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Was braucht mein Kind?: Über die Grundlagen der Erziehung
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Ebook155 pages2 hours

Was braucht mein Kind?: Über die Grundlagen der Erziehung

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About this ebook

Hier geht es nicht um Tipps aus dem Schatzkästlein der Pädagogik. Der Autor geht in präziser Analyse dem Wesen eines jeden Entwicklungsabschnittes nach. Was ist die Funktion eines jeden Abschnittes in der Entwicklung des Individuums? Was ist wichtig? Welche Aufgabe muss erfüllt werden, was muss erlernt werden, damit der nächste Schritt gemacht werden kann zum Erwachsenwerden. Und welche Rolle spielen in diesem Prozess die Jahrmillionen, die der Mensch als Gattung schon hinter sich hat? Wie wirkt sich dieser langsame und langwierige Evolutionsprozess aus auf die individuelle Entwicklung eines jeden Einzelnen von uns. Wie sehr ist der moderne, vernunftbegabte Mensch noch immer verhaftet in dieser seiner Vergangenheit, wie sehr bestimmt sie gerade in der kindlichen Frühphase die Lebensbedingungen des Individuums? Und was bedeutet dieses Verhaftetsein für die Erziehung unter den Bedingungen der Moderne?
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateDec 28, 2013
ISBN9783847658108
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    Book preview

    Was braucht mein Kind? - Rüdiger Rauls

    Worum geht's

    Schon wieder ein Ratgeber nach dem Motto „Kindererziehung leicht gemacht"?

    Würde man den Titel des Buches so stehen lassen, wäre der Verdacht nahe liegend. Aber die Problematik der Kindererziehung wird deutlich, wenn der Titel ergänzt wird um die Frage:„wann?. Dann lautet die Fragestellung des Buches: Was braucht mein Kind – wann? Und das bedeutet: zu welcher Zeit? Damit wird Erziehung in Abhängigkeit gesetzt zum Alter des Kindes, aber eigentlich zu seinem Entwicklungsstand. Nicht alles ist zu jeder Zeit im gleichen Maße „richtig. Wobei es natürlich müßig ist darauf hinzuweisen, dass es keinen objektiven Maßstab dafür gibt, was richtig ist und was nicht.

    Natürlich werden Kinder erzogen und erwachsen, ohne dass ihre Eltern dieses Buch gelesen haben. Die meisten von ihnen werden mit Sicherheit auch so ihr Leben meistern. Dazu wird es nicht dieses Buchs bedürfen. Und die überwiegende Mehrzahl dieser Kinder und ihrer Eltern werden vermutlich nichts in ihrem Leben vermissen, wenn sie dem vorliegenden Buch nicht begegnet sind. In der Regel reichen gute Ernährung und ein Dach über dem Kopf, die liebevolle Fürsorge der Eltern und eine gute Ausbildung als Grundlage für einen erfolgversprechenden Start in ein selbständiges Leben. Und wenn der liebe Gott oder das Glück (je nachdem ob man ein religiöser Mensch ist oder nicht) es gut mit ihnen, dann bleiben sie von privaten Unglücksfällen, Wirtschaftskrisen und Krieg verschont. Was also soll dann dieses Buch, außer dass es seinem Autor ein hoffentlich nicht allzu kleines Zubrot bringt?

    Es soll dazu beitragen, Erziehung verständlicher und leichter, also einfacher zu machen. Auch die Wikinger sind nach Amerika gekommen. Nur, es soll eine sehr beschwerliche Überfahrt gewesen sein. Aber auch sie kamen dort an. Doch um wieviel leichter, ungefährlicher und angenehmer ist das Reisen mit unseren heutigen Mitteln. Und nicht nur das. Mit den Mitteln, die der Mensch sich im Laufe seiner Entwicklung geschaffen hat, ist die Reise nach Amerika auch schneller und sicherer geworden. Columbus musste noch sich mit klobigen und ungenauen Geräten seinen Weg über den Atlantik ertasten. Da war sehr viel Glück und Zufall im Spiel gewesen, und dabei kam er noch nicht einmal dort an, wo er hatte ankommen wollen. Heute können wir unsere Ankunft in Amerika fast auf die Minute planen. Nur wenig ist da noch dem Zufall überlassen.

    Ähnlich ist es auch neben all den anderen Lebensbereichen mit der Erziehung. Je mehr man weiß und versteht, um so leichter wird es in der Regel. Mit der Zunahme der Erkenntnis werden Entscheidungen und die Ergebnisse unseres Handelns immer weniger dem Zufall überlassen. Sie werden planbar, und ihr Ergebnis kann dadurch genauer vorausgesagt werden. Und genauso ist es auch mit der Erziehung. Sie wird leichter, wenn sie mit einer breiteren Erkenntnis der Zusammenhänge verbunden ist, innerhalb derer sie stattfindet.

    Man kann natürlich auch weiterhin wie seinerzeit die Wikinger und auch noch Columbus aufs Geratewohl hinausfahren auf das weite stürmische Meer der Erziehung. Das wird in den meisten Fällen auch unumgänglich sein, weil wir gerade im Umgang mit Kindern oft vor unvorhersehbare Situationen gestellt sein werden. Nichts ist überraschender als Wetter und kindlicher Ideenreichtum. Aber es ist leichter, darauf mit Entscheidungen zu reagieren, die auf der Grundlage von Erkenntnissen beruhen, als jedes Mal in einer pädagogischen Trickkiste herumkramen zu müssen, in der Hoffnung, dort etwas zu finden, was uns auf die Situation anwendbar scheint.

    Erkenntnis ist die Grundlage für die Erleichterungen im Reiseverkehr mit Amerika, Erkenntnisse über unserer Erde, Erkenntnisse über Technologien, die uns ermöglichten, von Maschinen angetriebene Schiffe und später sogar Flugzeuge zu bauen. All diese Erkenntnisse haben das Reisen erleichtert. Und Gleiches gilt natürlich auch für alle anderen Lebensbereiche. Erkenntnisse machen alles leichter, denn sie ermöglichen uns, Fehler zu vermeiden.

    Das ist das Anliegen dieses Buches. Es geht um Erkenntnisse. Es geht darum, Erziehung in Zusammenhang zu stellen mit den Hintergründen, vor denen Erziehung abläuft. Dieser Hintergrund ist nichts Geringeres als die Entwicklung des Menschen und seiner Gesellschaften. Denn Erziehung ist immer auch eingebunden in menschliche Gesellschaft und staatliche Ordnung. Zu erkennen, welchen Stellenwert Erziehung in diesem Zusammenhang hat, erleichtert Erziehung.

    Es geht nicht um Ratschläge. Hier sollen keine technischen Tricks ausgebreitet werden nach dem Muster: was mache ich, wenn mein Kind… . Das überlassen wir den sogenannten Ratgebern. Sicherlich haben alle Eltern immer einmal den Wunsch, in schwierigen Situationen den richtigen Knopf zu finden, auf den man nur drücken muss, und dann ist alles gut. Ein Patentrezept für Kindererziehung! Aber die meisten werden auch die Erfahrung gemacht haben, dass die Tricks und guten Ratschläge der anderen bei den eigenen Kindern in den seltensten Fällen zum Erfolg führen. Wobei auch dahingestellt sein soll, wann „Erfolg" wirklich Erfolg ist. Das ist sehr auslegbar, und jeder hat andere Vorstellungen darüber, was als Erfolg anzusehen ist. Zudem wird nirgendwo mehr beschönigt als bei den eigenen Kindern und deren Erziehung.

    Erziehung ist nicht einfach. Zu verwirrend ist das Übermaß an Ratgebern mit ihren todsicheren Ratschlägen, geheimen Tipps und ausgeklügelten Tricks. Ständig kommen neue Erziehungstheorien auf den Markt, die viele bisherige Erkenntnisse als überholt ansehen und unumstößlich geglaubte Wahrheiten in Zweifel ziehen. Oftmals sind die Grundsätze, auf denen die neuen Erkenntnisse beruhen, schwer nachvollziehbar, ihre Erklärungen dürftig. Die auf neuen Erkenntnissen beruhenden Methoden bestätigen in ihrer Bewährung in der Wirklichkeit oftmals nicht die Hoffnungen, die sie geweckt hatten. Aber im Gegensatz zu den Naturwissenschaften ist der Misserfolg in den Gesellschaftswissenschaften leichter zu verdecken. Eine falsch berechnete Brücke bricht zusammen, eine naturwissenschaftliche Theorie stellt sich als falsch heraus, wenn der Praxistest nicht die erwarteten Ergebnisse bringt und damit die Theorie bestätigt. Bei den Gesellschaftswissenschaften brauchen die Fehlermeldungen länger, bis sie als solche wahrgenommen und anerkannt werden. Denn das Scheitern einer Theorie muss auch eingestanden. Das fällt leichter, wenn der Fehler zu unübersehbaren Konsequenzen führt wie der Zusammenbruch einer Brücke. Da die Fehler der gesellschaftswissenschaftlichen Theorien in den meisten Fällen kaum Auswirkungen haben auf das Leben selbst, können sie auch länger als solche unerkannt belieben. Die Folgen, die durch das Befolgen falscher Erziehungsansätze auf der Grundlage undurchdachter Theorien entstehen, können leichter beschönigt oder wegdiskutiert werden.

    Dann ist der kleine, aufdringlich laute Tyrann nicht das Kind, dem die Eltern versäumt haben, ein sozial verträgliches Benehmen mitzugeben, sondern es wird in seinem Fehlverhalten bestärkt, indem es als „selbstbewusst" ausgelobt wird. In der Schule ist es später nicht der Störenfried sondern der hochbegabte Überflieger, dem Lehrer und Schule nach der Meinung der Eltern nicht genug Anregung und Herausforderung bieten können. Der Leidtragende ist das Kind selbst, das unter seinen eigenen Defiziten leidet und zusätzlich noch die Ablehnung der Umwelt zu spüren bekommt. Das unkritische und beschönigende Verhalten der Eltern ist ihm in Wirklichkeit keine Hilfe.

    Was braucht Erziehung, um Aussicht auf Erfolg zu haben? Sie braucht ein Ziel. Diese Frage nach dem Ziel ist nicht zu beantworten ohne eine Vorstellung davon, was Menschsein bedeutet. Denn es soll ja bei Erziehung etwas herauskommen, das im Entferntesten irgendetwas mit Mensch zu tun hat. Selbst bei allen verschiedenen Vorstellungen von Menschsein, wird niemand bestreiten, dass Menschsein etwas zu tun hat mit einem Menschenbild, das dieser Vorstellung von Menschsein zu Grunde liegt. Ein Menschenbild beruht auf Werten, von denen man glaubt, dass sie den Unterschied ausmachen zwischen Mensch und Tier. Ein Menschenbild braucht Werte und so braucht auch Erziehung Werte, an denen sie sich orientiert. Ob diese Werte von allen Mitgliedern der Gesellschaft akzepiert werden, spielt für das notwendige Vorhandensein von Werten keine Rolle. Unumgänglich ist, dass es Werte gibt.

    Denn ohne eine Vorstellung davon, zu welch einem Menschen der junge Mensch erzogen werden soll, ist Erziehung wechselnden Moden unterworfen, dem häufigen Hin und Her „wissenschaftlicher" Erkenntnisse und pädagogischer Ratschläge. Und selbst die umfangreichste Sammlung von Erziehungstricks und pädagogischen Theorien ist noch lange kein Weltbild und kann dieses schon gar nicht ersetzen. Solche Kataloge mit endlosen Auflistungen von Fällen und den dazu passenden Vorschlägen zur Abhilfe erinnern eher an einen Haufen von bunten Mosaiksteinen, der jeden Farbton enthält, um daraus ein Bild zu schaffen. Aber alleine das Vorhandensein einer Unmenge bunter Steine schafft noch lange kein Bild. Ein Bild entsteht erst, wenn bereits im Kopf eine Vorstellung von dem besteht, was aus dieser Fülle der Auswahlmöglichkeiten geschaffen werden soll. Und selbst dann muss auch das Bild als solches erkennbar sein. Es muss deutlich sein, was dieses Bild ausdrücken will, was bedeutet, dass erkannt werden kann, was dargestellt und zum Ausdruck gebracht werden soll. Das bedeutet übertragen auf unser Thema, dass ohne Weltbild und Menschenbild, die als Grundlage für Erziehung dienen, Erziehung orientierungslos ist. Sie weiß nicht, wohin sie will. Und wenn sie das nicht weiß, weiß sie noch viel weniger, welche Wege sie zu gehen hat. Wenn Erziehung nicht weiß, welcher Mensch am Ende das Ergebnis von Erziehung sein soll, wie will sie denn wissen, wie sie erziehen soll. Und das ist weit verbreiteter Zustand heutiger Erziehung.

    Egoismus und Rücksichtslosigkeit zum Beispiel sind kein Weltbild, auch wenn sie als eine immer wieder gern zitierte Voraussetzung für gesellschaftlichen Erfolg angesehen werden. Wobei aber zugestanden werden muss, dass beide oftmals tatsächlich gute Voraussetzungen darstellen für wirtschaftlichem Erfolg und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Ansehen. Nur wirft das einerseits ein bezeichnendes Licht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen Rücksichtlosigkeit und Egoismus so gute Voraussetzungen bieten für gesellschaftliches Vorankommen. Andererseits wird aber sehr oft auch deutlich, dass diese Art von Erfolgreichen persönlich nicht immer einen sehr glücklichen und zufriedenen Eindruck hinterlassen.

    Auf Erziehung bezogen, bedeutet das Vorhandensein eines Welt- und Menschenbildes, dass eine Vorstellung davon besteht, was der Sinn von Erziehung ist, dass eine Erkenntnis darüber vorliegt, was Menschsein bedeutet, und dass ein Erziehungsziel besteht, das sich stützt auf Werte, die der Vorstellung von Menschsein und dem Weg dorthin entsprechen. Das alles klingt sehr kompliziert und wirft natürlich auch die Frage auf, ob solche Fragen und die Antworten darauf unbedingt notwendig sind und ob Erziehung nicht auch einfacher geht. Natürlich geht das auch einfacher und ohne all diese Gedankenspiele. In der alltäglichen Erziehung können diese Überlegungen nicht ständig angestellt werden. Dann würde Erziehung in Handlungsunfähigkeit verkommen. Diese Überlegungen sollen auch nicht an die Stelle der schnellen Ratgeber gesetzt werden, die im Nu für jedes Problem eine Lösung bereit zu haben scheinen, quasi der Austausch des einen gegen den andern. Es geht nicht um die Ablösung des Schnellschusses durch die Langwierigkeit. In dieser Auseinandersetzung mit dem Thema Erziehung geht es nur um die Betrachtung des Themas aus einem anderen Blickwinkel, einem Blickwinkel, der die Hintergründe von Erziehung auszuleuchten versucht.

    Aber auch Werte unterliegen dem Wandel. Und so kommt man in der Erziehung nicht umhin, immer wieder auch zu überprüfen, ob das, was dem Erzieher als wichtig und richtig erscheint, in der Wirklichkeit auch die Bedeutung hat, die man ihm selbst beimisst. Es reicht also nicht aus, ein Weltbild mit Werten zu haben. Es muss auch immer wieder dieses Weltbild abgeglichen werden, mit der Welt selbst, das heißt mit der Wirklichkeit. Ist die Welt wirklich so, wie ich sie mir vorstelle? Und diese Frage gilt nicht nur in Erziehungsfragen sondern für alle Bereiche unseres Lebens.

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