Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

C'est la Vie: oder Sie müssen jetzt sehen wo Sie bleiben
C'est la Vie: oder Sie müssen jetzt sehen wo Sie bleiben
C'est la Vie: oder Sie müssen jetzt sehen wo Sie bleiben
Ebook185 pages2 hours

C'est la Vie: oder Sie müssen jetzt sehen wo Sie bleiben

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Während eines dreiwöchigen Aufenthaltes in einer Rehabilitationsklinik werden dem Ich-Erzähler, etwa sechzig-jährig und Berater in Museumsdiensten, die durch eine Prostata-Operation erlittenen Folgen, Impotenz und erektile Dysfunktion, mit all ihren Implikationen und Komplikationen bewusst. Seine nicht selten sarkastischen, auch ironischen Schilderungen des Therapiegeschehens in der Klinik sind wirklichkeitsnah, sie schließen das Aufzeichnen ärztlicher Unterweisung in der Anwendung von Hilfsmitteln bei erektiler Dysfunktion, Psychologen-Beratung zur Bewältigung der Operationsfolgen, und klinikseitigen Einführung in bewusste Ernährung für Tumorpatienten mit ein. Der Ich-Erzähler erlaubt sich jedoch Abwandlungen – gemäß der ihm vertrauten Arbeitsweise der Veduten-Maler des 18. Jahrhunderts, die komplexe Stadtansichten mit Hilfe der Camera obscura wirklichkeitsnah wiedergaben und in ihren Vorlagen präzise dokumentierten, dann aber idealisierten.
Der Ich-Erzähler, von seiner Partnerin getrennt lebend, nimmt den Aufenthalt zum Anlass, Inventur zu machen, wie und auf welchem Wege er, unter den dramatisch veränderten, schwierigen Umständen, eine neue Partnerin finden könnte. Offensichtlich würde sich kurzfristig wenig erreichen lassen. Dennoch, nicht ungewöhnlich für das Rehabilitations-Milieu, macht er die Bekanntschaft einer an Gebärmutterkrebs erkrankten und operierten, attraktiven Rekonvaleszentin. Das Vertiefen der Beziehung gestaltet sich schwierig, erleichtert allerdings durch ähnliche, kunst-orientierte Interessen. Das schließt die gemeinsame Besichtigung der örtlichen Kirche und ihres, von einem westfälischen Meister geschaffenen gotischen Altars ein. Der Ich-Erzähler bemerkt die Darstellung des Penis-losen Christus am Kreuz. Eine kontroverse Diskussion entsteht, sie führt wieder zurück zum zentralen Thema des Romans, der Impotenz.
Vor Ende des Rehabilitations-Aufenthaltes verbringen Ich-Erzähler und Rekonvaleszentin eine Nacht im Hotel miteinander.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateJan 4, 2015
ISBN9783738011081
C'est la Vie: oder Sie müssen jetzt sehen wo Sie bleiben

Related to C'est la Vie

Related ebooks

General Fiction For You

View More

Related articles

Reviews for C'est la Vie

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    C'est la Vie - Ulrich Robin

    KAPITEL EINS

    Es gibt Menschen, denen die Fähigkeit gegeben ist, das Ausräumen ihres Koffers nach Ankunft in ihrem Hotelzimmer wie einen Neuanfang zu zelebrieren, so, als würden sie ein neues Leben beginnen – selbst dann, wenn das Hotelzimmer nur einem Kurzaufenthalt dient. Gerne würde ich mir diese Menschen zum Vorbild nehmen, jedoch gelingt mir das nicht. Mein Kofferleeren nach Ankunft im Einzimmer-Appartement der Fachklinik für Rehabilitation nach chirurgischen Eingriffen gestaltet sich eher zäh. Zu sehr gemahnt fast jedes Teil, das ich dem Koffer entnehme, an bessere Zeiten. Da ist auch die von einem Zimmerlautsprecher verbreitete Einführungsmusik wenig hilfreich, die einsetzt mit dem ersten Satz von Beethovens Pastoral-Sinfonie, der uns, sichtlich programmatisch gemeint, heitere Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande vermitteln soll. Möglicherweise haben diejenigen, die uns mit Beethoven einstimmen, übersehen, dass alsbald, im vierten Satz, Unwetter und Sturm toben werden, die dem einen oder anderen neu angereisten Rehabilitanten, zumindest aber mir, das Unwetter in Erinnerung rufen, das wir selbst, der Medizinkunst ausgeliefert, durchlebt haben. Auf das Unwetter des vierten Satzes würde ich verzichten wollen.

    Bei genauerer Betrachtung allerdings ist mein Unwetter-Vergleich unpassend, weil eher verharmlosend. Natürliche Unwetter und Gewitter hinterlassen Schäden, die in dieser oder jener Form reparabel sind. Das Unwetter, in das wir geraten waren, hat meist irreparable Schäden hinterlassen. Und Wiederaufforstung ist auch nicht. Warum? Weil wir, die wir hier angereist sind, und anreisen, um die Einrichtungen der Rehabilitationsklinik zu nutzen, fast sämtlich Operations-geschädigt sind. Rehabilitations-bedürftig kämpfen wir, nach Krebs-Diagnose und überstandener Prostata-Operation, mit den Folgen unserer Operation, die von Inkontinenz bis Impotenz reichen.

    Noch im Krankenhaus wurde ich vom Operateur, wie man dort gemeinhin den mit dem medizinischen Eingriff beauftragten Arzt nannte, mit den Worten C’est la vie in die Rehabilitation entlassen. Für mich selbst habe ich das vorläufig mit Sie müssen jetzt sehen, wo Sie bleiben übersetzt, obschon das von mir befragte Nachschlagewerk übersetzt So ist es halt im Leben, und interpretiert, dass derjenige, der dies sagt, auch, um Trost zu spenden, zum Ausdruck bringen will, dass nach einem Schicksalsschlag nichts mehr zu ändern sei, es jeden hätte treffen können. Die Erläuterungen des Operateurs zu seiner c’est-la-vie-Bemerkung waren natürlich spezifischer: „Sie werden sich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass nichts mehr so ist wie es war. Machen Sie sich mit dem Gedanken vertraut, dass auch Ihr Sexualleben nicht mehr comme il faut abläuft. Zu ersterem war wahrlich nicht viel zu sagen, meinerseits. Zu letzterem fügte er noch den Hinweis hinzu, dass es ja Hilfsmittel gebe. Über die würde ich umfassend im Rahmen der Rehabilitation unterrichtet. „In jedem Fall, nutzen Sie die Zeit der Rehabilitation, es wird eine Zeit der Ruhe. Überprüfen Sie, wo Sie stehen, finden Sie zu sich selbst.

    Die – im Hinblick auf eine möglichst erfolgreiche Therapie – von kompetenter Seite empfohlene Rehabilitations-Klinik liegt, geographisch betrachtet, recht abgelegen. Die hinter mir liegende Fahrt zum Ort der Klinik war lang und windungsreich, sie endete schließlich in dem Tal, dessen Eingang augenscheinlich auch der Ausgang ist, so als hätte die Natur Sesam-öffne-Dich nachgebaut. Unser Fahrer hatte vor Umwegen nicht zurückgescheut, wobei ich ihm unterstelle, dass er glaubte, uns die Vorzüge und Schönheiten der hiesigen Mittelgebirgslandschaft vermitteln zu müssen, denn es ist ihm bekannt, dass wir hier nunmehr einige Wochen verbringen werden. Doch weder der Landschaft noch seinem Ansinnen vermochte ich etwas abzugewinnen, zumal die begleitenden Hügel unseres Tales etwas Beengendes haben. Und mittendrin die Ortschaft, und in ihrer Mitte wiederum die Klinik. Ich erinnere mich an die Erklärung eines Naturfreundes, der der Geologie kundiger ist als ich, dass balneologische Orte typischerweise talgebunden sind, weil am Fuße der randlichen Hügel die so hochgeschätzten Wässer an Verwerfungen aufdringen, und dies wohl auch fast nur dort, längs der übersteilen Hänge.

    Man kann davon ausgehen, dass der Empfehlung des Operateurs vor meinem Verlassen des Krankenhauses, nämlich zu mir selbst zu finden, ein anderes Verständnis zugrunde lag, als ich es auf Grund der zurückliegenden Ereignisse gewonnen habe, denn meines ist zunächst nur kurzfristig orientiert. Mein gegenwärtiges Verständnis ist, dass der Ortswechsel – hin zur Klinik – mich von allen Ratschlägen, besserwisserischen Kommentaren und pseudo-interessierten Fragen befreit hat, die mir Freunde und Bekannte vor und nach dem chirurgischen Eingriff unterbreiteten. Vor diesem Hintergrund hatte ich gegen den Vorschlag der behandelnden Ärzte nichts einzuwenden, möglichst umgehend das Angebot der auswärtigen Rehabilitation anzunehmen.

    Ratschläge gab es – vor allem in Anbetracht der Erkrankung dieser Schwere – von allen Seiten. In ihrer Häufung wiederholten sie sich natürlich. Einige sind kaum zu ertragen. Auch die von dem Freund, der sich spontan an „ganz ähnliche Fälle" zu erinnern vermeinte. Die Fälle sollten Mut machen: erst war da die Operation, dann die Therapie, jetzt gehen die besagten Beispiele – es sind zwei, aus verschiedenen Städten – wieder unbeschwert durchs Leben. Ich kannte schon einen der Fälle, aus früheren Erzählungen, der mit dem meinigen wenig gemein hat, so dass ich nach Möglichkeiten suchte, ihn auszubremsen. Ich fragte nach den Stadien der Tumore. Schulterzucken. Ich spezifizierte die Frage: Wie denn die Tumore klassifiziert waren? Nochmals Schulterzucken. Ich fragte nach den Behandlungen und Therapien. Rückfrage: welche gibt es denn? Strahlenbehandlung, Operation, Chemotherapie. Der Freund weiß es nicht. Möglich, dass sie unterschiedlich therapiert wurden? Vielleicht kann man das aus den empfohlenen Nachsorge-Maßnahmen ableiten? Bei dieser Frage wurde dem Befragten die ganze Angelegenheit lästig. Wie er das wissen solle, er könne den Genesenden wohl kaum Fragebögen vorlegen. Ich stimme ihm zu, weise ihn aber darauf hin, dass mangels Vergleichbarkeit seine Beispiele für mich keine Hoffnungsträger sein könnten, ernte jedoch Unverständnis und einen wenig schmeichelhaften Kommentar: Krebskranke sind schon eigenartige Menschen.

    Andere, besonders ältere Anteilnehmer, wussten nur sehr wenig über das Krankheitsbild. Sie fanden alles sehr bedauerlich. Sie wussten zwar nicht genau, was so bedauerlich ist, wollten es sicherlich auch nicht genau wissen, aber endeten in ihrer Eloge auf den tapferen Patienten, das bin ich, meist bei der allgemeinen Weltlage, die ja auch immer bedrohlicher wird, und solcherart Krankheiten fördert.

    Eine Subspezies dieser Gruppe ist diejenige, die sich um meine Potenz Sorgen macht, aber das sind die wenigsten, immerhin ist ihr Verlust, wenn er denn eintritt, unter Freunden ein sehr delikates Thema. Die Motivation ihrer Besorgnis erschließt sich mir nicht wirklich. Möglich, dass es von ihrer überbordenden Phantasie irregeleitete Opernfreunde sind, die mich schicksalsmäßig zwischen Farinelli und Wächtern vor dem Serail ansiedeln, oder aber möglich, dass es ihnen an Phantasie mangelt, und sie Anteil nehmen wollen, woran auch immer.

    Eindringliche, fast aufdringliche Beratung wurde mir durch diejenigen Freunde zuteil, denen eines gemeinsam ist: das Interesse an der medizinischen Materie. Gewissermaßen repräsentieren sie die Gesellschaft der Freunde der Medizin. Diese Freunde, nämlich der Medizin, gehen medizinischen Dingen auf den Grund, sparen nicht mit Ratschlägen und Verbesserungsvorschlägen, und sind sowieso der Meinung, dass der Operateur auch ihre Meinung hätte zur Kenntnis nehmen sollen. Sie wissen um die Problematik für den Operateur, die Unversehrtheit des Schließmuskels wahren zu müssen, und die nervenerhaltende radikale Prostatektomie operationstechnisch zu verwirklichen. Kurzum, sie sind auf Augenhöhe mit den Kapazitäten der Uroonkologie. Sie sind auch in der Lage, alle Vorteile und alle Nachteile der invasiven Operationstechnik, im Vergleich zur konventionellen Schnitttechnik, abzuschätzen, ein Thema allergrößter Wichtigkeit bei der Entscheidung, wo und wie zu operieren sei. Sie kennen natürlich auch alle Kollateralschäden, will sagen Nebenwirkungen und Nachwirkungen der verschiedensten Therapien, die der Bedauernswerte, der durch die Operation der Prostata verlustig gegangen ist, zu gewärtigen hat.

    Ebenso wenig aus dem Wege gehen konnte ich den Anmerkungen jener, die „alles" schon mitgemacht haben. Wenn sie sich möglicherweise bislang nicht in dieser Sache geäußert hatten, weil diese Krankheit kein salonfähiges Thema war, so scheint mein Jetztzustand sie jedoch zu Anmerkungen unterschiedlichster Qualität zu inspirieren. Zwar wissen sie ob der Vielfalt ihrer Erfahrungen nicht, wie und wo sie anfangen sollen. Wenn sie denn angefangen haben, finden sie kein Ende. Sobald ich ahne, dass sie mir als Beweis ihrer Kompetenz die kaum sichtbare Narbe ihrer Operationswunde – kaum sichtbar, weil sie sich bewusst für die invasive Da Vinci Methode entschieden hatten – zeigen werden, winke ich ab. Ich habe das Gefühl, dass sie wie Kriegsversehrte sind, die darunter leiden, dass ihre Versehrtheit nicht sichtbar ist, will heißen, nicht genügend gewürdigt wird. Was Ihre Sachkompetenz betrifft, so lebt sie vom Insiderwissen. Das reicht von der Krankenhauswahl bis zum vorteilhaften Abrechnen bei der Krankenkasse. Medizinische Kommentare sind eher selten – was soll man auch noch Worte verlieren über ein Organ, das man nicht mehr hat.

    Außerordentlich bedrängt fühle ich mich durch diejenigen, die noch nicht einmal vorgeben, mitfühlend oder anteilnehmend zu sein, sondern – so scheint es mir – ihren Wissenshorizont erweitern wollen. Das Spektrum ihrer Beweggründe, Interesse zu zeigen, ist sicherlich weit gespannt. Einigen Interessierten unterstelle ich, dass sie Informationen und Daten sammeln, so, als seien sie in Sachen Datenhandel unterwegs, oder für die Nachrichtenbörse, wo keine Inhalte gehandelt werden, sondern nur Worte. Was alle diejenigen bewegt, die weniger zielgerichtet in ihrem Informationshunger sind, und Interesse zeigen, ist jedermanns Interpretation überlassen. Mutmaßlich sind die Beweggründe ähnlich wie die der Katastrophentouristen, die die Rheinufer bei Hochwasser säumen – die Gelegenheit nutzend, das zu sehen und zu hören, was sie schon immer über die Prostata und ihre Altersproblematik wissen wollten.

    Mit dem Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik soll alles anders werden. Denn es ist uns von den empfehlenden Ärzten gesagt worden, dass es eine wichtige Aufgabe der Rehabilitationskliniken sei, Menschen mit gleichen Leiden zusammenzuführen, damit sie sich über ihre Probleme austauschen können und zugleich Erfahrungsaustausch betreiben. Einerseits sehe ich mit positiven Erwartungen den Austauschen entgegen, andererseits hätte ich gerne vorab gewusst, von welcher Qualität die so gelobten Gedanken- und Erfahrungsaustausche sein werden. Natürlich erhoffe ich mir eine andere Qualität der Anmerkungen von Betroffenen, verglichen mit der der Beiträge der selbsternannten Experten von der Seitenlinie. Vor allem vertraue ich darauf, dass die Betroffenen, angesichts der tiefen Spuren, die der operative Eingriff hinterlassen hat, und angesichts der drastischen Folgen für Leib und Seele, Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden können, und außerdem die kommunizierten Erfahrungen nicht bei der Alters-Prostataoperation beginnen, und mit der Zahnregulierung aus der Jugendzeit enden. Aber wer weiß das schon.

    KAPITEL ZWEI

    Gemäß freundlicher Empfehlung der Klinikleitung sollten wir, die wir erstmals von der Klinik betreut werden, uns in einer ersten Phase mit den Maßnahmen der Rehabilitationstherapie vertraut machen, ehe wir in den Therapiealltag einsteigen, wie auch immer der aussehen wird. Dies ist nicht einfach. Zwar werden wir eingewiesen durch ausgehändigte Terminpläne, Auflistung von Meilensteinen und der Darlegung des Erwartungshorizontes – hier werden wohl die Anweisungen eines Projektmanagement-Handbuchs recht genau befolgt – und auch bin ich bereits seit dem ersten Tag im Besitz eines auf meine individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Therapieplanes, dennoch bewege ich mich noch keineswegs sicher bei der Anwendung des Maßnahmenkataloges. Früher verschaffte man sich einen Überblick durch Befragen der als zuständig erkannten Person, heute scheint das schwieriger geworden zu sein, da wir uns wohl soeben in einer Organisationsphase der Dezentralisierung befinden. Also mache ich mich auf den Weg, mich mittels Nachfragen bei den Betroffenen zurechtzufinden.

    Mein erstes Gespräch mit einem Mitbewohner der Klinik verläuft holprig. „Sind Sie auch mit Prostata hier? werde ich gefragt. „Nein. „Aha, was dann? „Ich bin ohne Prostata hier. „Ah so. Na ja. Hauptsache gesund." Bereits jetzt muss ich erkennen, dass ich eine der wesentlichen Zielsetzungen des Aufenthaltes, nämlich durch Gedankenaustausch mit Gleichgeschädigten das seelische Gleichgewicht wieder zu erlangen, verfehlen werde.

    Es ist nur natürlich, das heißt ganz im Sinne der hiesigen Therapieschule, dass die Klinik es sich angelegen sein lässt, ihre Patienten über die therapeutischen Maßnahmen hinaus auch spirituell zu betreuen, sofern sie interessiert und motiviert sind. Den Verabredungen einiger aktiver Mitbewohner und ihrer geäußerten Vorfreude auf gemeinsame Abende konnte ich diesbezüglich schon entnehmen, dass an Möglichkeiten kein Mangel herrscht. Denn um die Therapie herum haben sich vielfältige Angebote zur Zerstreuung angesiedelt. Sie werden den Interessierten durch Aushang unterbreitet – später werde ich feststellen, dass viele Angebote identisch sind mit denen des Kurbetriebs der Gemeinde. In Kenntnis dessen wundere ich mich nicht mehr, dass mir als eine der nach-therapeutischen Betätigungen vorgeschlagen wird, einen Vortrag über eine Reise zum Nordkap zu besuchen. Ich versuche zu sortieren und zu kategorisieren, was mich – angebotsmäßig – in den nächsten drei Wochen aufheitern soll. Ein Klavierabend? Oder der wöchentliche Tanztee? Oder sonntägliche Gottesdienste? Busfahrten in die Umgebung oder in Nachbarstädte? Hier hätte ich Klärungsbedarf, was Mitreisende betrifft. Wer jemals an einer Moselfahrt teilgenommen hat, während der Mitreisende lautstark sangen, man könnte auch sagen, sich fragten, warum es am Rhein so schön ist, wird das verstehen. Bei angebotenen Spieleabenden mit Dart-Werfen ist es schon leichter auszusteigen, als auf einer Busreise. Die musische Sektion bietet Vorschläge, die von gemeinsamem Singen über Oper- und Theaterbesuche – falls sich eine Theatertruppe während des jeweils dreiwöchigen Aufenthalts des Patienten hierhin verirrt – bis zu Museumsbesuchen reicht, aber auch die Teilnahme an einem Vortrag empfiehlt, der Volkskunst und Brauchtum der Umgebung zum Gegenstand hat. Filmvorführungen verstehen sich von selbst, und das Angebot eines Kurses „Formen und Malen überrascht auch nicht. Fast übersehen hätte ich die Empfehlung der Teilnahme an den lebensnahen Unterweisungen „Wie verfasse ich meine Patientenverfügung und „Wie verfasse ich mein Testament. In deutlicher, klarer Schrift hat jemand seinen eigenen Vorschlag hinzugefügt: „Wie gestalte ich mein Grab.

    Die Einladung der Klinik, die Rehabilitationsmöglichkeiten in ihrem Institut zu nutzen, schloss ausdrücklich Ehefrauen mit ein, mit

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1