Ein Kampf um Clara: Schumann und Schilling und der Musikzeitschriftenkrieg zwischen Stuttgart und Leipzig
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Im vorliegenden Buch werden erstmalig die relevanten Dokumente - ausführliche Briefe und Zeitschriftenartikel - zusammenhängend und weitgehend im vollen Wortlaut präsentiert und kommentiert. Dies ermöglicht nicht nur einen aufschlussreichen Einblick in Schumanns künstlerisches Selbstverständnis und seine dramatische Verlobungszeit, sondern auch in den heftigen musikalischen Richtungsstreit zwischen den Traditionalisten und der neudeutschen Schule.
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Ein Kampf um Clara - Klaus Heitmann
PROLOG
„Nach Stuttgard ginge ich gern, schreibt Robert Schumann im Februar 1839 aus Wien an seine Verlobte Clara Wieck.
Ich kenne die Stadt; sie ist reizend und die Menschen viel besser und gebildeter als die Wiener. Dieser für Stuttgart ziemlich schmeichelhafte Vergleich war Schumanns Antwort auf eine Anfrage seiner Verlobten, ob er bereit sei, in die württembergische Metropole zu ziehen, wo sie glaubte, für ihn eine Arbeitsstelle und damit die Grundlage für die heiß ersehnte Eheschließung gefunden zu haben. Der Heirat der Verlobten standen seinerzeit vor allem wirtschaftliche Probleme entgegen. Claras Vater, Friedrich Wieck, Schumanns ehemaliger Lehrer und Mitbegründer der „Neuen Zeitschrift für Musik
, die Schumann redigierte,, versuchte die Verbindung mit allen Mitteln zu verhindern, zum einen weil er Schumann nicht für zuverlässig hielt, zum anderen und vor allem, weil er nicht glaubte, dass dieser seiner schon berühmten Tochter einen angemessen Lebensunterhalt gewährleisten könne. Clara Wieck, deren Konterfei sinnigerweise einmal unsere 100-DM Scheine schmückte, hoffte die Probleme mit der Übersiedlung nach Stuttgart endlich lösen zu können.
Trotz dieser günstigen Beurteilung ist Stuttgart, wie man weiß, keine Schumannstadt geworden und die außerordentlich unglücklich Verlobten mussten noch über eineinhalb harte Jahre warten, bis sie, nach einem äußerst schmutzigen Prozess gegen Claras Vater den Ehebund schließen konnten. Das genannte Arbeitsplatzangebot aber - es stammte von dem Stuttgarter Musikschriftsteller Schilling - sollte Schumann noch eine Zeit lang mit Stuttgart verbinden. Es wurde zum Ausgangspunkt einer großartigen literarischen Polemik, die über zwei Jahre zwischen Stuttgart und Leipzig tobte und so heftig war, dass sie am Ende nicht nur in Strafprozessen mündete, sondern auch noch eine der daran beteiligten Musikzeitschriften zerstört auf der Walstatt hinterließ.
Wenn auch der eher miese Stuttgarter Gegenspieler Schumanns heute vergessen ist und kaum mehr als Fußnoten in der Schumannliteratur abgibt, so verdanken wir dieser Kontroverse doch einige bemerkenswerte briefliche Äußerungen Schumanns über sich, sein Verhältnis zu Clara und sein künstlerisches Selbstverständnis und die glänzende Satire Die Verschwörung der Heller
, mit der er den Streit (fast) in dichterische Höhen hob.
Die Geschichte ist aus dem Stoff, aus dem Theaterstücke, Hollywoodfilme und mancher reale Skandal gemacht sind. Zwei Temperamente, wie man sie sich nicht gegensätzlicher denken kann, stehen sich gegenüber: auf der einen Seite ein sensibler, noch wenig bekannter Komponist und ziemlich brotloser Intellektueller, der dabei ist, eine Existenz aufzubauen - auf der anderen ein bereits mit Titeln, Orden und allen sonstigen schützenden Attributen bürgerlichen Ansehens versehener skrupelloser Musikunternehmer, der sich höchster Protektion erfreuen kann. Äußerlich scheint es um große Ziele zu gehen. Der Beobachter glaubt einem Kampf auf Biegen und Brechen um die Macht auf dem seinerzeit bedeutsamen Markt der musikalischen Publizistik beizuwohnen. Der Anspruchsvollere mag sich darüber hinaus als Zeuge eines intellektuellen Streites über die großen künstlerischen Ideen der Epoche sehen, eines Ringens der progressiven, neuromantischen Musikrichtung, zu deren Exponenten Schumann gehörte, mit einer an den Klassikern, an Haydn, Mozart und Beethoven orientierten konservativen Musikauffassung, die seinerzeit in Stuttgart mit Lindpaintner, Ignaz Lachner und Molique stark vertreten war.
In Wirklichkeit geht es, den Regeln vieler solcher Dramen entsprechend, um eine Frau. Es ist eine höchst private Rivalität, die da verdeckt und doch vor aller Öffentlichkeit ausgetragen wird, das Nachbeben einer Konkurrenz um eine begnadete, junge und dazu noch schöne Klaviervirtuosin. Am Ende siegt trotz aller Warnungen des hellsichtigen Künstlers der Bösewicht. Er kann seine Stellung so lange halten bis er genügend Geld von denen ergaunert hat, die ihn gestützt haben und setzt sich nach Amerika ab. Sein Kontrahent aber stirbt fast gleichzeitig im Wahnsinn.
Wer war dieser Stuttgarter, den Schumann schon zwanzig Jahre vor seinem spektakulären Abgang aus der schwäbischen Hauptstadt im Jahre 1858 vollkommen durchschaut hatte und der sich dort trotzdem noch so lange halten konnte? Wie war es möglich, dass er Schumann so aus der Reserve locken konnte, dass dieser von seinem Heimatgericht wegen seiner Äußerungen über Schilling sogar mit einer Strafe belegt wurde?
Eine höchst aufschlussreiche Auskunft über diesen Dr. Gustav Schilling findet sich in der Selbstdarstellung, die er im Jahre 1842 in seiner „Sammlung durchaus authentischer Lebensnachrichten über in Europa lebende ausgezeichnete Tonkünstler, Musikgelehrte, Componisten, Virtuosen, Sänger etc. veröffentlichte, wobei er unverfroren und in bezeichnender Unschärfe, zugleich aber auch in plumper Überdeutlichkeit anmerkt: „Nach dem Französischen von einem Mitarbeiter, nicht vom Herausgeber bearbeitet.
„Schilling, Gustav, Hofrath und Dr. phil. in Stuttgart, auch Mitglied mehrer gelehrten und musikalischen Gesellschaften und Vereine, Inhaber mehrer Verdienstmedaillen um Kunst und Wissenschaft u.s.w., geb. zu Schwiegershausen im Königreich Hannover am 3. November 1803. Die Liebe zur Musik entwickelte sich bei ihm unter der Pflege seines Vaters, der Geistlicher, doch auch ein guter Musiker war, sehr frühzeitig, so daß er sich bereits im zehnten Jahre öffentlich hören ließ, obgleich er sich der Musik nicht vorzugsweise hingeben, sondern sie nur als eine Nebenbeschäftigung treiben durfte. Seine reiferen Knabenjahre verflossen unter klassischen Studien und musikalischen Uebungen, indem er sich im Spiele mehrer musikalischer Instrumente vervollkommnete und hin und wieder sich auch in der Composition versuchte, bis er im Jahre 1823 die Universität Göttingen bezog, um Theologie zu studiren, welches Studium er auch drei Jahre später in Halle beendete. Die Zeit seiner akademischen Laufbahn schlich nicht unbenutzt für die schöne Kunst vorüber, und er widmete sich fleißig dem Studium des Claviers, der Orgel und der Composition.
…..
Obgleich das mit bestem Erfolge erstandene Examen unserm Candidaten der Theologie schöne Aussichten auf dem Wege der Pastoration öffnete, zog er doch vor, sich für das Lehramt vorzubereiten, da ihm die rationale Richtung seiner unter Wegscheider und Gesenius betriebenen Studien mit der ersteren Laufbahn nicht zu harmoniren schien. Später erwarb sich Schilling den Doktorgrad, nachdem er in einer Disputation „de revelatione divina seine Ideen über unmittelbare Offenbarung ausgesprochen hatte. Als einen Beweis der Auszeichnung erhielt er später, in Folge einer andern philosophischen Abhandlung „Relatio affectum ad summam facultatem cognoscendi
ein zweites Diplom."
Auch hier fällt eine gewisse Unschärfe des Berichtes auf, denn wiewohl darin die Stationen von Schillings Leben ansonsten sehr detailliert geschildert werden, fehlt der Hinweis darauf, an welcher Universität er diese „Diplome" erworben haben soll. Weiter heißt es in dieser Vita: „Als er die Erlaubnis zur Ausübung des Prediger-Amtes erhalten hatte, hielt er zahlreiche Predigten in Göttingen und den benachbarten Städten, wodurch er sich einen solchen Ruf als Redner erwarb, daß seine Vorträge stets bei vollem Hause gegeben wurden."
Ein erstes Beispiel von Schillings Verhältnis zum