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Der ganz normale Wahnsinn: eines Lebens in der Ego-Haltung
Der ganz normale Wahnsinn: eines Lebens in der Ego-Haltung
Der ganz normale Wahnsinn: eines Lebens in der Ego-Haltung
Ebook176 pages2 hours

Der ganz normale Wahnsinn: eines Lebens in der Ego-Haltung

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About this ebook

Wer danach fragt, was die Ursache dafür ist, dass der Mensch unzufrieden und in der Tiefe seines Wesens unglücklich ist und warum Beziehungen nicht gelingen, wird in diesem Buch die Antwort finden: Der Grund für das Missglücken des Lebens in allen Bereichen – persönlich und gesellschaftlich – ist die Tatsache, dass sich der Mensch als Ich (Ego) vorfindet. Was das für Folgen hat und wie das überwunden werden kann, wird in dem Buch aufgezeigt.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateAug 7, 2013
ISBN9783847637455
Der ganz normale Wahnsinn: eines Lebens in der Ego-Haltung

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    Book preview

    Der ganz normale Wahnsinn - Anton Weiß

    Einführung

    Noch nie war das Ich des Menschen so sehr im Mittelpunkt des Lebens der Menschen gestanden wie heute in der westlichen Gesellschaft. In früheren Zeiten war es für die Menschen selbstverständlich, dass sie sich ein- und unterordneten. Man ordnete sich der Kirche unter und man ordnete sich in ein Staatsgefüge ein. Die Gesellschaft war klar in ein Oben und Unten eingeteilt, wobei die Mehrheit unten und nur eine Minderheit oben war. Um zum „Oben" zu gehören, musste man Adeliger, später Professor oder zumindest Doktor oder Pfarrer sein, d. h. etwas Besonderes, das einen über die Masse hinaushob. Heute gilt diese Einteilung in oben und unten nicht mehr, sie wird nicht mehr anerkannt, weil jeder etwas Besonderes zu sein beansprucht. Deshalb ist man auch nicht mehr bereit, sich ein- oder unterzuordnen. Der Mensch im Ich lehnt es ab, sich von jemand anderem sagen zu lassen, was er zu tun oder zu lassen hat. Wo er dazu gezwungen ist, wie es durch das Beachten der Gesetze geschieht, tut er es mit größtem Widerwillen, wie man es z. B. im Straßenverkehr sehen kann, und wer wirklich mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist, der sucht sich einen Anwalt, der mit allen Tricks versucht, das Opfer zum Täter zu machen und den Täter zu entlasten, und wenn es nur dadurch ist, dass er alkoholisiert und damit nicht voll verantwortlich war. Der Mensch im Ich ist überzeugt, allein entscheiden zu können, was er zu tun hat, was richtig oder falsch ist. Er braucht niemanden, der ihm das sagen müsste. Dadurch wird die Verbindlichkeit gesellschaftlicher Normen aufgebrochen, es gibt keine gemeinsamen Werte mehr, weil jeder seine eigenen Werte setzt. Jeder weiß selbst, wie er sein Leben führen will, und braucht und will es sich nicht von anderen vorschreiben lassen. Die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit steht an oberster Stelle in der Skala dessen, was dem heutigen Menschen wichtig ist. Das ist im Grunde der Demokratiegedanke. Das wird heute in einer Weise gelebt, wie es noch nie in der Menschheitsgeschichte der Fall war. Das Recht auf Selbstverwirklichung – oder, wie ich es als die richtigere Bezeichnung ansehe, auf Ich-Verwirklichung – wird nicht nur einigen wenigen wie früher zugestanden, sondern heute nimmt sie jeder in Anspruch. Jeder hat das Recht – und nimmt es sich auch – sich optimal zu entfalten.

    Das wäre nicht zu beanstanden, wenn diese Ich-Verwirklichung nicht nur auf sich selbst bezogen wäre, sondern auch die Interessen des anderen berücksichtigen würde. Aber der Blick ist nur auf einen selbst gerichtet. Deshalb wird diese Ich-Verwirklichung, wenn radikal gelebt wie heute, zur Bedrohung, sowohl in der Beziehung der Menschen zueinander als auch im gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben.

    Die Misere des menschlichen Lebens beruht nicht auf einer undurchschaubaren Vielzahl von einzelnen Faktoren, die das Leben ausmachen, sondern kann letztlich auf eine dominierende Größe zurückgeführt werden, nämlich das Ich, sowohl im Großen – in der Gesellschaft, der Politik, der Staaten untereinander – wie auch im Kleinen – der Partnerschaft, Familie und Beruf.

    Dabei verstehe ich unter „Ich keine abstrakte Größe, sondern das, was jeder meint, wenn er „ich sagt.

    Wenn ich nur meine eigenen Interessen verfolge, ohne mich darum zu kümmern, was das für Auswirkungen auf den anderen oder die Gemeinschaft hat, dann ist ein Zusammenleben kaum noch möglich. Diese Konsequenz kann man heute sehen: Noch nie lebten so viele Menschen in der westlichen Welt als Single wie heute. Die Unfähigkeit oder Unwilligkeit, mit einem anderen Menschen sein Leben zu teilen, ist die logische Konsequenz einer Einstellung, die nur die Interessen des eigenen Ichs verfolgt. Denn um eine Partnerschaft erfolgreich zu leben, d. h. dass beide Teile annähernd gleich viele Abstriche von ihren Eigeninteressen machen müssen, ist es notwendig, dass beide zu Kompromissen bereit sind, also zum Verzicht auf eigene Wünsche und Bedürfnisse im Interesse und zum Wohle des gemeinsamen Lebens.

    Früher hat der Mann erwartet, dass die Frau auf ein eigenes Leben, d. h. auf ihre individuellen Bedürfnisse verzichtete, und sie war auch - mehr oder weniger freiwillig - bereit dazu. Heute ist das die Frau nicht mehr – mit Recht natürlich -, und der Mann tut sich sehr schwer, diese neue Rolle, d. h. die Anerkenntnis der Frau als gleichberechtigte Partnerin, zu akzeptieren. In einigen islamischen Ländern, z. B. in Saudi-Arabien, ist das heute noch nicht einmal im Ansatz zu erkennen: Frauen dürfen nicht Auto fahren und werden ausgepeitscht oder gesteinigt, wenn sie vergewaltigt wurden.

    Das Ich – das Männliche ist dessen Repräsentant - anerkennt eigentlich nur sich selbst, und wenn zwei zusammentreffen, von denen jeder nur sich selbst gelten lässt und glaubt, dem anderen Vorschriften machen zu können, selbst es aber ablehnt, dass ihm Vorschriften gemacht werden, dann ist Zusammenleben kaum noch möglich.

    Ich möchte im Verlauf dieser Arbeit zeigen, wie das Leben vom Ich her aussieht, wie sehr es unser Leben bestimmt und welche Konsequenzen eine solche Lebensführung hat und welches Leid dadurch hervorgerufen wird. Die Auseinandersetzung mit seinem Ich halte ich für die Hauptaufgabe des menschlichen Lebens.

    Um gleich einem Missverständnis vorzubeugen: Wenn bei Beispielen, mit denen ich meine Ansichten illustrieren möchte, einem mitdenkenden Leser Gegenbeispiele in den Sinn kommen, wo sich Menschen doch anders verhalten als ich es beschreibe, möchte ich zu bedenken geben, dass ich ja die Ich-Struktur zu charakterisieren versuche. Ich behaupte nicht, dass der Mensch immer nur vom Ich her handelt. Der Mensch ist viel mehr als nur Ich, er ist viel umfassender, als er in seinem Ichbewusstsein von sich erfasst. Aber er ist auch immer ein Ich, und dieses Ich ist gekennzeichnet durch eine besondere Struktur, die ich herauszuarbeiten versuche. Wenn ein Mensch in seinem Handeln von dieser Struktur abweicht, d. h. nicht nur als Ich denkt und handelt, sondern als ganzheitlicher Mensch – und das tun zum Glück viele, sonst wäre Zusammenleben schon längst nicht mehr möglich –, dann ergeben sich natürlich andere Verhaltensweisen. Mir geht es in dieser Arbeit darum, die spezifische Struktur des Ichs, die im Grunde ein Charakteristikum des Menschseins darstellt, herauszuarbeiten. Es wird sich zeigen, wie tiefgreifend die Ich-Struktur unser menschliches Zusammenleben bestimmt und wie nahezu alle Missstimmigkeiten unter Menschen durch diese Ichverhaftetheit hervorgerufen werden.

    Um es etwas scharf zu formulieren: Der ganz normale Wahnsinn im Leben der Menschen entsteht durch das Ich! Wenn einer mit der Flinte auf seinen Nachbarn losgeht, weil von dessen Baum Blätter auf sein Grundstück fallen, dann ist das schier unglaublich und zeigt, wie weit sich ein Mensch von der Unduldsamkeit seines Ichs fortreißen lassen kann.

    1. Glück, Erfüllung und das gespaltene Ich

    Glück und Erfüllung

    Im Grunde genommen geht jeder Mensch hoffnungsfroh in das Leben hinein. Natürlich kann durch Vernachlässigung und Misshandlung in frühester Kindheit sehr viel irreparabel zerstört werden. Wenn aber eine normale Entwicklung stattgefunden hat, dann ist ein Heranwachsender offen und erwartungsfroh. Erst durch Enttäuschungen, die darin bestehen, dass die Erwartungen, die man hat, nicht erfüllt werden, lernt der Mensch, dass die Welt nicht so ist, wie man sie gerne hätte. Und auf diese Enttäuschungen kann nun verschieden reagiert werden: Man kann mit Wut, Verbitterung und vielleicht Rückzug aus der Welt reagieren oder man erkennt, dass man Illusionen und falsche Vorstellungen von der Welt gehabt hat, die nun korrigiert werden müssen. Es gibt kein Leben ohne Enttäuschungen. Es wird häufig anders sein, als wir gerne hätten. Diese Frustration ertragen zu können, scheint mir ein sehr wichtiger Schritt zu einem echten Selbstbewusstsein zu sein. Es würde die Erkenntnis beinhalten, dass es auch andere Ichs gibt, die ganz andere Vorstellungen haben, mit denen meine Vorstellungen konkurrieren.

    Es ist doch unabweislich, dass das Leben des Menschen nicht gelingt. Man braucht nur die Tageszeitung aufzuschlagen und es wird einem vor Augen geführt, wie es um die Welt und den Menschen in ihr steht: Da verlieren Leute ihr Geld, das sie in Aktien angelegt haben, weil sie gehofft haben, dadurch schnell und ohne große Mühe zu Geld zu kommen, andere verlieren ihren Arbeitsplatz, den sie als sicher glaubten, ein Mann tötet seine Familie und sich selbst, in vielen Ländern herrscht Bürgerkrieg, ein Schüler läuft Amok und tötet Lehrer und Mitschüler, ein Mann trennt sich von seiner Frau nach 20 Jahren Ehe, ein Radrennfahrer wird ausgeschlossen, weil er gedopt hat, ein Schiedsrichter wird verurteilt, weil er sich bestechen hat lassen. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

    Ich möchte die Überschriften nur der untere Hälfte der Seite 12 der Süddeutschen Zeitung vom 22.4.08 vollständig anführen: „Wieder Stein auf Autobahn geworfen – ein 24-jähriger Autofahrer hatte Glück, da der Stein ihn knapp verfehlte; einen Monat zuvor wurde eine Frau durch einen 6 kg schweren Holzklotz tödlich verletzt. „Anklage gegen Chef der Wegberg-Klinik, weil er aus Gewinnsucht völlig unnötige Operationen durchführte, „Scham und Peinlichkeit - ein britischer Spitzenpolitiker litt zehn Jahre unter Bulimie, nicht einmal seine Ehefrau wusste davon, „Heimliche Schwangerschaft – eine Medizinstudentin bringt heimlich ein Kind zur Welt, angeblich tot, und versteckt es auf dem Dachboden der Eltern, „18-jähriger erschlägt 17-jährige nach Party und „Von Lehrern überführter Kinderschänder gesteht – der Mann hatte seinen eigenen Sohn, der jetzt 14 Jahre alt ist, mindestens 6 Jahre lang sexuell missbraucht und die Fotos ins Internet gestellt. Der Titel „Rückkehr der Piraten" – wieder haben vor der somalischen Küste Piraten ein Schiff gekapert – ragt noch etwas in die obere Hälfte der Zeitungsseite hinein.

    Kann man wirklich der Meinung sein, dass das alles nur ganz seltene Einzelfälle sind, dass es zwar so etwas gibt, aber im Großen und Ganzen wir doch eine Gesellschaft von Menschen sind, die glücklich und mit ihrem Leben zufrieden sind und die ein rechtschaffenes Leben führen, oder zeigen diese Vorkommnisse nicht in erschreckender Weise, dass etwas grundlegend nicht stimmt in der menschlichen Struktur?

    Alles Leid, das Menschen widerfahren kann, lässt sich auf zwei Ursachen zurückführen: Erstens auf das, was durch die Natur verursacht ist, wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Tsunami-Wellen und den Tod, und zweitens – und das ist der weitaus größere Anteil an dem, was Menschen Leid zufügt – auf das, was vom Menschen selber verursacht wird, und zwar dem Menschen, insofern er vom Ich her lebt. Durch Naturkatastrophen kommen vielleicht einmal zehn-, zwanzig- oder ganz selten zweihunderttausend Menschen ums Leben, allein durch den 2. Weltkrieg sind 55 Millionen Menschen ums Leben gekommen, und seither bis heute noch einmal so viele.

    Deshalb möchte ich die Struktur des Ichs darlegen, weil ich sie als die tiefste Ursache dessen ansehe, warum es dem Menschen nicht möglich ist, das zu erreichen, wonach er sich so sehr sehnt: in einem glücklichen, sinnvollen Leben Erfüllung zu finden, Liebe, Freunde, Harmonie, Geborgenheit, Freude am Leben und Frieden zu erlangen. Es ist sein Verhaftetsein an das Ich, das es ihm unmöglich macht, das zu erreichen, was er in seinem tiefsten Inneren zu erlangen hofft und woraufhin er angelegt ist. Und es ist die Quelle unendlichen Leids, das Menschen anderen Menschen seit Beginn der Menschheitsgeschichte zugefügt haben und immer noch zufügen. Und vieles, was sich heute als Naturkatastrophe zeigt, ist Verschulden des Menschen, wie z. B. die Trockenheit in verschiedenen Ländern, die durch das Abholzen der Wälder durch frühere Generationen verursacht wird, so wie heute die Vernichtung der Regenwälder zur Klimakatastrophe beiträgt.

    Dies aufzuzeigen ist das Anliegen vorliegender Darlegung und sie ist nicht gedacht als Anklage, sondern als Klärung der Hintergründe. Gelänge es, ein Wissen um die Tatsache des Ichs zu vermitteln und die Möglichkeit zu dessen Überwindung aufzuzeigen, dann würde jedenfalls für die Menschen, die sich um eine Lösung der Tragik menschlicher Existenz bemühen, ein Ansatzpunkt sichtbar.

    Man kann das Streben aller Menschen, das Grundanliegen allen menschlichen Lebens auf einen einzigen Nenner bringen: Alle wollen glücklich werden. Jeder strebt aus seinem innersten Wesen heraus nach Glück. Oder anders ausgedrückt: Alle Menschen wollen ein erfülltes Leben. Das Streben nach einem erfüllten Leben ist die tiefste Antriebskraft des menschlichen Daseins. Auch noch der Selbstmörder begeht die Tat in der Überzeugung und Hoffnung, dass ihm der Selbstmord größere Erfüllung bringt als das Leben, das er führt. Der Drogensüchtige und Alkoholabhängige erleben in der Sucht eine größere Befriedigung als in ihrem Lebensalltag. Wenn die Neurose das Leiden darstellt, das der Betroffene nicht bereit war, freiwillig auf sich zu nehmen, dann ist auch die Neurose, obwohl leidvoll, das größere Glück gegenüber dem konkreten Leben, in dem er unerträglich leidet. Diese Beispiele sollen die Behauptung untermauern, dass alles Streben des Menschen und alles, was er unternimmt, sein Glücklichsein fördern soll.

    Auch die Sehnsucht nach Erlösung entspringt dem gleichen Drängen, der gleichen Quelle, die den Menschen zu einem Zustand bewegen will, der mehr ist, als sein derzeitiger. Und wer ahnt, dass er aus eigener Kraft diesen Zustand nicht erreichen kann, der glaubt an einen Heilbringer, sei es ein Religionsstifter, ein Sektenführer oder eine politische Gestalt.

    Es ist die Tragik des Lebens, dass im Grunde alles, was ein Mensch unternimmt, um glücklich zu werden, zum Scheitern verurteilt ist. Wir glauben, etwas dafür tun zu können, dass wir glücklich werden, nicht nur

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