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Die erfundene Armut: Wie machtgierige und populistische Politiker den Menschen einreden, sie seien arm
Die erfundene Armut: Wie machtgierige und populistische Politiker den Menschen einreden, sie seien arm
Die erfundene Armut: Wie machtgierige und populistische Politiker den Menschen einreden, sie seien arm
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Die erfundene Armut: Wie machtgierige und populistische Politiker den Menschen einreden, sie seien arm

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Die meisten Menschen würden, wenn sie einmal die Möglichkeit hätten, Deutschland zu besuchen, über den unwahrscheinlichen Reichtum staunen. Stattliche, solide Häuser, teure Autos, teure Handys, Markenkleidung, kostenlose Schulen und für mittellose Arme sogar kostenlose Krankenversorgung, Sozialhilfe, Wohnungen auf Staatskosten, kostenlose Parks, Wälder, Spielplätze und andere Einrichtungen, Sportangebote und Kultur, oft ebenfalls kostenlos, zumindest aber kostengünstig, kostenloses Internet und viele andere oft kostenlose Angebote von Chören über Wandergruppen bis hin zu Kinderbasteln oder Gottesdiensten. Berichtete man über ein solches Schlaraffenland in den armen Gegenden der Welt, würde man wohl oft für einen Lügner gehalten werden.
Auf der anderen Seite mehren sich immer dramatischer die Pressemeldungen, die über die stetig wachsende Armut in Deutschland berichten. Immer mehr Kinder sollen davon betroffen sein, sogar von Hunger ist die Rede.
Welche von den beiden Alternativen ist wahr? Oder gelten beide, weil die einen sehr viel reicher werden, die anderen aber in die Armut herabgesunken sind? Eine spannende und überraschende Analyse von Alex Bergstedt, der nicht nur weit gereist ist, sondern auch sowohl Reichtum als auch Armut persönlich kennengelernt hat und daher nicht nur wie ein Politiker theoretisiert, sondern aus Erfahrung spricht und praktische Hinweise gibt.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateJul 11, 2021
ISBN9783753192307
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    Die erfundene Armut - Alex Bergstedt

    Einleitung

    Die meisten Menschen würden, wenn sie einmal die Möglichkeit hätten, Deutschland zu besuchen, über den unwahrscheinlichen Reichtum staunen. Stattliche, solide Häuser, teure Autos, teure Handys, Markenkleidung, kostenlose Schulen und für mittellose Arme sogar kostenlose Krankenversorgung, Sozialhilfe, Wohnungen auf Staatskosten, kostenlose Parks, Wälder, Spielplätze und andere Einrichtungen, Sportangebote und Kultur, oft ebenfalls kostenlos, zumindest aber kostengünstig, kostenloses Internet und viele andere oft kostenlose Angebote von Chören über Wandergruppen bis hin zu Kinderbasteln oder Gottesdiensten. Berichtete man über ein solches Schlaraffenland in den armen Gegenden der Welt, würde man wohl oft für einen Lügner gehalten werden.

    Auf der anderen Seite mehren sich immer dramatischer die Pressemeldungen, die über die stetig wachsende Armut in Deutschland berichten. Immer mehr Kinder sollen davon betroffen sein, sogar von Hunger ist die Rede.

    Welche von den beiden Alternativen ist wahr? Oder gelten beide, weil die einen sehr viel reicher werden, die anderen aber in die Armut herabgesunken sind? So titelte ein Rundfunksender: „Die Wirtschaft wächst, die Armut auch."

    Schockierende Zustände (?)

    „Schockierende Studie: Immer mehr Menschen in Deutschland von Armut betroffen" lautete ein Zeitungsartikel, der anprangert, dass die reichsten zehn Prozent die Hälfte des Vermögens besitzen.

    Zehn Prozent sind eine abstrakte Größe. In Deutschland wären das rund 8 Millionen Menschen. Ist das viel oder wenig? Meistens kann man es sich besser vorstellen, wenn man viel geringere Zahlen hätte, mit denen man eher gewohnt ist, zu hantieren. Daher hier ein überschaubares Beispiel:

    Auf einer Insel leben zehn Leute. Zwei verdienen 10.000€ im Monat, einer von den beiden gibt 9000€ im Monat aus, der andere liebt keinen Luxus und lebt von 2000€. Den Rest legen sie jeweils an. Vier Leute verdienen 4000€, drei geben alles aus, einer gibt nur 2000 aus und legt den Rest an. Zwei Leute verdienen 2000 Euro, einer gibt alles aus, der andere spart monatlich 500€ an. Zwei Leute sind nicht berufstätig und verdienen nichts.

    Nach zehn Jahren haben alle Insulaner zusammengerechnet ein Vermögen von rund 1,4 Millionen aufgebaut, mögliche Zinsen, Aktiengewinne usw. der Einfachheit halber nicht mitgerechnet. Die reichsten zehn Prozent entsprechen auf dieser Insel genau einer Person, (denn 10% von 10 Personen sind eine Person,) und diese ist natürlich diejenige, die monatlich 8000€ zurückgelegt hat und daher nach zehn Jahren 960.000€ besitzt. Damit sind die Zustände auf dieser Insel noch schockierender als in Deutschland, denn die reichsten zehn Prozent, also die eine Person, besitzen nicht nur die Hälfte des Vermögens, sondern zwei Drittel. Sollte man dem Typ sein Geld wegnehmen oder einen Teil wegnehmen, oder sollte man ihn zusätzlich auch noch mit Gefängnis o.a. bestrafen? Oder sollte man womöglich seinen Reichtum tolerieren, auch wenn sich die anderen vielleicht darüber ärgern und er somit die Lebensqualität der anderen durch seinen Reichtum beeinträchtigt? Oder müsste man ihn gerade umgekehrt dafür loben, dass er durch seine Sparsamkeit und bescheidene Lebensweise so viel angespart hat.

    Wer ist arm?

    Eines Tages trafen sich zwei Männer in einer U-Bahn-Station gerade an einer Stelle, an der ein Obdachloser zusammengerollt auf einer Bankschlief. Der eine sagte: „Es ist eine Schande."

    „Ja, diese Obdachlosen haben kein Benehmen."

    „Nein, ich meinte, es ist eine Schande für unsere Gesellschaft, dass wir es nicht schaffen, diesen Leuten zu helfen, damit sie wieder auf die Beine kommen."

    „Da kann unsereiner nichts machen. Oft sind das Alkoholiker oder wollen gar keine feste Wohnung. Was willste da machen? Dafür gibt es doch Kirchen und Wohlfahrtsverbände mit Sozialarbeitern, und die sollten sich da auskennen."

    „Ja, das stimmt, aber die Kirchen und Wohlfahrtsverbände haben viel zu wenig Mitarbeiter dafür. Wir Reichen müssten diese Verbände mehr unterstützen, damit sie Sozialarbeiter einstellen können."

    „Was heißt hier „wir Reichen? Ich bin ein ganz normaler Lehrer und kein Millionär. Ich komme finanziell gerade so über die Runden.

    „Wie du weißt, bin ich seit einem Jahr arbeitslos und bekomme Hartz IV. Aber seitdem ich zwei Jahre in Afrika gearbeitet habe, weiß ich, dass ich reich bin, auch wenn ich nur ein Viertel von dem bekomme, was du verdienst."

    Arm oder reich – das ist hier die Frage. Immer häufiger erschrecken uns Zahlen, die von wachsender Armut berichten. So gab der Spiegel online am 22.8.2018 bekannt, dass 4,4 Millionen Kinder in Deutschland arm seien. Auf der anderen Seite gibt es viele Bürger, die Geld übrighaben und froh wären, einmal einem armen Kind zu helfen, ihm Klavierstunden zu ermöglichen, ihm einen Aufenthalt am Strand oder einen anderen Ausflug zu ermöglichen oder ihm mit Büchern zu helfen, aber sie finden keine hilfsbedürftigen Kinder. Was ist also los?

    „Immer mehr arme Menschen in Deutschland titelten Medien in den vergangenen Jahren. Es gibt immer mehr arme Menschen in Deutschland - aber auch immer mehr Reiche. Die Schere zwischen arm und reich wird in der Gesellschaft immer größer. Parteien vom rechten und linken Rand hauen in diese Kerbe und prangern die Regierung an, die sie für die „grassierende Armut verantwortlich machen. Aber während sonst die Medien besonders zu den Parteien des rechten Rands Distanz halten, ziehen sie in diesem Punkt meistens am selben Strang und informieren ihre Leser darüber, dass sie zu einem großen Teil arm sind. Selbst gemeinnützige Organisationen und Kirchen verbreiten diese Propaganda, ungeachtet des einstmals propagierten Armutsideals, dessen zufolge die Armut dann ja eigentlich nicht verteufelt werden dürfte.

    Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung informiert, wie viel die Menschen in Deutschland verdienen. Demnach leben 5,4 % der Befragten dauerhaft unter der Armutsgrenze, das bedeutet seit mehr als fünf Jahren. Als Armutsgrenze für eine alleinstehende Person wurde für diese Studie ein Einkommen von 12.192 Euro im Jahr angenommen, das sind rund 1016,00 Euro im Monat zum Leben. Als reich zählt man hingegen, wenn man allein 40.639 Euro im Jahr verdient (das sind im Schnitt 3.364 Euro im Monat). Dauerhaft reich sind rund 3,4 % der Bevölkerung. Es gibt also mehr arme als reiche Menschen - und die Zahl der Armen nimmt schneller zu. Das Problem ist, so schreibt die Studie, dass sich auch die Lebenswelten der Armen und Reichen immer mehr entfremden: Kinder werden auf unterschiedliche Schulen geschickt, die Häuser oder Wohnungen liegen in verschiedenen Vierteln, die Freizeitgestaltung und die Einkaufsmöglichkeiten sind andere.

    Angeblich war früher alles besser. In den Jahren nach dem Krieg waren fast alle arm, die Löhne waren sehr gering, aber man hat gemeinsam das Land wieder aufgebaut. Lehrer, Pastoren, Richter oder andere Beamte waren genauso zu einfachem Leben gezwungen wie Arbeiter und Angestellte. Somit hat es mehr Gerechtigkeit gegeben. Seit den 70ger Jahren ist die Schere zwischen arm und reich dann immer weiter auseinander gegangen. Der zunehmende Wohlstand machte Unternehmer, aber auch viele kleine Selbständige wohlhabend und der Staat erhöhte die Besoldung der Beamten und Angestellten stetig. Wer in den 70ger Jahren aus Deutschland ausgewandert ist und jetzt zurückkommt, wird es nicht mehr wiedererkennen. Alle Leute besitzen unheimlich viele Dinge. Die Anzahl der Autos ist unermesslich. Viele Familien besitzen mehrere Autos, teure Fernseher oder ganze Anlagen (Heimkino oder Home Cinema o.a.) in raumfüllender Größe, Handys für alle Familienmitglieder, kaufen Fertiggerichte, fahren überallhin mit Autos oder anderen kostenerzeugenden Verkehrsmitteln und leisten sich kostenpflichtige Dienste wie Netflix, Pay-TV, Streamingdienste und vieles mehr. Auf der anderen Seite sieht man Obstbäume und Sträucher, die niemand aberntet, und in der Landwirtschaft (z.B. auf den Erdbeerplantagen) verdienen sich nicht mehr Kinder, Hausfrauen oder Arbeitslose ein Taschengeld, sondern die Landwirte müssen sich ihre Arbeitskräfte aus dem Ausland holen.

    Als ich in den 70ger Jahren selbst auf einem Erdbeerfeld pflückte, war ich 14 oder 15 und damit bei weitem nicht der Jüngste. Auch andere Kinder verdienten sich dort ein Taschengeld, und manchmal pflückten dort Mütter, oft auch türkische Gastarbeiterfrauen, und alle ihre Kinder bis zu den kleinsten halfen mit.

    Als ich jedoch 2019 auf ein Feld zum Selbstpflücken fuhr, war ich mit 57 Jahren der Jüngste.

    Die Hans-Böckler-Stiftung hat eine Grenze von rund 1000 Euro als Grenze definiert, unter welcher ein Mensch in Deutschland als arm gelten soll. Nun könnte die Regierung einfach allen Menschen, die weniger als 1000 Euro haben, etwas dazugeben, dann wäre die Armut ausgelöscht.

    Organisationen, die daran ein Interesse haben, dass es so wirke, dass das Land von Armut gebeutelt sei und dass die Menschen glauben, dass sie arm sind, haben daher eine andere Definition erfunden. Danach gilt als arm, wer weniger als 60% des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hat. Mit dieser Definition ist die Existenz der Armut für immer garantiert, denn es ist praktisch unmöglich, sie auszurotten.

    Denken wir zum Beispiel an eine exklusive Insel, auf der sich nur Schickeria tummelt, rund hundert Leute, von denen der ärmste 7 Millionen besitzt, der reichste 37 Milliarden. Der durchschnittliche Verdienst liegt wegen der hohen Einnahmen der Milliardäre bei 5 Millionen pro Monat. 60% davon sind 3 Millionen. Die meisten Millionäre kommen bei weitem nicht auf diese Armutsgrenze, so dass 70% dieser Multimillionäre als arm gelten müssen.

    Der Investor, der die gesamte Bevölkerung in bittere Armut stieß

    Ein anderes Beispiel: Auf einer Insel in der Südsee wohnten 20 Eingeborene ein primitives, aber glückliches Leben. Sie ernteten Kokosnüsse und andere Früchte, aber bauten auch ein wenig an, fischten und jagten. Alle verdienten für europäische Verhältnisse sehr wenig, so um die 100 Euro, wenn sie mal etwas an gelegentlich in Yachten vor der Insel ankernde Touristen verkauften, aber da sie für Nahrung kein Geld auszugeben brauchen, ihre Hütten selbst bauen und bei dem gleichmäßig warmen Klima kaum Kleidung brauchen und diese zudem oft selbst herstellen, brauchen sie im täglichen Leben gar kein Geld, so dass viele mehrere Tausend Euro in ihren Hütten angesammelt haben und sich sehr reich fühlen.

    Eine Untersuchung einer gemeinnützigen Einrichtung kam sogar zu dem Ergebnis, dass es sich um eine der Regionen mit der geringsten Armut weltweit handelte. Als arm gilt dieser Einrichtung ein Mensch, der weniger als 60% des Durchschnitts verdient. Niemand verdiente weniger als 60% des Durchschnitts, da alle etwa gleich arm waren, und so war für die Statistiker alles auf der Insel im sozialen Sinne in Ordnung, denn laut ihrer Statistik war ja niemand arm.

    Eines Tages hatte ein Tourist, der mit seiner Yacht die Insel kennengelernt hatte, eine Idee. Er verhandelte mit den Bewohnern, mietete ein Grundstück an und baute ein kleines Hotel für Touristen, die ein unberührtes Eiland zum Ausspannen suchen. Als Grundstücksmiete zahlte er jedem Bewohner 100 Euro pro Monat, außerdem nahmen auch fünf oder sechs Bewohner das Angebot an und arbeiteten für monatlich 200 € in dem Hotel, so dass fast jede Familie auch davon profitierte, und bald besaßen etliche Familien Fernseher, Handys, neue Kleidung und andere Artikel. (200 € waren nicht nur auf der Insel, sondern in der ganzen Gegend eine sehr gute Bezahlung, vor allem für einen ungelernten Job.)

    Als die gemeinnützige Organisation im nächsten Jahr wiederkam, um die Statistik zu aktualisieren, kam sie allerdings zu einem schrecklichen Ergebnis. Der Investor war inzwischen auf die Insel gezogen. Er war reich, verdiente gut an seinem Hotel, vermietete seine Yacht und hatte sein zuvor bewohntes schönes Haus in Europa und sein dortiges Sommerhaus verkauft und sein gesamtes Vermögen gut angelegt, so dass er auf ein monatliches Einkommen von rund 100.000 € kam. Die auf der Insel wohnhaften Hotelangestellten verdienten mit Nebeneinnahmen so 400 €, die anderen kamen durch den stärkeren Touristenzustrom nun auf 200 € im Monat. Das verheerende Ergebnis ergab, dass das Durchschnittseinkommen der nunmehr 21 Bewohner nunmehr 5000 € betrug, aber 95% der Bevölkerung verdienten noch nicht einmal 10% des Durchschnittseinkommens, waren also jämmerlich arm. Da sieht man mal wieder, dass die Investition eines bösen Kapitalisten der Bevölkerung keinen Wohlstand bringt, sondern Elend! Karl Marx hat wohl doch recht, oder?

    Die Inselbewohner selbst hatten allerdings weder von Marx noch von der Theorie, dass alle arm seien, die weniger als 60% des Durchschnitts verdienten, gehört und sagten in der Befragung, es gehe ihnen wesentlich besser als zuvor und sie seien glücklich mit ihrem Leben.

    Traurig über das primitive Denken der Bewohner schickte die Organisation den Bewohnern daher einen politisch gebildeten Aufklärer, der den Bewohnern erklärte, dass der Hotelbesitzer zwanzig bis fünfzig Mal mehr verdiene als sie, ein Hotel besitze und über viele Aktien verfüge, von denen die Bewohner zwar keine Vorstellung hatten, die aber wohl wichtig für ein menschenwürdiges Leben sein mussten.

    So kam es, dass die Bewohner sich mit der Zeit benachteiligt und als Bürger zweiter Klasse fühlten und traurig und depressiv wurden.

    Definition: Wer gilt als arm

    Laut Wörterbuch ist derjenige „arm, „dem das Notwendige zum Leben fehlt.

    Die Berthelsmann-Stiftung dagegen definiert: „Als arm gelten laut Definition der Studie Kinder aus Familien, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens auskommen müssen oder Hartz IV beziehen."

    So gilt ein Mensch als armutsgefährdet, wenn er weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. 2016 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1064 Euro, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2234 Euro im Monat. In Deutschland gilt dies für jeden Sechsten, das sind 16,5 Prozent der Bevölkerung. 3,7 Prozent müssen sich materiell erheblich einschränken. Das heißt, die Betroffenen waren nicht in der Lage, die Miete, Hypotheken oder die eigene Versorgung zu bezahlen oder die Wohnung angemessen zu beheizen. 9,6 Prozent der Bürger unter 60 Jahren lebten in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung.

    Auf ähnlich lautende Berechnungen berufen sich auch andere Institutionen oder Parteien, die die Armut in Deutschland anprangern und das Thema „Armut in Deutschland" propagieren.

    Nun kann man dabei allerdings einen großen Einwand erheben: Was wäre, wenn ein gigantischer Wirtschaftsaufschwung dazu führen würde, dass alle plötzlich doppelt so reich wären? Würde die Armut dann abnehmen? Antwort: Nach der obigen Definition, die die 60% zur Grundlage hat, würde die Armut danach genau so groß sein wie zuvor.

    Um das genauer zu verstehen, könnten wir uns ein übersichtliches Beispiel vorstellen, zum Beispiel ein Dorf mit hundert Einwohnern. Einige Menschen wissen vielleicht nicht, dass es so kleine und doch selbständige Dörfer gibt, da sie in Gegenden wohnen, wo kleinere Dörfer ihre Selbständigkeit verloren haben und von einem Bürgermeister aus einem größeren Dorf im Rahmen einer Gesamtgemeinde regiert werden. In vielen Staaten und auch in einigen deutschen Bundesländern ist das die Regel. In Brasilien werden sogar mitunter zwei oder drei kleine Städte unter einem Bürgermeister (oder sollte man besser „Landrat" sübersetzen?) zusammengefasst.

    Das kleinste deutsche Dorf liegt auf einer Hallig und hat sieben Einwohner. Die Menschen regieren sich selbst und können selbst darüber abstimmen, wenn sie irgendetwas verändern wollen, zum Beispiel, ob sie in der Weihnachtszeit einen Weihnachtsbaum auf der Hallig aufstellen wollen, wo er stehen soll, wie lange er stehen soll, von wann bis wann er stehen soll, wieviel er kosten soll usw. Wäre es nicht im Grunde absurd, wenn so etwas andere Menschen in einer Stadt auf dem Festland für die Halligbewohner entscheiden würden?

    Nehmen wir an, alle Bewohner wären Buddhisten oder Moslems, aber der Bürgermeister in der Stadt schreibt ihnen vor, dass sie im Zentrum der Insel einen Weihnachtsbaum aufstellen müssen.

    Oder umgekehrt, alle sind Christen, aber der Bürgermeister in der Stadt ist der Meinung, dass man keine Kreuze und Weihnachtsbäume öffentlich aufstellen solle, da islamische und atheistische Mitbürger sich in ihrer Gemütsruhe gestört fühlen könnten.

    In Schleswig-Holstein ist es übrigens zum Beispiel so, dass Dörfer unter 100 Einwohnern zwar einen Bürgermeister, aber keine Gemeindevertreter haben, sondern alle Belange in Vollversammlung entscheiden. Also eigentlich eine perfekte Demokratie.

    Also, da wir nun wissen, dass es Dörfer mit hundert Einwohnern gibt, stellen wir uns einmal eines vor. Es liegt abgelegen, vielleicht sogar auf einer Insel vor Schleswig-Holstein.

    Einige Einwohner sind Landwirte, andere arbeiten auswärts, andere sind bei Staat oder Kirche angestellt oder arbeiten als Fischer, manche sind Rentner. Manche haben kein eigenes Land oder kein eigenes Fischerboot, und erhalten als Helfer in der Landwirtschaft oder auf einem Fischerboot nur einen geringen Lohn.

    Insgesamt sieht die gerundete Einkommensverteilung so aus: 10 Einwohner verdienen rund 1000 Euro, 10 rund 1500, 20 rund 2000, 30 rund 3000, 20 rund 4000, 10 rund 5000.

    Das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt also 2850 Euro. 60% davon sind 1710 Euro. Also verdienen 20 Einwohner weniger als 1710 und müssen als arm gelten.

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