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Der Herr des Krieges Teil 2: Grossmeister und Hexenmeister
Der Herr des Krieges Teil 2: Grossmeister und Hexenmeister
Der Herr des Krieges Teil 2: Grossmeister und Hexenmeister
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Der Herr des Krieges Teil 2: Grossmeister und Hexenmeister

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Napoleon kocht vor Wut: seine Marschälle haben bei Talavera wieder eine grauenhafte Niederlage eingesteckt. Der französische Kaiser schwört, dass er Arthur Wellesley, jetzt Lord Wellington, jeden Knochen im Leib brechen wird. Während Bonaparte noch flucht und eine schlecht geplante britische Expedition in Nordeuropa mit einem gewaltigen Reinfall endet, baut Arthur mit Hilfe der Portugiesen heimlich eine gewaltige Befestigungsanlage, um wenigstens Lissabon vor den Franzosen und ihre Verbündeten zu schützen und seine Rückzugslinie zu sichern. Gleichzeitig kämpft er mit dem Mut der Verzweiflung gegen eine Überzahl von Feinden um seinem Chefspion Pater Jack Robertson und dem " Quartett " die Zeit zu geben, in einer gefährlichen und streng geheimen Nacht-und-Nebel Operation das Terrain für eine grosse Offensive nach Spanien vorzubereiten. Der Weg über die Grenze und nach Frankreich ist weit, gefährlich und blutig, doch Arthur und seine Kampfgefährten fangen langsam an daran zu glauben, dass sie das "Monster" Napoleon am Ende vielleicht doch besiegen können, um so diesen grauenhaften und endlos langen Krieg zu beenden.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateApr 29, 2017
ISBN9783742788702
Der Herr des Krieges Teil 2: Grossmeister und Hexenmeister

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    Der Herr des Krieges Teil 2 - Peter Urban

    Kapitel 1 Wieder in Spanien

    Alle Informationsquellen in Spanien hatten dem alliierten Nachrichtendienst bestätigt, daß Soult sich auf Sevilla zurückzog und Marmont wieder auf dem Weg nach Nordspanien war. Vermutlich hatte er den Auftrag erhalten, eine zentrale Position zu beziehen, von der aus er jederzeit sowohl die französischen Truppen in der Estremadura als auch die in Leon verstärken konnte. Sein neues Hauptquartier befand sich im Dorf Navalmoral, unweit von Almaraz. Lediglich General Jean Baptiste Drouet, der Graf d’Erlon, wurde mit seinen Reitern in der Estremadura zurückgelassen. Die britischen und portugiesischen Truppen konnten damit endlich in Feldlager, weitab der fieberträchtigen Region um den Guadiana abgezogen werden.

    Arthur hatte – Konsequenz der grausamen Verluste John Beresfords bei Albuera – seine gesamte Armee reorganisieren müssen. Manche Regimenter hatten mehr als die Hälfte ihrer Männer verloren, Rowland Hills Zweite Division war nur noch ein trauriger Schatten. Es würde Monate dauern, bis die letzten seiner Verwundeten wieder dienstfähig sein würden. Das Militärhospital in Belem bei Lissabon war zum ersten Mal seit Beginn des Iberischen Feldzuges überfüllt.

    Die Ankunft Thomas Grahams und Hills Genesung ermöglichten es Arthur allerdings auch, diese Gelegenheit zum Anlaß zu nehmen, um ein neues operatives Konzept vorsichtig zu erproben: Er wollte in die Offensive gegen die Franzosen gehen! Bislang hatte der Ire immer nur Portugal verteidigt. Jetzt war die Zeit reif, endlich in Spanien einzugreifen. Hills umstrukturierte Zweite Division, die Vierte Division und Hamiltons Portugiesen blieben im Süden, bei Villa Vicosa, Fronteira, Pedrogao und Sousel. Sir Rowland selbst bezog Hauptquartier in Elvas. Durch Wellingtons großes altes Teleskop auf dem Glockenturm der Kathedrale konnte er vorzüglich seinen ganz persönlichen Gegner, den Grafen d’Erlon, im spanischen Teil der Estremadura überwachen. Um ihn in Schach zu halten, verfügte der General aus Shropshire nunmehr über 9000 kampferprobte Bajonette und über fast 4000 Säbel. Dank einer unerwarteten Verstärkung aus England, besaß das anglo-alliierte Feldheer zum ersten Mal, seit Anfang der Expedition auf der Iberischen Halbinsel, ausreichend Kavallerie. Sir Rowland befehligte die sogenannte ‚Alliierte Südarmee‘ in einem eigenständigen Kommando. Lord Wellington unterstand die ‚Alliierte Nordarmee’. Zusammen konnten sie mehr als 60.000 Mann ins Feld führen. Sir Thomas Graham stand mit der Ersten und der Sechsten Division um Pontalegre. Der verrückte Erskine, der sich bei Fuentes de Onoro und vor Almeida so schwerwiegende Fehler geleistet hatte, war bei seinem Kriegsgerichtsverfahren glimpflich davongekommen. Von London aus hielt der Prinzregent und Oberbefehlshaber der Landstreitkräfte Großbritanniens, Frederick von York seine schützende Hand über den alten Freund. Lord Wellingtons Macht reichte lediglich so weit, als daß dieser gefährliche Offizier auf einen unwichtigen Posten ohne größere, militärische Verantwortung abgeschoben wurde: Nah an den Weinfässern und Lasterhöhlen von Lissabon und fern der Front. Erskine wurde dazu verdammt, die neue Zweite Kavalleriedivision zu befehligen, die Sir John Beresford und der portugiesischen Armee unterstellt worden war. Niemand war sich bei diesem hoffnungslosen Fall im Klaren darüber, wer durch das Urteil von General-Advokat Larpent härter bestraft worden war: Beresford, weil er sich jetzt mit Erskine herumärgern mußte, oder Sir William, weil er sein Kommando über die Sechste Division verloren hatte!

    Sir Thomas Picton war mit seiner Dritten Division und der Fünften Division unter Sir Alexander Campbell in Castello Branco. Nur Black Bob Craufurd und die Leichte Division folgten ihrem Oberkommandierenden hoch in den Norden Portugals hinauf und lagerten um Castello de Vide und Montalvao, während der Ire mit einem kleinen Stab und dem Nachrichtendienst Hauptquartier in Fuenteguinaldo bezog. Er hatte es vorerst ausgeschlossen, irgendwelche waghalsigen Operationen südlich des Tejo einzuleiten: Das berüchtigte Guadiana-Fieber, das in dieser Gegend während der Sommermonate hauste, gefährdete Leben und Gesundheit seiner Soldaten mehr als jede Feindberührung. Außerdem durfte er nicht ausschließen, daß Marmont sich im Fall einer massiven, alliierten Bewegung gegen Badajoz und Cadiz, mit der französischen Nordarmee vereinigte, um eine dritte alliierte Belagerung der Grenzfestung zu vereiteln. Im spanischen Teil der Estremadura zu operieren, inspirierte ihn nicht sonderlich: Das Hinterland des Alentejo konnte seine Truppen keine drei Tage versorgen. Damit wäre eine Armee in dieser Gegend bereits geschlagen, noch bevor der erste Kanonenschuß abgefeuert würde. Der Aufwand, Proviant auf Ochsenkarren an die Front zu schaffen, war zu groß. Er benötigte in diesem Augenblick sämtliche verfügbaren Transportmittel für seine Belagerungsartillerie, die endlich ausgeschifft wurde. Außerdem war die Estremadura ihm einfach zu flach: Arthur braucht Berge, Hügelketten, Bodenerhebungen und andere natürliche Hindernisse, um sein taktisches Konzept wirkungsvoll umzusetzen. Damit kam für das Experiment eines offensiven Sommerfeldzuges 1811 nur die Grenze mit der spanischen Provinz Leon in Frage. Hier hatte er die Sierra de Estrella im Rücken und die gesamte Miliz Portugals, gemeinsam mit Ordonanza-Truppen und spanischen Guerilleros für Hilfsaufgaben zur Verfügung. Und der Untergrund setzte die französische Kavallerie außer Gefecht! Es war halsbrecherisch, Pferde in die Berge zu bringen. Er hatte dies den Adlern während des Feldzuges 1810 und bei der Schlacht von Bussaco bewiesen. Sollte er Marmont bis hinauf nach Leon locken können, dann wäre der Marschall von jeder Unterstützung durch seinen Kollegen Soult und die französische Hauptarmee abgeschnitten und ein leichtes Opfer. Lord Wellington informierte Whitehall und den Kriegsminister in London von seiner Entscheidung, einen Schlag gegen Ciudad Rodrigo zu wagen. Es sollte ein erster Versuch sein, in die Offensive zu gehen: Ohne Garantie auf Erfolg!

    Premierminister Spencer Perceval und Lord Liverpool zeigten ausnahmsweise großes Verständnis für die Vorgehensweise ihres ranghöchsten Offiziers auf dem iberischen Kriegsschauplatz. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, daß Sir Arthur – nach der Katastrophe von 1809 – Bereitschaft zeigte, einen zweiten Versuch zu wagen und mit spanischen Truppen zusammenzuarbeiten ... Politisch war dies für die Regierung Großbritanniens opportun.

    Der Ire hatte gespürt, daß er militärisch freie Hand bekommen würde, wenn er dieses Zugeständnis an seine politische Hierarchie machen würde. General Castaños, einer der ganz wenigen Spanier, auf den Arthur als Soldat große Stücke hielt, hatte den jungen General Don Carlos de España mit einer großen Anzahl von Infanterieregimentern zu ihm, nach Leon abkommandiert. Castaños unterstellte diese Truppen und Don Carlos ohne Bedingungen seinem britischen Kollegen. Neue Rekruten aus der Provinz Salamanca sollten sie schon bald verstärkten. General de España schlug sein Hauptquartier in Ledesma auf und integrierte auf Lord Wellingtons Befehl hin die Partisanen von Don Julian Sanchez als Kavallerie in seine kleine Armee. Sie war inzwischen auf 3000 Säbel angeschwollen. Arthur arbeitete schon lange genug mit den Männern aus den Bergen zusammen, um alle Unzulänglichkeiten und Schwächen seines Verbündeten Don Julian zu kennen: Seine Partisanen waren glänzend beritten, aber es mangelte ihnen an Uniformen und an einer gründlichen, militärischen Ausbildung. Sie waren zu waghalsig und oft unkontrollierbar. Doch dem zu Trotz empfahl er General de España, diese ehemaligen Irregulären eine Stellung am Agueda halten zu lassen. Die Guerilleros würden den Gouverneur der Provinz Salamanca, General Thibault, alleine durch ihre Anwesenheit in Aufregung versetzen und damit seine starke Garnison binden.

    Aus den Bergen von Navarra erreichten gute Nachrichten die Alliierten. Wie immer in der Person Jose Etchegarays: El Minas und Hauptmann Dullmore war es gelungen, so viel Unruhe zu stiften, daß die Franzosen, nur um sie im Auge zu behalten, drei Infanteriebataillone und zwei Kavallerieregimenter abkommandiert hatten. Außerdem war es Dullmore geglückt, die Partisanenführer Villa Campa und Carbajal anzustiften, in ihren jeweiligen Bergregionen im Süden und in der Nähe von Valencia den Aufstand zu proben. Dies zog noch einmal 15 französische Bataillone ab, die sich nur mit der Guerilla herumzankten. Alles in allem legten die Widerstandskämpfer vier große französische Garnisonen und 12.000 Mann aus den kämpfenden Einheiten der Adler lahm. Lord Wellington reagierte auf diese Neuigkeiten hocherfreut und mit einer erneuten Beförderung: Dullmore, der ehemalige Sergeant der Connaught Rangers war der einzige Mann im gesamten alliierten Feldheer, der es in etwas mehr als drei Jahren vom Unteroffizier zum Major gebracht hatte, ohne je an einer Schlacht teilgenommen zu haben. Doch er alleine hielt Sir Arthur im Augenblick fast die gleiche Anzahl Adler vom Leib, die sein versammeltes Feldheer band. Der General hatte diesen jungen Offizier noch nie persönlich zu Gesicht bekommen. Sie tauschten nur regelmäßig Briefe aus. Doch Oberst Grant und Pater Robertson, die ihn für diese gefährliche Aufgabe rekrutiert hatten, hielten große Stücke auf ihn und waren des Lobes voll, was seinen Mut, seine Geistesgegenwart und seine Qualitäten in der Menschenführung anbetraf. Der Ire wollte ihn unbedingt einmal selbst in Augenschein nehmen. Lange beriet er sich mit seinem Chefspion aus dem Benediktinerorden über die Für und Wider eines Treffens. Zum einen wollte er Dullmore keiner unnötigen Gefahr aussetzen, auf dem Weg in die alliierten Linien von den Adlern gefaßt zu werden. Nach Oberst Grant bekleidete er den zweiten Rang auf der schwarzen Liste Joseph Bonapartes und ein hoher Preis war auf seinen Kopf ausgesetzt worden. Zum anderen war der Major möglicherweise eine Waffe, die richtig eingesetzt zu unermeßlichen Schäden für die Franzosen und ihre gesamten Kommunikationslinien mit Paris führen konnte. Doch um dies zu entscheiden, mußte Arthur, Dullmore einschätzen könne. Am Ende einigten sich der General und der Priester darauf, dem jungen Mann die Wahl freizustellen. Lord Wellington fixierte nur den Ort und eine Zeitspanne. Da sich während der harten Winter im Norden der Iberischen Halbinsel, weder Leoparden, noch Adler auf Kämpfe einließen, schrieb er an den Offizier, daß er von November bis Ende Februar in Freneida sein würde. Dann schickte er den baskischen Kurier zurück in die Berge von Navarra.

    Die Tatsache, daß Ciudad Rodrigo bereits seit Juli von Salamanca abgeschnitten worden war und Don Julian Sanchez Partisanen viel Unruhe stifteten, veranlaßte die Franzosen zuerst zu keiner Reaktion. Es gelang ihnen sogar, trotz der widrigen Umstände, einen Versorgungskonvoi in die Stadt zu bringen. Selbst als Lord Wellington Sir Thomas Picton und die Dritte Division gemeinsam mit Bob Craufurds Leichter Division in die Beira verlegte, bewegte sie sich nicht. Marschall Marmont begriff, daß Ciudad Rodrigo ausreichend verproviantiert war, um mindestens bis Ende Oktober auszuharren. Sein neuer Kollege Dorsenne, der General Bessières als Kommandeur der Nordarmee abgelöst hatte, war von den militärischen Operationen der spanischen Armee in Galizien beeindruckter als vom alliierten Truppenaufmarsch in den Bergen der Beira. Die Adler lebten in der festen Überzeugung, daß der britische Gegner keinen Belagerungsapparat besaß, der den Wällen von Ciudad Rodrigo gewachsen war. Sie erinnerten sich noch lebhaft an die beiden gescheiterten, alliierten Versuche vor Badajoz. Und die Festung im Norden stand ihrer südlichen Schwester an Wehrhaftigkeit in nichts nach. Doch die ersten Geschütze von Sir Alexander Dickson fingen bereits an, Lord Wellingtons Einheiten in der Hochebene zu erreichen. Die Tatsache daß Flußschiffe und der beschwerliche Weg durch die Berge für einen Transport an die Front gewählt worden waren, streute Sand in die Augen des Feindes. Marmont erfuhr nicht, daß die Alliierten in etwas mehr als 60 Tagen über einen vollständigen und ordentlichen Belagerungsapparat mit eisernen Kanonen verfügen konnten, den die schottischen Carron-Werken gefertigt hatten. Carron galt als der beste aller britischen Waffenschmiede. Dieser Ruf gründete darauf, daß die Manufaktur Admiral Nelsons gesamte Schiffsartillerie gegossen hatte. Der Transport von Oporto an die Front war nichtsdestoweniger ein Unternehmen, das dem alliierten Oberkommandierenden auf logistischer Ebene Kopfzerbrechen bereitete und seinen Chefartilleur und Belagerungsexperten Dickson an die Grenzen der Belastbarkeit trieb: Fast 200 Flußschiffe mit geringem Tiefgang und Tausende von Zugtieren und Karren waren notwendig. Der sicherste Weg an die Front führte über die unwegbarsten Pfade Portugals und durch ein Hochgebirge. Kommunikation und Koordination hingen oft nur von der Schnelligkeit eines einzelnen Pferdes und dem Wagemut eines einsamen Reiters ab. Lediglich die Geheimhaltung gestaltete sich einfach: Die Portugiesen, die den Zug begleiteten, waren so schlecht auf die Franzosen zu sprechen, daß Verrat ausgeschlossen werden konnte. Verbindungsleute in Madrid, Sevilla und Salamanca berichteten im selben Augenblick, in dem die ersten Geschütze in der Beira ankamen von brutalen politischen Machtkämpfen zwischen dem König Joseph Bonaparte und den ehrgeizigen Marschällen seines kaiserlichen Bruders. Diese innenpolitischen Probleme lenkten das französische Oberkommando auf der Iberischen Halbinsel von den gesamten Transportoperationen quer durch Portugal ab. Im Escorial zu Madrid wurde um sehr viel Geld und Land und um mögliche Königskronen gespielt. Wellington hatte für die Ambitionen seiner französischen Kollegen nur wenig Verständnis: Man konnte nicht gleichzeitig Soldat und Politiker sein. Die Politik legte einem Soldaten Hemmschuhe an, die militärisch nicht vertretbar waren. Diese Erkenntnis war der Grund, warum er sich so standhaft weigerte, politische Einmischung aus Whitehall oder St. James zu akzeptieren, wenn es um rein kriegstechnische Fragen ging. Er mischte sich schließlich auch nicht in die britische Innenpolitik ein und gab unqualifizierte Kommentare ab, wie man mit einer Mißernte in Nordschottland oder Arbeiterunruhen in einer Manufaktur in Birmingham umzugehen hatte. Darum erwartete er, daß auch ihm niemand hineinredete, wenn es darum ging, eine Schlacht zu schlagen.

    Erst als immer mehr alliierte Truppen in der Beira aufmarschierten – London hatte auch noch die letzten Walcheren-Regimenter und Kavallerie auf den Weg zu Sir Arthur geschickt – kam Marmont der Gedanke, daß sein undurchsichtiger Kollege möglicherweise Salamanca zum Ziel eines Vorstoßes ausgewählt hatte. Im Reflex schickte er Einheiten nordwärts. Um zusätzlich Informationen über Feindbewegungen zu sammeln, ritten französische Aufklärer in die Sierra de Gata. Sie stießen dort auch tatsächlich auf Briten und Portugiesen und meldeten dies ordnungsgemäß dem Hauptquartier. Was sie ebenfalls melden mußten, waren blutige Verluste, denn sie hatten es mit Vorposten von Thomas Pictons Dritter Division zu tun gehabt, Caçadores und Scharfschützen. Als der Herzog von Ragusa Truppen bewegte, verschob auch der Ire zwei Divisionen. Er beorderte Sir Thomas Graham von Penamacor und Pedrogao nach Fuenteguinaldo, seinem eigenen Hauptquartier. Obwohl die Alliierten Ciudad Rodrigo in diesem Augenblick noch nicht belagerten, hatten sie doch schon einen soliden Blockadering um die Festung gezogen. Die französischen Truppenverschiebungen deuteten darauf hin, daß die Portugalarmee einen Entsatz der Stadt in Erwägung zog. Eine chiffrierte Depesche von General Foy an General Girard bestätigte Lord Wellingtons Verdacht: General Girard sollte Truxillo aufgeben und Marmont über den Tejo folgen.

    Vater Jack Robertson schickte sofort Späher in die Umgebung von Caçeres und Plasencia. Doch zwei lange Wochen rührten die Franzosen sich nicht vom Flecken. Arthur schloß aus dieser Tatenlosigkeit, daß sie im Augenblick noch dringlichere Probleme in Spanien zu lösen hatten und Ciudad Rodrigo nicht ganz oben auf der militärischen Prioritätenliste stand. Marmont alleine konnte auch nicht viel gegen die Anglo-Alliierten ausrichten. Er brauchte Truppen aus der Nordarmee, als Verstärkung. Doch diese befand sich, weit hinter Astorga, auf einem Feldzug gegen die spanische Galizienarmee. Britische Späher stießen an den Douro vor. Erst wenn Teile der Nordarmee südwärts schwenken sollten und den Fluß zu überqueren suchten, wurde die Lage in Nordportugal und vor Ciudad Rodrigo ernst.

    Anfang September kündigte sich endlich die langerwartete Krise an: General Dorsenne war von Astorga aus in Marsch gesetzt worden. Auf Bitten von König Joseph sollte er einen Versorgungskonvoi für Ciudad Rodrigo bei Salamanca übernehmen und als Verstärkung zu Marmont stoßen. Nur hatten die Adler nicht einkalkuliert, daß es ein schwieriges Unterfangen war, in der von ihnen so sorgfältig ausgeplünderten Provinz Leon, schnell Proviant zusammenzustellen. Dorsenne mußte warten. Zwei lange Wochen vergingen, in denen auch Marmont statisch in seiner Position verharrte. Ohne sich Dorsennes Unterstützung sicher zu sein, wagte er es nicht gegen die Alliierten zu ziehen. Am 15. September gaben die Franzosen endlich Truxillo auf und Montbruns Kavallerie überschritt zwei Tage später den Baños-Paß. El Minas ließ Lord Wellington ausrichten, daß die Partisanen versuchen würden, Dorsennes Versorgungskonvoi aufzuhalten. Am 21. September verließ dieser endlich Salamanca. Die Männer aus den Bergen wußten, daß sie gegen die Adler nicht kämpfen konnten, doch sie verfolgten den Konvoi, überfielen nachts Außenposten, schossen aus dem Hinterhalt und legten Hindernisse über den Weg. All dies machte den Marsch auf Ciudad Rodrigo zu einem schweren und gefährlichen Unterfangen. Dullmore gelang es – in einem Handstreich – mehrere Proviantwagen von Dorsenne abzuschneiden.

    Arthur glaubte zu diesem Zeitpunkt, daß er etwas mehr als 60.000 Mann in der Beira unter Waffen hatte. Er war neugierig zu sehen, was geschah, wenn er sich eins zu eins mit den Adlern schlug und über ausreichend Artillerie und Reiter verfügen konnte. Doch am 23. September baten der Nachrichtendienst und der Sanitätsdienst um ein Gespräch mit dem Oberkommandierenden. Seine Spione zählten laut Franzosen. Bei jeder neuen Depesche, die Donna Ines entschlüsselte, pfiff Wellington durch die Zähne. Es wurden immer mehr. Der Teufel lag in der Anzahl dieser verdammten Adler: Die gesamte Nordarmee schien sich entschlossen zu haben, gemeinsam mit Marmont und seiner Portugalarmee Ciudad Rodrigo zu befreien. Seine Ärzte zählten genausolaut kranke Leoparden. Bei jeder Regimentsliste stöhnte Arthur auf: Das Guadiana-Fieber, Reste des Walcheren-Fiebers und Dysenterie dezimierten seine Soldaten. Es wurden immer weniger. Der Teufel saß in einer kleinen Stechfliege, zuviel unreifem Obst und schalem Wasser: Das gesamte alliierte Feldheer schien sich entschlossen zu haben, alle Franzosen ihrem tapferen Anführer ganz alleine zu überlassen. Am Ende der Volkszählung standen noch 29.000 Briten und 17.000 Portugiesen mehr als 60.000 Franzosen gegenüber. Der General gab zähneknirschend zu, daß er hoch gespielt und verloren hatte. Es war ihm nicht bewußt gewesen, daß die Stellungen, die er am Caia einen Monat lang gegen Soult und Marmont und dann gegen Marmont alleine gehalten hatte, Auswirkungen auf den Sommerfeldzug haben würden. Sir James McGrigor erklärte ihm, daß das Guadiana-Fieber, ähnlich der Malaria, eine Krankheit war, die mit Zeitverzögerung ausbrach. Die einzigen Regimenter, die von der verheerenden Epidemie verschont wurden, waren diejenigen, die zuvor in den Kolonien gekämpft hatten. Die 33. Infanterie und Lord Wellington selbst hatten durch zehn Jahre Dienst in Indien die Malaria im Blut. Die spanische Stechfliege machte ihnen nichts mehr aus. Die Scharfschützen des 60. Regiments hatten sich zuvor in den Sümpfen von Louisiana geschlagen. Auch sie schienen unempfindlich zu sein. Picton und sein Regiment waren fünf lange Jahre auf Trinidad und Tobago stationiert gewesen. Sie meldeten keinen einzigen Kranken. Doch alle anderen britischen Einheiten waren auf unter 50 Prozent ihrer Ist-Stärke geschrumpft. Besonders hart hatte es die Kavallerie getroffen. Nicht nur die Männer waren dienstunfähig. Auch ihre Pferde litten unter Schüttelfrost und Fieber. Lediglich der neue, bereits in Portugal requirierte Beritt konnte an die Front gebracht werden, und einige wenige Pferde, die schon seit 1808 im Land waren und bereits nach Talavera das Guadiana-Fieber eingefangen hatten. Der Sanitätsdienst bat, einen fachkundigen Veterinär zur Unterstützung aus Lissabon in die Beira zu kommen.

    Der Himmel hatte sich gegen die Alliierten verschworen: Zum ersten Mal seit 1808 waren sie stark genug, um offensiv und in Spanien zu operieren. Einzige Voraussetzung hierfür war es noch, den Rückzugsweg nach Portugal zu sichern. Dies war aber nur möglich, wenn Lord Wellington den Franzosen die beiden Grenzfestungen Badajoz und Ciudad Rodrigo abrang. Bei Badajoz hatte sein Belagerungsapparat versagt. Vor Ciudad Rodrigo ließ ihn die Gesundheit seiner Soldaten im Stich. Der Ire befahl, die Blockade um die Stadt aufzuheben. Doch er wollte versuchen, die Franzosen zu zwingen, ihre Truppen konzentriert zu halten. Marmont, wie auch Massena zuvor, kämpfte mit den Problemen im französischen Nachschubwesen. Der Ire wollte seinen Gegner wenigstens damit zermürben, daß er ihn zwang, in einer unwirtlichen Gegend auszuharren. Seit der Erfahrung von Torres Vedras wußte er, wie verheerend sich Hunger auf die Moral und die Kampfkraft der Adler auswirkte.

    Er schickte den größten Teil seines Feldheeres südwärts in die Berge. Das gesunde Klima und die kalte, frische Luft würden den Opfern der Fieberepidemie helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Sobald McGrigor und seine Assistenten das Guadiana-Fieber unter Kontrolle hatten, wollte er sein Feldheer gegen einen geschwächten Herzog von Ragusa führen. Die Zeit reichte. Vor Einbruch der Schlechtwetterperiode blieben ihm noch fast vier Wochen Zeit, um eine Entscheidungsschlacht um die Grenzfestung zu provozieren.

    Lediglich Teilen der Dritten Division unter Sir Thomas Picton und der Leichten Division unter Robert Craufurd gestattete er, in ihren Stellungen zu verharren. Die Männer schickten nur ihre dienstunfähigen Kameraden in die Berge. Die gesunden Überreste der Vierten Division begannen mit Erdarbeiten in der Ebene vor Fuenteguinaldo. Wellington wollte sich rückversichern, falls Marmont sich nicht mit dem Entsatz von Ciudad Rodrigo zufrieden gab, sondern selbst eine Schlacht mit den Alliierten provozieren wollte. Picton und Craufurd, die die Verbindungsstraße zwischen Ciudad Rodrigo und Salamanca blockierten, wurden angehalten, den Weg freizugeben, falls die Franzosen aggressiv auftraten. Im schlimmsten Fall empfahl Arthur seinen beiden Generälen, auch die direkte Umgebung der Festung aufzugeben und Dorsennes Versorgungskonvoi in die Stadt zu lassen. Picton sollte sich bei El Bodon verschanzen, Craufurd hinter den Vadillo, einem reißenden Nebenarm des Agueda, knapp fünf Meilen hinter Ciudad Rodrigo.

    Je näher die Franzosen kamen, um so unwohler fühlte Wellington sich in seiner Haut. Er hatte zwei sichere Stellungen für eine defensive Aktion im Rücken, doch seine Armee war nicht mehr ausreichend konzentriert, um schnell zu reagieren. Er benötigte mindesten 24 Stunden Galgenfrist, um eine vernünftige Frontlinie zu besetzen. In den frühen Morgenstunden des 25. September hatte er plötzlich das Gefühl, die Zeit würde ihm zwischen den Fingern zerrinnen: Zwei Kavalleriebrigaden der Nordarmee galoppierten die Straßen von Carpio und Espeja entlang. General Wathier führte sie an. Gleichzeitig setzte Montbrun den Hauptteil der französischen Kavallerie in Bewegung. Zwei Brigaden Dragoner und zwei Brigaden Husaren schlugen die südliche Straße nach Fuenteguinaldo ein. Auf ihrem Weg befand sich auch El Bodon. Eine Infanteriebrigade unter General Thiebault folgte ihnen dicht auf. Die Soldaten durchquerten den Agueda. Damit bedrohten sie alternativ Thomas Picton und Robert Craufurd. Zahlenmäßig waren die beiden ihrem potentiellen Gegner unterlegen. Wellington beobachtete die feindlichen Truppenbewegungen von einem Hügel aus durch sein Fernrohr. Sollte er Picton oder Craufurd zur Hilfe eilen? Einen Augenblick lang zögerte der Ire und lenkte seinen Hengst erst nach links auf die Leichte Division zu, nur um im nächsten Moment die Zügel nach rechts zu reißen und auf Pictons Stellung zuzugaloppieren. Seine Entscheidung hatte wenig mit Logik oder einem Plan zu tun. An der einen, wie auch der anderen Front standen zwei fähige Kommandeure. Sie würden jeden Inch ihres Bodens bis zum letzten Blutstropfen verteidigen. Was dem Oberkommandierenden in diesem Augenblick die größte Sorge bereitete, war, daß Marmont erkennen konnte, wie schwach die Alliierten waren und daß er es nicht mit einer Vorhut und einem Schützenschleier zu tun hatte, sondern mit einer Nachhut. Damit stand den Adlern der Weg offen, dem britischen Gegner in den Rücken zu fallen, noch bevor dieser sein Hauptheer bei Fuenteguinaldo in Stellung bringen konnte. Während Kopenhagen durch die Hügel auf El Bodon zu galoppierte, hoffte sein Reiter auf Picton und betete für Craufurd! Die Aufklärer der 14. Husaren konnten bereits früh um acht Uhr morgens durch den Nebel am Azava eine starke Kolonne französischer Kavallerie ausmachen, die sich anschickte, Ciudad Rodrigo zu verlassen. Oberst Ponsonby befahl allen Männern seines Regiments, sich von Carpio und ihren anderen Stellungen über den Fluß in die Hügel zurückzuziehen und die Adler, die die Festung verließen genau zu zählen. Acht französische Schwadronen gingen nach vorne über den Azava. Sechs weitere ließ General Wathier als Nachhut in Carpio zurück. Einer von Ponsonbys Adjutanten hetzte zum Kommandeur der Sechsten Division hinüber. Die Adler marschierten genau auf sie zu. Ein Schützenschleier aus Hulses Brigade wurde in ein Wäldchen

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