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Shira und Paul der Mahner: Vom Flüchtlingsdasein und seinen Entbehrungen
Shira und Paul der Mahner: Vom Flüchtlingsdasein und seinen Entbehrungen
Shira und Paul der Mahner: Vom Flüchtlingsdasein und seinen Entbehrungen
Ebook128 pages1 hour

Shira und Paul der Mahner: Vom Flüchtlingsdasein und seinen Entbehrungen

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Leitgedanken sind die Daseinstangenten: Es wird den Alltag fern der Heimat geben, der dir das volle Leben vorenthält; Vor dem Platz der tausend Rächer im Zweifel und den Ängsten; Unkenntnis wirft ihre Schatten voraus; In der Erschrockenheit begreift den Kern; Pathétique der Trauer; Suanita – Kinderjahre ohne Heimat.
Paul. Bedenkt, der Frieden ist verloren, Städte und Dörfer sind bis auf den Grund geschoren, Völker brechen entzwei. Was uns blüht, wir werden's sehn, auch wenn wir es nicht sehen wollen. Was uns erwartet sind Elend und Not. Drum geht in eure Zelte zurück und lebt in der Magerkeit, die Nacht wird euch das Weitere lehren. Ermahnt jene, die da lauthals klagen, dass sie die Zeiten, wie sie sind, nicht ändern können.
Shira. Wer kennt die Menschen, wie sie sind, das hier im Lager mit dem Elend und jene Menschen draußen in der Fremde? Die Not drückt, es wird mir angst und bange, je länger wir in der Verlorenheit hausen. Grausam ist das Gesicht des Tages, der das Wunderbare im Keim zerdrückt, dass der Wert des Lebens rasch verraucht und die Blume hinwelkt in der Hand. Was kann ich da noch hoffen, wenn nichts ist, was mich bindet, wenn es die Liebe nicht mehr gibt. Das Bild mit dem wunderschön geformten Kopf, ich trag es tief in meinem Herzen, dein Mund, dein Atem und dein dunkler Schopf, verlorene Dinge sind's, die in mir schmerzen. So geh ich nun der Nacht entgegen, in der Fremde wird's mir kalt. Es kommen Laute fast verlegen, wenn's aus den Weiten widerhallt. So löse ich die Hand von dem, was war, nicht weil ich's will, sondern weil ich's nicht verhindern kann, denn ich bleib von dir verlassen ohne Abschied, ohne Kuss. Noch sind die Arme ausgestreckt, doch lasse ich sie wehrlos sinken.
Aaron. Nichts, was Menschenhände tun, ist für die Ewigkeit, denn nichts ist ohne Makel, ohne Eitelkeit der Zeit. Es ist die Hoffnung, die im Atem wohnt, die bleiben muss, damit sich's lohnt, was der Gedanke und Denker im Geiste erstreben, das Gute zu bewirken fürs Leben.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateDec 26, 2020
ISBN9783752927429
Shira und Paul der Mahner: Vom Flüchtlingsdasein und seinen Entbehrungen

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    Shira und Paul der Mahner - Helmut Lauschke

    Später Abend im Flüchtlingslager im Libanon

    Vom Flüchtlingsdasein und seinen Entbehrungen

    Sprech- und Bühnenstücke in 4 Aufzügen

    Zu den Leitgedanken als den Daseinstangenten:

    Es wird den Alltag fern der Heimat geben, der dir das volle Leben vorenthält

    Vor dem Platz der tausend Rächer im Zweifel und den Ängsten

    Unkenntnis wirft ihre Schatten voraus

    In der Erschrockenheit begreift den Kern

    Pathétique der Trauer

    Suanita – Kinderjahre ohne Heimat

    Der Name Paul geht zurück auf den Propheten Paul, der als junger Mann mit anderen Männern von Judäa 604 BC. durch König Nebukadnezar von Babylon gefangengenommen wird. Die Gefangenschaft dauert 70 Jahre und wurde vom Propheten Jeremia (25:11) vorhergesagt.

    Prolog

    So spricht Jahwe Zebaoth: Weil ihr nicht auf meine Worte gehört habt, hole ich jetzt sämtliche Völkerschaften des Nordens herbei und meinen Knecht Nebukadnezar, den König von Babel, und führe sie heran gegen dieses Land und gegen seine Bewohner und gegen alle Völker ringsum. Ich übergebe sie dem Bann und mache sie zum Entsetzen, zum Spott und zur Schande für alle Zeit. Und ich bereite jedem Laut der Freude und der Fröhlichkeit bei ihnen ein Ende, dem Jubel des Bräutigams wie dem der Braut, dem Geräusch der Handmühlen und dem Licht der Lampen. Das ganze Land wird zur Öde und Wüste werden, und sie werden als Knechte unter den Völkern dienen siebzig Jahre lang. Aber wenn die siebzig Jahre vorüber sind, dann werde ich den König von Babel und dieses Volk heimsuchen wegen ihrer Sünde und das Land der Chaldäer und werde ewige Wüste daraus machen. Und ich bringe über dieses Land alle meine Worte, die ich über es ausgesprochen habe, alles, wie es im Buche geschrieben steht. (Jeremia 25:8-12; Jerusalemer Bibel, Deutsche Ausgabe, Herder 2. Auflage 1968, S.1132/3)

    Erster Aufzug

    Erster Auftritt

    Mustafa. Ich stehe zwischen überfüllten Zelten, die Gerüche armseliger Welten durchmischen sich. Über den Stätten der Verzweiflung und der fehlenden Hoffnung leuchten die Sterne in unendlicher Klarheit. Schwer ist und immer schwerer wird es auszusprechen, was sich im Menschen drückt und über ihm sich endlos weitet.

    Izmir. Nun geht es schon ins dritte Jahr, dass uns der Hunger plagt und die alten Kleider reißen. Ich frage dich in unsrer aller Not, ist es wirklich wahr, dass wir hier bleiben für die nächsten Jahre? Ich frage deshalb, weil mich auch die vielen Kinder schmerzen, die so lange ohne Schule sind und mit leeren Mägen schlafen.

    Mustafa. Die Heimat liegt in Trümmern, es gab Tote und Vermisste, und die Frauen stehn und wimmern. Was kann ich dir da raten? Nimm nur ISIS und die anderen Staaten, da sind wir doch verloren und verraten.

    Paul. Was im Allgemeinen fehlt, das sind Wahrhaftigkeit und Ehre. Da können wir noch Jahre lamentieren, sie werden uns den Wankelmut, die Feigheit voll Bitternis quittieren. Was uns bleibt, das ist das Leben in der Wüste mit den Zelten und der ganzen Spärlichkeit.

    Izmir. Selbst das bischen Wasser ist hier brackig, schmeckt nach bittrem Kiesel und mehrt den Durst. Es ist das kargste Land ganz ohne Wiesen, in dem wir keine Rinder, keine Schafe halten können.

    Paul. Bedenkt, der Frieden ist verspielt, verloren, Städte und Dörfer sind bis auf den Grund geschoren, ganze Völker brechen entzwei. Was uns blüht, wir werden’s sehn, auch wenn wir es nicht sehen wollen, und keiner kann sich vor dem verstecken, was uns erwartet mit dem Elend und der Not. Drum geht in eure Zelte zurück und lebt in dieser Magerkeit, die Nacht wird euch das Weitere lehren. Ermahnt jene, die da lauthals klagen und wimmern, dass sie die Zeiten, wie sie sind, nicht ändern können.

    Shira. Seht Herr, ich bin schwanger, bringe ein Kind in die zerbrochene Welt. Ich frage euch, wo führt das hin, wenn neues Leben in das Lager kommt, das vollgestopft mit mageren Menschen ist?

    Paul. Was ich dir sagen kann, ist die traurige Botschaft, denn von der Heimat sind wir getrennt, sind abgeschnitten von den Wurzeln unsrer Herkunft, sind verwaist von dem, was uns erzog und uns gehörte.

    Shira. Wer kennt die Menschen, wie sie sind, das hier im Lager mit dem Elend und jene Menschen draußen in der Fremde? Die Not drückt, es wird mir angst und bänger, je länger wir in dieser Verlorenheit hausen.

    Paul. Was du siehst, ich glaub’s, ist doch nicht alles, viel mehr ist’s, was hinter den Hügelhöhen sich versteckt und unter der oberen Wüstenschicht begraben liegt. Es sind Wunden der geschundenen Moral, dass auseinander bricht, ja in Brocken und Stücke zerfällt, was seit Menschengedenken sich zusammenstellt.

    Shira. Wie sollen die Stücke zusammengesetzt werden, dass wieder ein Ganzes daraus wird und das Leben seinen Sinn und seine Ordnung wiederbekommt?

    Paul. Ich sage dir: ich bin weder ein Philosoph noch ein Prophet, doch sehe ich den Himmel ohne Wolken. So sag ich dir aus meiner Kenntnis, dass es auch in diesem Jahr keinen Regen geben und das Fiasko bleiben wird. Denn ohne Regen gibt es weder Reis noch Korn.

    Shira. Das heißt, dass der Hungerschmerz die Menschen krümmt.

    Paul. Ja nicht nur die Menschen krümmt, sondern in großer Zahl die Menschen zu Boden wirft. Die Wunden werden nicht heilen bei der allgemeinen Magerkeit, und die Kinder werden zu Skeletten vertrocknen, denn ohne Milch und Mais und Wasser geht das Leben nicht.

    Shira. Der Herr, was meine Mutter sagt, ist dies: Mein Kind bedenke, in einer Zeit wie dieser bringe kein Kind zur Welt, denn es fehlt am guten Boden, dass der Hunger das junge Leben zerstört.

    Paul. Die Frau soll auch ans Wasser denken, bedenken soll sie, die Brunnen trocknen aus. Der Weg führt immer weiter weg, um das Wasser herbeizutragen, und oft ist der Brunnen vermint, wenn er weitab vom Lager ist. Was ich damit sagen will, ist, die Zeit ist uns nicht mehr freundlich gesinnt, und wir sind nicht mehr weit entfernt, dass uns der Hunger verzehren wird, wenn nicht die Cholera und manch andere Unwesen uns vorher in den Tod getrieben haben.

    Shira. Ja, die Zeit ist uns nicht wohlgesonnen, und das Lager reißt die Würde von den Körpern, sprengt die Hoffnungen aus den Köpfen, zerfurcht die Gesichter immer tiefer und wirrer, dass die Melancholie auf unschuldige Kindergesichter schlägt. Mein ältester Sohn sagt: Mutter, das ist kein Leben im Lager, hier wird jeder noch verrückt. Schau, wie sie schlürfen die hageren Körper, bald werden sie im Abseits liegen, weil ihnen der Atem ausgegangen ist.

    Paul. Das ist, was mich nachts nicht schlafen lässt, weil mir die armseligen Gestalten mit dem Frageblick des Wie-lange-noch vor dem inneren Auge stehn und auf Antwort warten und so meine Träume dermaßen beschweren, dass an den Schlaf nicht mehr zu denken ist.

    Shira. Da kommt zum äußeren Elend die innere Not dazu mit dem Bewusstsein der verlorenen und zerstörten Heimat und der totalen Hoffnungslosigkeit im Wohin, der Frage: Wo können wir noch menschwürdig leben?

    Paul. Das ist dann die Frage des menschlichen Seins, des Daseins mit dem Hiersein, die doch die zutiefst fundamentale Frage ist, wenn aus dem Flüchtlingsdasein mit den bitteren Entbehrungen sich ein Sein von Wert und Würde herausheben soll.

    Shira. Und dieses Sein von Wert und Würde soll näher ans Lager herankommen und sich nicht ins Unabsehbare entfernen.

    Paul. Was die Eile betrifft, da stimme ich dir aus ganzem Herzen zu, aber ich fürchte, dass es ein Kommen von Wert und Würde in absehbarer Zeit nicht geben wird. Dafür hat sich die Not zu breit gemacht und die Fläche von Ländern überzogen, wobei das Elend zum Turm der unvorstellbaren Höhe geworden ist.

    Shira. Dann werden wir in der Wert- und Würdelosigkeit verenden, und die Kinder werden es nicht verstehn.

    Paul. Nein, sie werden fragen, warum sie in diese Welt geboren sind, in der es zu wenig Nahrung und sauberes Wasser gibt, wo die mageren Menschen traurig blicken und an Stöcken gehn und sich nach dem Frieden und den besseren Zeiten sehnen.

    Shira. Und warum das alles so verkommen ist, das kann mit einfachen Worten mir keiner erklären.

    Paul. Das Ungeheuer lässt so einfach nicht begreifen, denk an die Herkunft der Menschen, denk an die Schulen, denke daran, was wir Traditionen und Kulturen nennen. Die Menschen sprechen verschiedene Sprachen, und weil sie das tun, denken sie verschieden über das Leben.

    Shira. Aber was gut und böse ist, daran denken sie doch in gleicher Weise, ich meine, da stimmen sie doch überein.

    Paul. Weil es die traditionellen Unterschiede gibt, verlieren viele Dinge die Gemeinsamkeit, gehen die Meinungen und Kulturen auseinander und machen die Dinge kompliziert, dass es zu Kriegen und zu Morden an unschuldigen Menschen und Kindern kommt. Es ist der Mangel an

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