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Dunkle Materie: Kriminalroman aus Bremen
Dunkle Materie: Kriminalroman aus Bremen
Dunkle Materie: Kriminalroman aus Bremen
Ebook190 pages2 hours

Dunkle Materie: Kriminalroman aus Bremen

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About this ebook

Carsten Singer ist Hobby-Astronom. Der Junggeselle kennt in seiner Freizeit nur ein Thema: die Kosmologie. In einer Nacht, in der er mit seinem Teleskop vor den Toren Bremens in den Himmel sieht und Langzeitbelichtungen macht, kommt ihm ein völlig neuer Gedanke in den Sinn: Dunkle Materie – gibt es sie überhaupt? Oder ist das, was außer der sichtbaren Materie so viel Einfluss auf das Universum und das Leben hat, etwas anderes?

Singer recherchiert zu seiner These. Er findet keine Hinweise darauf, dass seine Überlegungen schon einmal irgendwo beschrieben wurden. Eines Tages entschließt er sich, mit einem Profi darüber zu sprechen. Er besucht einen Vortrag von Prof. Marcel Berg bei der Astronomischen Gesellschaft. Berg arbeitet bei dem hiesigen Unternehmen Space Jet an der Entwicklung von Satelliten. Nach dem Vortrag spricht Singer den prominenten Wissenschaftler an und schildert ihm seine Gedanken.

Singer ist enttäuscht, dass Berg seine These für unrealistisch hält und ihn abwimmelt. Er hatte sich ausgemalt, gemeinsam mit diesem anerkannten Wissenschaftler an die Öffentlichkeit zu treten. Er hatte von Artikeln in der Fachpresse geträumt und von einer lebhaften Diskussion über den neuen Blick auf die Dunkle Materie. Daraus schien nichts zu werden.

Einige Monate später liest Singer in der Bremer Tageszeitung einen Artikel über Prof. Berg, der offenbar mit Singers These an die Fachmedien herangetreten war und sich als Urheber ausgab. Der Hobby-Astronom ist entschlossen, sich den Diebstahl seines geistigen Eigentums nicht gefallen zu lassen.

Schnell nimmt die Geschichte eine schreckliche Wendung.
LanguageDeutsch
Publisherepubli
Release dateOct 26, 2017
ISBN9783745034776
Dunkle Materie: Kriminalroman aus Bremen

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    Book preview

    Dunkle Materie - Peter Gnas

    Sieben Monate später

    Singer genoss es, am Samstagmorgen im Pyjama am Tisch zu sitzen, zu frühstücken und in Ruhe die Wochenendausgabe der Bremer Tageszeitung Weserbote zu lesen. Es war Ferienzeit, entsprechend dünn waren die politischen Themen vertreten. Die magere Nachrichtenlage wurde durch Spekulationen und kommentierende Berichte aufgeblasen. Singer konnte es nicht leiden, dass Journalisten häufig ihre Meinungen in die Artikel einfließen ließen. Seiner Ansicht nach, gehörte über jeden zweiten Text das Wort Kommentar. Er las, wenn ein Thema ihn interessierte, immer auch im Internet weitere Beiträge zum selben Thema.

    Im Wirtschaftsteil las er die Überschriften und die fetten Anlesetexte, den Regionalteil überflog er, Kultur interessierte ihn nur wenig. Bevor er seine Lieblingsrubrik Technik und Wissenschaft lesen wollte, goss er sich eine dritte Tasse Kaffee ein. Er hoffte einiges Interessantes, über neue Autos und Motorräder lesen zu können. Beim flüchtigen Durchsehen der einzelnen Zeitungsabschnitte hatte er das Bild eines Motorrads gesehen. Motorräder waren seine zweite große Leidenschaft. Er besaß einen Motorroller mit zweihundertfünfzig Kubik und eine BMW Cruiser. Er liebte es, auf dieser Maschine aufrecht sitzend, über Landstraßen zu gleiten. Ein bis zweimal pro Monat unternahm er in der warmen Jahreszeit mit Gleichgesinnten Ausfahrten.

    Der Bericht, dessen Bild er bereits wahrgenommen hatte, befasste sich mit einer neuen Harley Davidson. Bevor er las, genoss er den Anblick der Maschine auf dem Foto. Eine Harley war schon immer sein Traum gewesen. Er hatte vor dem Kauf der BMW lange mit sich gerungen, eine gebrauchte Harley zu kaufen. Schließlich hatte er das Gefühl gehabt, er könnte sich mit einem deutschen Motorrad weniger technische Probleme einhandeln und sich für die BMW entschieden.

    Im Wissenschaftsteil überflog er die Überschriften und blieb sofort an einer hängen: Bremer Physiker entwickelt eine revolutionäre These zur Dunklen Materie. Singer fuhr es wie ein Schrecken in den Bauch. Er las den Artikel.

    ‚Der bekannte Physik-Professor Dr. Marcel Berg, der in Bremen bei Space Jet an der Entwicklung von Raumfahrttechnologie arbeitet, hat im Wissenschaftsmagazin Universe and Science eine revolutionäre These vertreten. Sie beschäftigt nun Astronomen auf der ganzen Welt. Berg vertritt die Ansicht, dass die so genannte Dunkle Materie nicht existiert. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft gibt es neben der baryonischen Materie, aus der unsere sichtbare Welt besteht, eine Form von Materie, die sich unseren Gesetzen zu entziehen scheint. Rein rechnerisch würde die Gravitation der sichtbaren Materie nicht ausreichen, um Galaxien zu bilden und zusammenzuhalten. Der Gravitationslinsen-Effekt, der mit Albert Einsteins Raumkrümmung in Beziehung steht, zeigt bei der Beobachtung des Universums merkwürdige Ablenkungen des Lichts durch Gravitation. Nach dem aktuellen Stand des Wissens besitzen Massen Gravitation. In den Bereichen des Kosmos, in dem diese Raumkrümmung beobachtet wird, existiert allerdings fast keine sichtbare Masse. Deshalb wird diese nicht sichtbare Masse Dunkle Materie genannt. Es wird geschätzt, dass vier bis fünf Mal mehr dunkle als sichtbare Materie existiert.

    Prof. Berg stellte die nun viel diskutierte These auf, dass nach dem Urknall die Gravitation als Kraftfeld unabhängig von der Materie existierte. Nach der Abkühlung des Universums hat die Gravitation sie an sich gebunden. Die Dunkle Materie existiert nach Bergs Meinung nicht. Nach seiner These handelt es sich um eine Art ungesättigter Gravitation. Nur in Verbindung mit Masse könne sich die Gravitation zu Sternen und in der Folge zu Galaxien und Schwarzen Löchern verdichten. Die Materie würde beim Überschreiten des Ereignishorizonts – das ist der Punkt, an dem es bei der Annäherung an ein Schwarzes Loch kein Entkommen mehr gibt – in Form von Energie ausgestoßen. In der Folge würde sie sich erneut mit ungesättigter Gravitation verbinden.

    Prof. Berg befindet sich zurzeit in den Vereinigten Staaten. Sobald er zurück in Bremen ist, hat er uns ein Gespräch zugesichert.‘

    Singer war völlig entsetzt. Niemals hätte er einem Mann wie Berg zugetraut, dass der sich derart schäbig benähme und fremde Ideen für sich proklamiere. Er war jetzt so aufgeregt, dass es ihn nicht mehr auf dem Stuhl hielt.

    „So ein Arschloch!", fluchte er.

    Was konnte er jetzt tun? Sich an die Zeitung wenden? Würde man ihn ernst nehmen? Er hatte das Gespräch mit Berg aufgezeichnet – ursprünglich hatte er es als Gedankenstütze nutzen wollen – nun hatte er etwas in der Hand. Er würde sich so eine Handlungsweise auf keinen Fall bieten lassen. Wenn Berg dabei bliebe, dass es seine These sei, würde er an die Öffentlichkeit gehen. Nein, Berg musste öffentlich klarstellen, dass er nicht der Urheber war.

    Singer trat ans Fenster, stützte sich auf die Fensterbank und blickte auf die Pastorenzeile, die Straße, an der seine Wohnung lag. Schräg gegenüber stand ein alter Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. In den Siebzigerjahren hatten Studenten der Bremer Kunsthochschule die Geschichte dieses Stadtteils auf die Fassade gemalt.

    Von einem der Mitglieder der Astronomischen Gesellschaft wusste er, dass er Rechtsanwalt war – Enno Frees. Sie hatten gemeinsam viele Nächte mit ihren Teleskopen verbracht. Sollte er ihn anrufen? Er sah auf die Uhr. Fünf nach elf. Er würde es einfach mal versuchen.

    „Carsten Singer hier", sagte er, als er Frees' Stimme erkannte.

    „Moin Carsten. Habe ich was vergessen?", begrüßte ihn der Anwalt.

    „Ne, hast du nicht, er legte sich zurecht, was er ihn fragen wollte: „Enno, ich wollte wissen, ob du heute mal eine Viertelstunde Zeit hättest, ich brauche deinen Rat.

    Er hörte, dass Frees die Luft ausstieß.

    „Wir sind mit den Kindern heute Nachmittag bei Oma und Opa. Ich muss jetzt gleich zum Einkaufen ... Höchstens wenn wir wieder zurück sind."

    „Du sagst wann und wo."

    „Um acht heut' Abend in meinem Büro? Du weißt ja, das ist bei uns im Haus."

    „Das wäre super. Ich störe dich auch nicht lange."

    „Ist was passiert? Du klingst so ernst."

    „Ich will dich jetzt nicht aufhalten. Ich erzähle es dir nachher."

    Die Anwältin

    Singer wusste nicht, ob er Frees' Frau sehen würde, er hatte einen Blumenstrauß binden lassen. Er klingelte. Tatsächlich öffnete sie die Tür.

    „Guten Abend, Frau Frees, ich hatte heute Morgen mit Ihrem Mann gesprochen."

    „Kommen Sie herein, er ist im Büro."

    „Ich wollte mich entschuldigen, dass ich Ihren Abend störe. Ein paar Blümchen für Sie."

    „Das ist aber freundlich, vielen Dank, sagte sie und lächelte, „folgen Sie mir, ich bringe Sie hin.

    Frees' Büro stand offen. Der erhob sich vom Schreibtisch und begrüßte Singer. Seine Frau schloss die Tür, die Männer setzten sich in die Sesselgruppe, die in einer Ecke stand. Singer sah sich um, Frees' Büro war sehr hochwertig und geschmackvoll eingerichtet.

    „Schön hast du es hier."

    „Danke. Meine Frau hat da ihre Finger im Spiel."

    „Enno, ich will dich nicht lange aufhalten, ich fang' gleich an, oder?"

    „Gut."

    „Ich habe meinen Computer mitgebracht. Ich möchte dir gleich was vorspielen. Während es hochfährt, sage ich dir schon mal vorweg, was du gleich hören wirst. Ich war vor einem halben Jahr auf einem Vortrag von Prof. Berg. Im Anschluss habe ich ihn gefragt, ob ich ihn kurz sprechen könne. Das Gespräch hatte ich aufgezeichnet."

    „Von dem stand heute was Interessantes in der Zeitung. Hast du das gelesen?"

    „Ja, deshalb bin ich hier."

    Frees sah ihn überrascht an: „Jetzt bin ich aber gespannt."

    „Ich hatte über etwas nachgedacht und wollte mit Berg darüber sprechen – das hörst du nun."

    Singer startete die Audiodatei. Frees beugte sich vor, stützte die Ellenbogen auf die Knie und faltete die Hände. Er hörte zu. Als die Datei an die Stelle kam, in der Singer ihm seine These darlegte, zog Frees die Stirn kraus, sah ihn fragend an, deutete erst auf das Display und dann auf ihn.

    „Stopp mal kurz."

    Singer deutete ihm in Gesten an, er möge die Datei zu Ende hören. Der hob beide Hände wie zur Entschuldigung und horchte weiter. Als die Verabschiedung lief, lehnte sich der Anwalt zurück. Sein Blick war voller Spannung. Singer war beinahe sicher, dass er bereits wusste, worum es gehen würde. Er stoppte die Datei.

    „Ne, oder? Du willst mir jetzt nicht sagen, dass das, was ich heute Morgen gelesen habe, deine These war?"

    „Deshalb brauche ich einen Rat."

    „Und du hast das nicht irgendwo mal in ähnlicher Weise gelesen oder aufgeschnappt?"

    „Nein."

    „Wie bist du denn darauf gekommen? Wenn das stimmt, dann stellt das ja vieles auf den Kopf."

    „Du siehst ja, es wird bereits jetzt in Fachkreisen diskutiert."

    „Mensch Carsten, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll."

    „Du ahnst, was in mir abläuft, oder?"

    Frees sah ihn an und nickte gedankenverloren. Er sah durch Singer hindurch. Hinter seiner Stirn lief sich der Jurist in ihm gerade warm.

    „Ich denke mal laut. Wenn Berg für deine These Lob einstreicht, ist das nicht ehrenhaft und wir sollten das geraderücken. Wenn er dafür Geld und Ehrungen einstreicht und beruflich davon profitiert, ist er ein Hochstapler und Betrüger."

    Singer nickte.

    „Über Copyright oder sowas können wir – glaube ich zumindest – nicht sprechen. Oder doch? Ich könnte es so spontan nicht beantworten."

    „Enno, ich bin ja nicht besonders ehrenkäsig, aber ich sitze seit heute Morgen auf einer Bombe. Ich will das auf keinen Fall so stehen lassen, will aber im Zorn auch nichts falsch machen."

    „Das ist prima. Besonnenheit ist Stärke. Lieber lassen wir Berg kopflos reagieren."

    „Willst du mir helfen? Ich habe eine Rechtsschutzversicherung, die ich erst einmal im Leben gebraucht habe."

    „Also allein schon wegen deiner These brenne ich. Ob ich als Anwalt für Wirtschaftsrecht der richtige Mann bin, kann ich im Moment noch nicht überschauen. Ich würde gern darüber nachdenken und mit meiner Frau sprechen, wenn ich darf. Regine ist auch Anwältin."

    „Ja, gerne."

    „Ist es möglich, dass du mir die Audiodatei zuschickst?"

    Singer holte einen USB-Stick aus der Laptoptasche und reichte ihn Frees.

    „Kannst du behalten. Der Zeitungsartikel ist auch mit drauf. Aber bitte erst nach Rücksprache mit mir weitergeben."

    „Ich gebe das gar nicht weiter. Ich lass' Regine nachher den Artikel lesen. Dann muss ich ihr wahrscheinlich zuerst erklären, worum es dabei überhaupt geht. Und dann spiele ich ihr die Datei vor. Ich denke mit ihr einmal darüber nach und melde mich schnellstens bei dir."

    Er nahm sein Smartphone und suchte etwas darauf.

    „Ich habe deine Mobilnummer – ist das okay?"

    „Meldest du dich am Montag? Da habe ich Frühschicht. Ab Nachmittag bin ich erreichbar."

    „Ich würde mich morgen kurz melden, dann Sehen wir weiter."

    Singer war zwar immer noch erregt, er merkte aber, dass er ruhig genug wurde, um schlafen zu können.

    *

    „Hallo Carsten, Enno hier. Störe ich?"

    „Nein, überhaupt nicht."

    Tatsächlich hatte Singer seit dem Morgen Frees' Anruf entgegengefiebert, wie ein verliebter Jüngling, der auf das Eintreffen seiner Freundin wartet.

    „Regine sitzt neben mir. Ich würde gern auf laut stellen, wenn du erlaubst."

    „Guten Tag Herr Singer."

    „Hallo Frau Frees."

    „Ihre schönen Blumen haben heute Morgen unseren Frühstückstisch bereichert."

    „Das freut mich."

    „Mein Mann hat eine Weile gebraucht, bis ich verstanden hatte, worum es inhaltlich bei dem Zeitungsartikel ging. Ich muss zugeben, ohne seine Erklärung hätte ich danach Ihre Tonaufnahme hören können und beides nicht in Verbindung gebracht."

    „Man kann sich ja nicht für alles interessieren", antwortete Singer.

    „Nachdem mein Mann mir die mögliche Bedeutung erklärt hatte, muss ich schon sagen, dass ich von Ihrem völlig neuartigen Blick auf unsere Welt beeindruckt bin."

    „Danke."

    „Mein Mann hat gestern Abend im Internet nach dieser These recherchiert, in Deutsch und in Englisch. Immer wenn er danach suchte, wurde über Prof. Berg geschrieben. Verstehen Sie das nicht als Misstrauen, ich wollte lediglich sichergehen, dass niemand sonst diese These für sich in Anspruch nimmt."

    „Ja klar ..."

    „Ich bin Anwältin für Wirtschaftsrecht wie mein Mann. Ich vertrete allerdings eher kleine Unternehmen, Freiberufler und Kreative. Ich habe immer wieder mit Copyright- und Patent-Verletzungen zu tun."

    Sie machte eine Pause. Singer war nicht sicher, ob sie erwartete, dass er etwas sagen würde.

    „Verstehe", sagte er.

    „Ihre These ist – selbst wenn sie die gesamte Kosmologie auf den Kopf stellt – nicht schutzwürdig im Sinne des Urheberrechts und schon gar nicht im Sinne eines Patents."

    „Verstehe", sagte er wieder.

    Seine Stimme klang ein wenig enttäuscht, das war ihr nicht entgangen.

    „Dennoch kann dieser Professor sich nicht als Urheber ausgeben.

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