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Der Zweck heiligt die Mittel nicht: nicht im KZ, nicht bei der RAF, nicht bei der Stasi und nicht in meiner fanatischen Familie
Der Zweck heiligt die Mittel nicht: nicht im KZ, nicht bei der RAF, nicht bei der Stasi und nicht in meiner fanatischen Familie
Der Zweck heiligt die Mittel nicht: nicht im KZ, nicht bei der RAF, nicht bei der Stasi und nicht in meiner fanatischen Familie
Ebook133 pages1 hour

Der Zweck heiligt die Mittel nicht: nicht im KZ, nicht bei der RAF, nicht bei der Stasi und nicht in meiner fanatischen Familie

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About this ebook

Ben wird erwachsen und sucht seinen eigenen Weg. Dabei entdeckt er, dass alle in seiner Familie nicht diejenigen sind, als die sie erscheinen. Was war mit Opa im KZ, warum spricht sein Vater so wenig und warum ist seine Mutter verschwunden? Ben will wissen, wo seine Wurzeln sind und macht sich auf, die Geheimnisse zu lüften.
Und dann ist da auch noch Hanna, die so viel weiß und ihm imponiert.
So entdeckt Ben schließlich auch noch die erste Liebe.
LanguageDeutsch
Publisherepubli
Release dateFeb 19, 2021
ISBN9783753165301
Der Zweck heiligt die Mittel nicht: nicht im KZ, nicht bei der RAF, nicht bei der Stasi und nicht in meiner fanatischen Familie

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    Der Zweck heiligt die Mittel nicht - Veronika John-Wickel

    Veronika John-Wickel

    Der Zweck heiligt die Mittel nicht

    nicht im KZ, nicht bei der RAF, nicht bei der Stasi

    und nicht in meiner fanatischen Familie

    Impressum

    Impressum Texte: © Copyright by V John-Wickel

    Umschlag: © Copyright by V .John-Wickel

    Verlag:

    Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin

    VORWORT

    Die Personen und die geschilderten Handlungen sind frei erfunden

    und entstammen allein der Phantasie.

    Aber einige der geschichtlichen Ereignisse haben tatsächlich stattgefunden, vielleicht allerdings nicht immer exakt so, wie sie hier im Buch geschildert sind.

    Dies ist kein historisches Werk und will auch keines sein.

    Zu den mit * gekennzeichneten Begriffen gibt es im Anhang kurze Anmerkungen.

    Als Oma gegen Rechts setze ich mich gegen Rassismus, für Zivilcourage und Menschenrechte ein.

    Einnahmen aus dem Buch werden entsprechend gespendet

    „nothing to kill or die for"

    John Lennon / Imagine

    „I really wanna know:

    Who are you?

    Come on, tell me, who are you?

    Who are you?"

    The Who – Who Are You

    Familie war für mich immer wichtig. Vielleicht, weil ich nie eine hatte. Jedenfalls nicht die klassische Mutter-Vater-Kind-Kiste. Auch große Teile meiner Familiengeschichte lagen im Dunkeln und manchmal wünschte ich, sie wären auch dort geblieben.

    Aber ich wollte ja unbedingt die Wahrheit ans Licht zerren.

    Ben Goldberg

    Schellenbeck, eine Kleinstadt in Deutschland

    2010

    Verdammt, ich bin es so leid. Immer wieder dieselben doofen Fragen. Immer wieder der ungläubige Blick in den staunenden Augen der anderen Kinder. Und immer wieder der verlegene, betretene Gesichtsausdruck der Erwachsenen.

    Keine Ahnung, wann es angefangen hatte. Es war doch schon immer so gewesen, oder? Schon im Kindergarten hatte es begonnen, wenn die anderen von ihren Müttern abgeholt wurden. Anfangs war ich verlegen gewesen, hatte versucht, die Fragen zu vermeiden. Hatte sie oft schon kommen sehen und mit schwitzigen Fingern und zittrigen Händen die peinliche Situation hinter mich gebracht. Oft hatte ich mich in die Ecke gedrängt gefühlt, schuldig gefühlt, mich geschämt. Dabei hatte Paps mir immer wieder gesagt, es läge nicht an mir, es wäre nicht meine Schuld.

    Aber als Kevin mich heute so blöd angehauen hat, da hatte es mir wirklich gereicht. 

    Jetzt war ich auf dem Nachhauseweg. Wütend schoss ich den Kieselstein vom Fußweg in Richtung Straße. Wummm – knallte es gegen die Felgen des parkenden Autos.

    Wir hatten auf dem Schulhof rumgekickt und Kevin hatte mir dabei gegen das Schienbein getreten.

    „Mensch, pass doch auf, du Spast!, hatte ich ihn angebrüllt. „Selber Spast!, fauchte er zurück.

    „Du hast mir wehgetan, du Blödmann!", brüllte ich ihn an.

    „Was biste für ‘ne Memme, Muttersöhnchen, wie?

    Ach nee, du hast ja gar keine Mutter. Abgehauen ist sie, oder? Aber vielleicht ist sie ja auch im Himmel. Vielleicht ist ja dort deine Mutter, so wie mein Meerschweinchen."

    Ich schäumte, meine Mutter ist nicht im Himmel und sie ist kein Meerschweinchen. Irgendwas war geplatzt und stieg heiß in mir hoch. Mit gesenktem Kopf ging ich wie ein Stier auf Kevin los. Aber der hatte es wohl geahnt, drehte sich einfach zur Seite und ehe ich mich versah, lag ich auf dem Boden und er hatte mich im Schwitzkasten.

    „Na, Spasti, wo ist sie denn jetzt, deine Mama? Frag doch einfach mal deinen Vater oder weiß der es auch nicht? Hat dich der Esel im Galopp verloren oder hat dich einfach der Klappenstorch in die Krippe gelegt?" Johlend klopfte er sich auf die Schenkel und ich hörte die anderen feixen.

    Grellweiße Wut explodierte in mir. Mit ungeahnten Kräften strampelte ich mit den Beinen und schaffte es schließlich, Kevin runter zu schubsen und bald wälzten wir uns kämpfend über den Schulhof.

    Jakob Goldberg

    Schellenbeck, 2010

    Die Haustür knallt zu, wutentbrannt steht Ben vor Jakobs Schreibtisch. Der Schultornister fliegt in die Ecke. Bens Augen blitzen ihn vorwurfsvoll an. Sein Gesicht ist verzerrt, die Hände zittern und er japst vor Empörung. Himmel, wie sieht er aus! Sein T-Shirt ist eingerissen, Blut fließt ihm aus der Nase und sein Knie ist aufgeschürft. Jakob versucht, ihn zu beruhigen: „jetzt setz dich erst mal, Junge, warte, ich hol schnell Verbandszeug, du brauchst ein Pflaster.  Er sieht, wie dem Jungen die Knie nachgeben und er auf den Teppich sinkt. „Was ist denn bloß passiert? Stockend, nach Luft schnappend und schließlich auch von kleinen Schluchzern unterbrochen erzählt Ben von seinem Zoff mit Kevin. 

    „Du bist an allem Schuld!", schnaubt er schließlich so heftig, dass er Jakob seinen Speichel ins Gesicht spuckt.

    „Du erzählst mir ja nix.. Wütend machte er sich los  und stürmte in sein Zimmer.

    Jakob ging erst mal an den Schrank, holte die Schnapsflasche hervor und goss sich ein großes Glas ein. Das brauchte er jetzt einfach.

    Vielleicht hätte er ihm doch einfach sagen sollen, seine Mutter wäre gestorben. Vielleicht wäre das für Ben einfacher gewesen. Und für ihn war sie ja sowieso gestorben.

    Aber irgendwie hatte er Skrupel gehabt, sie einfach so für den Jungen sterben zu lassen. Und deswegen hatte er ihm gesagt, dass sie weggegangen war. Das war schließlich wahr.

    Allerdings - die ganze Wahrheit war das nicht.

    Er hatte es nie wahr haben wollen, aber er hatte immer gespürt, wie sehr sich Ben mit allem quälte. Und wenn er jetzt anfing, aggressiv zu werden und sich damit Probleme in der Schule einhandelte…

    Dabei hatte sein Sohn doch längst aufgehört, zu fragen, aber tief in ihm drin schien es immer noch zu brodeln.

    Manchmal hatte er schon gegrübelt, ob er Ben – vielleicht spätestens zur Volljährigkeit – die ganze Wahrheit erzählen sollte. Hatte der Junge nicht ein Recht auf die ganze Wahrheit? Aber musste er Ben dann nicht auch zwangsläufig mit seinen eigenen Leichen im Keller konfrontieren?

    Und wenn dazu noch die Abgründe über seine Mutter ans Licht kämen?

    Nein, der Junge sollte es nicht erfahren, dass wäre mehr, als er verkraften könnte.

    Irgendwann würde er sicher aufhören zu fragen. Sie hatten sich doch gut arrangiert mit ihrer Vater-Sohn-Männer Beziehung.

    Irgendwann würde er sich damit abfinden und zur Ruhe kommen. Das hoffte er jedenfalls.

    So war es doch auch bei ihm gewesen, als der schreckliche Verdacht eines Tages wie ein Blitz in sein Hirn gefahren war und sich dort schleichend wie übles Gift immer weiter eingenistet hatte.

    Vielleicht hätte er weiter geforscht, wenn er damals die Möglichkeiten gehabt hätte, die es heute im Internet gab. So hatte er nur herausgefunden, an welchem Oberarm die Tätowierungen üblicherweise gemacht wurden. Das hatte ihm gereicht. Vielleicht hatte er einfach Angst bekommen vor dem, was er hätte entdecken können. Hatte er nicht schon genug Probleme, die tiefe Narben in seiner Seele hinterlassen hatten. „Haha, Narbenseele und Narbengesicht, „like father, like son, er kicherte grimmig in sich rein.

    Alles Quatsch. Kompletter Blödsinn. Schnell weg damit, ab in die hinterste Schublade, Klappe zu, Affe tot, zwei Mal abgeschlossen und Schlüssel weggeworfen. 

    Ben Goldberg

    Schellenbeck, 2010

    Mist, jetzt tat mir auch noch der Fuß weh. Wütend und polternd war ich die Treppe hoch gestürmt und hatte knallend die Zimmertür hinter mir zugeschmissen. Volle Power hatte ich dann noch davor getreten, bevor ich schluchzend aufs Bett plumpste und das Kissen knuffte und knautschte.

    Dann hatte ich eine Idee. Ich sprang auf und setzte mich an den Schreibtisch. Ich würde ihr einen Brief schreiben. Einfach einen Brief an meine Mutter schreiben. Hatte das nicht früher mit dem Brief an den Weihnachtsmann auch funktioniert?

    Ich nahm ein Blatt Papier und legte sofort los. Schnell war ich fertig und schmiss den Kuli auf die Schreibtischplatte. Ich las noch mal, was ich da geschrieben hatte.

    Quatsch. Blödsinn, Kinderkacke. Was sollte der Mist?

    Ich knüllte den Brief zusammen und starrte aus dem Fenster. Wenigstens hatte es aufgehört zu regnen. Die Straße glänzte und die Wiese hinterm Haus dampfte noch von der Feuchtigkeit.  Der Geruch nach regenfeuchter Erde zog mir in die Nase. Im Kastanienbaum vor meinem Fenster zwitscherte fröhlich ein Spatz in den bunt gefleckten Zweigen. Mensch, war das nervig. Sauer stieg schon wieder die Wut in mir hoch, ekelig wie Sodbrennen. Schnell nahm ich den zusammengeknüllten Brief und griff nach meiner Zwille. Gestern hatte mir Vater geholfen, ein neues, stärkeres Gummiband einzuziehen. Ich hatte es noch gar nicht ausprobiert. Ich kniff die Augen zusammen beim Gedanken an Paps, visierte mein Ziel an und ließ los. Wow, da war richtig  Wumm drauf. Den Vogel hatte ich aber nicht erwischt. Das Geschoß prallte an einem dicken Ast ab und fiel zu Boden auf das regennasse Laub und auf die ersten Kastanien, die dort schon im Hof lagen.

    Jakob Goldberg

    Schellenbeck, 2010

    Es brach ihm fast das Herz.

    Er

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