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Mein Leben fährt Achterbahn
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Mein Leben fährt Achterbahn

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About this ebook

Im Leben gibt es immer Höhen und Tiefen. Das muss auch Dennis lernen: auf dem Weg ins Erwachsenenleben und später im Erwachsenendasein.
In der Pubertät bemerkt Dennis, dass er anders ist als andere Jungs und er begreift seine sexuelle Neigung. Mit welchen Konflikten er zu kämpfen hat, ist manchmal schwer zu sagen. Konflikte mit sich selbst in der Pubertät und mit anderen sind keine Ausnahme…
LanguageDeutsch
Release dateNov 29, 2013
ISBN9783847660330
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    Book preview

    Mein Leben fährt Achterbahn - Andre Dominik Krämer

    Der letzte Schultag

    Wie jeden Freitag haben wir in den ersten beiden Stunden Schwimmunterricht. Ich hasse Schwimmen. Nicht das Schwimmen an sich, aber die Tatsache, dass wir uns alle in einer Sammelkabine umziehen müssen. Ich ziehe meine Klamotten aus, denn ich habe die Badehose schon an. Anschließend verstaue ich meine Sachen im Rucksack und packe ihn in einen der Spinde. Nun gehe ich wie die anderen Klassenkammeraden auch zum Schwimmbecken hin.

    Ich bin der einzige, der noch nicht richtig schwimmen kann. Als wir vor einem Jahr mit dem Schwimmunterricht begonnen haben, konnte ich noch gar nicht schwimmen. Mittlerweile kann ich es ein bisschen. Tauchen kann ich hingegen schon sehr lange. Nicht die Art von Tauchen, bei der man wild mit den Händen und Füßen um sein Leben paddelt und fast ertrinkt. Nein, ich konnte schon mit sechs Jahren die Luft anhalten und tauchen und unter Wasser komischerweise auch die typischen Schwimmbewegungen machen.

    Ich stehe also im Schwimmerbereich alleine und übe, während die anderen schon super schwimmen können. Ich bin jetzt 13 Jahre alt und gehe in die siebte Klasse der Hauptschule. Eigentlich bin ich ein normaler Typ. 1,65 groß, etwas pummelig, habe braune Haare und blaue Augen. Alles ganz unauffällig.

    Ich versuche mich gerade über Wasser zu halten, als unsere Schwimmlehrerin auf mich zukommt und mich fragt: „Dennis? Kommst du zurecht? Ich möchte mit den anderen ein paar Bahnen schwimmen. Könntest du auf der anderen Seite bleiben? „Ja, mache ich. So lange ich nicht in den Schwimmerbereich muss.

    Ich drehe mich um und tauche zur anderen Seite des Nichtschwimmerbereichs.

    Wieso muss man eigentlich schwimmen? Reicht es nicht, dass ich tauchen kann? Ist ja nicht so, als würde ich jeden Moment absaufen…

    Denke ich mir, während ich auf die andere Seite tauche.

    Am Ende der Stunde gehen wir alle erst unter die Dusche, um uns das Chlorwasser abzuwaschen und für mich danach der Spießroutenlauf wieder los: Wie jede Woche müssen wir nach dem Duschen in die Sammelkabine, um uns umzuziehen.

    Ich schnappe meinen Rucksack aus dem Spind und hole mein Handtuch heraus. Ich habe immer ein großes Badehandtuch, mit dem ich mich abtrockne. Andere sind schon dabei, ihre nasse Badehose auszuziehen. Einige trocknen sich noch ab. Marcel ist immer schnell damit. Wie üblich ärgern sich einige gegenseitig mit dem, was sie haben – oder eben noch nicht. Ich versuche, das einfach zu ignorieren und wickele mir mein Badehandtuch locker um die Hüfte.

    Mist. Hoffentlich sieht das keiner.

    Ich versuche, mit dem Handtuch das zu kaschieren, was jedes Mal passiert, wenn wir uns nach dem Schwimmunterricht umziehen. Immer der gleiche Mist! Bis jetzt hat das noch nie jemand gesehen. Ich ziehe mir schnell die Badehose aus, das Badetuch immer noch um die Hüften gewickelt, und hole schnell meine Unterhose und meine Jeans heraus, um möglichst schnell reinschlüpfen zu können. Marcel führt währenddessen schon wieder vor, was er zu bieten hat.

    Klar. Er ist ja jetzt schon ein Meter achtzig groß. Eigentlich sieht er auch ganz süß aus. Hat blonde Haare, blaue Augen und ist groß, schlank und muskulös gebaut. Er kann sich mit allem glücklich schätzen. Ich hingegen bin nicht groß, nicht schlank und muskulös – und ich verstehe mich selbst nicht mehr. Seit einem Jahr versuche ich nun herauszufinden, was mit mir nicht stimmt. Statt dass es besser wird, wird alles immer schlimmer und komplizierter. Vor zwei Jahren habe ich nicht mal ansatzweise an so etwas gedacht. Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich überhaupt denken soll.

    Nachdem ich mich angezogen habe, setze ich mir meinen Rucksack auf die Schultern und gehe mit einem knallroten Gesicht aus der Sammelkabine.

    Ich sehe schon wieder alles verschwommen. Ich glaube, ich habe zu viel Chlorwasser in die Augen bekommen. Schlecht ich mir auch.

    Mit diesen Gedanken gehe ich auf den Schulhof, wo ich Andreas treffe. Andreas ist ein halbes Jahr älter als ich und geht in eine der Parallelklassen. Er ist einer meiner besten Freunde und wir unternehmen in unserer Freizeit sehr viel zusammen. Zudem wohnt er in der gleichen Straße.

    „Hallo Andy. Alles klar? „ Hallo Dennis. Ja, geht so. Was machst du denn heute Nachmittag? „Weiß noch nicht, antworte ich. „ Hausaufgaben und dann raus, denke ich. Immerhin ist es Sommer und jetzt schon fast 28 °C. Bei so einem super Wetter muss man ja wohl raus gehen. Hey, Dennis. Was würdest du sagen, wenn wir uns im Wald treffen? Heute Nachmittag um vier Uhr? „Super. Wir könnten uns einen Platz für eine neue Bude suchen. „Gut. Treffen wir uns im Wald oder auf dem Wendeplatz?

    Ich zucke kurz mit den Schultern und mache ein verdutztes Gesicht: „Auf dem Wendeplatz natürlich. Im Wald ist zu kompliziert. Da laufen wir wie die Irren aneinander vorbei und merken es nicht mal."

    Wir lachen beide und stellen uns wahrscheinlich beide das gleiche vor: Wir irren stundenlang durch den Wald und suchen nacheinander.

    Plötzlich macht Andreas ein nachdenkliches Gesicht und schaut mich fragend an: „Du, sag mal, was willst du eigentlich mit Hausaufgaben? Heut ist doch der letzte Schultag vor den Ferien. Gleich gibt es Zeugnisse und das war´s dann. Also können wir uns doch auch schon um zwei Uhr treffen. „Stimmt! Das hab ich ja ganz vergessen. Wir bekommen ja heute keine Hausaufgaben auf. Wie cool! Dann treffen wir uns schon um zwei am Wendeplatz. Mit den Fahrrädern. „Okay. Also bis nachher. Ich grinse ihn an und erwidere: „Bis nachher dann. Ciao.

    Die Schulglocke läutet und wir gehen in unsere Klassen. Ich setze mich an meinen Tisch und packe meinen Ringblock und das Mäppchen aus. Unsere Klassenlehrerin kommt in die Klasse und begrüßt uns: „Guten Morgen. Wir antworten im Chor: „Guten Morgen Frau Steffens. „Nun beginnen wir mit etwas Unterricht. Ich weiß, ihr habt keinen Bock mehr auf Unterricht und Lernen. Also habe ich mir etwas anderes ausgedacht. Wir schauen uns jetzt einen Film an und anschließend sprechen wir darüber. Der Film geht handelt von unserer Umwelt und wie wir Menschen diese beeinflussen." Jetzt erst fällt mir auf, dass am anderen Ende des Raumes an der Fensterfront neben der Tafel der Fernsehschrank steht. Ich habe ihn nicht bemerkt, so sehr war ich in Gedanken vertieft. Frau Steffens holt aus ihrer Ledertasche eine Videokassette heraus und geht zum Fernsehschrank. Sie zieht ihn vor die Tafel und legt die Kassette ein. Nach dem Film und der hitzigen Diskussion werden die Zeugnisse verteilt. Anschließend wünschen wir uns noch gegenseitig schöne Ferien und nachdem die Schulglocke läutet, rennen wir alle aus dem Schulgebäude, als würde es in Flammen stehen. Ich kann gar nicht anders als mit zu rennen.

    Unterhalb des Schulgebäudes stehen bereits die Busse, die uns nach Hause fahren. Andreas und ich springen in unseren Bus und setzen uns nebeneinander. Der Bus füllt sich weiter und nach einiger Zeit schließen sich die Türen und die Fahrt in die Ferien beginnt.

    In Bad- Münstereifel angekommen, steigen wir gemeinsam mit anderen Schülern aus dem Bus. Wir überqueren die Straße und gehen auf dem Gehweg die Hauptstraße hinunter. Wir kommen zuerst an Andreas Haus an: „Wir sehen uns ja später", sagt er und ich nicke nur und gehe weiter die Straße hinunter.

    Vor unserer Haustüre krame ich im Rucksack nach dem Schlüssel, denn meine Mutter und mein Bruder sind noch nicht zu Hause. Das ist immer so, wenn ich nur vier Stunden habe und schon kurz vor Mittag zu Hause bin. Mama kommt erst gegen halb eins und hat vorher meinen Bruder bei meiner Tante abgeholt. Mein Bruder ist vier Jahre jünger als ich, also neun Jahre alt.

    Wir sehen uns sehr ähnlich. Mein Bruder ist nur etwas kleiner als ich. Er heißt Timo.

    Eigentlich kann ich meinen Bruder gut leiden. Ich verstecke das nur sehr gut und lasse ihn sehr oft spüren, dass er ein nerviger, kleiner, blöder Bruder ist.

    Ich schließe die Tür auf und gehe geradeaus die Treppe hoch. Direkt am Treppenende ist rechts mein Zimmer. Ich schmeiße meinen Rucksack unter den Schreibtisch und schalte meine Stereoanlage ein. Ich habe eine Elementanlage aus gesammelten Werken, auf die ich fürchterlich stolz bin. Der Verstärker mit Radio ist 20 Jahre alt und zusammen mit den Lautsprechern gehörte er meiner Mutter. Der CD- Spieler ist erst ein paar Jahre alt und ist ebenfalls eine Leihgabe meiner Mutter. Der Plattenspieler ist aus einer alten Stereoanlage ausgebaut und das Kassettendeck ist von meiner Tante. Verbaut ist alles in einem alten Fernsehschränkchen – von mir selbst, wohlgemerkt.

    So etwas kann ich gut. Aus alten Sachen noch was machen.

    Ich schalte den CD- Spieler an und drehe die Lautstärke höher, lege mich auf mein Bett und grübele über mich nach.

    Was ist nur los mit mir? Ich verstehe das nicht! Ich finde andere Jungs süß? Ich? Ich bin selbst ein Junge und sollte Mädchen süß finden. Die meisten Mädchen, die ich kenne sind aber nicht süß sondern cool. Mit denen könnte man Pferde stehlen aber nicht Händchen halten. Wieso ist das so bei mir? Wieso falle ich immer und bei allem aus der Art? Ich passe in kein Raster und ich weiß nicht wieso. Liegt es daran, dass ich nur eine Mutter habe? Kann nicht sein. Es gibt noch andere Jungs in meiner Klasse, die nur ein Elternteil haben und die sind normal. Wieso kann ich nicht mal in einer Sache normal sein? Oder bin ich normal? Und die Anderen sind alle verrückt? Kann auch nicht sein. Mein Bruder ist verrückt. Aber alle anderen nicht. Ich wünschte, ich könnte mal mit irgendjemandem darüber reden. Aber ich kenne keinen. Mit Andy kann ich darüber jedenfalls nicht sprechen. Der würde das nicht verstehen und er würde mir wahrscheinlich die Freundschaft kündigen. Mit meiner Mama kann ich darüber auch nicht reden. Die würde mich für verrückt halten und sagen, dass ich mir das nur einbilde. Genau so, wie sie es damals mit meiner Beobachtung gemacht hat. Also wer bleibt noch? Aus meiner Familie kann ich es keinem erzählen. Dennis? Mein bester Freund? Niemals! Der würde mir eine runter hauen und mir ebenfalls die Freundschaft kündigen.

    Ach, in einer Woche sehe ich Dennis wieder. Dann bin ich für vier Wochen bei meiner Oma zu Besuch. Also behalte ich es für mich und quäle mich alleine damit herum.

    Alles scheiße. Erwachsenwerden ist das blödeste, was einem passieren kann. Echt. Früher hatte ich die Probleme nicht. Früher hatte ich gar keine Probleme. Früher war alles besser.

    Was würde bloß meine Mutter dazu sagen, wenn ich ihr erzählen würde was los ist? Sie würde mich wahrscheinlich rausschmeißen und brüllen: „So habe

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