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der andere Revolutionaer: Ein Priester schreibt seiner Freundin vom langen Weg zu einem neuen Bild von Jesus
der andere Revolutionaer: Ein Priester schreibt seiner Freundin vom langen Weg zu einem neuen Bild von Jesus
der andere Revolutionaer: Ein Priester schreibt seiner Freundin vom langen Weg zu einem neuen Bild von Jesus
Ebook381 pages

der andere Revolutionaer: Ein Priester schreibt seiner Freundin vom langen Weg zu einem neuen Bild von Jesus

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About this ebook

Das eBuch ist ein Versuch, Jesus anders zu präsentieren, als es gemeinhin getan wird. Um das zu wagen, müsste man sattelfester Bibliker sein oder sich auf Erfahrungen abstützen können. Hier geht es allerdings nicht um Visionen, sondern um ein Bild von Jesus, das sich im Autor während Jahrzehnten geformt hat. Es geht nicht um Gefühle, sondern um kühle Überlegungen. Und es gab Menschen verschiedener Kulturen und nicht ganz alltäglichen Umstände, denen er seinen Blick auf Jesus verdankt. Der Autor arbeitete als röm.-kath. Ordensmann als Mittelschullehrer und später als Priester in einem Land Schwarzafrikas. In 19 Briefen an seine Freundin berichtet er nachvollziehbar über Schlüsselerlebnisse und Erkenntnisse. Einen überwältigenden Eindruck machte ihm das Leben in einer Kultur, die ihm eine ganz neue Form von Gemeinschaft zeigte, da sie in ihrer Tradition keine Hierarchie gekannt hatte. Die Ungereihmtheiten des Besuchs von Papst Johannes-Paul II in der Stadt, in der er arbeitete, war der Ausgangspunkt, Lehren seiner Kirche in Frage zu stellen. Die Freundschaft und Liebe einer Frau befreiten ihn von der Sexualmoral der römischen Kirche, die ihn während vieler (etwa 26) Jahre lang gequält und viel Kraft gekostet hatte. Die dadurch gewonnene Freiheit führte ihn nach und nach zu einem neuen Bild von Jesus. Er entdeckt, wie faszinierend die Bergpredigt ist und wie die Worte Jesu immer noch neu und unverbraucht klingen. In den Auseinandersetzungen mit den religiösen Autoritäten seiner Zeit zeigt sich ihm ein neuer, revolutionärer Jesus. Er spürt der Notwendigkeit eines neuen Begriffs von Sünde und begreift die relative Unwichtigkeit der Zehn Gebote. In den Beziehungen mit den Jünger/innen entdeckt er die Stellung Jesu zu Reichtum und Macht, eine neue Rolle der Frau und die erstaunlichen Worte Jesu über seinen Vater und über die zentrale Rolle der Freundschaft. Mit einem utopischen Ausblick möchte der Autor die Anforderungen an eine katholische Kirche skizzieren.
LanguageDeutsch
Publisherepubli
Release dateMay 5, 2016
ISBN9783741808449
der andere Revolutionaer: Ein Priester schreibt seiner Freundin vom langen Weg zu einem neuen Bild von Jesus

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    der andere Revolutionaer - L. Theodor Donat

    l. theodor donat

    der andere Revolutionär

    Ein Priester schreibt seiner Freundin vom langen Weg zu einem neuen Bild von Jesus

    Vorrede: ein Buch über Jesus?

    Liebe Carole,

    Dieses Buch ist ein Versuch, Jesus anders zu präsentieren, als es gemeinhin getan wird. Ein sattelfester Bibliker bin ich allerdings nicht, auch kann ich mich nicht auf Visionen stützen. Hier geht es indessen um ein Bild von Jesus, das während Jahrzehnten in mir Gestalt angenommen hat. Es geht dabei nicht um Gefühl, sondern eher um kühle Überlegungen. Gut, es gab Menschen verschiedener Kulturen und einige nicht ganz alltäglichen Umstände, denen ich meinen jetzigen Blick auf Jesus verdanke. Ich glaube übrigens, dass Denken, Erleben und Tun nie isoliert sind.

    Ich kann eine mathematische Aufgabe dank meiner Vorbildung lösen, aber die Lösung hängt auch davon ab, ob ich das vorhergehende Essen gut verdaut oder ob ich gut geschlafen habe. Der Schlaf wiederum kann durch Ärger erschwert werden. Meine Fähigkeit, Frust wegzustecken kann von meiner Erziehung herstammen. Und schon bin ich bei den Einflüssen auf die Kindheit meines Vaters oder meiner Mutter usw. Ich hätte ja ebenso den Aspekt Verdauung weiter entwickeln können!

    Vor allem vier Umstände betrachte ich als grösste Geschenke meines Lebens.

    Von einem Ordensleben in festen Bahnen in der Heimat durfte ich in eine Kultur aufbrechen, von der ich gar keine Ahnung haben konnte, so speziell war sie (B 1.3.). Sie vermittelte mir den Blick in eine Gesellschaft, die ohne Hierarchie auskommt. Wollte Jesus nicht gerade das für seine Kirche?

    Ich hatte das grosse Glück, das Papst Johannes-Paul II die Stadt, in der ich arbeitete, auf einer seiner Reisen besuchte (B 1.5.). Das hatte zur Folge, dass ich mich, sozusagen in wenigen Stunden, von einem kritiklosen Papst-Fan zu einem am Vatikan zweifelnden Genossen wandelte. Und wenn einmal Dogma, Hierarchie und Moral angeschlagen sind, kann sich der Weg zu einem neuen Jesus-Bild öffnen.

    Deine Freundschaft und Deine Liebe befreiten mich von der Sexualmoral der römischen Kirche, die mich während vieler (etwa 26) Jahre lang gequält und viel Kraft gekostet hatte (dvUr B 2.10.).

    Einem Zusammenbruch und einer Krankheit verdankte ich den Freiraum, dieses Buch zu schreiben (dvUr B 2.11.).

    Kurz zu meiner persönlichen Geschichte: Mit 19 war ich römisch-katholischer Ordensmann, mit 37 ebenso römischer Ordenspriester. 27 Jahre verbrachte ich in einem Land Westafrikas. Nun bin ich 73 und habe das Privileg einer durch meine Gesundheit bedingten Auszeit. Es war für mich entscheidend, in meinen 27 besten Jahren, die Welt mit den Augen jener Menschen zu sehen, die heute die überwältigende Mehrheit ausmachen. Danach hatte ich einige Jahre Zeit, um die Welt von der Minderheit her zu betrachten. Und ich denke, dass sich mein Blick auf die Kirche und auf Jesus auf eine fast abenteuerliche Weise geändert hat. Ich habe mir Rechenschaft gegeben, dass die römische Kirche den Blick auf unseren Ursprung verstellt, dass es mit Hierarchen fast unmöglich ist, die Botschaft Jesu zu verstehen, obwohl sie natürlich das Gegenteil behaupten.

    27 Jahre in der Mission sind übrigens eine relativ lange Zeit, da eine alte Missionarsregel besagt, dass die Jahre „in Afrika doppelt zählen, und ich mich somit schon längst hätte zur Ruhe setzen können. Ich „höre das Stirnrunzeln meiner Mitbrüder, denn für einen Ordensmann gibt es natürlich keinen Ruhestand.

    Eine andere Missionarsregel gäbe mir das Vorrecht, dass mir etwas über fünf Fingerbreit Whisky in einem Longdrinkglas eingeschenkt würde, je eine Fingerbreit für fünf Jahre Arbeit in der Mission. Dies entsprach früher dem Intervall zwischen zwei Heimaturlauben. Vom „Whisky-Privileg" profitiere ich nur bei Depressionen, die mir unter anderem meine liebe römisch-katholische Kirche (in der Folge Rkk) beschert.

    Ist es nicht so, dass unsere existentiellen Einsichten mit einer Anzahl Schlüsselerlebnisse verknüpft sind? Ich hätte als angehender Ordensmann nie und nimmer geahnt, dass ich das mir überlieferte Bild von Jesus und der Hierarchie der Rkk einmal radikal in Frage stellen oder die zehn Gebote als unwichtig einstufen würde. Es wäre mir nicht im Traum in den Sinn gekommen, die Dogmen der Rkk oder ihre Moral zu hinterfragen.

    ---- in Beziehung

    Mit den folgenden Briefen möchte ich das Grundaxiom von vielen afrikanischen Kulturen und Philosophien hervorheben, das da heisst:

    Ich lebe in Beziehung, also bin ich.

    In Beziehung bedeutet, in Verbindung mit den Mitgliedern der Familie, des Dorfes und der gleichen Kultur zu stehen. Dem gegenüber wirkt das in Frankreich immer noch geläufige:

    Ich denke, also bin ich.

    „Cogito ergo sum, René Descartes in „Meditationen über die Grundlagen der Philosophie von 1641

    etwas egomanisch!

    Was ein Mensch ist und wird, ist und wird er dank seiner Eltern, seiner Umgebung, seiner Ausbildung und besonders dank seiner Freunde und Feinde. Die Freunde sind wichtig, da nur sie die guten Seiten einer Person erkennen und weniger gute Seiten relativieren, denn nur der liebende Blick dringt ins Innere. Die Feinde sind bedeutsam, denn sie haben ein schärferes Auge für die Schwächen, in denen sie wahrscheinlich ihre eigenen Fehler erkennen und bekämpfen.

    Meine Einsichten und Aussichten werde ich als ‒­ sicher etwas autobiografische ‒ Briefe an Dich, meine Freundin, darstellen und sie Dir widmen. Selbstverständlich verdanke und widme ich die folgenden Briefe ebenso unseren Feinden. Du hast den Wandel meiner Einstellungen und Überzeugungen miterlebt. Du meintest eines Tages, dass es interessant wäre, diesen Prozess festzuhalten.

    Für die Freunde Deiner Freunde möchte ich Dich sehr kurz vorstellen, vieles wird in der Folge klarer. Deine Herkunft aus einem sehr einfachen Milieu – in einer egalitären Konsens-Kultur – hat mir erlaubt, mit diesem Milieu viel konkreter als vorher verbunden zu sein. Du bist fröhlich, praktisch, intelligent, sensibel und sportlich (heute vielleicht weniger, etliche Jahre sind vergangen!), aber vor allem hast Du einen gesunden Menschenverstand und den Sinn für Weisheit. Du hast Vorurteile und Rassismus erlebt. Mit der Rkk kommst Du nicht so ganz zurecht, umso mehr aber mit der Person von Jesus. Von Deinen so spärlichen weniger guten Seiten will ich nicht reden. Ich liebe Dich nicht nur, weil Du absolut perfekt bist. Ich bin ja auch nicht vollkommen, Gott bewahre. Ich liebe Dich sehr, so wie Du bist. Du hast mir das Wasser gereicht, das man dem durstigen Fremden gibt und mir, so glaube ich, ganz wesentlich geholfen, Mensch zu werden.

    Du möchtest die folgenden Briefe obendrein Deinen Freunden aus verschiedenen Kulturen zur Verfügung stellen. Der Einfachheit halber werde ich nur von Deinen Freunden sprechen und damit Freundinnen und Freunde meinen.

    Da einige Deiner Freunde mit meinen Lebensumständen nicht vertraut sind, werden sie mein Zielpublikum sein, manchmal implizit, manchmal explizit. Für sie werde ich Begriffe erklären und von Erlebnissen berichten, die Dir, es versteht sich von selbst, geläufig sind.

    Natürlich bitte ich Deine Freunde, mehr auf das Gemeinte als auf die sprachliche Perfektion zu achten. Sie kennen sicher das geniale Büchlein „Le Petit Prince (Der Kleine Prinz, in der Folge klP) von Antoine de Saint-Exupéry. Ich kann nicht umhin, an dieser Stelle eine Liebeserklärung an dieses Büchlein abzugeben, das von den wesentlichsten Seiten des Menschseins zu handeln scheint. Der Verfasser betont, dass es für die „Grossen Personen unmöglich ist, die elementarsten Dinge des Lebens zu erkennen. Als „Grosse Personen" – les grandes personnes – werden im klP Leute beschrieben, die sich mit Konventionen zufrieden geben, sich selbst als bedeutend erachten und von Macht, Geschäft oder Konsum leben.

    Ein Beispiel bloss, wie „Grosse Personen sind: Der Asteroid B612, von dem der kleine Prinz kam, wäre um ein Haar nicht bekannt geworden. Ein türkischer Astronom hatte ihn entdeckt und an einem Astronomen-Kongress, mit Turban und Kaftan, davon berichtet. Natürlich fanden die „Grossen Personen seine Aufmachung lächerlich und niemand glaubte seinen Ausführungen. Ein türkischer Diktator gebot seinen Untertanen unter Todesstrafe, sich europäisch zu kleiden. Das rettete den Asteroiden B612 davor, vergessen zu werden, denn beim nächsten Kongress hatte der Astronom, diesmal im Smoking, überhaupt keine Probleme mit seiner Beweisführung (klP IV). Wenn ich jemandes Freund werden möchte, schenke ich ihm eine Taschenausgabe des klP. Wenn er das Büchlein genial findet, so bemühe ich mich um seine Freundschaft.

    ---- nachvollziehbar, gesunder Menschenverstand

    Mein Bemühen wird es sein – das ist für mich ganz wichtig – in den nachfolgenden Briefen auf eine nachvollziehbare Weise zu argumentieren und zudem eine einfache Sprache zu benutzen. Übrigens wurde mir die Nachvollziehbarkeit von Stefan, einem weisen Freund mit einem sehr gesunden Menschenverstand, über Jahre als wichtigstes Element einer christlichen Verkündigung nahegelegt. Nachvollziehbar bedeutet einfach, dass Deine Freunde meiner Argumentation folgen können. Nachvollziehbar heisst für mich selbst, dass diese Briefe meine Sinn-Synthese wiedergeben. Nachvollziehbarkeit – mit Evidenzen (s.u.) als ihren Elementen – ist doch zentral für die Wahrheitsfindung überhaupt.

    Ich glaube, dass jeder Mensch, in jedem Umfeld, eine Antenne für Wahrheiten hat, die er mit seinen Sinnen und seinem Verstand aufnimmt. Wenn es in meiner Gastkultur heisst: „Wer schreit hat Unrecht", so nehme ich das Unrecht zuallererst mit dem Gehörsinn wahr. Indem ich Wahrheiten aufnehme, werden sie zu meinen Wahrheiten. Die Wahrheiten und ich selbst gewinnen dabei, denn eine einsame Wahrheit ist nicht sehr nützlich und fühlt sich kaum sehr wohl! Gewiss hilft uns die Intelligenz, Wahrheit zu erkennen. Dabei ist selbstredend nicht die schulische Intelligenz gemeint. Es geht ja nicht um die Fähigkeit, einem Lehrer oder einer Prüfungsordnung zu gefallen. Mit Wahrheiten meine ich nicht grosse philosophische oder theologische Wahrheiten, sondern alles was uns hilft, in der Wirklichkeit zu leben, eben existentielle Einsichten.

    Wahrheiten werden nicht unbedingt vor dem TV-Bildschirm erfahren, die Kamera hat – entgegen dem durch das Bild vermittelten Eindruck – einen beschränkten Blickwinkel.

    Wenn ein Mensch einsam in der Wüste gefilmt wird, vergisst der Betrachter meist, dass es eines ganzen Teams bedarf, um diesen Eindruck zu vermitteln: Es werden Kameramann, Beleuchter, Tonmixer, Bauten, Transportmittel etc. benötigt. Das alles verfälscht die Wüste, die Situation. Zudem mag der Regisseur bestrebt sein, seine Sicht der Dinge zu vermitteln.

    Die Antenne für Wahrheiten und Wahrheit kann „gesunder Menschenverstand" genannt werden. Wenn Descartes gesagt haben soll:

    Der gesunde Verstand ist das, was in der Welt am besten verteilt ist; denn jedermann meint damit so gut versehen zu sein, dass selbst Personen, die in allen anderen Dingen schwer zu befriedigen sind, doch an Verstand nicht mehr, als sie haben, sich zu wünschen pflegen. (wiki[Verstand])

    ist das natürlich eine ironische Sicht der Dinge. Der Mensch hat ein Gespür für die Wahrheit, aber er hat es nicht wie Nase oder Ohren. Es gilt, den gesunden Menschenverstand zu erziehen und weiterzubilden. Weisheit gehört dazu. Frei von ideologischem Denken und Vorurteilen ist es möglich, dem Anderen und sich selbst den Raum zu geben, der Leben benötigt.

    Weisheit setzt Zuhören voraus, wer zu viel spricht, legt wahrscheinlich einen dunklen Filter auf die Wirklichkeit.

    Der gesunde Menschenverstand ist Realismus oder Bodenhaftung, was wiederum Einfachheit und Bescheidenheit bedeutet. Denn der im negativen Sinne stolze Mensch hat keine Bodenhaftung, er ist in seinem Universum eingeschlossen.

    Als der Kleine Prinz den Planeten des Eitlen besucht, heisst es:

    Aber der Eitle hörte ihn nicht. Die Eitlen hören nur zu, wenn man sie lobt.

    „Bewunderst du mich wirklich sehr?"

    fragte [der Eitle] den kleinen Prinzen [gerade danach]

    „Was heißt bewundern?" -

    „Bewundern heißt erkennen, daß ich der schönste, der bestangezogene, der reichste und der intelligenteste Mann des Planeten bin."

    „Aber du bist allein auf dem Planeten "

    „Mach mir die Freude, bewundere mich trotzdem!" (klP XI).

    Der gesunde Menschenverstand ist schliesslich Kreativität, denn der Mensch soll Informationen nicht nur aufnehmen, sondern sie auf eine nachvollziehbare Weise neu und schöpferisch ordnen.

    ---- evident

    Evident ist etwas, das immer unmittelbar einsichtig ist, es bedarf keiner Erklärungen. Gegebenheiten oder Lehrsätze können Erklärungen benötigen. Damit sie nachvollziehbar werden, ist es notwendig, dass die Elemente der Ableitung, die Grundannahme und die angewandte Methode wieder unmittelbare Evidenzen sind. Nachvollziehbarkeit ist nicht mit Bauchgefühl gleichzusetzen.

    Ein Beispiel aus der Physik: Wenn der Wind rechtwinklig und horizontal auf ein Satteldach trifft, sagt uns das Gefühl, dass die Mauern, die das Dach stützen, nach unten und nach hinten beansprucht werden. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn das Dach nicht genügend schwer ist, wird es zuerst emporgehoben und vom Wind buchstäblich fortgeworfen. Zum ersten Mal habe ich das in einem Modellversuch in einer TV-Vorlesung von Paul Scherrer zu eben diesem Thema gesehen, dann habe ich in unserm Gastland mehrmals Dächer von Schulen neben ihren angestammten Gebäuden angetroffen. Das Ganze ist eine Folge der Strömungslehre von Flüssigkeiten und Gasen. Die Luftteilchen, die das Satteldach übersteigen müssen, haben einen längeren Weg als ihre Kollegen, die geradeaus fliegen und müssen sich beeilen, da sie – von ihren Hintermännern gestossen – nach dem Hindernis gemeinsam weiterziehen. Wenn Flüssigkeiten oder Gase schneller fliessen, herrscht in ihnen ein kleinerer Druck. Der Unterdruck über dem Dach saugt es nach oben. Genau deshalb gibt es Flugzeuge und Helikopter, deren Rotoren Flügelform haben. Wie das Beispiel zeigt, geht es hier um eine Nachvollziehbarkeit durch den Verstand, nicht durch das Gefühl. Aber ist gibt einfache und nachvollziehbare Experimente, die die Grundlagen der Strömungslehre evident sein lassen..

    Ich habe das Glück und das Pech, dass mein Erfahrungshorizont nicht unbedingt von sehr vielen Frauen und Männern geteilt wird. Glück, da Originalität gefragt ist, Pech, weil etliche Erfahrungen von Deinen Freunden ein ziemlich grosses Einfühlungsvermögen verlangen. Natürlich möchten sie, dass ich genau angebe, wo ich lebte. Von einem Journalisten würde man ja die Information verlangen, ob er aus Sizilien oder aus Norwegen berichtet. Nun, ich arbeitete in etwa auf sieben Grad nördlicher Breite ... damit ist Norwegen ausgeschlossen.

    In Liebe Dein L. Theodor

    ---- PS

    Diese Briefe habe ich vor der Wahl von Papst Franziskus geschrieben, ich arbeite seit einem Dutzend Jahren daran. Ich denke jedoch, dass die angesprochene Problematik noch einige Zeit fortdauern wird.

    Wenn wider Erwarten doch sehr viele Wunder geschähen, könnten die Briefe Zeitzeugen sein von einem Übergang des Klerikalismus zu einer schwesterlichen und brüderlichen Beziehung.

    Diese Sammlung ist natürlich keine wissenschaftliche Arbeit. Ich werde keine „gescheiten Bücher zitieren, sondern so schreiben, wie es jeder „gewöhnliche Briefschreiber tun kann. Meine Quelle, so hoffe ich, ist das Leben, die Briefe mögen „leben-schaftlich" sein. Verweise, Links und ähnliches möchten nicht den Anschein des Gegenteils erwecken, sondern eher die Lesbarkeit erleichtern und die Neugier Deiner Freunde wecken!

    In einer Zeit der vielen Worte fühle ich mich zu einem eher gestrafften Stil verpflichtet. Natürlich habe ich für Dich und für mich ein Pseudonym gewählt. Das ist besser für Dich und für meine Ordensgemeinschaft. Und es ist besser für den Inhalt, der nicht nur meine Erkenntnisse und Erfahrungen widerspiegelt.

    Zitate aus der Bibel (und es sind deren viele!) sind aus der deutschen Einheitsübersetzung.

    Der leichteren Lesbarkeit halber stehen Zitate im vollen Wortlaut, eingerückt, kursiv und blassgrün unterlegt. Von Parallelstellen wird gewöhnlich nur eine angegeben.

    Mir besonders wichtig scheinende Stellen können sich in verschiedenen Zusammenhängen finden und mehrere Aussagen über eine Stelle sind durchaus möglich.

    Am Schluss des Buches befindet sich ein Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und die Konventionen, wie eine Bibelstelle zitiert wird. Dazu ein summarischer Index.

    Einige Erklärungen, Anekdoten, Details, Denkanstösse oder Vorläufiges habe ich als Bemerkungen in kleinerer Schrift und grau unterlegt eingerückt. Ich hoffe, das Buch liest sich so etwas strukturierter (und farbenfroher).

    Hintergrundfarbe und Einrücken des Textes sind natürlich vom eReader abhängig. Bei den Einstellungen des epub-Readers ist einfach darauf zu achten, dass die epub- und/oder die CSS-Formatierung der Vorlage beachtet wird.

    Wenn ich vom Land, der Hauptstadt, der Stadt, dem Kollegium etc. spreche, mit oder ohne besitzanzeigendes Fürwort, ohne zu präzisieren, sind Orte gemeint, in denen ich 27 Jahre wirken durfte. Ort und Zeit der Handlung sind vage gehalten, trotzdem könnten sie typische Zustände in ländlichen oder halb städtischen Regionen von Ländern Westafrikas beschreiben. Nur dies: Mein Arbeitsfeld war in einem Land, in dem es viele Sprachen und ebenso viele verschiedene Kulturen gibt, es war viele hundert Kilometer von der Hauptstadt und vom Meer entfernt.

    ---- PS 2: mein römisch-katholischer Gott

    Es geht in diesem Abschnitt darum, einige ganz wenige Begriffe des Wortschatzes der Rkk meiner Jugend und meiner ersten Jahre als Ordensmann zu erklären. Deine römisch-katholisch sattelfesten Freunde können somit den Rest dieses Briefes überspringen. Der etwas komische Untertitel rührt daher, dass die Rkk Gott und vor allem Jesus an ihre Theorien anzupassen scheint und nicht umgekehrt!

    Absolution: Lossprechung: Vor allem kraft der Sendung durch die Rkk und zusätzlich im Namen Gottes spricht der Priester in der ↑Beichte von der Sünde los.

    Allerheiligen: Gedenktag all jener, die im Himmel sind und von der Kirche nicht als Heilige deklariert wurde.

    Altar: Tisch aus Holz oder Stein, auf dem die Euchariste (Messe) gefeiert wird.

    Altes Testament: Sammlung der ↑inspirierten Bücher, vor dem Kommen Jesu verfasst. Die meisten dieser Bücher werden auch im Judentum als heilig angesehen.

    Asket, Askese: Gläubiger der freiwillig Verzicht im Bereich vitaler Funktionen übt (z.B. im Bereich des Schlafes, des Essens, Trinkens, der Sexualität), um für sich selbst oder für andere Busse zu tun.

    Auferstehung: wie Jesus nach seinem Tod mit Leib und Seele in den Himmel gegangen ist, so sollen auch seine Jünger/innen mit Leib und Seele in die Vereinigung mit Gott kommen. Ob die Auferstehung des Leibes zur Zeit des Todes oder am Ende der Welt erfolgt ist umstritten.

    Beichte:

    Beichte (Vorbereitung): In einer persönlichen Vorbereitung gibt man sich Rechenschaft über seine Sünden mit Hilfe eines Beichtspiegels, dann erweckt man ↑Reue und fasst den Vorsatz keine schweren Sünden mehr zu begehen.

    Beichtspiegel: Aufzählung aller möglichen Sünden gegen die Zehn Gebote. Dem „einfachen" Katholiken sollte geholfen werden, seine Sünden vor der persönlichen Beichte zu erkennen und die sogenannten schweren Sünden vollständig zu bekennen. Glücklicherweise werden Beichtspiegel kaum mehr gebraucht, waren sie doch vor allem an Moral und Dogma und wenig am Evangelium orientiert. Der Rk Gläubige soll sich seiner Sünden sehr wohl bewusst sein.

    Beichtstuhl: ein kleiner Raum, in dem der Priester sitzt. Ein meist halboffener Vorraum erlaubt das Knien des Beichtenden. Durch ein engmaschiges, kleines Gitter in der Höhe des Kopfes ist die Unterhaltung mit dem Priester möglich. Der Beichtstuhl dient dem Schutz vor sexuellen Übergriffen des Priester am Gläubigen und umgekehrt.

    (im Beichtstuhl): Zuerst bekennt der Beichtende dem Priester alle seine schweren Sünden mit Angabe ihrer Anzahl und ihrer besonderen Umstände. Danach macht der Priester einen Kommentar (Zuspruch), erteilt eine Busse dann die Absolution.

    Beichte (nachher): Verrichtung der ↑Busse, die meist aus einer Anzahl Gebeten oder einer bestimmten Aktion (einer Wiedergutmachung) besteht.

    Bibel: Gesamtheit der von der Rkk anerkannten Schriften, von denen sie glaubt, dass sie ↑inspiriert sind. Sie besteht aus dem Alten- und dem Neuen Testament.

    Bischof: Chef einer Diözese.

    Buch der Bibel: Schrift, die einem bestimmten Autor zugeschrieben wird oder an bestimmte Adressaten gerichtet ist. Es kann Gesetzes-Sammlungen, geschichtliche Überlieferungen, prophetische Reden, Gebete, Sprichwörter usw. enthalten.

    Busse: Bei der ↑Beichte auferlegte Gebete oder Taten (um vergangenes Unrecht wieder gutzumachen). Oder: Freiwilliger Verzicht, um das Gebet für sich oder Andere zu unterstützen (↑Askese).

    Danksagung: Persönliches Dankgebet nach dem Empfang eines Sakramentes.

    Diözese: Unterteilung der Universalkirche, wird auch lokale Kirche genannt.

    Direktor: In unserem Orden Chef einer Kommunität.

    Dogma: Von der Rkk verkündeter Lehrsatz, der von allen Gläubigen unter Androhung der Exkommunikation angenommen werden muss.

    Dogmatik: Studium der Dogmen der Rkk.

    Dreifaltigkeit: Gott Vater, Sohn (Jesus-Christus) und Heiliger Geist, unterscheiden sich in ihrem Wirken, aber sind gleich ewig (ungeschaffen), gleich mächtig.

    Ende der Welt: darin versteht die Rkk das zweite und definitive Kommen von Jesus dem Sohn Gottes (das erste Kommen war jenes in Bethlehem)

    Erstbeichte: Erste ↑Beichte vor dem Priester (mit ungefähr 9 Jahren).

    erste Gelübde: ↑Gelübde am Ende des ↑Noviziats, gewöhnlich für ein Jahr.

    Erstkommunion: Empfang der Kommunion (↑Sakrament) zum ersten Mal (mit ungefähr 9 Jahren).

    Eucharistie: Griechisch „Dank sagen". Feierlicheres Wort für Messe.

    Evangelist: Ein von der Rkk anerkannter Verfasser eines Berichtes über das Leben und die Worte Jesu, nämlich Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.

    Evangelium: Werk eines der vier Evangelisten.

    ewiges Leben: von Gott durch Jesus-Christus geschenkte Auferstehung von Leib (das wusste ich in meiner Jugend nicht so genau) und Seele in die Vereinigung der Dreifaltigkeit, meistens Himmel oder Paradies genannt.

    Exerzitien: Geistliche Übung, die darauf abzielt, das persönliches Ordensleben zu überprüfen und mehr Zeit zum Gebet zu haben. Bei uns war jeden Monat ein Tag dazu bestimmt und jedes Jahr eine Woche. Mit Vorträgen wird dabei zum Nachdenken motiviert.

    Gelübde oder Ordensgelübde: Versprechen, für eine bestimmte Zeit oder für das ganze Leben, der Armut (keinen Besitz zu haben), der Keuschheit (ehelos und sexuell enthaltsam zu leben) und des Gehorsams (den kirchlichen Obern im Rahmen der Gesetze der Rkk zu gehorchen)

    General/ober/in/er: Einsame Spitze, absoluter Chef eines Ordens.

    Generaladministration: Zentrale Leitung eines ↑Ordens.

    Gnade: unverdiente Gabe Gottes

    Gründer/in: Mann oder Frau der/die andere Menschen für ein Ideal und eine Lebensform begeistern konnte und eine religiöse Gemeinschaft ins Leben rief.

    gültig empfangenes ↑Sakrament. Der Gläubige muss sich im ↑Stande der Gnade wissen und das Sakrament dem Glauben der RkK gemäss empfangen, mit rechter Absicht (weder gleichgültig noch zum Schein).

    heilig machende Gnade: Unbeflecktheit, wie ↑Stand der Gnade (Zush. Sakramente)

    Heiliger Geist, eine der drei Personen der ↑Dreifaltigkeit.

    Inspiriert: Eingebung des ↑Heiligen Geistes beim Schreiben des ↑Buches der Bibel, auch wenn der Verfasser dieser Eingebung nicht bewusst war.

    Jesus: Ums Jahr null als Sohn von Maria geboren, er war für mich vor allem in der Eucharistie (Messe) erfahrbar.

    Johannes-Paul II (bürgerlich Karol Józef Wojtyła): Papst von 1978-2005. Wahrscheinlich wichtig für die Beendigung des Sozialismus in Polen.

    Kapitel: Eine einheitliche Unterteilung eines Buches der ↑Bibel, geht auf Stephen Langton 1206 zurück.

    Kardinal:Wähler des Papstes, ev. Vorsteher eines Ministeriums der Kurie (Kongregation genannt).

    Karfreitag: Freitag vor Ostern. Gedächtnis des Todes Jesu am Kreuz.

    Karwoche: Woche vor Ostern

    Katechismus: Zusammenfassung des Glaubens der Rkk, gewöhnlich als Fragen und Antworten dargestellt.

    Kelch: Vergoldetes Trinkgefäss für die ↑Eucharistie.

    Kirche: Oberste Instanz, die Gott sozusagen vermittelt, Lebensraum.

    Kommunität: Lokale ↑Ordensgemeinschaft

    Kurie: Zentrale Administration der Rkk.

    lässliche ↑Sünde: nicht bewusst, nicht freiwillig oder sonstige Vergehen nicht ↑wichtiger Sache. (z.B. seine täglichen Gebete nicht zu verrichten)

    Maria: Mutter Jesu und nun Fürsprecherin am Thron Gottes, im Mittelalter durch Bilder und Statuen in die Umgebung der Adeligen versetzt.

    Messe: Das Wort kommt aus dem kleinen Satz, mit dem die Gläubigen entlassen werden (und den sie gerne hörten!): Ite missa est (Geht, das ist Entlassung, die Sendung

    Ministrant/in: Meist uniformierte/r Diener/in des Priesters während der Eucharistie.

    Mission: Gesamtheit aller Institutionen der Rkk zur Verbreitung des Glaubens ausserhalb der christianisierten Länder.

    Missionar/in: Mann oder Frau in der offiziellen Mission der Rkk involviert.

    Neues Testament: Sammlung der ↑inspirierten Schriften, nach dem Kommen Jesu verfasst.

    Novizenmeister: Verantwortlicher des Noviziats.

    Noviziat: Einführung ins Ordensleben, Vorbereitungszeit auf die Ablegung der ↑ersten Gelübde.

    Opfer: auf etwas Begehrenswertes verzichten, zugunsten eines Anliegens oder eines Ideals.

    Orden (Ordensgemeinschaft): Gemeinschaft von lauter Männern (Ordensmänner) oder lauter Frauen (Ordensfrauen), die ↑Gelübde abgelegt haben.

    Ordenspriester, (Pater): Zum Priester geweihter Ordensmann.

    Parallelstellen: Stelle mit einem ähnlichen Inhalt aus einem anderen Buch der Bibel (im strikten

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