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Mords-Zirkus: Ein neuer Fall für Peter Kleinlein
Mords-Zirkus: Ein neuer Fall für Peter Kleinlein
Mords-Zirkus: Ein neuer Fall für Peter Kleinlein
eBook275 Seiten3 Stunden

Mords-Zirkus: Ein neuer Fall für Peter Kleinlein

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Über dieses E-Book

Menschen, Tiere, Sensationen und mittendrin Peter Kleinlein. Der muss sich während der Ferien um seinen 12-jährigen Enkel kümmern, da weder dessen Mutter, nach einem schmerzhaften und folgenschweren Sturz von der Leiter, noch dessen Vater, wegen einer unaufschiebbaren Geschäftsreise nach Indien, sich angemessen um ihren Sprössling kümmern können. Ein willkommener Fall für Oma und Opa. Als die beiden Großeltern mit ihrem Basti die Premierenvorstellung des Zirkus Bellini besuchen und einer der Artisten aufgrund eines misslungenen Tricks zu Tode kommt, denkt noch niemand an Absicht. Doch wer Peter kennt, der weiß, dass er es ganz genau wissen muss. Und so entwickelt sich eine aufregende Suche nach den Hintergründen für den unerwarteten Unfall. Da gleichzeitig Marias langgehegter Herzenswunsch unmittelbar vor der Erfüllung steht und infolgedessen die Vorbereitungen für die Hochzeit mit ihrem Lothar in vollem Gange sind, geht es bei Kleinleins kurzfristig drunter und drüber. Als ein zweiter "Unfall" geschieht, beginnen sich die Ereignisse im Zirkus Bellini zu überschlagen
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum11. Feb. 2017
ISBN9783741891496
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    Buchvorschau

    Mords-Zirkus - Günther Dümler

    Weitere Bücher aus der Rödnbach-Reihe:

    Mords-Kerwa        (Juli 2012)

    Mords-Wut      (Dezember 2012)

    Mords-Urlaub        (Mai 2013)

    Mords-Schuss      (August 2013)

    Mords-Kerle            (November 2013)

    Mords-Krach        (März 2014)

    Mords-Brand      (August 2014)

    Mords-Fasching      (Februar 2015)

    Mords-Therapie      (Januar 2016)

    Erstfassung Februar 2017

    Alle Rechte vorbehalten

    Vorwort

    Die folgende Geschichte ist durchaus nicht frei erfunden, jedenfalls nicht vollständig. Das kann sie auch nicht. Es gibt immer Erfahrungen, die ein Autor in seinem Leben gemacht hat, die auf die eine oder andere Weise in einen Roman einfließen. In die Sprech- und Handlungsweisen seiner handelnden Personen etwa. Einige der zahlreichen, unfreiwillig komischen Begebenheiten im Umfeld der fiktiven  Mordgeschichte haben daher einen durchaus handfesten Hintergrund. Es handelt sich um Szenen, wie sie tagtäglich im fränkischen Alltag vorkommen. Wer kennt ihn nicht, den rundlichen, gemütlichen Typ, der oft nur so lange ausgeglichen erscheint, wie er in seiner eigenen kleinen Gedankenwelt leben darf, der aber auch heftig poltern kann, wenn er gestört wird oder den siebengescheiten Besserwisser, der alle, die zurückhaltend agieren für dumm und einfältig hält.  Einige dieser realen Erfahrungen mit diesen kantigen Typen dienten dem Autor als Inspiration für die zugegebenermaßen hoffnungslos übertrieben komödiantische Ausmalung der einen oder anderen Sequenz, die sich Leser zu Recht im wahren Leben so nicht erwarten würde.

    Die kriminellen Aspekte des Geschehens sind jedoch 100% reine Fiktion und haben niemals stattgefunden. Irgendwelche Ähnlichkeiten jeglicher Art mit wahren Begebenheiten und real lebenden Personen sind rein zufällig und keinesfalls beabsichtigt.

    Als Quelle für die Namensgebung dienten alle einigermaßen fränkisch klingenden Namen, die dem Schreiberling  während der Entstehung der Geschichte begegneten.  Tatsächlich sind sie vornehmlich von Grabsteininschriften, Namensschildern von Busfahrern, Kaufhausmitarbeitern oder von Todesanzeigen in der örtlichen Tageszeitung entnommen, kurzum sie stammen allesamt direkt aus dem fränkischen Alltag.

    Noch ein Wort zum fränkischen Dialekt. Er ist so vielfältig wie die Landschaft selbst. In jedem Ort wird er anders gesprochen, noch dazu wird die Aussprache oftmals von den äußeren Umständen nachhaltig beeinflusst. So drückt sich auch ein passionierter Dialektsprecher gelegentlich verständlicher aus, wenn er es mit vermeintlich gebildeten Menschen oder Personen zu tun hat, bei denen er nur geringe Kenntnisse seines eigenen Idioms voraussetzt. Bei Peter Kleinlein kann man das gut beobachten, wenn er mit „Norddeutschen" oder mit Bürgern ausländischer Herkunft spricht. Bei Simon Bräunlein hängt die Tiefe seiner Dialektsprache oftmals vom Grad seiner Erregung ab, je ärgerlicher er ist, umso fränkischer wird er und umso weniger legt er Wert auf Verständlichkeit.

    Wie man sehr schnell erkennen kann ist das Fränkische eine sehr weiche Sprache. Damit entspricht sie ganz der Seele der Einheimischen, die sich oft durch einen schier undurchdringlichen Mantel auszeichnet, der aber nur dazu dient, einen unendlich gutmütigen, samtweichen Kern zu schützen. Ein K kommt als G daher, man unterscheidet zwischen einem harten und einem weichen B, wobei das harte eigentlich ein P wäre. Ebenso hält er es mit den Buchstaben T und D. Den Namen Theodor schreibt man also mit einem harddn D.

    Den „ou"-Laut  im Wort Bou darf man sich übrigens sehr ähnlich dem englischen „ow" in „I know" vorstellen. Für viele Laute gibt es gar keine tauglichen Buchstaben. Als Beispiel mögen die berühmten „3 im Weckla dienen. Ein echter Franke würde es wohl am ehesten als „3 im Weggler oder Weggläh aussprechen. Daher gibt es auch in diesem Buch keine einheitliche Schreibweise für manche Begriffe. Vieles hängt eben auch von dem jeweiligen Sprecher ab.

    Mehr zur Aussprache muss man eigentlich nicht wissen, denn die Rödnbacher gehören allesamt zu der überwiegenden Gruppe der Franken, die beim Balanceakt zwischen dem urwüchsigen Dialekt und dem Hochdeutschen einen Mittelweg bevorzugen. Sie sprechen also mehr oder weniger ein fernsehtaugliches Fränkisch, vergleichbar mit dem Ohnsorg-Platt, dem Millowitsch-Köllsch und dem Komödienstadl-Bayrisch. Es bleibt ihnen schon gar nichts anderes übrig, wenn sie von Außenstehenden verstanden werden wollen.

    Handelnde Personen:

    Die Rödnbacher

    Die Ermittler

    Die Odalfinger

    Zirkusvolk

    Weitere Beteiligte

    Der Jennerwein ist kein Mörder

    Die Sonne stach schon wieder, wie in den vergangen Wochen fast ständig, erbarmungslos von einem nahezu wolkenlosen Himmel. Alle, zumindest die, die es sich leisten konnten, hatten sich vor ihren glühenden Strahlen in die kühleren Gefilde der Häuser zurückgezogen. Oder sie waren, je nach Gusto, auf ein Radler, auf ein Weißbier oder auch zwei in einen der schattigen Biergärten gepilgert oder sie hatten sich mit tausenden anderen Hitzeflüchtigen in eines der überfüllten Freibäder begeben, wo sie in Reih und Glied wie die Heringe auf dem Holzkohlegrill dahinbrutzelten. Sommerzeit ist Grillsaison, in jeder Hinsicht.

    Endlich! Vor wenigen Tagen hatten auch in Bayern die großen Ferien begonnen und die erschöpften Schulkinder, aber auch die Mehrzahl ihrer nicht minder ausgelaugten Lehrer waren dankbar für den sechswöchigen Waffenstillstand. Froh darüber,  sich eine Zeit lang nicht mehr ertragen zu müssen, die Energiespeicher wieder aufladen und den einen oder anderen Geduldsfaden so gut es ging neu knüpfen zu können. Das galt natürlich auch für den Basti, den Bastian, wie er richtig hieß. Seinen Vornamen verdankte er der Tatsache, dass sein Vater seit jeher ein glühender Anhänger des FC Bayern München im Allgemeinen und von Bastian Schweinsteiger im Besonderen war, auch wenn dieser mittlerweile im englischen Manchester seine zweifellos üppig belegten  Brötchen verdiente.  Der Schweini, nicht der Papa. Der arbeitete nach wie vor in der Münchener Entwicklungsabteilung eines weltweit bekannten deutschen Konzerns mit einem großen S am Anfang und einem kleinen s am Ende.

    Der Basti teilte sich mit seinem besten Freund, dem  Jennerwein, den schattigen Platz an der Nordseite des schmucken Einfamilienhauses in Odalfing, einem Ort in der südöstlichen Peripherie von München. Dort saß er gedankenverloren, mit dem Finger in der Nase nach unergründlichen Schätzen forschend, auf der hölzernen Bank und dachte angestrengt darüber nach, was er in den kommenden fast sechs Wochen grenzenloser Freiheit, also ohne die lästige Schulpflicht, anstellen konnte. Sein Freund  Jennerwein lag derweil völlig entspannt neben ihm, lang dahingestreckt und absolut frei von solch anstrengenden Gedankenspielen auf einer alten zerschlissenen Decke. Der schloss lediglich von Zeit zu Zeit in einem aufreizend langsamen Tempo die schwer gewordenen Augenlider, gerade so als würde ihm selbst diese minimale Regung eine unzumutbare Mühe bereiten. Einem unbedarften Zuschauer, also einem Jeden der ihn und seine Eigenheiten nicht näher kannte, hätte sich unweigerlich der falsche Eindruck aufgedrängt, er sei extrem hinfällig und würde vermutlich  nie wieder die Kraft aufbringen sie erneut zu öffnen. Doch entgegen allen berechtigten Befürchtungen zog der Phlegmatiker in einem Anflug von Pflichtbewusstsein die Jalousien schon nach wenigen Sekunden wieder bis ganz nach oben. Er wollte sich nichts von den Vorgängen entgehen lassen, die sich im Garten der Familie Kellermann abspielten. Schließlich repräsentierte er das vollständige Wachpersonal des Hauses und er konnte es sich aus diesem Grunde keinesfalls leisten,  seine angestammten Aufgaben zu vernachlässigen.  Seine in vielen Jahren erworbene Reputation stand auf dem Spiel. Auch ein Golden Retriever hat schließlich eine Berufsehre.

    Zudem interessierte er sich schon aus purer Neugierde brennend dafür, was die wohl genährte, grau getigerte Nachbarskatze Nora mit ihren ausgefahrenen Krallen und eifrig kratzenden Pfoten unter dem üppig blühenden Rosenbusch zu suchen hatte, mitten in seinem Revier, in seinem ureigensten Herrschaftsbereich.  Nach einigen Minuten erfolglosen Scharrens gab die penetrante Invasorin ihre dubiosen Bemühungen auf und stolzierte rotzfrech und hoch erhobenen Hauptes an den beiden müden Kriegern vorbei in Richtung Hauseingang. Eine Provokation, zweifellos. Eine die man nicht ungestraft hinnehmen kann.

    Es kann nicht mehr zufriedenstellend aufgeklärt werden, was sie dort zu suchen hatte. Nachträglich betrachtet muss man wohl von einer gefährlichen Mischung aus jugendlichem Übermut, eigener Selbstüberschätzung und völliger Unterschätzung der angeborenen Reflexe  Jennerweins, sowie dessen ausgeprägtem Pflichtgefühl ausgehen. Zu diesem Zeitpunkt wusste die unfreiwillige  Selbstmörderin sicher noch nicht, dass gleich hinter der Haustür ein blank polierter Fressnapf stand, der den Namen seines Eigentümers trug. Ein Besitztum, welches er notfalls unter Einsatz seines Lebens zu verteidigen gedachte und unter keinerlei Umständen mit ungeladenen Gästen zu teilen bereit war. Ob die leichtfertige Mietze tatsächlich im Sinn hatte sich an seinen Vorräten zu vergreifen oder ob sie nur zufällig in deren Nähe gelangte, das weiß man bis heute nicht. Wahrscheinlich auch sie selbst nicht mehr, nicht nach dem, was ihr anschließend widerfuhr.  Jedenfalls hatte der kräftige, wenn auch unter normalen Umständen gemütliche Hund exakt diesen fatalen Schluss gezogen, war mit weiten Sätzen von der Bank heruntergeschnellt und hatte sich unvermittelt auf den Eindringling gestürzt um den dreisten Futterdiebstahl zu verhindern und der windigen Hereingeschmeckten, wie er als gebürtiger Münchner die Diebin treffend bezeichnen würde,  sicherheitshalber eine Lektion fürs Leben zu erteilen. Die Katze fühlte sich in die Enge getrieben und sah keine Chance mehr sich im heimischen Nachbarsgarten in Sicherheit zu bringen und suchte deshalb ihr Heil in der Flucht nach vorne. In ihrer verständlichen Panik hechtete sie blindlings in den Hausflur der Kellermanns, wurde aber sofort von ihrem Verfolger unter lautem Bellen von dort verjagt. Blieb nur noch die Flucht in das Wohnzimmer. Dort war Heidi Kellermann, Bastis Mutter, eben dabei, auf einer schwankenden Haushaltsleiter balancierend, die frisch gewaschenen Vorhänge erneut ans ebenfalls frisch gewienerte Fenster zu drapieren,  was auch ohne das darauf Folgende eine zirkusreife Nummer hergegeben hätte. Das Unglück war unvermeidlich, wie jeder aufmerksame Beobachter unschwer hätte voraussagen können. Der Stubentiger huschte in seiner Angst unter der Leiter hindurch, dicht gefolgt vom Jennerwein, der aufgrund seiner Masse, einer eindeutig überhöhten Geschwindigkeit und dem frisch eingelassenen Parkettboden nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, aus der  Kurve getragen wurde und mit seinem beachtlichen Gewicht gegen eines der blechernen Beine der alles andere als standfesten Leiter prallte. Ein schmerzhaftes Aufjaulen folgte unmittelbar danach, begleitet von einem spitzen Schrei, der eindeutig keinem der beiden tierischen Kontrahenten zuzurechnen war, sowie einem blechernen Scheppern der umgekippten Leiter. 

    Als der Basti endlich hinter dem hechelnden Jennerwein her rennend das Wohnzimmer erreichte, da lag seine Mutter bereits mit schmerzverzerrter Miene auf dem harten demolierten Parkett. Die Kratzer, die die Bremsversuche der beiden Kampfhähne sowie die kantige Leiter hinterlassen hatten, waren im Augenblick jedoch eindeutig das geringste Übel. Diesen Schaden könnte man womöglich mithilfe eines Spezialmittels und etwas Sorgfalt wieder herauspolieren. Bei Heidi Kellermann wäre eine derartige Maßnahme allerdings kaum hilfreich, schon gar nicht sofort. Ihre Schulter sah schlimm aus. Abgesehen von den Schmerzen, die sie ihr verursachte, konnte auch ein Laie auf den ersten Blick erkennen, dass sich hier etwas deutlich verschoben hatte.  Oh je! Der verzweifelte Basti kauerte mittlerweile neben der verunglückten Mutter, mit flehentlichem Blick hoffend, dass es nicht gar zu schlimm sein würde.

    „Mama, soiti vielleicht an Papa oh ruafa, dassa glei hoam kimmt?"

    „Na Basti. Hol mer aber as Telefon her. Mir brauchn die Sanitäter. Der Papa konn doch sowieso ned komma, der landet doch scho glei in Indien. Der konn uns die nächstn drei Wocha ganz bestimmt ned helfa."

    Sie sprach in einem eigenartigen Gemisch aus hochdeutsch, bayerisch und einem in Odlfing, wie ihr Wohnort von den Einheimischen ausgesprochen wurde,  eher exotisch anmutenden Akzent. Ein sprachlicher Einschlag, den ein intimer  Kenner der bayerischen Dialekte zweifelsfrei als middlfränggisch einstufen würde. Das war auch kein Wunder, denn gerade einmal vor eineinhalb Jahrzehnten war sie mit ihrem damaligen Verlobten und jetzigen Ehemann, dem gebürtigen Münsterländer Markus Kellermann aus dem heimatlichen Röthenbach nach München umgezogen. Aus Gründen der besseren beruflichen Perspektive. Zunächst in eine kleine Zweizimmerwohnung, die zwar preislich  mit jeder Penthauswohnung in einer kleineren Stadt mithalten konnte, jedoch keinesfalls mit dem damit verbundenen Raumangebot. Als sich dann der Basti überraschend angemeldet hatte kauften sie sich schließlich ein Eigenheim in Odalfing, südöstlich der Großstadt, nicht weit von Markus‘ Arbeitsplatz. Zweifellos ein finanzielles Abenteuer angesichts der horrenden Hauptstadtpreise, die auch vor der näheren Umgebung nicht halt machten, eines an dem sie noch lange abzahlen würden, also in mehrfacher Hinsicht eine Anschaffung fürs Leben.

    Als die eilig angeforderten Sanitäter bald darauf eintrafen stand schnell fest, dass zumindest das Schlüsselbein gebrochen und eine Einlieferung in ein Unfallkrankenhaus unvermeidlich war. Eine längere Schaffenspause inklusive. Dort würde man dann sehen, was sonst noch alles in Mitleidenschaft gezogen war.

    Schöne Ferien! Was sollte nun mit dem Basti geschehen und wer sollte den Hund versorgen, wenn die Mutter für mehrere Wochen ausfallen würde und der Vater fernab in Indien weilte. Allein zuhause lassen konnte man die beiden auf gar keinen Fall und bei Freunden konnte er kaum unterkommen, denn die waren allesamt bereits in die Ferien aufgebrochen, in den Süden ans Meer oder wie Bastis bester Freund Florian zu den Großeltern an die Ostsee, wo die ein Ferienhaus besaßen. Ja, natürlich, die Großeltern! Das war die einzig mögliche Lösung. Der Krankentransport musste noch einen Augenblick warten. Zuerst wählte Heidi aufgeregt die Nummer ihrer Eltern.

    Eine gute und eine schlechte Nachricht

    „Kleinlein.  Peter meldete sich wie immer kurz und prägnant. Immer, das heißt wie immer dann, wenn er überhaupt den Hörer abnahm. Wenn die Marga daheim war, dann wartete er mindestens den fünften Klingelton ab bevor er es wagte ran zu gehen. An diese ungeschriebene Regel hielt er sich schon allein deshalb, weil neunundneunzig Prozent aller Anrufe ohnehin für die Dame des Hauses bestimmt waren und er auf sein Melden hin stets ein „Iss die Marga wohl gornedd nedd derhamm? zu hören bekam. Im Moment galt diese Regel jedoch nicht. Heute war die Hausfrau den ganzen Tag nicht zuhause. Sie war schon seit dem frühen Morgen mit Gisela, der heimlichen Chefin der Metzgerei Bräunlein, in geheimer Mission im nahen Nürnberg unterwegs. Für Marga als Vollzeithausfrau stellte so ein Ausflug keinerlei Problem dar, sie konnte sich ihre Zeit nach Belieben einteilen. Für Gisela aber bedeutete das, dass zuhause in der Metzgerei die wichtigste Kraft ausfallen würde, jedenfalls soweit es den Verkauf und die Organisation des Betriebes betrifft. Der Simon ist mit Sicherheit der beste Metzgermeister im ganzen Landkreis, vielleicht sogar weit darüber hinaus, doch ihn auf die geschätzten Kunden loszulassen, das ist schon ein heikles Unterfangen, das die Gisela deshalb auch tunlichst vermied, wann immer es möglich war.  Handwerklich verdiente Simon zweifellos die Note Eins mit Stern, mundwerklich dagegen rangierte er eher bei mangelhaft bis ungenügend. Es ist nicht etwa so,  dass er bewusst unfreundlich  gewesen wäre. Oh nein, das ist nicht das Problem. Freundlich ist er schon, halt auf seine eigene Art und Weise, eher tief im Inneren und nach außen hin nicht gleich sichtbar. Für Giselas geniale Art von Verkaufsgesprächen, bei denen sie gerne einmal die eine oder andere Neuigkeit einfließen ließ, so brühwarm wie die Wienerle und die etwas würzigeren Regensburger aus der Bräunleinschen Wursttheke, dafür hatte der Simon so gar kein rechtes Talent. Wenn er nur nicht wieder eine der sensiblen, aber kaufkräftigen Kundinnen vergraulen würde, so hoffte die Gisela inständig. Er erklärte halt gar zu gern den gemäß seiner Empfindung krachdürren, schwindsüchtigen Kundinnen und dazu zählten in seinen Augen alle, die ohne ein ausreichendes Maß an gesundem Übergewicht durch das Leben vegetierten, was eine ordentliche Portion ist. Man konnte nur hoffen, dass er sich wenigstens heute mit seinen zwar gut gemeinten, aber völlig unangebrachten Ratschlägen zurückhalten würde. Gisela hatte leider keine andere Wahl. Der Einkaufsbummel in die Großstadt war dringend nötig und alternativlos, wie die Bundeskanzlerin es so gerne formuliert, wenn sie keinen Widerspruch zulassen will. Im Falle der Bräunleinschen Regierungschefin traf diese drastische Einstufung allerdings tatsächlich zu.

    Wie lange hatte die gute Maria jetzt eigentlich schon darauf hingearbeitet? Manche glauben, der Plan stand schon von der Minute an fest, da sie sich, damals in Kairo, in den Bus zu Lothar gesetzt hatte. Andere, naivere Beobachter, glaubten an eine Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit. Wie auch immer! Nun endlich würde in weniger als zwei Wochen die von den Freunden schon lange als überfällig betrachtete Hochzeit von Maria Cäcilia Leimer, Inhaberin des örtlichen Kosmetikstudios, mit ihrem Lothar stattfinden, seines Zeichens Besitzer des alteingesessenen Friseursalons Schwarm. Genau genommen handelte es sich dabei längst um ein und denselben Verschönerungstempel, denn nachdem sich die beiden auf der erwähnten abenteuerlichen Ägyptenreise kennen und lieben gelernt hatten, war die ungebundene Maria kurzerhand aus Schöikiach in der Oberpfalz zu ihrem Lothar nach Röthenbach gezogen und beide hatten in der Folge ihre geschäftlichen Aktivitäten, die sich allein schon fachlich so gut ergänzten, aus praktischen Gründen zusammengelegt.

    Der heutige Einkaufsbummel der beiden Damen galt natürlich der Vorbereitung auf dieses mit Spannung erwartete Großereignisses. Ein passendes Geschenk musste ausgesucht werden. Eine Aufgabe, für deren Bewältigung man weder die jeweiligen Ehemänner noch deren unqualifizierte Ratschläge benötigte. Und dann musste man sich auch nach der richtigen, dem Anlass angemessen modischen und vor allem repräsentativen  Garderobe umsehen. Vor allem hinsichtlich der finanziellen Aspekte, die es hierbei zu beachten galt, wären die vorwiegend knausrigen Herren der Schöpfung allerdings sogar eindeutig im Wege gewesen, denn

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