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Die Pilotenkonferenz: Warum Sie entscheiden wie Sie entscheiden
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Die Pilotenkonferenz: Warum Sie entscheiden wie Sie entscheiden
Ebook229 pages2 hours

Die Pilotenkonferenz: Warum Sie entscheiden wie Sie entscheiden

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About this ebook

Tom, Absolvent mehrerer Eliteuniversitäten, ist einer anonymen Einladung zu einem Kongress gefolgt. Einerseits ist er neugierig, andererseits ist ihm die Veranstaltung suspekt: Warum wird so ein Geheimnis um diese Tagung gemacht, und wer und welche Interessen stecken wirklich dahinter? Während er neue Erkenntnisse gewinnt, hecken dunkle Mächte einen perfiden Plan aus.

Verstehen, wie Entscheidungen zustande kommen. Vor allem Ihre eigenen. Erfahren Sie, was Sie dabei führt und beeinflusst, oft ohne Ihr Wissen. Lernen Sie sich selbst besser kennen.

Der Roman vermittelt konzentriertes Wissen zum Thema Entscheidungsfindung und lässt Sie viel über Ihre eigene Persönlichkeit und Psychologie erfahren. Keine Sorge, Sie benötigen dazu keinerlei Vorkenntnisse. Wer an weiterer Vertiefung im Roman angesprochener Themen interessiert ist, findet zu allen relevanten Kapiteln des Romans Anmerkungen am Ende des Buches. Dort werden weitere Beispiele und Erläuterungen sowie Quellenangaben und weiterführende Literatur aufgeführt.

Wie treffen wir unsere Entscheidungen? Durch logisches Nachdenken? Oder intuitiv, geprägt von Gefühlen und evolutionärem Erbe? Wann übernimmt welcher Teil des Gehirns das Kommando? Wann sollten wir wem die Führung überlassen? Haben wir überhaupt die Wahl? Was beeinflusst uns, ohne dass wir uns dessen bewusst sind? Wie kann es sein, dass wir in bestimmten Situationen fast systematisch Fehlentscheidungen treffen? Und können uns analytische Verfahren wirklich weiterhelfen?

Wissen Sie, warum Sie entscheiden wie Sie entscheiden? Sicher?
Nach der Lektüre dieses Romans werden Sie wahrscheinlich andere Antworten auf diese Frage finden.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateApr 16, 2015
ISBN9783738023916
Die Pilotenkonferenz: Warum Sie entscheiden wie Sie entscheiden

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    Book preview

    Die Pilotenkonferenz - Dr. Harald Mayer

    Über den Autor

    Dr. Harald Mayer, geboren 1968 in Tübingen, studierte Betriebswirtschaftslehre im In- und Ausland. Nach einigen Jahren in der Beratungsbranche wechselte er zu einem großen Industriekonzern, um dort Führungsaufgaben im IT-Bereich wahrzunehmen. Darüber hinaus ist er Mediator für Wirtschaft und Arbeitswelt. Vielfältige berufliche Erfahrungen und Erlebnisse haben schon vor Jahren sein Interesse für das Zustandekommen von Entscheidungen geweckt, womit er sich seitdem intensiv auseinandergesetzt hat. Die Idee, Wissen in Form eines Romans weiterzugeben, entstand, um Zugang zu einem hochinteressanten Thema auch ohne Durcharbeiten schwer verdaulicher Fachbücher zu ermöglichen.

    Der Mensch beurteilt die Dinge lange nicht so sehr nach dem, was sie wirklich sind, als nach der Art, wie er sie sich denkt und sie in seinen Ideengang einpaßt.

    Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)

    Vorwort

    Schön, dass Sie sich entschieden haben, dieses Vorwort zu lesen. Aber wissen Sie auch, warum Sie sich dazu entschieden haben? War es das Cover, das Ihr Interesse geweckt hat? Oder der Titel? Hat Sie möglicherweise der Untertitel besonders angesprochen? Oder der Mix aus allem? Wie sind Sie überhaupt bei diesem Buch gelandet? Durch gezielte Suche? Oder haben Sie dieses Buch zufällig entdeckt? Wie zufällig war der Zufall? Wie auch immer Sie sich diese Fragen beantworten mögen – nach der Lektüre dieses Romans werden sie wahrscheinlich andere Antworten finden.

    Ja, es handelt sich um einen Roman. Einfach und hoffentlich kurzweilig zu lesen. Trotzdem können Sie dabei jede Menge zum Thema Entscheidungsfindung und sich selber lernen. Fast permanent sind Entscheidungen zu treffen, beruflich wie privat. Vieles ist Routine, manches einmalig. Oft sind es eher unwichtige Themen, gelegentlich sind sie richtungsweisend für unser Leben. Aber wie finden wir zu unseren Entscheidungen? Wer trifft sie? Unser rational arbeitender Denkapparat aufgrund logischer Analyse? Oder ein anderer Teil unseres Gehirns? Intuitiv und geprägt von evolutionären Überlebensstrategien? Wann übernimmt welcher Teil das Kommando? Wann sollten wir wem die Führung überlassen? Haben wir überhaupt die Wahl? Welche inneren und äußeren Faktoren haben Einfluss auf uns und unsere Entscheidungen?

    Keine Sorge, Sie benötigen dazu keinerlei Vorkenntnisse. Sie können sich ganz auf die Erlebnisse von Tom konzentrieren und ihn begleiten. Er folgt einer überraschenden Einladung. Dass es interessant würde, hatte er gehofft. Dass es so enden würde, hätte er nicht ahnen können.

    Der Roman spricht viele Aspekte rund um das Thema Entscheidungsfindung an, ohne den Leser zu überfordern oder ihn mit trockenem Fachjargon zu ermüden. Wer an weiterer Vertiefung im Roman angesprochener Themen interessiert ist, findet zu allen relevanten Kapiteln des Romans Anmerkungen am Ende des Buches. Dort werden weitere Beispiele und Erläuterungen sowie Quellenangaben und weiterführende Literatur aufgeführt. Für das Lesen und den Fortgang des Romans sind die Anmerkungen nicht notwendig und können von dem in erster Linie am Roman interessierten Leser getrost ignoriert werden.

    'Warum Sie entscheiden wie Sie entscheiden' – ich hoffe, dass die Lektüre dieses Romans – ob mit oder ohne Anmerkungen – zu interessanten Erkenntnissen beiträgt.

    Ein Wissenschaftskrimi

    Viel Freude beim Lesen!

    Regensburg, im Dezember 2014

    Harald Mayer

    Prolog

    "Yesterday – all my troubles seemed so far away…"

    Seit einer, oder auch zwei oder drei Stunden – jegliches Zeitgefühl war längst verlorengegangen – schienen sie untrennbar miteinander verwachsen zu sein und es hatte nicht den Anschein, als könnte sich das engumschlungen tanzende Paar je wieder zu zwei eigenständigen Individuen entknoten. Doch jetzt war endgültig Schluss. Nach den Beatles verstummte die HiFi-Anlage unwiderruflich, auch diese Party hatte nun ein Ende gefunden. Der Morgen dämmerte bereits, als sie vor das Haus traten.

    „Nein, klar, kein Problem, natürlich kann ich dich nach Hause fahren, wo musst du denn hin?"

    „Nicht gleich beim ersten Date …", sagte sie knapp fünfzig Kilometer später mit einem unwiderstehlichen Lächeln und drückte ihm einen letzten Kuss auf seine Lippen.

    Kapitel 1 - Die Begrüßung

    „Liebe Piloten, der Präsident!"

    „Liebe Anwesende, liebe Piloten, herzlich willkommen zu unserer Jahrestagung! Ganz besonders möchte ich unsere diesjährigen Novizen begrüßen. Ich freue mich, dass Sie der Einladung zu unserem Kongress gefolgt sind und wir alle gemeinsam zwei interessante und sicher auch lehrreiche Tage miteinander verbringen können. Immerhin muss die Einladung ja Fragezeichen über Fragezeichen bei Ihnen, die Sie heute zum ersten Mal dabei sind, produziert haben. Vom VPHV, dem ‚Verein der Piloten mit Herz und Verstand‘, haben Sie mit Sicherheit noch nie gehört. Und Piloten sind Sie auch nicht. Trotzdem sind Sie hier. Was mag das nur für ein Verein sein, haben Sie sich vielleicht gedacht. Nichts, absolut gar nichts konnten Sie im Internet dazu finden. Und dann war in der Einladung auch noch von einer Lizenz die Rede, die man bei entsprechender Eignung erhalten könne. Die persönlichen Anlagen seien vorhanden, sonst hielte man diese Einladung nicht in seinen Händen. Was zum Teufel steckt dahinter? Es war ja nichts weiter erläutert in dem Schreiben. Gut, freie Kost und Logis im Vier-Sterne-Superior Hotel mögen einen gewissen Anreiz darstellen, aber immerhin haben Sie sich dafür entschieden, zwei Tage Ihrer kostbaren Zeit hier zu verbringen. Okay, Sie können natürlich vorzeitig abreisen, wir sind ja keine Sekte oder eine dubiose Vereinigung, die Sie gegen Ihren Willen festhält, aber ich bin sicher, das wird nicht passieren. Warum sind Sie hier? Aus reinem Wissensdurst, um die angekündigten ‚Vorträge renommierter Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Forschung‘, wie es in der Einladung heißt, zu hören? Oder schlicht aus Neugier? Um die kryptischen Andeutungen der Einladung zu enträtseln? Sie haben die Entscheidung getroffen, hier und jetzt da zu sein. Wissen Sie, warum Sie diese Entscheidung so getroffen haben? Haben Sie spontan mit dem Lesen der Einladung entschieden, ‚ja, da will ich hin‘, oder hat das Lesen einen länger andauernden Entscheidungsprozess, ein Hin und Her, ein Für und Wider angeregt? Und warum haben Sie sich dann irgendwann dafür entschieden? Wann? Weshalb?

    Nun, damit möchte ich auch den ersten, den allerersten Schleier lüften, der für Sie Sinn und Absicht der Veranstaltung noch vernebelt und Sie zusammen mit weiteren, sagen wir - ‚Rätseln‘ - noch weitestgehend im Unklaren lässt.

    In den zwei Tagen geht es im Wesentlichen darum, mehr darüber herauszufinden, warum man tut was man tut, wenn man so will. Warum tun Sie dieses und nicht jenes? Warum sitzen Sie hier und machen nicht ganz was anderes? Wer trifft eigentlich die Entscheidungen? Ihr Gehirn? Der alte Teil oder der neue? Oder Ihr Bauch? Hört man nicht immer wieder von sogenannten Bauchentscheidungen? Werden Sie möglicherweise manipuliert? Von wem und wie? Wieso machen wir immer wieder die gleichen Fehler – ja, das betrifft auch Sie! - und merken es noch nicht einmal? Und so weiter und so fort. Es gibt sehr viele hochinteressante Aspekte zu beleuchten. Alle Vorträge werden etwas damit zu tun haben und sind dennoch völlig verschieden. Sie brauchen keine Angst zu haben vor trockenen, hochkomplizierten wissenschaftlichen Ausführungen. Sie werden sehen, dass Sie keine Probleme haben werden zu folgen und es wird Ihnen sogar Spaß machen!

    Sie, liebe Teilnehmer, kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, bringen ganz verschiedene Ausbildungen, Voraussetzungen und Talente mit und üben diverseste Tätigkeiten aus. Die Referenten wissen das und gestalten ihre Vorträge entsprechend."

    Vereinzelt waren im bis eben noch ehrwürdig lauschenden Publikum nun Gelächter und einzelne Stimmen zu vernehmen. „Äh, nun gut, räusperte sich der Präsident, „die meisten jedenfalls. Und die anderen haben es offenbar bis heute auch nicht geschafft, Sie, verehrte Teilnehmer, vom Besuch dieses Kongresses abzuhalten. Jedenfalls, liebe Novizen, hoffe ich, Ihre Neugier wenigstens soweit geweckt zu haben, dass Sie nicht gleich wieder abreisen und sich stattdessen mit uns auf den Beginn einer vielleicht lebenslangen und höchst spannenden, sagen wir – Reise - begeben. So viel, wenn auch noch sehr allgemein, einleitend zur inhaltlichen Thematik unseres Kongresses. Falls Sie darüber hinaus noch Fragen haben sollten, was es mit der Einladung, dem Kongress, dem VPHV insgesamt auf sich hat und wo das Ganze eigentlich hinführen soll – Sie werden es erfahren.

    Der Präsident blickte spitzbübisch grinsend in das Publikum und schob dann nach: „Vielleicht. Und sicher nicht in diesem Jahr." Nach einer weiteren Kunstpause wünschte er allen erkenntnisreiche Kongresstage und trat unter gefälligem Applaus des Auditoriums von der Bühne.

    „Von wegen keine Sekte. Oder irgendein anderer dubioser Verein. Warum sonst so viel Geheimniskrämerei? Nur Nebelkerzen statt klarer Ansagen. Und alles gratis. Das muss doch ein Heidengeld kosten. Natürlich wollen die irgendeine Gegenleistung – aber was? ‚Lebenslange Reise‘ – was soll das denn heißen?" Tom war so in Gedanken, dass er gar nicht merkte, dass schon der nächste Redner die Bühne betreten hatte.

    Der hagere, möglicherweise gut durchtrainierte - aus einiger Entfernung ließ sich das schwer ausmachen – Mann Ende vierzig, etwas blass, das schon graumelierte Haar streng zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, schwarzer Anzug, schwarzer Rollkragenpullover, begann ohne Umschweife. „Wie der Präsident schon erwähnt hat, ist über uns, den VPHV und unsere Kongresse – und das mag Sie überraschen - nichts in den Medien zu finden, nicht in irgendwelchen Printmedien, nicht im Radio oder Fernsehen, auch nicht im Internet. Und das wird so bleiben."

    Mit eisigem Gesichtsausdruck musterte er mehrere Sekunden lang das Publikum. Sein kantiges Gesicht schien erstarrt, wie aus Granit gemeißelt. Urplötzlich war es totenstill im Auditorium geworden. Der Mann in Schwarz hatte die erhoffte Wirkung erzielt. „Sie werden nichts über diese zwei Tage hier veröffentlichen, in keiner Form. Und sie werden niemandem Details dieses Kongresses preisgeben. Das ist Regel Nummer 1. Regel Nummer 2 lautet – und das mag Sie beruhigen -, dass der VPHV nie mehr den Kontakt mit Ihnen suchen wird, jedenfalls solange Sie kein Lizenzträger sind – und die wenigsten von Ihnen werden das jemals werden. SIE werden den VPHV kontaktieren. Niemals umgekehrt. Es sei denn, Sie verletzen Regel Nummer 1 …".

    Kapitel 2 - Der Homo oeconomicus

    Ein Mann im fortgeschrittenen Alter, offenbar nicht mehr weit von seiner Emeritierung entfernt, betrat die Bühne und positionierte sich hinter dem Rednerpult. Er legte ein paar Blätter mit handschriftlichen Notizen vor sich auf den Stehtisch.

    „Kennt irgendjemand hier im Saal Hoko? Nein? Das habe ich mir fast gedacht. Hoko kennt nur, wer jemals eine meiner Vorlesungen oder einen meiner Vorträge gehört hat. Die allermeisten werden ihn dennoch kennen, allerdings unter einem anderen Namen. Hoko ist mein Spitzname, wenn Sie so wollen, für den Homo oeconomicus. Denn, schließlich bin ich Ökonom und ‚Hoko‘ geht doch wesentlich einfacher und schneller von den Lippen als ‚Homo oeconomicus‘. Und außerdem klingt es nicht so seriös und – wie soll ich sagen – so korrekt und vielleicht auch unfehlbar wie der wissenschaftliche, aus dem Lateinischen stammende Begriff."

    „Das ist Professor Mons, ein führender Vertreter der Verhaltensökonomie, flüsterte Toms Sitznachbar ihm zu. „Vielleicht ein bisschen schrullig, aber ein hervorragender Wissenschaftler.

    „Homo oeconomicus, na toll, habe ich doch schon das ganze Studium lang rauf und runter gehört, was soll ich denn da noch lernen?", dachte Tom missmutig.

    „Hoko ist ja, wenn Sie so wollen, ein strenger Prinzipienreiter. Die Volks- und Betriebswirte unter ihnen durften seine Charaktereigenschaften ja ausführlich studieren und können das bestätigen. Nur – ganz so ernst wie zu Beginn meiner Karriere kann ich ihn mittlerweile nicht mehr nehmen. Das haben mich nicht nur meine Forschungsarbeiten, sondern auch meine Lebenserfahrung gelehrt. Hoko ist kein Bruder Leichtfuß, das möchte ich nicht behaupten, aber man sollte ihm auch nicht alles bedingungslos abkaufen. Auch wenn ich mit diesen Aussagen an den Fundamenten der klassischen Wirtschaftstheorie rüttele, mit meiner Meinung stehe ich längst nicht mehr alleine da."

    „So, so", dachte Tom und stellte sich bildlich vor, wie diese schmächtige Person in ihrem grauen Anzug mit der zu kurzen Hose mit beiden Armen einen mächtigen Sockel umklammert, der sich natürlich keinen Millimeter bewegt. Sein Haar, grau wie sein Anzug, steht dagegen ob der vergebenen Kraftanstrengung nur umso wirrer in alle Richtungen.

    „Mittlerweile gibt es Zweifel an Hoko nicht nur in einschlägigen Akademikerkreisen, sondern sie sind im wahrsten Sinne des Wortes längst auf der Straße angekommen. Zum Beispiel in Deutschland, im Spätherbst 2011.

    Gut drei Jahre war es damals her, dass mit dem Kollaps der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers die Finanzwelt an den Rand des Zusammenbruchs geriet. Kaum war diese Krise ausgestanden, folgte die Staatsschuldenkrise im Euroraum, ausgelöst durch die drohende Zahlungsunfähigkeit Griechenlands. Fast täglich gab und gibt es neue Hiobsbotschaften, ein Krisengipfel jagt den nächsten. Für jeden Bürger spürbar, hängt ein Damoklesschwert über Europa. Während den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und den Finanzmärkten ein scharfer Wind entgegen bläst, große Unsicherheit und auch Panik herrschen, wird in den Hörsälen der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten business as usual betrieben. Während draußen das Chaos regiert, erfahren die Studenten drinnen von selbstregulierenden Kräften der Märkte, von Gleichgewichten und Effizienz, die sich von selbst einstellen. Die ‚unsichtbare Hand‘ von Adam Smith, einem der wichtigsten Theoretiker der klassischen Wirtschaftswissenschaften, lässt grüßen. Diese steht, verkürzt gesagt, für das Postulat, dass die Verfolgung von Eigeninteressen Einzelner zu allgemeinem Wohlstand führt."

    Professor Mons blickte über seine randlose Brille in den Saal und musterte für ein paar Sekunden sein Publikum. „Ich denke, Hoko kann sich glücklich schätzen, kein Wesen aus Fleisch und Blut zu sein. Speziell in Südeuropa dürfte es zurzeit mehr als genug gebeutelte Menschen geben, die ihn gerne vermöbeln würden." Professor Mons grinste breit, offenbar sehr zufrieden mit seiner Pointe.

    „Kaum öffnen sich jedoch die Türen der Universitäten", fuhr er fort, „sind die Studenten wieder mit der rauen Wirklichkeit konfrontiert, die so gar nicht zu dem theoretischen Rüstzeug aus dem Studium passen mag. Die Gegensätze zwischen Theorie und Praxis – selten tat sich eine so große Kluft auf. Der Widerspruch zwischen den Modellen aus den Hörsälen und den täglichen Hiobsbotschaften zu Staatsfinanzkrisen und Börsenmärkten, fehlende Antworten der Wissenschaftler auf die aktuellen Geschehnisse rund um die Euro-Krise, die die wirtschaftliche und politische Zukunft eines ganzen Kontinents bedrohen – zu groß, um weiter ignoriert zu werden.

    So groß, dass sich an mehreren deutschen Universitäten Studenten selbst organisieren, um eigene Vorlesungen zu veranstalten, um Antworten auf die aktuellen Krisen zu finden, die ihnen die universitäre Lehre schuldig bleibt. Auch wenn sich mit der Verhaltensökonomie – wir werden später noch darauf zurückkommen – schon länger eine wissenschaftliche Disziplin etabliert hat, die den klassischen ökonomischen Ansätzen mit alternativen Annahmen entgegentritt, traten die Unzulänglichkeiten der klassischen wirtschaftswissenschaftlichen Modelle noch nie so offen zu Tage wie in

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