Mr.Spencer und die mörderische Witwe: Historischer Liebesroman
By Julie Bloom
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Mr.Spencer und die mörderische Witwe - Julie Bloom
Mr.Spencer und die mörderische Witwe
JULIE BLOOM
Copyright © 2020 Julia Lorenzi
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN:
Historischer Liebesroman
Diese Geschichte, sowie alle darin vorkommenden Charaktere, sind frei erfunden und meiner Fantasie entsprungen. Erstaunlicherweise erwachten sie, während des Schreibens dieses Buches, zu eigenem Leben in meinem Kopf, sodass ich mit unter selbst überrascht war, was als Nächstes geschah.
Dieser Roman ist an keinerlei geschichtliche Ereignisse gebunden und spielt irgendwann in der Mitte des 19. Jahrhunderts in London.
DANKSAGUNG
Dies ist nun mein dritter historischer Liebesroman, und die Geschichte knüpft direkt an den ersten beiden Die eiskalte Verführung des Dukes
und Vertrauen Sie mir, Mylady
an. In dieser Erzählung begibt sich nun der dritte Bruder auf die unergründlichen Pfade der Liebe. Ich möchte mich wieder bei meiner Familie bedanken, die mich dafür für viele Stunden entbehrt hat. Nicht zuletzt möchte ich mich bei allen LeserInnen bedanken und viel Vergnügen wünschen!
1. kapitel
Glasgow, Juli
Er war das schwarze Schaf der Familie. Phil Spencer, zweitgeborener Sohn des verstorbenen Duke of Kintbury. Nach dem Tod seines Vaters hatte sein älterer Bruder, Alexander, den Titel geerbt, was Phil nur recht gewesen war. Er war ein Freigeist und Lebenskünstler durch und durch, und machte sich nichts aus einem Titel und Etikette. Es gab auch noch einen jüngeren Bruder, Harry, der mit seiner Ehefrau und seiner inzwischen kleinen Familie mit Kind und Hund, in London lebte. Seine Brüder waren bereits beide glücklich verheiratet und Väter geworden.
Phil hingegen war nie lange an einem Ort. Ständig begab er sich auf Reisen und war innerlich unruhig, wenn er sich zu lange an ein und derselben Stelle aufhielt. Stets trieb ihn ein innerer Motor zu irgendwelchen, teilweise auch waghalsigen, Unternehmungen an. Vor allem in jungen Jahren hatte sich Phil des Öfteren in schwierige Situationen gebracht, aus denen ihm seine Familie mitunter wieder heraushelfen musste. Trotzdem würde Phil sich selbst als absolut ehrlichen Menschen bezeichnen, der das Herz am rechten Fleck hatte. Inzwischen war Phil einunddreißig Jahre alt und bereits seit einigen Jahren vorsichtiger und vernünftiger geworden. Nach wie vor war er aber jemand, der sich keine Gelegenheit für Spaß und Vergnügen entgehen ließ.
Seine Familie war ihm wichtig, auch wenn er sie nicht oft sah. Es gab nur mehr noch ihn und seine beiden Brüder mit deren Ehefrauen und Kindern, und Tante Feodora, die verwitwete Countess Willesden. Seine Mutter war bereits früh dahingeschieden, als Phil gerade erst zwölf Jahren alt gewesen war. Sie hatte die drei Brüder mit ihrem arbeitswütigen und etwas cholerischen Vater zurückgelassen. Vater war mit den drei noch recht jungen Burschen nicht besonders gut zurechtgekommen und offenbar überfordert gewesen. Kurz darauf war, dem Himmel sei Dank, Vaters einzige Schwester, Tante Feodora, eingesprungen. Sie hatte den drei jungen Männern wieder auf den rechten Weg geholfen und war sehr bemüht gewesen, ihnen den nötigen Halt einer weiblichen Bezugsperson zu geben. Sie war die Retterin der Familie, auch wenn sie woanders gewohnt hatte. Die drei Brüder waren dann aber regelmäßig bei ihr zu Besuch gewesen, und sie hatte stets ein wachsames Auge auf die jungen Männer gehabt. Auch in den Zeiten, als Phil immer öfters angefangen hatte, sich in Schwierigkeiten zu bringen, war Tante Feodora stets helfend zur Stelle gewesen. Man könnte durchaus sagen, dass sie es war, die die drei Brüder bis zu ihrer Volljährigkeit großgezogen hatte. Als Vater gestorben war, hatte Phils jüngerer Bruder Harry sogar noch für einige Jahre bei ihr gewohnt und ein geborgenes Zuhause gefunden, bis er geheiratet und selbst eine Familie gegründet hatte. Phils älterer Bruder, Alexander Spencer, Duke of Kintbury, lebte nun seit Jahren mit seiner eigenen Familie auf dem Landsitz der Spencers, außerhalb Londons. Er besaß aber auch noch ein kleineres Domizil in einem ruhigen Teil von London, für eventuelle Aufenthalte in der Stadt.
Jetzt im Nachhinein betrachtet, tat es Phil sehr leid, seiner Tante früher so viel Ärger bereitet zu haben. Immer noch quälte ihn sein schlechtes Gewissen, wenn er ihr begegnete. Tante Feodora hatte ihm zwar nie direkt einen Vorwurf gemacht oder ihn spüren lassen, dass sie deshalb noch verstimmt wäre. Phil konnte es dennoch nicht ganz von sich abschütteln. Stets fühlte er sich wie das schwarze Schaf in der Familie Spencer. Auch sein unsteter Lebensstil sprach dafür, fand er selbst.
Inzwischen arbeitete Phil bereits seit vielen Jahren im Auftrag der Regierung. Er war in den vergangenen Jahren hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, Gespräche zwischen Schottland und England zu unterstützen und für eine funktionierende wirtschaftliche Beziehung zwischen Großbritannien und den umliegenden Ländern zu sorgen. Er und ein Team von vertrauenswürdigen Männern, waren somit stets auf Reisen, und in besagten Gegenden unterwegs.
Vor einem Monat wurde Phil nun aber mitgeteilt, dass er ab dem kommenden Herbst in London stationiert werden würde, da die Regierung neue Aufgaben für ihn vorsah, und er sich somit in London niederlassen sollte. Zunächst war Phil davon überhaupt nicht begeistert gewesen. Inzwischen hatte er sich aber damit abgefunden. Auf diese Weise hätte er nun endlich die Möglichkeit, mehr am Leben seiner Familie und seiner geliebten Brüder teilzunehmen. Er hatte beschlossen, das Beste daraus zu machen. Was Tante Feodora wohl dazu sagen würde, wenn er ihr mitteilte, nun dauerhaft in London zu bleiben. Phil hoffte natürlich, dass sie sich darüber freuen würde. Sicher war er sich dessen aber nicht.
2. Kapitel
Glasgow, August
Phil hatte seiner Tante einen Brief mit der Ankündigung seines Aufenthalts in London zukommen lassen. Kurze Zeit später hatte er ihre Antwort erhalten. Tante Feodora war, zu Phils Überraschung, sehr erfreut darüber gewesen, ihn in London erwarten zu dürfen. Es ginge ihr auch gesundheitlich in letzter Zeit nicht besonders gut, und sie würde sich sehr über seine Gesellschaft freuen. Selbstverständlich könnte Phil in den ehemaligen Gemächern seines Bruders Harry, in ihrem Stadthaus, wohnen, solange er wollte.
Tante Feodoras herzliche Antwort rührte an Phils Herz. Und wieder plagten ihn Gewissensbisse und Reue darüber, ihr früher eine Menge Ärger bereitet, und sie in den letzten Jahren so selten besucht zu haben. Außerdem machte er sich nun um das Wohl seiner Tante Sorgen. Was meinte sie bloß, mit gesundheitlichen Problemen? Phil konnte sich seine bislang so vitale und lebensfrohe Tante kaum kränklich vorstellen. Er konnte nur hoffen, dass es nicht allzu schlimm war. Seine Tante war nun doch auch schon etwas älter und es könnte sich durchaus um etwas Ernsteres handeln.
Bald würde Phil es herausfinden, denn in einer Woche war seine geplante Ankunft in London. Phil schwor sich hiermit, sich in London gut um seine Tante zu kümmern und für sie zu sorgen, um damit vielleicht ein Stückchen weit, seine Vergangenheit wieder gut machen zu können.
3. Kapitel
London
„Helena! Komm sofort her und bring mir meine Brille."
Helena verdrehte die Augen und holte die verdammte Brille, um den Wunsch ihres alten und dahinsiechenden Noch-Ehemanns zu erfüllen. Helena war nun dreißig Jahre alt und bereits zum vierten Mal verheiratet. Sie war eine dunkelhaarige Schönheit von schlanker Statur, und das wusste sie. Sie hätte vermutlich jeden in London haben können. Helena machte sich aber nichts aus Liebe und unrealistischen Hoffnungen. Sie dachte praktisch, und das bedeutete in ihrem Fall, sich einen sehr alten und wohlhabenden Ehemann zu suchen und abzuwarten, bis er endlich dahin ging. Helena wollte im Grunde unabhängig von einem Mann leben, und musste sich zuvor aber ein kleines Vermögen aneignen, um später ohne einen Ehemann an ihrer Seite, überleben zu können. Dank ihrer Schönheit war dieser Weg ein Leichtes für sie. Andererseits ging es ihr manchmal wirklich gewaltig auf die Nerven, die Wünsche ihrer alten Greise von Gatten zu erfüllen. Wenigstens hatte sie bis jetzt noch mit keinem von ihnen das Bett teilen müssen. Bei diesem Gedanken schüttelte es Helena regelrecht. Sie war bei ihrer Auswahl stets darauf bedacht gewesen, auf ein extrem hohes Alter der potenziellen Ehemänner und auf einen möglichst schlechten Gesundheitszustand zu achten, damit dies niemals ein Thema werden würde. Denn das hätte sie sicherlich nicht durchgestanden. Aber hier und da mit den alten Greisen zu speisen, ihnen vorzulesen oder sonstige Gefallen zu tun, das war für sie durchaus machbar. Immerhin hatte sie dadurch die Aussicht auf ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben als Witwe vor sich.
Dies sollte nun auch der letzte Ehemann für sie sein. Nach seinem Ableben, und weil er glücklicherweise keine leiblichen Kinder hatte, wäre sie reich genug, um bis ans Ende ihrer Tage in Frieden leben zu können. Das alte, muffige Haus würde sie verkaufen und sich irgendetwas eigenes Hübsches anschaffen, wenn sie dann frei und unabhängig wäre.
Die Aussicht darauf beflügelte Helena, und sie erfüllte ihre Aufgabe, dem alten Mann seine Brille zu bringen, gleich mit viel mehr Fürsorge und Hingabe.
Helena wusste, dass sie aufgrund ihrer Geschichte in den gehobenen Kreisen der Gesellschaft bereits als die berechnende und skrupellose Witwe verschrien war. Das war ihr aber herzlich gleichgültig. Sollte doch jeder von denen vor seiner eigenen Türe kehren. Sie war bestimmt nicht die Einzige, die bei der Auswahl eines Ehemannes pragmatisch und praktisch dachte. Also was war dabei? Die alten Männer hatten in ihren letzten Tagen noch eine hübsche, junge Frau an ihrer Seite, die sie zudem auch noch freundlich bediente, und sie bekam im Gegenzug dazu einen großen Haufen Geld. Helena fand daran nichts verkehrt und stand voll und ganz zu ihren Entscheidungen.
Warum Helena sich nie wieder dauerhaft an einen Mann binden wollte, wusste sie. Ihre Mutter war an einer schweren Krankheit verstorben, als Helena gerade einmal acht Jahre alt gewesen war. Sie und ihre Eltern waren nicht sehr reich gewesen, dennoch hatten sie der guten Gesellschaft Londons angehört. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte ihr Vater zu trinken begonnen und beinahe ihr komplettes Hab und Gut verspielt. Dennoch war es ihnen irgendwie gelungen, zu überleben und durchzukommen. Helenas Vater war dann an seiner eigenen Trinkerei gestorben, als Helena neunzehn Jahre alt gewesen war.
Für sie hatte es keinen großen Unterschied gemacht, denn sie hatte sich die vergangenen zehn Jahre im Grunde selbst großgezogen. Eine Bedienstete war ihr und ihrem Vater geblieben, die sich zumindest um Helenas körperliches Wohl gesorgt, und ihr mitunter auch mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatte. Es war eine etwas ältere Frau ohne eigene Familie gewesen. Sie hatte Helena stets den Rat gegeben, sich niemals von einem Mann abhängig zu machen. Man würde nur enttäuscht werden, hatte sie ihr ständig eingebläut. Und ihrer eigenen Erfahrung zufolge, hatte Helena dem leider nur zustimmen können.
Als sie mit neunzehn Jahren, nach dem Tod ihres Vaters, nun alleine dagestanden war, hatte sich Helena einen Plan für ihre Zukunft überlegen müssen.
In ihrem Elternhaus hatte sie nicht bleiben können, da es sofort nach Vaters Tod, aufgrund dessen enormer Schulden, verpfändet worden war. Helena war also von einem Tag auf den anderen, mit einer kleinen Menge Geld, das ihr Vater Zuhause in einem Beutel versteckt gehalten hatte, alleine dagestanden.
Gott sei Dank war Helena schon immer sehr einfallsreich gewesen. Sie hatte ihre wenigen Sachen gepackt, den Geldbeutel genommen und sich eine vorübergehende Bleibe gesucht. Für ein paar Wochen hatte sie sich in einer nahe gelegenen Gaststätte ein Zimmer gemietet. Ihr Geld hätte aber nicht mehr sehr lange gereicht, also hatte Helena schnell handeln müssen.
Eines Abends hatte sie ihr schönstes Kleid angezogen, ihr einziges Ballkleid, und war auf den nächstbesten Ball gegangen. Zum Glück war sie auch ohne Einladung eingelassen worden. Helena hatte vermutet, dass sie diesen Umstand ihrer überaus willkommenen Schönheit zu verdanken hatte.
Jedenfalls war ihr schnell klar geworden, dass keiner der gut aussehenden, jungen Männer sie ohne jegliche Mitgift heiraten würde. Da hatte Helena einen sehr alten, wackeligen Greis in einer Ecke des Ballsaals entdeckt, ihren ersten Ehemann. Mit ihm war sie gerade einmal drei Monate verheiratet gewesen, bevor er von ihr gegangen war. Immerhin hatte er in den letzten Wochen seines Lebens noch sehr glücklich über Helenas Gesellschaft gewirkt.
Leider war er aber mit vier Kinder gesegnet gewesen, und somit war Helena fast nichts von seinem Erbe übrig geblieben.
Daraus hatte sie gelernt, als sie sich wenig später auf die Suche nach Ehemann Nummer zwei gemacht hatte. Viel Zeit war ihr dafür leider nicht geblieben, sie hatte nicht einmal das volle Trauerjahr einhalten können, um nicht plötzlich mittellos dazustehen. Zudem hatte der älteste Sohn ihres ersten Ehemannes auch das Stadthaus, indem sie diese wenigen Monate mit dem uralten Mann gewohnt hatte, für sich beansprucht.
Somit war Helena gezwungen gewesen, sich schleunigst auf die Suche nach ihrem nächsten Gatten zu machen. Diesmal war es einfacher, weil sie durch die Verbindung mit ihrem ersten Ehemann, weitere Einladungen zu diversen Bällen erhalten hatte.
Und ungefähr so, war das Ganze noch drei weitere Male passiert. Zwar war keine Ehe so kurz gewesen, wie ihre erste, aber viel länger als drei Jahre hatte es keiner von ihnen gemacht.
Ihr aktueller Ehemann allerdings, Gatte Nummer vier, erwies sich als äußerst zäh. Helena war nun schon das vierte Jahr mit ihm verheiratet und sehnte sein Ende herbei. Manchmal schämte sie sich regelrecht dafür, solche Gedanken zu hegen. Er war ihr aber mitunter wirklich lästig und hatte ständig irgendwelche Wünsche an seine junge Gattin. Nach wie vor war Helena aber dankbar, dass es zumindest keine körperlichen Forderungen waren, denn das hätte sie nicht geschafft. So sehr sie sein wirklich beachtliches Erbe auch haben wollte.
In Anbetracht dessen, war sie aber durchaus bereit, noch einige Zeit länger seine Befehle und Wünsche zu ertragen, und hielt sich stets ihr Ziel vor Augen, selbstbestimmt und alleine, in Reichtum zu leben.
Helena atmete tief ein und aus. Sie schnappte sich die alte Brille vom Regal und schlug den Weg zurück in das Schlafgemach von Robert, ihrem Ehemann, ein.
4. Kapitel
Es war bereits vier Uhr nachmittags, als Phil nach einer langen Reise endlich im Stadthaus von Tante Feodora eintraf. Er freute sich sehr auf das Wiedersehen mit seiner lieben, nun auch etwas älter gewordenen Tante. Gleichzeitig