日本の夢 (Nihon no yume) - Okumuras Reisen zu den Grenzen des Vorstellbaren: Die Pyramiden von Visoko
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日本の夢 (Nihon no yume) - Okumuras Reisen zu den Grenzen des Vorstellbaren - Felinea ras Odras
Kapitel 1 – 出会い (Deai) – Begegnung
04. Mai 1919
Ich bin zusammen mit meinem Neffen Ryuichi am Bahnhof in Mito um meinen Bruder Yukio abzuholen, der aus Tokyo anreist. Ich bemerke eine europäische oder amerikanische Reisegruppe in Begleitung von Jennifer Tanogama, einer ortsbekannten Führerin für englischsprachige Reisegruppen. Ich glaube aus dem Augenwinkel einen alten Bekannten zu erkennen, aber vermutlich täuschen mich meine Sinne – es wäre ein großer Zufall.
Nein, es ist keine Sinnestäuschung. Ich bin mir ziemlich sicher – das ist Lieutenant Mycroft Winterbottom. Er war der Britische Verbindungsoffizier zu unserer Einheit während der Boxerebellion 1900. Ich wage es nach einer Weile, ihn anzusprechen. „Lt. Winterbottom?, frage ich vorsichtig. Der Mann fühlt sich angesprochen, sieht mich aber zunächst etwas verwirrt an. „Colonel
, verbessert er mich, während er mich eingehend mustert. Es dauert nicht lange, bis sich bei ihm die Erinnerung einstellt. „Sanjuro!", ruft er überrascht. Ich stutze. Sanjuro? So hat mich eine gefühlte Ewigkeit niemand mehr genannt. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie es dazu kam, aber aus irgendeinem Grund hatten meine Kameraden bei der Armee mich mit diesem Spitznamen bedacht – auch zu der Zeit, als ich in China Dienst leistete. Der Lieutenant, ähm… Colonel… kennt mich nur unter diesem Namen.
Maikurofuto und seine Reisebegleiter sind auf dem Weg nach Naushua, einem kleinen Dorf am Rande des Aokigahara, dem Jukai, dem Meer der Bäume am Fuße des Fuji. Ich bin erstaunt, das ausgerechnet ein so makaberer Ort ihr Ziel ist. Es ranken sich dunkle Legenden um den Jukai, Geschichten von bösartigen Geistern und Dämonen, auf die ich persönlich nicht viel gebe, doch läßt sich der Fakt nicht von der Hand weisen, dass er etlichen Menschen Jahr für Jahr als Ort für ihre Selbstentleibung – bevorzugt durch Strangulation – dient. Das soll schon seit Jahrhunderten so sein. Warum ausgerechnet der Aokigahara, frage ich, es gibt weit lohnenswertere Ziele in Japan. Sie sind auf der Suche nach einer verschollenen Freundin, erklärt Maikurofuto, die Spur, der sie folgten, führte sie dorthin.
Es bleibt uns nicht viel Zeit für ein längeres Gespräch. Der Zug kommt gleich und Ryuichi läuft aufgeregt umher. Ich lade Maikurofuto ein, mich in Tokyō, wo ich ein Haus habe, zu besuchen, sofern seine Zeit es zuläßt. Ich wünsche ihm und seinen Freunden viel Glück bei ihrer Mission, bevor wir uns verabschieden.
Kapitel 2 – 昔馴染 (Mukashi Najimi) – Ein alter Freund
08. Mai 1919
Ich hänge wie so oft in letzter Zeit meinen Gedanken nach. Es ist wieder einer dieser Tage, an denen ich von Wehmut erfüllt kaum etwas mit mir anfangen kann. Seit meine Schwester vor dreieinhalb Jahren gestorben ist und ich meinen Dienst bei der Marine quittiert habe, hatte es schon einige solcher Tage in meinem Leben gegeben. Ich habe in den letzten drei Jahren alles mögliche versucht, um mich von diesen Gefühlen abzulenken – verschiedene Jobs, die mir alle nichts gaben und die ich eigentlich auch nicht nötig hatte, Frauen, Männer und andere Vergnügungen… All das brachte aber nur kurzzeitig Zerstreuung. Früher oder später kam ich immer wieder an diesen Punkt, an dem mich meine Einsamkeit einholte. Eine Zeit lang konnte ich den Schmerz mit Sake betäuben, aber dann kam die Erkenntnis, dass das auf Dauer keine Lösung, sondern nur eine Flucht ist.
Zu dieser Zeit – das ist jetzt etwa ein Jahr her – begegnete ich Mitsou. Mitsou war Mönch und in einem sehr langen Gespräch öffnete er mir irgendwie die Augen. Er lud mich ein, mit ihm zusammen zu meditieren. Zunächst war ich skeptisch. Mein Denken war zu rational. Was sollte das schon bringen? Doch dann ließ ich mich darauf ein, ließ mich von Mitsous sanften, ruhigen Worten führen und entdeckte tatsächlich etwas in mir, das absolut still war. Ich habe mich seitdem öfter mit Mitsou getroffen, lernte durch ihn neue Wege, die Welt zu betrachten und mir selbst und den Lasten, die ich mit mir herumtrug, weniger Bedeutsamkeit zuzumessen. Trotzdem gab es immer noch Momente wie diesen, in denen mein Leben mir als sinnlos erschien. Und tatsächlich wußte ich nicht wirklich, was ich mit meinem Leben als Zivilist anstellen sollte. Die Gesellschaft erwartet von mir auch weiterhin, dass ich meinen Beitrag zur Mehrung des Ruhmes der Nation leiste, aber das Feuer der nationalistischen Begeisterung in mir ist längst erloschen. Ich habe Probleme, mich den Konformitätszwängen, die fast überall herrschen, zu unterwerfen und ecke dadurch immer wieder bei anderen an. Immer öfter habe ich das Gefühl, dass ich gar nicht mehr richtig hierher gehöre. Vielleicht sollte ich selbst auch Mönch werden, überlege ich, und mich in ein Kloster zurückziehen. Es ist nicht das erste Mal, dass mir dieser Gedanke kommt.Es läutet. Erschrocken springe ich auf. Was war das für ein Geräusch? Nach ein paar Sekunden fällt mir ein, dass es die Türglocke war. Sie läutet so selten, dass ich schon vergessen hatte, wie sie klingt. Eigentlich habe ich gar keine Lust, aufzustehen, doch dann raffe ich mich doch auf, gehe die Treppen hinunter und öffne die Tür. Vor mir steht Colonel Winterbottom.
„Maikurofuto!", rufe ich überrascht. Er ist tatsächlich meiner Einladung gefolgt. Der Colonel sieht blass aus und wirkt ziemlich neben sich, als wisse er nicht, wer und wo er sei. Ich freue mich ehrlich über seinen Besuch, doch frage ich mich, was ihm widerfahren ist, dass es ihn so sehr aus der Bahn geworfen hat.
Wir lassen uns in meinem Garten bei Tee