Verwobene Bildnisse: Teil Eins der Cosmic Union Trilogie
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Verwobene Bildnisse - Natascha Skierka
Eine Zeit wird kommen ...
Eine Zeit wird kommen …
… in der wir kein Traum mehr sind.
Hell und unverschwommen …
… erwachen wir nun geschwind.
Um suchend zu finden …
… was in uns liegt verborgen.
Tief unter den Rinden …
… verbirgt das Jetzt das Morgen.
In einer Zeit so stumm …
… das sie nie mehr vergangen.
Dreh an dem Rad herum …
… um Weisheit zu erlangen.
Prolog
Mai 2009
Der Geschmack von Salz haftete an ihren Lippen. Er schien sich überall zu verteilen. In ihren Haaren, an ihrer Kleidung und vor allen Dingen in ihren Körper. Gedankenverloren streifte sie eine Haarsträhne hinters Ohr und verschränkte fröstelnd die Arme ineinander, während sie ihre Strickjacke enger zog. Gegen Abend war es ein wenig kühler geworden aber Liv wollte unbedingt noch einen Spaziergang am Hafen machen, bevor sie sich wieder in ihr Hotelzimmer zurückzog, um ihr blutendes Herz zu verarzten.
Allein schon der Gedanke an die Einsamkeit dieses Zimmers zog ihre Stimmung herunter und vermieste ihr die Schönheit des Sonnenuntergangs, dessen intensiv orange-roten dunklen feuerfarben langsam den Horizont hinab glitten. Tief Luft holend, versuchte sie nicht weiter an den Grund zu denken, weswegen es sie hierher nach Oslo verschlagen hatte. Sie wollte einfach nur die Schönheit der Stadt zwischen Wald und Meer genießen und Manuel Dewenders Existenz vergessen. Er hatte ihr unbewusst das Herz gebrochen und ihre Seele gestohlen, während er noch nicht einmal ahnte, welchen Schmerz es ihr zufügte, an ihn zu denken, bei dem Versuch ihn ein für alle Mal aus ihren Gedächtnis zu bannen.
Am besten wäre es, wenn sie eine Amnesie bekäme, fuhr es ihr durch den Kopf, aber dann würde sie all die anderen schönen und weniger guten Momente ebenfalls vergessen, die sie geformt und zu der Person gemacht hatten, die sie heute war. Liv Bachmann, in Oslo geboren, in Deutschland aufgewachsen und nun zurückgekehrt an dem Ort, wo ihre Mutter ihr einst das Leben geschenkt hatte. Einem Ort voller Magie und Menschen, denen sie sich zugehörig fühlte, seit dem Augenblick, in dem ihre Füße norwegischen Boden berührten. Ja vi elsker dette landet, lautete die erste Zeile der norwegischen Nationalhymne, ja wir lieben dieses Land. Ja jeg elsker dette landet, dachte Liv und ließ ihren Blick über das Meer schweifen, auf dem sich Schiffe und Fähren wie geschäftige Bienen tummelten. Ja, ich liebe dieses Land.
Ein Moment der Stille senkte sich herab und drängte die geschäftigen Geräusche des Abends in den Hintergrund. Liv fühlte sich wahrlich zuhause angekommen, obwohl sie nie hier gelebt, geliebt und gelitten hatte. Aber das war etwas, das man ändern konnte, mischte sich ihre innere Stimme in das Geschehen ein und Livs ansonsten voller Mund presste sich zu zwei dünnen Linien zusammen. Sie fragte sich, ob sie tatsächlich hier leben wollte und alles in ihr, wusch wie eine heftig donnernde Welle über sie hinweg, während pure Zustimmung von ihrer inneren Stimme in ihr Bewusstsein gespült wurde.
Hilse, flüsterte der Wind, hilse min datter. Willkommen meine Tochter. Erschrocken fuhr sie zusammen und war froh, dass niemand sie zu bemerken schien, als sie sich vorsichtig umblickte. Warum nur passierte ihr das immer wieder? Weshalb konnte sie Dinge sehen und hören, die anderen Menschen offensichtlich verborgen blieben. Wieso war sie so dermaßen aus der Art geschlagen und konnte kein normales Leben führen? Weil du die bist, die du bist, Tochter. Phantastisch, dachte Liv und machte wieder kehrt, einfach nur phantastisch. Ihre Schritte wurden schneller und sie erwischte gerade noch die Bahn, die sie zurück zu ihren Hotel brachte. Livs Augen glitten über die Menschen, eine Mischung aus Touristen und den Menschen Oslos. Zu welcher Kategorie sollte sie sich zählen, fragte sie sich und blickte nachdenklich nach unten, wo die Schatten, der immer noch untergehenden Sonne tanzend über den Boden flirrten. Die rhythmischen Bewegungen der Bahn lullten sie ein und eine sanfte Melodie schlich sich leise in ihre Ohren. Sie wusste, dass es ein altes Wiegenlied war, obwohl sie es noch nie zuvor gehört hatte. Jedenfalls glaubte Liv, dass sie es noch nie gehört hatte. Sie hob den Kopf und eine junge Mutter stieg hinzu, leise eben dieses Lied summend, während sie ihr Baby im Arm hielt, während der Vater mit dem Kinderwagen folgte und sich neben seine kleine Familie setzte. Liv überraschte es kaum noch das solche Situationen sie ereilten, auch wenn es diesmal nur ein Lied war, das sich aus der Zukunft oder vielleicht auch aus der Vergangenheit in die Gegenwart geschlichen hatte. Das Baby schien sich an seine Mutter zu klammern und sie blickte aus dem Fenster, während die junge Frau immer weiter summte. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken und das nächste Mal, als sie wieder auf die Drei blickte, hatte sich die gesunde rosige Hautfarbe des Kindes blau verfärbt. Sie blinzelte geschockt und hielt die Augen einen Moment lang geschlossen, während Liv sich versuchte wieder zu beruhigen. Die Augen wieder öffnend sah sie, dass das Baby, immer noch dieselbe rosige Farbe, wie zuvor sein eigen nannte. Tränen brannten in ihren Augen und sie hoffte, das die mögliche Zukunft, die sie gerade gesehen hatte nicht eintraf. Aber das, so wusste Liv, war nur äußerst selten der Fall und sie hoffte, dass es sich diesmal um einen solchen handelte. Die nächste Haltestelle war ihre und sie stand schweren Herzens auf, auch wenn sie die beiden am liebsten gewarnt hätte. Aber das konnte sie nicht, wusste sie doch, dass der Großteil der Menschen diese Art von Vorhersage verteufelten, weil es ihnen suspekt vorkam und Angst machte. Bedauern ergriff sie und Liv machte sich auf den Weg in ihr Hotel, in der Hoffnung das ihre Voraussage nicht eintraf.
Sie lief und merkte nicht, als sie eine falsche Abzweigung nahm und sich von ihren eigentlichem Ziel entfernte.
Als Liv schließlich bemerkte, dass sie sich verirrt hatte, blieb sie stehen und drehte sich um sich selbst, während der Wind ihre Haut küsste. Sie befand sich vor einen kleinen Park, die Blätter der Bäume raschelten als tuschelten sie über ihr törichtes gedankenverlorenes Verhalten. Sie schüttelte den Kopf und versuchte sich anhand einer Karte zu orientieren, die sie aus ihrer grau-silbernen Umhängetasche nestelte.
Relativ schnell hatte sie sich wieder orientiert und wollte sich gerade wieder auf den Weg zurück begeben, als ein Haus ihre Aufmerksamkeit erregte. Es hatte einen Vorgarten, in dem wunderschöne rote, gelbe und weiße Rosen blühten und ein kleiner Weg in der Mitte führte zu einem heimelig wirkenden Haus, von dem sie wusste, das es 1711 erbaut worden war. Wie magisch fühlte sie sich von dem Haus angezogen und hielt ohne Weiteres darauf zu, während sie von Glück sagen konnte, das momentan kein Auto die Straße befuhr und sie diese ohne Zwischenfall überquerte. Vor dem Haus blieb sie erneut stehen, musterte es und eine Welle an Gefühlen spülte über sie hinweg, die sie nur schwer wieder unter Kontrolle bringen konnte. Das Gedächtnis dieses Ortes war stark von den Gefühlen der Menschen in Beschlag genommen, die ihn bewohnten oder einmal hier gelebt hatten. Liv konnte das nie wirklich differenzieren, auch wenn sie seitdem sie in der Lage war zu denken, mit diesen Gaben lebte, die sie schon lange nicht mehr als Fluch betrachtete, auch wenn das, was sie mitunter sah, nicht gerade das gelbe vom Ei war. Was in den meisten Fällen der Fall war, dachte sie traurig und versuchte herauszufinden, warum sie so stark auf eben dieses Haus reagierte.
Aber noch, bevor sie sich auf die Schwingungen des Ortes einstellen konnte, um tiefer vorzudringen und mehr heraus zu bekommen, öffnete sich die Türe und sie stand einem fast perfekten Spiegelbild von sich selbst gegenüber. Liv zuckte zusammen, während ihr Puls sich beschleunigte und das Blut mit einer Geschwindigkeit durch ihre Adern jagte, von der Liv beinahe schwindelig wurde. Sie betrachtete die andere Frau und stellte fest, dass sie zwar Ähnlichkeit mit ihr besaß, aber dennoch Unterschiede vorhanden waren. Ihre Augen waren braun, Livs hingegen blaugrün, ihr Haar war pechschwarz, Livs glich eher einer Schlammpackung, während es erheblich länger war, als das der anderen Frau, das bloß bis über die Schultern reichte und dessen Stufen im Wind wehten. Sie neigte den Kopf zur Seite und lächelte sie leise an, während ihr eine Strähne vor die Augen wehte und kurzfristig die Sicht nahm. Automatisch streifte sie sich diese aus dem Gesicht und holte tief Luft um etwas zu sagen. Aber ihr fiel nichts ein, was sie hätte sagen können und so schloss sie den Mund wieder. Die andere Frau lächelte schließlich und öffnete die Arme in einer Willkommen heißenden Geste und Liv runzelte mit der Stirn. Was in aller Welt ging hier vor sich, fragte sie sich und ihr kam es beinahe so vor, als hörte sie das Lachen einer Frau im Wind. „Willkommen, unterbrach die andere Frau ihre viel zu schnell rasenden Gedanken. „Willkommen,
wiederholte sie lauter, „auf der Ebene der Götter. „Wer sind Sie?
brachte Liv endlich heraus und das Lächeln der Frau verbreiterte sich. „Ich bin Astrid Lindstrøm, sagte sie und ergriff ohne Vorwarnung ihre Hände, „deine Schwester.
Nein, dachte Liv. „Nein, sagte sie laut und schüttelte bestimmt mit dem Kopf, „ich habe keine Schwester.
„Doch, nickte Astrid und zog sie in ihre Arme, bevor sie sich wehren konnte, „die hast du.
Teil 1 - Nordlichter - Kapitel 1
November 1976
Heute würde sie ihm begegnen. Liv Lindstrøm wusste in dem Moment, in dem sie erwachte, das heute der Tag war, an dem sie dem Vater ihrer beiden zukünftigen Töchter, über den Weg lief. Ihre fast moosgrünen Augen strahlten, wie Abertausend kleine Regenbogen die sich in ebenso vielen Tautropfen widerspiegelten. Zufrieden kuschelte sie sich in ihre Decke und blickte zum Fenster ihres Hotels hinaus, wo die Nacht immer noch Herrschaft zu halten schien, obwohl der Morgen bereits fortgeschritten war. Tromsø war aber einer jener magischen Orte, an dem Menschen aus Allerherren Länder, den magischen Tanz der Nordlichter bewunderten. So wie sie gestern Abend.
Pure Liebe für ihr Land durchflutete Liv, während sie immer noch voller Bewunderung daran dachte, während die Vorfreude auf die bevorstehende Begegnung ihr beinahe schon Flügel verlieh. Flügel, deren Besitzer Elfen und nicht Engel waren, dachte sie, die einer Religion dienten, die es beinahe geschafft hätte die skandinavischen Götter und Göttinnen zu vernichten.
Beinahe, dachte Liv, beinahe wären sie dem Untergang geweiht gewesen, lange bevor Ragnarök, wo der Großteil der Götter ihr leben lassen würde, seinen Lauf nehmen würde.
Aber auch wenn die alten Mythen, Legenden und Erzählungen, tief in ihren Herzen und in ihrer Seele verwurzelt und verankert waren, so spürte sie dennoch mit großer Sicherheit, dass da irgendwo in all dem Wirrwarr aus Religion, Kultur und Geschichte, etwas verborgen lag, das tiefer reichte als das geschriebene Wort der historischen Bücher jemals enthüllen, würde können. Etwas das sie alle mehr miteinander vereinte denn trennte. Ganz wie eine Melodie, die aus der weit entfernten Vergangenheit in die weit entfernte Zukunft und ihrer aller greifbaren Gegenwart reichte.
Dennoch oder gerade, weil sie dies mit absoluter Gewissheit wusste, war es ihr auch relativ egal, ob es anderen Menschen gefiel, das sie sich dennoch eher zu den alten Göttern und Göttinnen ihres Landes hingezogen fühlte.
Außerdem war es so auch leichter für sie, ihre Magie für sich zu nutzen und mit dieser zu leben. Einer Magie, die sie noch vor gar nicht allzu langer Zeit, auf den Scheiterhaufen gebracht hätte, während in der heutigen Welt die Menschen nicht nur offener für alles was sie umgab, wurden, sondern immer mehr und mehr erwachten, um vielleicht noch in dieser Lebenszeit, ihre Seelen und Mutter Erde, auf eine neue Daseinsebene erhoben, die die Menschheit endlich vereinte.
Alles hatte seine Zeit, dachte sie. Und dies war eine Zeit, in der es an der Zeit war, sich selbst mit einem anderen Menschen zu spiegeln, mit dessen Seele sie lange vor ihrer Geburt vereinbart hatte dies zu tun. Wie lange sie dann mit dieser Person zusammen sein würde, blieb ein Geheimnis des Lebens und seiner vielen rätselhaften Umstände.
Seufzend blickte sie sich in ihren, von der Dämmerung umwölkten Zimmer um. Natürlich hoffte sie das es bis an ihr Lebensende sein würde, so wie es ihren Eltern beschieden war. Die beiden hatten sie ziemlich spät bekommen und sie war das einzige Kind der beiden liebevollsten aber auch gerechtesten Menschen, die sie ihre Eltern nennen durfte. Für Liv war das Ableben der beiden viel zu früh gewesen. Aber Astrid und Olaf Lindstrøms Zeit auf dieser Welt war verstrichen und Skuld hatte ihren Lebensfaden durchtrennt, welcher ihre Seele an ihren irdischen Körper hielt. Liv fragte sich ob einer von ihnen oder gar beide das Glück einer Wiedergeburt innerhalb der eigenen Familie beschieden war.
Schnell schüttelte sie den Gedanken beiseite und sie schälte sich aus der Wärme ihres Bettes, in die Kühle des kleinen Badezimmers und stellte sich unter die Dusche, wo die Träume der vergangenen Nacht endgültig fortgespült wurden.
Sie beobachtete sie. Die Atmosphäre, in der sie sich befand, erlaubte ihr eine Freiheit, von der sie in ihren letzten Leben nur geträumt hatte. Im wahrsten Sinne des Wortes, bedachte man das der Schlafzustand dem Tod auf gewisse Weise ähnelte und das was sie alle als Träume erlebten das war, was man durchaus als parallele oder geistige Welt bezeichnen konnte. Eine Welt, die ebenso real war wie die stoffliche Welt, in die sie dann und wann hinein katapultiert wurden, um Erfahrungen zu sammeln, die sie niemals ohne den Besitz eines Körpers erlebt hätten. Tanzen dachte sie und das Pendant zum menschlichen Auge schloss sich selig. Sie hatte es geliebt zu tanzen. Aber auch zu singen und Speisen zu sich zu nehmen die göttlich waren und dies mit einem Menschen, einer anderen Seele zu tun, mit der man infolgedessen die körperlichen Begierden und Freuden teilte, indem Versuch miteinander zu verschmelzen und sich gleichzeitig zu spiegeln, um ein Spiegelbild von sich selbst zu erschaffen, das auch dann noch existieren würde, wenn der Lebensfaden längst durchtrennt war. Ob die nächste Generation sich dann ebenfalls spiegelte, blieb ein Geheimnis des Lebens und seiner Umstände, obwohl das Schicksal an sich durchaus noch ein Wörtchen mitzureden hatte, wenn es um den Lebensweg eines oder mehrerer Menschen ging, die miteinander verwoben waren. Und ebendieses Schicksal würde Liv und ihren zukünftigen Gefährten zusammenführen und auch wieder trennen, sobald sich dieses erfüllt hatte. Oder auch nicht, dachte sie, während sie Liv dabei beobachtete, wie sie sich ankleidete und in den dämmrigen Tag hinaus ging, um ihrem Schicksal zu begegnen. Vielleicht, so hoffte sie, würde sich dieses von seiner guten Seite zeigen und den beiden ein langes gemeinsames Leben schenken, das voller Freude und guter Momente sein würde. Aber das war bloß eine Hoffnung und es würde sich zeigen, ob sie sich für sie ebenso erfüllte, wie sie sich einst für sie erfüllt hatte und vielleicht wieder erfüllen würde. Schließlich wusste Liv noch nicht, dass sie eine ihrer beiden Töchter sein würde. Sie die einst ihre Mutter gewesen war und solange gelitten und gekämpft hatte bis sie sie endlich bekommen hatte. Astrid Lindstrøm hatte nicht aufgegeben und sich dem Schicksal mit kämpferischer Pose entgegen gestellt und am Ende gewonnen. Das war für sie der Beweis gewesen, dass man das eigene Schicksal ändern konnte und wenn sie dieses Leben noch einmal leben müsste, so würde sie es wieder so tun. Aber das stand hier weder zur Debatte noch würde es das jemals wieder tun. Schließlich galt es sich auf ein neues Leben vorzubereiten, das zwar in direkter Linie mit diesem in Zusammenhang stand, aber niemals so werden würde, wie dieses einst gewesen war. Sobald sich ihre Seele in die Gebärmutter ihrer Tochter eingenistet hatte, würde sie zu deren Tochter werden und ein neues Spiel würde beginnen, das auf der stofflichen Ebene seinen Verlauf nahm. Was dann geschah, lag in den Händen eines anderen Körpers, der erst noch ihrer werden musste und des eindeutig veränderbaren Schicksals. Ihre Mundwinkel zogen sich nach oben, während das Schicksal unten auf der stofflichen Ebene auf einen weiteren Höhepunkt zusteuerte, der das Leben zweier Menschen für immer verändern sollte. Ihr zukünftiger Vater erblickte ihre Tochter/Mutter und hielt genau auf sie zu, während diese gefangen von dem Spiel der Nordlichter war, die nicht ruhten, miteinander zu tanzen.
„Wunderschön, nicht?! Liv holte tief seufzend Luft, bevor sie sich umdrehte und ihr der Atem stockte. „Ja
, flüsterte sie und meinte beides. Die Nordlichter ihrer Heimat und die irisierende Ausstrahlung seiner Aura, die durch das innere Leuchten seiner Seele Ausdruck in seinen Augen fand. „Liv, flüsterte sie und er sah sie an. Liv hielt ihm ihre Hand hin. „Mein Name ist Liv.
Sie schluckte, während sein Blick durch sie hindurchging und die kurze Zeitspanne, bis er endlich ihre Hand ergriff, sich zu einer Ewigkeit auszudehnen schien. „Lukas Bachmann, erwiderte er und die Berührung ihrer Hände löste einen Stromschlag zwischen den beiden aus. „Du solltest ein Warnschild tragen
, meinte er und duzte sie, wie es in Norwegen üblich war, während er sich die Handinnenflächen rieb. „Vorsicht! Entflammbar! „Wieso ich?
Liv sah ihn herausfordernd an. „Ich bin nicht die Einzige die elektrisiert. Er sah sie kopfschüttelnd an, während sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. „Was glaubst du
, fragte er sie, „welche große Schlacht wurde geschlagen und wer wurde von den Walküren auserwählt, an Odins Tafel zu speisen. „Ich glaube kaum das es an Odins Tafel überhaupt noch einen freien Platz gibt
, erwiderte sie lachend. „Vielleicht nicht, stimmte er ihr zu, „aber an meiner Tafel ist immer ein Platz frei.
Mit funkelnden Augen blickte sie ihn, eine Braue hochziehend, an. „Wenn das eine Einladung gewesen sein soll, flüsterte sie sich seinem Gesicht nähernd, „dann nehme ich sie gerne an.
Schnell huschten ihre Lippen über seine und gemeinsam setzten sie sich an einen der aufgestellten Tische, an denen hungrige und durstige Touristen und Einheimische, sich aus mitgebrachten Picknickkörben bedienten.
Lukas teilte sein mit Ei und Käse belegtes Brot und den heißen, mit etwas Honig gesüßten Tee, mit ihr. Währenddessen unterhielten sie sich rege miteinander und bereits nach wenigen Augenblicken erschien es ihnen, als wenn sie sich schon ein ganzes Leben und mehr kannten.
Irgendwie kam ihr Gespräch wieder auf die Götter und die Frage ob Thor wohl mit Mjöllnir, seinen Hammer wirklich Donner kreieren konnte, wenn er diesen gen Erde schleuderte. Liv musste lachen, während ihre Hormone bereits Amok tanzten. „Keine Ahnung, meinte sie schließlich lachend und sah ihn lange an. „Denkst du, wir könnten Donner kreieren?
Fragend hob sich ihre Augenbraue und sie hielt ihm ihre Hand entgegen. Lukas ergriff sie und blickte von ihren ineinander verschlungenen Händen, in ihre Augen. „Wenn du willst, können wir es ja herausfinden. „Das sollten wir
, flüsterte sie, und während ihr inneres Feuer immer höhere schlug und beinahe den Schnee um sie herum zu schmelzen hätte bringen können, erhoben sich die beiden und beeilten sich in ihr Zimmer zu gelangen. Lächelnd verschloss Liv die Türe und wie in einen Tanz befreiten sie sich beide gegenseitig von der sie verhüllenden Kleidung, während Liv gleichzeitig die Nadeln aus ihren Haar löste, welches wie ein dunkelblonder Wasserfall bis zur Mitte ihres Rückens hinunter fiel und ihr das Aussehen einer antiken Göttin verlieh, die gerade eben wieder zum Leben erweckt wurde.
Liv gefiel dieser Vergleich und mit sinnlicher Erhabenheit, umschlang sie lächelnd seinen Nacken, bevor sie ihn küsste. Tiefer grollender Donner rumorte irgendwo in der Tiefe des nächtlichen, vom Tanze der Nordlichter erhellten Himmels und beide mussten unwillkürlich lachen. „Und dabei haben wir noch nicht einmal wirklich angefangen, meinte sie den Kopf zur Seite neigend. „Dann sollten wir das tun
, flüsterte er und seine Augen blitzten funkelnd auf. „Ja, wisperte sie und ließ sich von ihm zum Bett hinüber tragen, „das sollten wir tun.
Irgendwo in den Tiefen der Erde schlugen Trommeln einen tiefen, zeitlosen Rhythmus, der sich mit ihrem Herzschlag verband und diesen widerspiegelte, während ihre Körper endlich zueinanderfanden.
Die Nordlichter tanzten mit ihnen, die Eruptionen der Sonne übertrafen sich selbst und schienen mit den unzähligen Regenbogen der Vergangenheit und Zukunft in Konkurrenz treten zu wollen. Kräftige Farben erhellten den Himmel in einen Tanz, den man beinahe schon göttlich nennen konnte und der einfach nur atemberaubend war.
Ebenso wie der Tanz der beiden, der sich zu einem intensiven Crescendo mit den Trommeln in der Tiefe, dem Donnern des Himmels und dem Tanz der Nordlichter vereinte und den Weg für die erste ihrer beiden Töchter bahnte, die ihnen bestimmt war. Völlig außer Atem lösten die beiden sich voneinander und Liv konnte bereits die Veränderung, die ihrer beider Leben für immer in eine andere Richtung lenkte, spüren.
Diese Unterwasserwelt fühlte sich wunderschön an. Beinahe so schön wie der schwerelose Zustand ihrer Seele zwischen den Leben. Das, was einmal ihre Hand werden sollte, erhob sich und streifte durch das Wasser. Ein Lachen gurgelte in ihrer noch nicht existenten Kehle und sie dachte bei sich, das, wenn es diesen Zustand nicht geben würde und eine Verbindung zwischen der Unendlichkeit der Seele und dem sterblichen Körper darstellte, würde es auf der Welt ziemlich trostlos und einsam aussehen. Wie eine Wüste ohne Sand oder die Arktis ohne Schnee. Ihr gefiel dieser Vergleich und sie freute sich schon auf die Zeitspanne, die sie in dieser wundersamen Welt verbringen durfte, die allein ihr gehörte und in der noch niemand etwas anderes von ihr wollte, als das es ihr gut ging und in der man nicht von ihr verlangte etwas anderes zu sein, als sie es eigentlich war. Eine alte Seele, die sich dazu entschlossen hatte, ein erneutes Leben auf der stofflichen Ebene in Angriff zu nehmen und zu versuchen, es diesmal nach ihren Wünschen und Vorstellungen