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Eringus - Hungersnot im Kinzigtal: Eine Handelsreise bis fast ans Meer
Eringus - Hungersnot im Kinzigtal: Eine Handelsreise bis fast ans Meer
Eringus - Hungersnot im Kinzigtal: Eine Handelsreise bis fast ans Meer
Ebook382 pages4 hours

Eringus - Hungersnot im Kinzigtal: Eine Handelsreise bis fast ans Meer

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About this ebook

Die Bewohner des Kinzigtals sind nahezu am Ende. Mit Müh und Not haben sie die schwere Eiszeit Freddoris überstanden. Jetzt stecken sie im kältesten Winter soweit man zurückdenken kann. Nahrungsmittel sind kaum noch vorhanden. Der Viehbestand ist dahin. Wild ist in den Wäldern nicht mehr zu finden. Und Saatgut gibt es für den kommenden Frühling auch nicht mehr.

Unter Führung von Anschild, dem neuen Großkönig der Zwerge, machen sich Menschen, Zwerge und Halblinge in einem gemeinsamen Handelszug auf, aus fernen Landen das dringend Benötigte zu besorgen. Sie trotzen Eis und Schnee und Kälte und wandern viele Wochen nach Norden. Dorthin, wo des Alben Eiszeit wahrscheinlich nicht hingekommen ist.

Aber die Reise ist nicht ungefährlich. Bedrängt von Räubern, verfolgt von Meuchelmördern und unter Beobachtung eines Heeres ziehen sie kreuz und quer durch das Land bis fast an das nördliche Meer.

Schließlich kommt es zu der befürchteten Auseinandersetzung. Zahlenmäßig sind die Räuber weit überlegen. Eigentlich für die Zwerge kein großes Problem. Doch es gilt, das Erhandelte zu schützen. Die schwer beladenen Wagen sind sehr unbeweglich und das Vieh würde durch den Schlachtlärm in Panik das Weite suchen. Alle Mühen wären umsonst.

Wird das Heer den Zwergen und Menschen beistehen? Andere Hilfe ist nicht in Sicht.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateDec 8, 2020
ISBN9783752924848
Eringus - Hungersnot im Kinzigtal: Eine Handelsreise bis fast ans Meer
Author

Rainer Seuring

Ich bin Baujahr 1957. Zum Schreiben kam ich eigentlich nur durch Zufall oder sagen wir göttliche Fügung. In einem Chorkonzert überkam es mich unvermittelt, auf ein Lied einen neuen Text zu dichten. Es entstand das Lied der Sirenen. Als dann noch auf eine alte irische Weise die Zwergenhymne Zwergenstolz aus mir hervor brach, musste einfach eine Geschichte drumherum geschrieben werden. Dass daraus inzwischen eine Serie wurde, an deren siebten Teil ich gerade arbeite, war nicht vorhersehbar.

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    Book preview

    Eringus - Hungersnot im Kinzigtal - Rainer Seuring

    Vorwort

    Eringus – Hungersnot im Chynzychtal

    Eine Handelsreise bis fast ans Meer

    Von Rainer Seuring

    Impressum

    Texte und

    Umschlag: © Copyright by Rainer Seuring

    Verlag: Rainer Seuring

    Bulaustr.1

    63450 Hanau

    familie.seuring@unitybox.de

    www.derdracheeringus.jimdofree.com

    Druck: epubli ein Service der

    neopubli GmbH, Berlin

    Printed in Germany

    Für die Freigabe des Ochsenkarren als Titelbild bedanke ich mich herzlich bei Heiko Franke.

    www. ernesto-unterwegs.de

    Der geneigte Leser möchte vielleicht sagen, dass diese Geschichte doch zu „Freddoris magische Eiszeit" gehöre. Darauf muss ich antworten: Eines Teils ja, doch andern Teils auch wieder nicht.

    Natürlich sind die Geschehnisse, über die ich hier berichte, ein direkter Ausfluss dessen, was der Alb Freddori angerichtet hat. Würde ich aber beides zusammen fassen, so würde es eigentlich nicht mehr unter die Eiszeit fallen, denn der magische Winter ist vorbei und der Überlebenskampf ereignet sich in und nach einem natürlichen, wenn auch gar fürchterlich kalten Winter.

    Zudem finden sich in der folgenden Erzählung nur zum Teil die Personen, die die Geschichten von Eringus und den Drachenkindern ausmachen. Es ist mehr eine Zwergengeschichte.

    Und letztlich ereignete sich alles außerhalb des Reiches des Drachen.

    Die logische Schlussfolgerung daraus: Ein weiteres Buch unter einem anderen Titel.

    Was ich im Folgenden erzähle stammt nicht aus den Erinnerungen der Drachenkinder. Vielmehr ist das Meiste von Anschild, dem Großkönig der Zwerge, und Magnus, Beatas Bruder. Selbstverständlich hat auch Eringus seine Eindrücke beigesteuert.

    Ach, ja! Wie konnte ich nur? Jade war ja auch dabei.

    Durch Eis und Schnee

    Die magische Eiszeit des Alben Freddori ist mehr schlecht als recht überstanden. Groß waren die Verluste unter den Menschen. Die Zwerge haben nur drei Männer zu beklagen. Bei den Halblingen ist erstaunlicher Weise nicht ein einziger Todesfall vorgekommen. Über eine Erklärung dazu mag sich jeder selbst so seine Gedanken machen.

    Nun ist es Winter. Ein ganz natürlicher Winter. Aber was für einer.

    Es ist so kalt, dass man Vögel vom Ast pflücken könnte, wären denn noch welche da. Es herrscht im wahrsten Sinne des Wortes das Schweigen im Walde. Die Chynzych ist seit langem dick mit Eis bedeckt. Alle und alles frieren. Und was das Essen anbelangt: Reden wir nicht drüber.

    Es sind alle in der großen Halle vor dem Königspalast versammelt. Nicht nur die, die ausziehen werden, für das Tal neue Nahrung und Vieh und Saatgut zu holen. Nein, natürlich sind alle im Berg Anwesenden vor dem Königspalast zusammen gekommen. Selbst von den gräflichen Herren und aus dem Kloster Wolfgang haben sich viele eingefunden. Der Säulengang zum Palast ist als solcher nicht mehr zu erkennen.

    Die Zuordnung der 300 Menschen und 250 Zwerge zu den jeweiligen Gruppen ist abgeschlossen. Jeder weiß, wer sein Gruppenführer ist und wer der Händler sein wird. Ihm wird es obliegen, die bestmöglichen Geschäfte zu machen. Alle sind nach Kräften gerüstet, sowohl mit Gewandung als auch mit Waffen. Leider sind viele Menschen nicht im Besitz solch wichtiger Gegenstände wie Schneeschuhe oder ordentliches Schuhwerk. Auch in Bezug auf die Kleidung bleibt viel zu wünschen übrig. Was fehlt spenden Vermögendere oder die Zwerge. Vor allem die wärmenden Gambeson sind sehr begehrt. Zwar sind diese Kleidungsstücke für die größeren Menschen etwas kurz, doch solange das Hinterteil überdeckt ist, sind keine Wünsche mehr offen, zumal sie noch zusätzlich gefüttert sind. Man trägt sie als Mantel über allen anderen Gewändern. Und davon trägt man viele.

    Der von Anschild geführten Truppe haben sich noch zusätzliche Leute aus Buodingen angeschlossen. Der Graf will unbedingt seine Pferdezucht wieder aufnehmen. Vordem war das Haus Buodingen berühmt für seine Pferde. Ständig standen mindestens zwanzig Tiere im Stall oder auf der Weide. Gleich ob als Reit- oder Zugtier, die Ausbildung war die Beste und der Gesundheitszustand erst recht. Natürlich waren diese Tiere auch deutlich höher im Preis. Dafür konnte man schon mal eine ordentliche Stange hinlegen, wobei: In Kupfer durften es auch drei Stangen sein.

    Der buodingische Hofmeier mit weiteren neun Leuten bilden daher eine zusätzliche Gruppe neben den anderen Menschen um den Zwergengroßkönig.

    Doch nicht nur aus Buodingen hat sich eine zusätzliche Begleitung eingefunden. Auch von anderen Adelshöfen und Großbauern haben sich weitere Menschen hinzugesellt. Vom Einen kam ein kleiner Wagen, der vom einzigen Pferd des Nachbarn gezogen wird. So kamen auch die anderen Gruppenführer zu zusätzlichen Gruppen. Jeweils ein Pferde- oder Ochsenkarren nebst 15 Menschen, die speziell für ihre Herrschaft außerhalb des getroffenen Abkommens handeln sollen. Auch Jagdfalken stehen auf der Wunschliste. Letztlich erhöhte sich somit die Zahl der Menschen auf 370.

    Niemand hat dagegen gesprochen, dass die Anführer der Gruppen allesamt Zwerge sind. Es war einleuchtend, dass diejenigen, die das Kommando über die Kampftruppen haben auch die Führung über die Übrigen übernehmen. Zudem tragen diese Zwerge auch den Vorrat an Kupfer, Silber und Gold, mit dem der Handel beglichen werden soll. So viel Edelmetall hat ein ordentliches Gewicht und kein Mensch, geschweige denn ein Halbling, vermag diese Last auf Dauer mit sich zu führen.

    224 Halblinge haben sich dazu gesellt, auch wenn sie den Zug wahrscheinlich nicht die ganze Zeit begleiten werden. Sobald sie die vermutliche Grenze der Wolke erreicht haben, wollen sie ausschwärmen und nach den, ihrer Meinung nach, unverzichtbaren Insekten und Käfern suchen. Da sie nicht auf Handel angewiesen sind, sondern von Mutter Natur nehmen können, was gesund und fortpflanzungsfähig ist, brauchen sie keine Konkurrenz zu fürchten. Sie werden die Ersten sein, die heimkehren.

    Am Vortag hat sich Anschild noch einmal mit seinem Schwiegervater, König Sigurd, und Eringus, dem Drachen, besprochen. Was müsste man erwarten? Womit sollte man sich dagegen rüsten? Welche Wege soll man nehmen und vieles mehr wird erörtert. Das alles hat sich der junge Großkönig gut eingeprägt und gibt davon nun in seiner Rede bekannt.

    „Ich grüße euch, ihr Menschen, Halblinge und Zwerge!", ruft er laut und verschafft sich so Gehör. Er steht auf dem inzwischen ständig vorhandenen Podest. In der letzten Zeit haben sich die Ansprachen vermehrt und ein wiederholtes Auf- und wieder Abbauen wurde zu lästig.

    Aufmerksamkeit heischend steht er da oben, für alle gut sichtbar. Er ist zwar, wie alle Zwerge, nur knapp über drei Fuß groß, aber seine Gestalt ist beeindruckend. Breite Schultern und Oberarme, wie manch einer keine Oberschenkel hat. Dazwischen ein Nacken, der jedem Stier zur Ehre gereicht hätte. Die muskulöse Brust wird durch die schmale Taille deutlich betont. Die hellblonden Haare wallen wie eine Mähne um sein Gesicht. Der Bart ist scharf am Kieferknochen abgesetzt und zieht sich nur fingerbreit vor zum Kinn. In Vereinigung mit dem Oberlippenbart ergibt sich dann ein Kinnbart, der sich bis auf die Brust hinab wellt.

    „Ich danke für eure Aufmerksamkeit., fährt er fort, als es ganz ruhig geworden ist. Einem verträumten Schwätzer half ein Rippenstoß, den Mund zu halten. „Wir werden in Bälde auf eine lange und weite Reise gehen. Wir werden Wege beschreiten, die niemand zuvor von uns gegangen ist. Selbst die Wenigen von uns, die den Wettergau noch zu kennen glauben, werden ihn nicht wieder erkennen. Wir betreten also für uns vollkommenes Neuland. Es ist daher angeraten, sich auf den großen Straßen zu halten. Doch nicht nur deswegen. Wir brauchen nur vor das Tor zu gehen, um zu sehen warum. Wir werden mit ungeahnten Schneemassen zu kämpfen haben. Und auch wenn unseren Wagen die Kufen untergeschnallt sind, werden die Zugochsen mit ihrem großen Gewicht im Schnee versinken. Wir werden also wohl weite Strecken für einen tragenden Untergrund sorgen müssen. Deswegen gilt folgende, gruppenunabhängige Reihenfolge im Zug. Zu Vorderst gehen die Zwerge in Reihen, die breit genug sind, dass für die Wagen ein Weg gebahnt wird. Danach folgen die Menschen in ebensolchen breiten Reihen. Jeder wird Schneeschuhe an den Füßen haben, um eine möglichst breite Fläche nieder zu treten. Die Reihen werden versetzt laufen, dass auch wirklich der ganze Schnee niedergepresst wird. Ich hoffe es reicht aus, auf diese Weise den Untergrund so fest zu stampfen, dass die Ochsen nicht mehr einsinken werden. Zudem wird die erste Reihe mit Stöcken ausgerüstet, die sie vor jedem zweiten oder dritten Schritt in den Boden rammen, wenn wir über offenes Gelände laufen müssen. Im Wald erkennt man den Weg. Wo kein Baum steht, muss der Weg verlaufen. Aber auf einer zugeschneiten Wiese sieht keiner, ob nicht kurz vor ihm ein Graben oder ein kleiner zugefrorener Bach überdeckt ist. Auf den Wagen befinden sich neben den Käfigen für das Kleinvieh auch alle nur erdenklichen Sachen, von denen wir glauben, dass sie benötigt werden könnten. Die führenden Reihen werden nach angemessener Zeit wechseln, sodass die Schwerstarbeit auf alle verteilt wird. Erst danach kommen die großen Ochsenwagen und am Ende die Halblinge. Die abgelöste Führungsreihe der Zwerge übernimmt dann nach den Halben den Abschluss und die Rückendeckung.

    Anschild macht eine kurze Pause, bevor er fortfährt. „Wir müssen damit rechnen, dass wir sehr weit laufen müssen. Eringus befürchtet sogar, dass wir bis ans Meer laufen müssen."

    „Was ist ein Meer?", ruft es aus dem Hintergrund. Dafür gibt es wieder einmal einen Rempler mit dem Ellenbogen.

    Anschild hat das gesehen. „Lasst den Mann, das habe ich auch fragen müssen. Wir alle haben schließlich noch nie eine so weite Reise unternommen und von einem Meer hat man vielleicht schon einmal in einer Geschichte gehört, wenn überhaupt. Stell dir vor, du stehst an einem Seeufer. Aber außer hinter dir, siehst du sonst kein Land. Dann stehst du vor einem Meer. Das ist eine so große Wasserfläche, dass man ihr Ende nicht sehen kann. Unser weitgereister Eringus kennt das, denn er war schon dort und hat sogar die Länder dahinter gesehen."

    „Dahinter soll es doch garnichts mehr geben, hab ich gehört.", ruft wieder eine Stimme aus dem Hintergrund, durch die Offenheit und Ehrlichkeit des Großkönigs bestärkt.

    „Es ist nicht gesagt, dass nicht zwischen hier und dem Ende der Welt auch noch Inseln zu finden sind.", erklärt Anschild.

    Eringus grinst innerlich und sagt nichts dazu. Er weiß es besser. Doch das hier und jetzt erklären zu wollen, hieße ein neues Weltbild schaffen. Das führt zu weit und niemand wird den Berg verlassen.

    „Meinen ursprünglichen Plan, in kleinen Gruppen ungesehen die Heimreise zu bewältigen, habe ich aufgegeben. Nehme ich Buodingen als Maßstab, so mag es durchaus vorkommen, dass wir auf vielleicht noch größere Anwesen stoßen und dann stehen im besten Fall fünfzehn Zwerge und zwanzig Menschen urplötzlich einer Macht von an die zweihundert Gegnern gegenüber. Ich will, dass alle wohlbehalten und unversehrt nach Hause zu Weib und Kind kommen. Wir werden daher den gesamten Tross so lange als möglich zusammen behalten und am Ende mit maximal fünf großen Gruppen die Rückkehr beginnen. Die Obersten dieser Gruppen sind die Zwillinge Genefe und Jeras Eisengießer, Hrosvit Silberfaden, Dankwart, Gernhelm und ich."

    Die Genannten haben sich am Fuße des Podests versammelt und Anschild weist bei der Namensnennung auf den jeweiligen Zwerg oder die Zwergin.

    „Auf diese Weise haben wir in jeder großen Gruppe fünfzig Zwerge und sechzig Menschen. Ich denke, damit sollte auch eine größere Übermacht besiegt werden können. Die nachgemeldeten Gruppen nicht mitgezählt.

    Doch wir sind nicht auf Kampf aus. Wir wollen keine Ländereien erobern, wir wollen unseren Lieben daheim Nahrung bringen. Darum werden wir auf dem Rückweg so gut als möglich die Siedlungen vermeiden und davor die Straßen verlassen und erst danach wieder auf sie zurückkehren.

    Auf uns warten entbehrungsreiche Wochen. Gerade zu Beginn unserer Wanderung werden wir nur wenig Gelegenheit haben, zu rasten. Bei dieser Kälte kann man sich nicht im Freien zur Ruhe betten. Es wäre der letzte Schlaf. Jeder bekommt ein kleines Päckchen mit Nahrungsmitteln. Teilt es mit Bedacht ein. Solange wir noch im ehemaligen Bereich der magischen Wolke sind, ist an Jagd nicht zu denken. Wild wird es nicht geben. Alles Andere, vielleicht essbare, ist vom Schnee überdeckt und tief gefroren. Ihr werdet an die Grenzen eurer Leistungsfähigkeit gelangen und darüber hinaus gehen müssen.

    Sobald wir die vermutliche Grenze der Wolke erreicht haben, werden wir unser weiteres Vorgehen besprechen. Darüber jetzt nachzudenken, wäre voreilig. Wir wissen nicht, was uns erwartet und wo wir uns befinden werden. Am Ende kann man dort nicht einmal unsere Sprache sprechen. Dann werden wir höchstwahrscheinlich den Zug überhaupt nicht auflösen. Allein aus Sicherheitsgründen. Wir werden sehen.

    Wohlan, Menschen, Halblinge und Zwerge, die ihr berufen seid, diesen Weg zu gehen, lasst uns nun draußen vor dem Haupttor sammeln. Ihr habt alles, was ihr für euch und die Reise braucht, bei euch."

    An dieser Stelle hält der Großkönig für alle deutlich inne. Jede begonnene Bewegung verharrt. Anscheinend lauscht Anschild ins Leere. Niemand kann die kleine Traumfee erkennen, die ihm etwas zu sagen hat.

    „Wie ich eben erinnert werde, werden Jade, Amethyst und Bernstein uns begleiten. Sie sind der Meinung, sie könnten uns gute Botendienste leisten, wenn wir uns teilen. Dem kann ich nur zustimmen und meinen allerherzlichsten Dank aussprechen. Als dann: Auf zur Sammlung vor dem Tor."

    Mit einem Wink eröffnet Anschild Kleyberch den Auszug. Urplötzlich ist die Halle mit Gemurmel erfüllt. Es summt und brummt wie in einem Bienenstock. Bereitwillig geben die Zuschauer den Weg frei. In ungewöhnlich geordneter Weise streben die Teilnehmer dem Aufgang zu. Man lässt den Zwergen den Vortritt, die in völliger Disziplin voran marschieren. Sie folgen den Gruppenführern, die den Marsch eröffnen. Danach kommen die Menschen, deutlich ungeordneter, aber bemüht, es den Zwergen nach zu machen. Die Halblinge folgen als Letzte in totaler Unordnung und noch vergnüglich plappernd. Anschild lächelt, als dieser Haufen an ihm vorüber zieht. Bevor die übrigen Anwesenden, die sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen wollen, hinterdrein gehen, verlässt er sein Podium und achtet darauf, dass nicht schon jetzt einer verloren geht.

    Auf dem Weg nach oben überprüft jeder noch einmal, was er mit sich führt. Das Nahrungspaket für reichlich zehn Tage, bestehend aus einigen Streifen getrockneten Fleisches und einigen harten Keksen mit Käse oder altbackenes Honig-Früchtebrot, steckt in einem Sack, den alle Zwerge auf dem Rücken tragen. Bei den Menschen gibt es auch die Variante eines schlauchförmigen Sackes, der um den Leib getragen oder, mit nur einer Schnur gehalten, quer über dem Rücken hängt. Darin ist alles, was man zu benötigen meint. Jeder hat da so seine eigene Vorstellung. Allerdings sind die Säcke der Zwerge deutlich voller. Man könnte den Eindruck gewinnen, bei manchen Größen sei ein ganzer Hausstand drin. Der Trinkschlauch ist bei jedem Menschen eingepackt, allerdings leer. Bei dem Dauerfrost, der nicht einmal am Tag aufhören will, gefriert das Wasser und der Schlauch platzt am Ende. Doch für den Rückweg wird man ihn schon brauchen können. Die Zwerge allerdings tragen jeder zusätzlich zwei große und wohl gefüllte Schläuche. Diese sind aber derart verschlossen, dass ein Öffnen sofort auffällt. Es ist bei Strafe verboten, sie aufzumachen. Sie beinhalten leckeren Met mit Kräutern. Damit keiner davon nascht, tragen nur die Zwerge diese Schläuche. Nicht, dass man den Menschen misstrauen würde, doch der Großkönig will seine Befehlsgewalt nicht allzu sehr auf die Menschen ausdehnen. Zudem hält er sein Volk für disziplinierter.

    Weil aber auch Met bei dieser Kälte gefriert, wurde er tags zuvor im Freien in die Schläuche gefüllt, kurz bevor er zu erstarren begann. So haben die Zwerge verhindert, dass die Behältnisse platzen. Zum Auftauen werden die Trinkschläuche später einfach über den Kesseln mit dem langsam wärmer werdenden Wasser aufgehängt und der Met tröpfelt langsam heraus.

    Die Waffen sind in ihren Halterungen. Während bei den Zwergen die Axt bevorzugt wird, tragen die Menschen, soweit überhaupt im Besitz, eher ein Kurzschwert. Die meisten aber haben ihren Jagdbogen dabei. Ein Messer hat jeder, sogar die Halblinge. Wer hat, trägt seinen Schild über dem Rucksack auf dem Rücken.

    Je näher man dem großen jetzt offenen Tor kommt, desto mehr spüren die Teilnehmer die Kälte. Die Mäntel werden so dicht als möglich geschlossen. Sowieso sind manche derart dick eingepackt, dass nicht mehr sehr viel Bewegungsfreiheit besteht. Mit Mühe kommt man zu den Schuhen oder Stiefeln hinab, sie zu schließen. Zu Oberst tragen Menschen und Zwerge Überwürfe aus Leder, der bei Regen und Schnee schützen soll. Sie sind beidseitig mit Schnüren geschlossen, das soll auch den Wind abhalten.

    Am Haupttor oben machen alle ihre Schneeschuhe bereit. Sie haben eine Größe, sind aber durch Lederbänder auf jeden Fuß einstellbar. Die Zwerge machen es vor. Kaum aus dem Tor heraus, werden die Schuhe untergeschnallt und in Reihen zu sechst nehmen sie den Marsch auf. Die Hauptgruppenführer überwachen diesen Vorgang und haben natürlich bei den Menschen mehr Anweisung zu geben als zuvor bei den Zwergen. Aber binnen Kurzem haben alle es begriffen. Jetzt verschwinden auch die Hände in den Fäustlingen.

    Die Halblinge mit ihren großen Füßen brauchen keine Schneeschuhe. Sie laufen sowieso bevorzugt ohne Schuhe. Man muss allerdings gestehen, dass diese enorme Kälte auch ihnen etwas zusetzt. Die zierlichen, nur wenig über drei Fuß kleinen, Wesen sehen Menschen zwar sehr ähnlich, sind aber eine eigenständige Rasse. Sie erinnern stark an Kinder und sie sind auch gerne genauso verspielt, aber man darf sie niemals unterschätzen. Mit ihrem geringen Körpergewicht sinken sie eigentlich nur in Pulverschnee tief ein. Dadurch sind sie nicht dafür geeignet, den Schnee zu pressen.

    Unten am Fuß der Festung warten bereits die zehn Wagen mit jeweils zwei Ochsen davor. Die Tiere sind mit dicken Decken zum Schutz vor der Kälte abgedeckt. Diese werden später beim Marsch entfernt, wenn die Ochsen sich durch die Bewegung erwärmen. Da die Zwerge des Öfteren auch im Winter mit ihren Kutschen aus dem Berg müssen, sind diese sämtlich bereits mit zusätzlichen Kufen bestückt. Sie reichen nicht ganz bis auf den Boden, doch wenn das Rad den Untergrund im tiefen Schnee verliert, tragen diese breiten Kufen den Wagen auch mit Ladung immer noch.

    Es sind sehr große zweiachsige Fuhrwerke, die in den letzten Tagen in Eile auf die bevorstehende Beladung umgebaut wurden. An fünf Wagen wurden die Seitenwände dreimal so hoch gezogen als üblich. Sie sind für das Getreide und das Saatgut gedacht, das sackweise gekauft werden soll. Zur Sicherheit sind bereits einige leere Säcke darauf, falls nicht alles verpackt erhältlich ist. Es sind aber auch gefüllte Säcke geladen. Sie beinhalten Getreide, trockene Früchte und Gemüse. Daraus wird morgens ein Brei gekocht, damit alle mit warm gefülltem Bauch den Tagesmarsch bewältigen können. Den Met gibt es dann abends heiß, um der nächtlichen Kälte trotzen zu können. Leider wird er eins zu vier mit Wasser verdünnt. Niemand darf trunken werden. Mehr gaben die mageren restlichen Vorräte nicht her. Auch die Daheimgebliebenen müssen schließlich weiter versorgt werden. Anschild rechnet damit, dass sie mit den Nahrungsmitteln etwa zehn Tage auskommen werden.

    Drei Wagen haben eine nur doppelte Erhöhung der Wände erfahren. Auf ihnen sollen die Ferkel und Schweine gefahren werden. Diese Tiere zu treiben würde den Zug nur unnötig aufhalten.

    Die beiden letzten Wagen schließlich haben keine Seitenwände mehr. Dafür wurden große Käfige darauf errichtet, die das Federvieh beherbergen werden. Die Behältnisse haben drei Böden, sodass möglichst viele Tiere darauf Platz finden. Mit darüber gespannten Seilen werden die Käfige auf den Wagen gehalten. Trotz der Eile des Umbaus sind diese Aufbauten sehr stabil und es steht nicht zu erwarten, dass die Konstruktion zusammenbricht. Zumindest hat sie schon einmal die Last darauf herum krabbelnder Zwerge getragen.

    Auf den Wagen, die keine Käfigaufbauten haben, und sogar außen an allen Seitenwänden, findet sich alles, was man für die erwarteten Ereignisse zu benötigen glaubt. Breite dicke Bretter, mit denen die Fuhrwerke schmale, aber tiefe Geländeeinschnitte überbrücken können, sind mit massiven Haltebügeln an den hohen Seitenwänden eingehakt. Sie ragen weit über die Ladefläche nach hinten hinaus. Große Lederplanen, um vor allem das Saatgut vor Regen zu schützen, befinden sich in breiten Kästen hinten, unterhalb der Ladefläche. Viele lange Seile und Ketten vervollständigen die Ausstattung ebenso, wie diverses Handwerkszeug, um Reparaturen vornehmen zu können. Selbst einen Achs- oder Radbruch wird man beheben können. Als wichtigste Ladung allerdings ist das Futter für die Ochsen zu erachten. Damit sollte der Tross gut 20 Tage hinkommen. Letztlich klappern auf einem Fuhrwerk dann noch 55 breite und tiefe Schalen und ebenso viele Kessel. In ihnen wird man während einer Rast die ebenfalls mitgeführte Kula verbrennen, damit sich jeder ein wenig erwärmen und den Brei und Met zubereiten kann. Was damit allerdings zu Beginn der Rückreise geschehen soll, ist noch völlig unklar. Es wird auf jeden Fall im Weg sein.

    * * * * *

    Während sich die Beteiligten zum Zug aufstellen und sich die Reihen zusammen finden, bilden die Daheimbleibenden ein Spalier. Nicht ohne hier und da ihre Lieben zu umarmen und zu küssen oder zumindest wohlwollend dem Einen und Anderen auf die Schulter zu klopfen. Man wird sich monatelang nicht sehen.

    Zusammen mit den anderen Hauptgruppenführern übernimmt der Großkönig die erste Strecke, den Weg fest zu treten. Hier, im bekannten Umfeld, ist aber noch nicht so viel Schnee. Viel wurde bereits in den vergangenen Tagen platt getreten, wenn die Zwerge außerhalb des Berges etwas zu erledigen hatten. Als die Führenden schon längst den Fuß des Berges erreicht haben, nimmt erst der Letzte die Wanderung auf. Das letzte Leb wohl und viel Glück verhallt.

    Wider Erwarten geht Anschild nicht links herum nach Buodingen, sondern rechts weiter zur Straße hinab. „Sagtet ihr nicht, wir zögen durch den Wettergau?", will Hrosvit Silberfaden wissen. Eine stabile Zwergin, mit unübersehbaren weiblichen Attributen und einer enorm dunklen, fast männlichen Stimme. Ihr Haar ist schwarz mit einem leicht rötlichen Schimmer. Der bei Zwerginnen übliche zarte Flaum statt des Bartes fehlt gänzlich. Dafür sind ihre Augenbrauen ziemlich buschig, aber sehr gepflegt. Sie treffen sich fast an der Nasenwurzel. Sie geht auf des Großkönigs rechter Seite zwischen ihm und Dankwart. Auf der linken Seite gehen die Zwillingsschwestern Genefe und Jeras. Gernhelm vervollständigt die Reihe links außen.

    „Wohl wahr, so sagte ich. Doch habe ich es mir auf dem Weg zum Haupttor nochmals durch den Kopf gehen lassen. Die Mannen des Grafen zu Buodingen sagten zwar, dass die Zugänge zur Stadt wieder frei seien, doch weiß man deswegen nichts über den weiterführenden Straßenzustand. Ich bin der festen Überzeugung, je weiter wir in den Wettergau vordringen, desto schwerer wird der Weg sein. Das Gelände ist weniger bewaldet und wird darum deutlich mehr Schnee abbekommen haben, als der Weg im Osten.

    Glowburg hat nicht mehr die Bedeutung von einst. Wenig Handelsverkehr, das Meiste geht daran vorbei. Also wird jetzt dort erst recht nicht viel los sein. Es steht darum nicht zu erwarten, dass die Straßen dort in besserem Zustand sind.

    Wir werden die meist benutzten Wege nehmen, die wir kennen oder erkennen. Nur dort, so behaupte ich, werden wir einigermaßen voran kommen. Also geht es nun auf der großen Straße links herum in Richtung Uulthaha."

    „Bedenkt, Großmächtiger, auch auf dieser Strecke finden sich weite Wege ohne den Schutz des Waldes. Auch dort wird der Schnee sehr tief sein. Und es geht nicht unerheblich auf und ab.", bringt Genefe vor. Man will kaum glauben, dass sie und Jeras Zwillinge sind. Überhaupt nichts an ihnen ist übereinstimmend; außer dem Familiennamen. Jeras ist ein ordentliches Stück kleiner, dafür aber auch deutlich breiter, als die schlanke Genefe. Die Haare der Großen sind buschig und wellig von hellbrauner Färbung. Jeras hat dunkelbraunes Haar, das strack herabhängt und darum in einem Zopf zusammengefasst ist. Und sie hat dunkelgrüne Augen, wohingegen bei ihrer älteren Schwester diese hellblau sind. Ihre Mutter hat auf Lästereien ob der Verschiedenheit immer auf die Unterschiede zwischen Mutter und Vater hingewiesen. Genefe ist mehr der Vater.

    „Das ist natürlich richtig. Wir werden noch sehr viel mehr und andere Schwierigkeiten bekommen außer auf und ab. Ich denke, der Weg direkt durch den Vogelsberch ist wesentlich anspruchsvoller. Es ist ein deutliches Gefühl, das mir sagt, ich solle diesen Weg hier nehmen. Das Für und Wider ist auf jeden Fall immer gleich. Jeder Weg ist schwer und birgt seine Gefahren."

    „Dann ist also der gefasste Plan dahin.", stellt Jeras mit einem fragenden Unterton fest.

    „Wer an einem einmal gefassten Plan wider besseres Wissen festhält, ist dumm.", mischt sich Gernhelm bestimmt ein. Seine grauen Augen blitzen angriffslustig. Die vorderen Strähnen der fast schwarzen Haare sind um den Schädel nach hinten unter die Gugel gezogen, wo sie im schulterlangen Zopf verschwinden. Seinen Bart verbirgt er, wie die Meisten, hinter einem Tuch zum Schutz vor der Kälte.

    „Von welchem Wissen redet ihr, Prinz Gernhelm?", stichelt Genefe.

    „Er redet von meinem Wissen, denn ich weiß, dass ich, soweit ich bewusst zurück denken kann, stets wohl geführt wurde, denn sonst würde ich heute überhaupt nicht mehr leben. Und so wie Gott Gabbro mich führt, so führe ich euch. Mit Verstand und nach Gefühl.", ergänzt Anschild.

    Dankwart grinst nur dazu. Er ist mit dem Zählen der Schritte beschäftigt und ruft nun: „Wechsel!". Auf diesen Befehl hin geht die vorderste Reihe ans Ende des Trosses. Während die Männer und Frauen der Menschen nur innerhalb ihres Blocks wechseln, bedeutet der Ruf für den Großkönig und die anderen Zwerge und Zwerginnen, dass sie als bisher Führende, der nachfolgenden Reihe die Wegfindung überlassen und auf das Ende des Zuges warten, um nun ihrerseits die Nachhut zu bilden. Die Halblinge sind davon völlig unberührt. Sie sind im Moment einfach nur Begleiter und beschäftigen sich mehr damit, was sie alles an

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