Anna & Robert - Liebe, Schicksal und ein Handicap
By Abbi Doris
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Book preview
Anna & Robert - Liebe, Schicksal und ein Handicap - Abbi Doris
Lebensweisheit Nr.1
Die Erkenntnis, dass es nicht darauf ankommt, wer oder was du bist, oder wie viel du hast, kommt meist erst dann, wenn du die wahre Liebe gefunden hast. Wenn dich das, was du glaubst, was andere von dir denken, kalt lässt, hast du den höchsten Grad des Glücks erreicht. Wenn dich also nichts mehr erschüttern kann, erst dann bist du frei um zu leben.
(Clochard Raadé)
Erkenntnisse
Wer sitzt nicht manchmal still in einer Ecke und überlegt, wie das Leben wohl verlaufen wäre, wenn die eine oder andere Entscheidung nicht, oder zumindest anders getroffen worden wäre. Man überdenkt die Fehler und die falschen Schritte die man gemacht hat und grübelt darüber nach, warum man diese überhaupt gemacht hat. Manchmal haben kleine Fehler oder unbedachte Kleinigkeiten einen großen Einfluss auf dein gesamtes späteres Leben. Der Witz dabei ist nur, man kann diese kleinen Fehler oft nicht mehr rückgängig machen. Denn wenn man den Fehler erkennt, ist er schon Vergangenheit. Die Folgen sind anfänglich nur schwer zu erkennen. Man denkt, es wird schon alles gut werden. Aber meist ist das Kind dann schon in den Brunnen gefallen. Das ist wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Es ist nur ein kleiner Hauch, den seine kleinen Flügel in die Luft zeichnen. Aber auf der anderen Seite des Globus kann daraus ein Sturm werden. Aber es ist wie verhext. Man stolpert immer wieder über die Steine, die einem von anderen in den Weg gelegt werden, oder fällt über die Knüppel, die man sich selbst zwischen die Beine geworfen hat. Wenn es doch nur eine Fibel des Lebens geben würde, ein Lehrbuch für die Liebe und das Leben. Eine Gebrauchsanweisung für die Gestaltung der eigenen Zukunft. Einen Plan mit allen Straßen und Wegen, die man getrost gehen kann. Mit einem Verzeichnis aller Warnhinweiszeichen an den Straßen und Wegen, die man nicht benutzen sollte. Aber das wäre wohl ein Buch, das dicker sein würde, als der Mont Everest hoch ist. Wer sollte es auch schreiben. Jeder von uns hat doch seine eigenen Vorstellungen von seinem Leben und seiner Zukunft. Jeder will seine eigenen Fehler machen und daraus lernen. Und so macht jeder von uns seine eigenen Erfahren und sammelt im Laufe seines Lebens einen Berg von Wissen und Erfahrungen an. Wenn wir dann das Zeitliche segnen, der eine früher, der andere später, geht all dieses Wissen, gehen all diese Erfahrungen in der Unendlichkeit auf. Manchmal jedoch schreibt jemand seine Erfahrungen auf und wir können uns an seinen Fehlern ergötzen, oder daraus lernen.
Diese Geschichte zeigt den Weg zweier Menschen, denen der goldene Löffel nicht in den Mund gelegt wurde. Sie wuchsen hervor aus der grauen Masse der Bedeutungslosen. Das sind die, welche geboren werden und wieder gehen, ohne dass sie großen Einfluss auf den Lauf der Welt haben werden. Meistens bleibt von ihnen nur ein kleiner grauer Stein, auf dem ein Name steht. Mehr nicht. Diese beiden Menschen trafen sich wie ein Sonnenstrahl, der zufällig deine Hand berührt und dich wärmt. Sie sahen sich und merkten, dass ihre Herzen im gleichen Takt schlugen. Doch sie hatten nicht nur ihre Liebe und ihr grenzenloses Vertrauen in die gemeinsame Zukunft. Diese Geschichte zeigt eine Liebe, eine falsche Entscheidung und die ganze Tragik eines Schicksalsschlags. Sie zeigt aber auch, dass die Liebe zweier Menschen alle Hindernisse überwinden kann. Weil nur die Liebe ein Gut ist, das man mit Gold nicht aufwiegen kann. Robert und Anna, die Helden dieser Geschichte werden an die Grenzen ihrer Leidensfähigkeit geführt. Wird ihre Liebe diese Prüfung überstehen?
Ein seltsames Ostern
Ostern stand vor der Tür, und ich wollte wie so oft zu den Feiertagen an meinem alten Bauernhof zu werkeln. Mit den entsprechenden Brückentagen hatte ich fast eine Woche, in der ich, zwar ohne meine liebste Anna, meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen konnte. Nämlich bis zum Hals im Dreck wühlen. Mein altes Fachwerkhaus - und das hatte ich nicht ansatzweise geahnt - schien ausschließlich aus Dreck zu bestehen. Mit der Zeit hatte ich schon so viel Dreck und Schutt nach außen transportiert, dass man auf der Halde vor dem Haus locker die olympischen Winterspiele hätte abhalten können. Das meiste hatte ich aus dem ehemaligen - achtzig Quadratmeter großen - Kuhstall geholt, der sich im Haus befand. Früher, so um 1865, wärmten die Ausdünstungen der Tiere und ihre Körperwärme wohl zusätzlich das Haus. Damals gab es noch keine Gas,- oder Ölheizungen. Geschweige denn Heizkörper. Den Schornsteinen zufolge wurde wohl an einigen Feuerstellen mit Holz geheizt. Aber egal.
Was mich am meisten wunderte, trotz des vielen Drecks hatte sich die Grundfläche des Hauses nicht verändert. Ich fragte mich daher immer wieder, wie das möglich sein konnte. Aber ich wühlte weiter. Im Gasthaus Heller, welches genau gegenüber lag, wurde ich schon gefragt, ob ich einen Tunnel zum Mittelpunkt der Erde graben würde. Angesichts der Halde vor dem Haus, war diese Annahme durchaus schlüssig. Anna hielt diese Arbeit schon von Anfang an für unzumutbar. Und so vermied sie es, so oft es ging mitzukommen und zu helfen. Ihre Ausreden waren immer plausibel. Aber auch irgendwie verständlich. Welches weibliche Geschöpf wühlt schon gerne im Dreck, der hundert Jahre alt ist. Dieses Mal hatte sie die Einladung einer Freundin angenommen, deren Eltern in Hartau zu besuchen. Natürlich nicht ohne Hintergedanken. Hartau liegt im Dreiländereck zwischen Deutschland, Polen und Tschechien. Es bestand daher eine sehr große Chance, dass ihr Auto widerrechtlich ins Ausland entführt werden würde. Mit dem Ergebnis, dass die Versicherung ihr einen nagelneuen Wagen vor die Tür stellen müsste. Und so war ich über Ostern in Kulmbach allein. In diesem trostlosen Zustand nahm sich das benachbarte Ehepaar Schneider - aus sicherlich humanitären Gründen - meiner an. Ich wurde herzlichst eingeladen, dieses Osterfest im Kreis ihrer Familie zu verbringen. Nun war ich als Protestant in dieser erzkonservativen, katholischen Familie das Wasser, das man ins Feuer gießt. Beim Einführungsgespräch gab ich zu bedenken, dass ich über keine nennenswerten religiösen Kenntnisse verfügen würde. Meine diplomatischen Beziehungen zum Osterhasen seien rein kommerzieller Art, gab ich zu bedenken. Aber Bernd Schneider beruhigte mich: „Es ist für jedermann ein höchst unvergessliches Erlebnis, Ostern in ihren Reihen verbringen zu dürfen. Vor allem, wenn mein Sohn Klaus Hermann sein Osternest sucht."
Daher ließ ich mich nicht länger bitten, und willigte ein. Mit einer Flasche Eierlikör unter dem Arm, stieß ich als neutraler Beobachter am Ostersonntag zur Familie Schneider. Nach einer überschwänglichen und recht körperbetonten Begrüßung durch die üppige Hausherrin, begab ich mich mit ihnen in den Salon. Hier sollte der Feierliche Akt der Osternestsuche stattfinden. Der Raum war mit einer gewaltigen Birke geschmückt, die mit den herrlichsten Ostereiern in allen Farben behangen war. Ein reich gedeckter Tisch deutete darauf hin, dass ein sehr opulentes Festmal folgen würde. Im rechten Winkel zur Birke standen zwei recht antik aussehende Sofas, die mit einigen bunten, mit Ostermotiven bestickten Kissen, belegt waren. Alles sah sehr einladend und gemütlich aus. Leise fragte ich meinen Nachbar, wo er den die Eier versteckt hätte.
„Dafür ist seit dem zweiten Weltkrieg mein Vater zuständig", korrigierte mich Bernd und stellte mich seinem Vater vor, der recht apathisch und scheinbar leblos auf einem der Sessel lag. Ich bemerkte aber, dass sich sein Brustkorb hob und senkte. Daraus schloss ich, dass er doch noch am Leben sein musste. Erleichtert versuchte ich zu ihm Kontakt aufzunehmen. Doch Bernd Schneider kam mir zuvor...
„Opa, Opa, brüllte Bernd seinem Vater ins Ohr. „Wir haben Besuch von unserem Nachbarn.
„Was", brüllte der Opa.
„Der Herr – feiert - heute – mit – uns – Ostern."
„Gelobt sei der Herr", bestätigte Opa.
„Aber was zur Hölle will den unser Nachbar hier, dieser Antichrist?", brüllte Opa und musterte mich feindlich.
Glücklicherweise brachte Opas Inkontinenz eine erfreuliches Wende in unsere kurze Plauderei. Bernd und seine Frau packten Opa und trugen ihn ins Badezimmer, wo er recht gefühllos in die Wanne geworfen wurde. Frau Schneider verschnaufte kurz und schickte dann ihren Liebling Klaus Hermann auf die Suche nach dem Osternest.
„Wie ich meinen klugen Klaus kenne, prophezeite Frau Schneider mit unverhülltem Stolz. „Wird er das Nest im Nu finden. Der verkalkte Alte versteckt es immer im linken Sofa.
Mit der Sicherheit einer jahrelangen Routine, stürzte sich Klaus Hermann sogleich auf das linke Sofa. Angestachelt von seinen Erzeugern, wühlte er sich durch die Kissen und verschwand dann zeitweise vollständig in den gewaltigen Sofa-Ritzen.
„He, wollt ihr mich verarschen?, hob das Kind plötzlich seine Stimme. „Da ist nichts.
„Aber es muss da sein, es ist doch jedes Jahr dort", klamüserte Frau Schneider.
Gemeinsam mit seiner Frau begann die kleine Familie die Polster des Sofas systematisch zu zerlegen. Plötzlich sprang Bernd auf, rannte zum Bad und trommelte hysterisch an die Tür.
„Opa", wo hat du es versteckt?
„Was?", hörte ich aus dem Bad.
„Wo – sind – die – Eier?", brüllte Bernd.
„Was für Eier?"
Panik brach aus. Mit Messern bewaffnet, arbeiteten sich die Eheleute Schneider ins Innere des Sofas vor, während Klaus Hermann weinend und mit hängenden Armen mitten im Zimmer stand.
„So eine Scheiße, eskalierte der Kleine. „Jemand hat mein Osternest gestohlen.
Er schickte mir einen wutentbrannten Blick und ballte seine Fäuste. Um von mir abzulenken, kroch ich suchend unter das Sofa. Bernd begann die Nähte des Sofas aufzuschneiden und die Füllung herauszureißen.
„Acht Schokoladeneier können sich doch nicht einfach in Luft auflösen", skandierte er mit Holzwolle auf dem Kopf.
Kein Zweifel, diese Szenerie war wirklich einmalig, und würde mir für immer in Erinnerung bleiben.
„Jedes Jahr der gleiche Mist", heulte Klaus Hermann. Während seine Eltern die Einzellteile des