt hat, überlegte Fernand. Es gab bestimmt genug Dummköpfe, die das für bare Münze halten würden. Dabei hatte die Yu-Yu-Bar im vorigen Jahrhundert noch nicht mal existiert. Fernand seufzte. Einen Drummer wie Keith Moon hätten sie heute Abend tatsächlich gut gebrauchen können. Er warf dem Schlagzeuger einen mahnenden Blick zu, doch der Mann hinter den Trommeln und Becken nahm das Zeichen überhaupt nicht zur Kenntnis. Er war die Schwachstelle der Band, denn er geriet allzu häufig aus dem Takt. Bei ruhigen, entspannten Passagen wirbelte er zu viel mit den Trommelstöcken auf der Snare-Drum herum, landete schließlich in einer Sackgasse und fand dann nur mit Ach und Krach wieder in den Song zurück.
Sie brauchten unbedingt einen neuen Drummer. Auch jetzt spielte sich Simon mal wieder um Kopf und Kragen. Mitten im Refrain setzte er zu einem wilden Solo an, das den Spielfluss zerschredderte und den Bassisten aus dem Takt brachte. Nur die beiden Hippiefrauen vorne am Bühnenrand bejubelten und begleiteten diese Eskapade mit windmühlenartigen Armbewegungen und spitzen Schreien. Die hatten wirklich keine Ahnung von Musik.
Und im nächsten Moment schien der Drummer vollends auszuflippen. Er umklammerte den Stock mit seiner rechten Faust, hielt ihn wie ein Messer und stach tatsächlich wie ein wahnsinniger Mörder auf die Trommelfelle ein. Die Musiker der Band wirkten wie erstarrt. Sie beendeten den Song mitten in der Strophe und sahen dem Treiben des Berserkers mit offenen Mündern zu. Auch die Gäste hatten mittlerweile erkannt, dass hier etwas aus dem Ruder lief. Einige lachten verlegen, zwei betrunkene Engländer nahmen einen Schluck aus der Bierpulle und feuerten den durchgeknallten Dummer mit lautem Gejohle an.
So ähnlich hatte Keith Moon vor über fünfzig Jahren bei etlichen Konzerten der Who seine Schießbude zerlegt. Damals war das ein von den Zuschauern erwarteter Eklat gewesen, ein Teil der Dramaturgie bei den skandalträchtigen Auftritten der englischen Band.
Doch das, was sich hier vor aller Augen abspielte, geschah völlig unerwartet. Simon, der erst seit wenigen Tagen bei der Yu-Yu-Band mitspielte, schien wie von Sinnen. Auf seinem Gesicht erkannte Fernand puren Hass, Aggression, Mordlust. Der Kerl musste ein paar ganz üble Drogen eingeworfen haben, denn normalerweise verhielt er sich eher unauffällig und angepasst. Der Bassist und ein kräftiger Besucher versuchten den ausgerasteten Drummer mit erhobenen Armen zu beruhigen, doch Simon ging sofort mit den Drumsticks auf die beiden los. Wenn er ein Messer in der Hand gehalten hätte, wäre die Sache wohl ziemlich übel ausgegangen.
Mit zittrigen Fingern zog der Clubbesitzer sein iPhone aus der Tasche und wählte die Nummer der Polizei. Als Musiker, der hin und wieder nichts gegen einen kleinen Joint einzuwenden hatte, ging er den Bullen zwar am liebsten aus dem Weg. Aber dieser wahnsinnige Trommler würde ihm noch den ganzen Club zertrümmern, wenn man ihm nicht Einhalt gebot. Im selben Moment stürzten zwei muskelbepackte Expats auf die Bühne, warfen den tobenden Kerl zu Boden und tackerten