Bewerben ist nichts für Anfänger: Der etwas andere Bewerbungsratgeber
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Book preview
Bewerben ist nichts für Anfänger - Petra Pseudonym
Vorwort
Wie fange ich einen Ratgeber an? Am besten bei mir und was mich dazu qualifiziert, ihn zu schreiben.
Ich bin Mitte Dreißig, habe studiert und war viele Jahre ein Muster-Arbeitnehmer. Kein Überflieger, aber mit Herzblut bei der Sache. Unbezahlte Überstunden, kein Problem. Ich war jung und idealistisch. Plante so gut vorausschauend, wie es eben geht: in einem Unternehmen aufsteigen, dann an Wechsel denken; wo muss ich hin, um mich weiter zu entwickeln? Was brauche ich dafür? Wenn es mal schlecht lief, durchbeißen. Bloß nicht kündigen, ohne was Neues zu haben. Ein paar Jahre bleiben – bloß nicht zu kurz hintereinander wechseln – sonst sieht es im Lebenslauf komisch aus. Befristete Verträge? Nun, wenn es die einzige Chance ist, den nächsten Schritt zu gehen, okay. Immer schauen, dass alles Sinn ergibt. Lebenslauf vor persönlichen Bedürfnissen, sonst landet man auf der Straße. Das hatte ich gelernt und daran hielt ich mich.
So gut es ging, muss ich dazu sagen. Wo fing die Misere an? Nun, ich habe geheiratet. Als Frau heute nach wie vor ein Problem. Denn ab diesem Zeitpunkt erwarten die Arbeitgeber, dass Sie schwanger werden. Dass heutzutage viele Unverheiratete in ihrer Beziehung Kinder bekommen, ist zwar normal, aber dennoch ist vermeintlich nichts ein deutlicheres Zeichen für den Beginn der Familienplanung als eine Hochzeit. Immer noch. Und es ist immer noch überwiegend die Frau, die zu Hause bei den Kindern bleibt. Insbesondere, wenn kein Kita-Platz zu finden ist. Das will kein Arbeitgeber aushalten müssen, wenn er es vermeiden kann. Selbstverständlich ist das reine Spekulation, aber es ist schon seltsam, wenn die Firma Ihnen als Hochzeitsgeschenk die Kündigung überreicht. Klar, es ging ihnen wirtschaftlich nicht so gut, aber sobald ich draußen war, gab es neue Aufträge. Ein Schelm, wer Böses denkt.
Ab da viel es mir sehr schwer, wieder Fuß zu fassen in der Arbeitswelt, wie sie mir von meiner älteren Verwandtschaft beschrieben wurde. (Wohlwissend, dass diese schöne Arbeitswelt mit festen Arbeitsplätzen, geregelten Arbeitszeiten zu anständigen Konditionen und geradlinigen Karrieren für viele Mitmenschen längst nicht mehr der Realität entspricht.) Denn was für meinen ehemaligen Arbeitgeber galt, galt natürlich auch für die meisten anderen. In drei Jahren habe ich dann fast 500 Bewerbungen geschrieben, etliche Gespräche geführt und Einblick in Start-ups, mittelständische Unternehmen sowie internationale Konzerne gehabt.
Dabei habe ich wertvolle Erfahrungen sammelt, die ich gerne mit Ihnen teile. Insofern ist dies nicht „noch so ein" Bewerbungsratgeber, sondern auch eine sarkastische, subjektive Analyse des deutschen Arbeitsmarkts bzw. der Bereiche, die ich von ihm gesehen habe. Inklusive eines Bündels an grotesken, teils surreal anmutenden Geschichten, die meine Einstellung erodiert haben. Heute denke ich über viele Dinge anders.
Aber machen Sie sich Ihr eigenes Bild. Ich versuche, hier eine Bestandsaufnahme dessen zu machen, was ich erlebt habe. Wieviel davon überspitzt und pointiert ist, überlasse ich Ihren Mutmaßungen. Ich möchte dazu nur soviel sagen: Jede Geschichte hat ihren wahren Kern, aber selbstverständlich erzähle ich Ihnen diese durch meine subjektive Brille. Deshalb erhebe ich keinen Anspruch auf objektive Wahrheit. Gut möglich, dass Sie zu anderen Schlussfolgerungen kommen als ich. Ich wollte es mir nur einmal von der Seele schreiben.
Außerdem: sämtliche Bezeichnungen richten sich an alle Geschlechter. Ich habe aber zugunsten der Lesbarkeit auf Aufzählungen verzichtet.
Stellenanzeigen
Jede Jobsuche beginnt üblicherweise mit einer Stellenanzeige. Und mit der Auswahl eines Jobportals, von denen es so viele wie Sand am Meer gibt. Sie haben also die Qual der Wahl. Ich mache es meistens so, dass ich regelmäßig bei 2-3 größeren, einschließlich beruflichen Social Media-Netzwerken, reinschaue und darüber hinaus noch bei 2-3 kleineren oder spezialisierten Jobbörsen, ggf. auch die Stellenausschreibungen bei Fachmagazinen durchstöbere.
Es hat sich für mich gelohnt, Jobportale eine zeitlang zu vergleichen, damit ich diejenigen identifizieren konnte, die die für mich relevantesten Stellen listete. Natürlich ist das keine Garantie, dass das auch in Zukunft so sein wird. Allerdings spart es mir Zeit und solange ich passende Angebote finde, ist das für mich ausreichend. Ansonsten gibt es noch Meta-Jobsuchmaschinen, die mehrere Jobbörsen für Sie durchforsten. Aber das sind meistens nur kleinere, so dass ich lieber bei der direkten Suche in ausgewählten Portalen geblieben bin. (Immerhin zahlen die Unternehmen locker mehrere hundert Euro für eine einzige Stellenanzeige, bei großen Portalen noch mehr. Wer sich das leisten kann, ist vermutlich ein größeres Unternehmen als diejenigen, die ausschließlich bei der Arbeitsagentur kostenlos inserieren. Aber dazu später mehr.)
Der erste Blickfang, nachdem Sie die Suchmaske mit Stichwort und Ort gefüttert haben, ist der Jobtitel. Man sollte meinen, das sei leicht. Weit gefehlt. Nicht jedes Unternehmen hat die Fähigkeit, interne Jobbezeichnungen für Außenstehende zu „übersetzen. Einfach als Übersetzungsfehler zu erkennen ist Buchstabensalat, der auf internen Abkürzungen beruht; wobei ich dies wirklich selten gesehen habe. Am häufigsten im Bereich des Öffentlichen Dienstes, z.B. „Referat II/4
. Was den Nachteil mit sich bringt, dass solche Anzeigen in Ihrer Schlagwortsuche gar nicht erst auftauchen.
Schwieriger abzuschätzen, ob ein Job für Sie relevant ist, wird es bei Abstufungen, z.B. Manager III. Wo beginnt die Skala? Bei Stufe drei, ähnlich einer Sportlerehrung, mit Bronze? Dann wären II und I besser bzw. höherwertig. Oder beginnt die Skala umgekehrt bei eins, und Stufe II und III sind erfahrener? (Tipp: Üblicherweise letzteres, wobei Junioren sogar eher unter Stufe I anzusiedeln sind.)
Kaum ersichtlich ist es dagegen anhand des Titels, wenn die Jobbezeichnung und die Jobbeschreibung objektiv nicht zusammen passen. So hatte ich einmal den Fall, dass eine betitelte Assistenten-Stelle mit vollumfänglicher Planungs-, Budget- und Kontrollverantwortung ausgestattet war. Also keinesfalls eine Assistenz, sondern die Leitung eines Standorts. Auf Grund der Organisation des Unternehmens unterstanden jedoch die einzelnen Leiter einem Länderchef, weswegen sie intern als dessen „Assistenten geführt wurden. Kein Wunder, dass die Stelle lange unbesetzt blieb… In kleineren oder hierarchisch strenger strukturierten Firmen kommt häufig auch der umgekehrte Fall vor, nämlich dass ein Manager nicht die Befugnisse hat, die „handelsüblich
sind. Aber das finden Sie vermutlich frühestens in einem Gespräch heraus. Bleiben wir zunächst bei den Anzeigen.
Ist die Hürde der Jobbezeichnung genommen und haben Sie auf die Anzeige geklickt, kommen Sie zur Stellenbeschreibung. Man sagt, ca. 60-70% sollte Ihr Profil mit dem gewünschten übereinstimmen, damit eine Bewerbung aussichtsreich ist. Denn oft, aber das ist nichts Neues, suchen Unternehmen nach der Eier legenden Wollmilchsau.
Manchmal fühle ich mich regelrecht erschlagen von den Anforderungen und Aufgaben, die in der Anzeige aufgeführt werden. Das kann bedeuten, dass das Unternehmen selbst nicht weiß, was es will. Am deutlichsten wird es, wenn das Unternehmen mehrere, sehr ähnliche Stellen ausgeschrieben hat. Das kann im weiteren Verlauf zu einem Problem werden, auf das Sie aber leider wenig bis keinen Einfluss haben. Insbesondere bei neu geschaffenen Positionen im Unternehmen ist die inhaltliche Ausrichtung der Stelle häufig unklar. Eine Strategie ist daher, die Position möglichst breit auszuschreiben – sowohl inhaltlich als auch von den Jobbezeichnungen her, um dann anhand der Bewerber und deren Expertise die Ausrichtung festzulegen. Sie müssten schon wissen, wo im Unternehmen die Knackpunkte sind, um sich und Ihre Pläne für die Ausgestaltung der Rolle so zu inszenieren, dass Sie unsichere Personaler und Vorgesetzte überzeugen.
Jedenfalls sind die Aufgaben manchmal stichpunktartig umrissen, manchmal ausführlich geschildert. Eine Gewichtung ist oft schwierig zu erkennen. Machen Sie sich bewusst, dass die Ausschreibung nicht allumfassend oder ganz akkurat ist. Sie dient dazu, Ihnen eine Idee der Position zu geben. Und in der Psychologie weiß man längst, dass man die Grenzen einer formellen Rolle mit seiner Persönlichkeit über- oder unterschreiten kann. Wenn Ihnen eine spezielle Aufgabe viel bedeutet, fragen Sie spätestens im Gespräch nach deren Stellenwert. Manchmal sind die Aufgaben ohnehin nicht in Stein gemeißelt, sondern können in einem gewissen Rahmen auf den neuen Mitarbeiter zugeschnitten werden. Also haben Sie keine Scheu, über Ihre Vorstellungen zu sprechen, wenn Sie sich welche leisten möchten. Das verhindert, dass Sie später enttäuscht sind.
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