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Kampf dem Karl,: der Tod kann warten
Kampf dem Karl,: der Tod kann warten
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Ebook201 pages2 hours

Kampf dem Karl,: der Tod kann warten

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About this ebook

Karl das Karzinom verändert jäh das Leben des Autors und Altenpflegers Bernhard Giersche. Ganz nach Autorenmanier versucht er seinen wechselnden Gefühlen Herr zu werden und sie in Form eines Krankentagebuchs öffentlich in einem sozialen Netzwerk zu posten. Unglaublich authentisch, da nie als Buch geplant, liest sich dieser Bericht wie ein Roman. Getreu seinem Wahlspruch: "Geht nicht gibts nicht!" nimmt er den fast aussichtslosen Kampf gegen Karl auf.
LanguageDeutsch
Publisherneobooks
Release dateAug 31, 2017
ISBN9783742774200
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    Book preview

    Kampf dem Karl, - Bernhard Giersche

    Widmung

    Dieses Buch widme ich meiner geliebten Frau Gisela Fischer, die nach einer zu kurzen, schönen Zeit nun diesen schweren Weg mit mir gehen muss. Sie bedeutet alles für mich, stützt, pflegt und tröstet mich und bringt mich zum lachen. Sie gibt jedem noch so schweren Tag einen Sinn um doch noch weiterleben zu wollen. Ohne sie wäre ich längst verloren, hätte mich meiner Krankheit gebeugt und den Kampf vermutlich schon aufgegeben. Sie gibt mir Kraft, Zuversicht und Geborgenheit und hat mich unendlich glücklich gemacht, als sie mir angesichts dieser ausweglosen Diagnose ihr Jawort gab.

    1. Juli 2017

    Wie versprochen nun also die Erklärung warum ich schon wieder im Krankenhaus liege. Ich mache es so kurz wie möglich. Warum ich meine Diagnosen bei Facebook öffentlich mache liegt daran, dass ich auf keinen Fall möchte, dass Menschen an denen mir liegt irgendwelche Scheißhausparolen hören oder lesen. Ich habe ein Pankreas Karzinom mit großen Metastasen in der Leber und im Darm.

    Meine Gisela und ich hoffen , dass die neuartige Methadontherapie anschlagen wird und ich allen Prognosen zum Trotz weiterleben werde. Aufgeben kommt auf keinen Fall in Frage!!! Ich werde, so ich denn kann, immer mal wieder über die Entwicklung berichten. Sicher versteht ihr, dass wir keine Kraft und Zeit haben, um alle unsere Facebook Freunde einzeln zu informieren. Seid bitte nicht böse deswegen. Gisela Fischer und ich gehen diesen Weg zusammen mit unseren Familien. Jeder gedrückte Daumen mag helfen.

    4. Juli 2017

    Ich habe mir überlegt, wie ich diese Krankenhausphase einigermaßen sinnvoll nutzen könnte. Überhaupt hier zu schreiben wird mir sicherlich von einigen als „Drängen in den Mittelpunkt" ausgelegt, aber sollte mich das jucken? Ich beobachte an mir täglich neue Effekte und Entwicklungen. Veränderungen und Ansichten. Es sind teilweise recht interessante Phänomene zu beobachten, an mir und auch an anderen. Und warum nicht darüber schreiben? Habe ja sonst nichts mehr zu tun und das Ersinnen fiktiver Geschichten fällt mir schwer im Moment, wo doch die Realität extrem spannend ist.

    Über den Tod und das Sterben sind schon unzählige Bücher geschrieben und Filme gedreht worden. Dem noch ein weiteres Elaborat hinzuzufügen liegt mir fern. Gleichwohl kann mich ja niemand daran hindern, meine Beobachtungen aufzuschreiben und so eine Art Tagebuch zu führen bis zum Ende. (Wann immer das sein wird...) ich bin ja jetzt in der komfortablen Situation, in erster Reihe zu stehen und freie Sicht auf das zu haben, was da auf mich zukommt. Also habe ich mich entschlossen, einmal täglich etwas darüber zu schreiben und in meine Timeline zu posten. Wer das nicht lesen mag , dem gebe ich jetzt die Gelegenheit, mich nicht mehr zu abonnieren, bzw. mich zu entfreunden. Damit die geneigte Leserschaft weiß, um was es geht, hier der Link zu einer Erklärung. Ich habe die Diagnose Pankreasschwanzkarzinom mit metastasierter Leber,(ICD 10 Code C25.4). Ich denke, dass ich heute Nachmittag damit beginne aufzuschreiben, was alles so um diese Erkrankung herum zu beobachten ist. Also eine Art Livebericht aus dem Krankenhaus.

    Also dann...schreibe ich einfach mal nieder, was ich für nennenswert erachte. Natürlich darf kommentiert, gefragt oder ergänzt werden. So bewirkt das kleine Tagebuch vielleicht etwas Gutes und die ganze Geschichte ist nicht einfach nur sinnlos. Heute will ich berichten was eigentlich passiert ist, wie die Diagnose zustande kam und wie meine Gefühle waren an jenem Tage. Ich will mich bemühen, nichts weg zu lassen oder gar etwas dazu zu dichten. Es ist also alles wahr und wirklich so passiert.

    Vor etwa vierzehn Tagen wachte ich das erste mal mit diesen seltsamen Oberbauchschmerzen auf. Rechts unter dem Rippenbogen tat es weh, fühlte sich an wie kernige Seitenstiche nach einem Sprint. Das tiefe Einatmen fiel mir schwer. Ich bin schon über einem Jahr krank geschrieben wegen eines Rückenleidens und an Schmerzen gewöhnt. Seit einem halben Jahr kamen monatlich immer neue Sachen dazu...erst Bluthochdruck, dann Diabetes und nun eben Oberbauchschmerzen. Über den Tag gesehen wurde der Schmerz weniger und flachte in den nächsten Tagen fast ganz ab. Dann wieder eine Nacht mit mehr Schmerzen...schlimmer als zuvor...wieder wurde es weniger und zuletzt war er dann plötzlich so stark präsent, dass ich zum Hausarzt ging. Der wurde gleich hektisch und machte Ultraschall etc. Er vermutete eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die er im Ultraschall auffällig fand. Der Hausarzt ließ einen Rettungswagen kommen und mich ins katholische Krankenhaus nach Lippstadt bringen.

    Dort wartete ich dann auf meiner Liege etwa zwei Stunden, bis mich jemand in ein Behandlungszimmer schob und untersuchte. Wieder Ultraschall, diesmal aber ohne Befund. Der Oberarzt kam und auch er machte wieder einen Ultraschall, fand aber nichts auffälliges. Nach dem Röntgen des Bauches und einer Magenspiegelung legten sich die Ärzte dort fest: Es handle sich um eine Gastritis, eine Magenschleimhautentzündung. Nichts gefährliches, lästig, schmerzhaft aber nicht bedrohlich. Am vierten Tag wurde ich als geheilt entlassen, ich sollte für zwei Wochen Magentabletten nehmen.

    Mein Hausarzt tobte und konnte nicht verstehen, warum man mich mit Schmerzen und hohen Entzündungswerten entließ. Er benutzte wieder das Ultraschallgerät und fand in der Leber in beiden Lappen ungewöhnliche Strukturen. Er ordnete sofort ein CT des gesamten Bauchraumes an, sowie die Bestimmung der Tumormarker. Das sind Werte, die auf die Existenz eines Krebsgeschwüres hindeuten. Gisela und ich waren spätestens jetzt nervös geworden. Der Hausarzt sagte allerdings auf Nachfrage, dass die komischen Stellen auf der Leber wohl keine Geschwüre seien und ich keinen Grund zur Sorge hätte.

    Am nächsten Tag bereits waren die Ergebnisse da: Die zwei Stellen, die er auf der Leber hat erkennen können, waren im CT eindeutig zu sehen. Große, runde Anomalien. Und es waren nicht zwei davon, sondern zwölf. Dann die Tumormarker, Drastisch erhöht. Der Arzt sagte, dass er noch nie derart hohe Werte gesehen habe. Kurzum....er sagte mir, dass das alles eine eindeutige Sprache spricht und er nicht umhin käme mir zu sagen, dass das alles sehr ernst sei. „Herr Giersche, Sie sind ein sehr kranker Mann (...)!"

    Ich stieg wie ferngesteuert ins Auto, die Einweisung ins evangelische Krankenhaus und die Arztbriefe dabei. Solche Dinge kennt man sonst nur aus Büchern. Oder schlechten Filmen.

    Der erste Gedanke auf dem Weg nach Hause war, dass ich kaum Bargeld und nicht genug Zigaretten habe.Völlig bescheuert...aber ich bin erst zum Geldautomaten und danach zur Tankstelle gefahren um Zigaretten zu kaufen. Zuhause wartete Gisela auf mich und auf Nachricht über meine Gesundheit. Da habe ich das erste Mal gedacht: ich habe Krebs. Das ist hier kein Spaß oder Irrtum. Ich habe Krebs. Leberkrebs. Ich weiß noch, dass ich ganz laut „Scheiße gebrüllt habe, alleine im Auto. Ich parkte vor dem Haus. Gisela saß auf der Terrasse. Sie sah es mir sofort an. Ich war jetzt in meinem Soldatenmodus, wie ich es nenne. So eine Art emotionaler Schutzbunker. Ich berichtete alles, was es zu berichten gab und Gisela begriff die Tragweite dessen, was ich da erzählte sehr schnell. Wir beschlossen, unsere nächsten Verwandten zu informieren. Das geschah telefonisch. Meine Brüder, meine zwei „Exfrauen, meine großen Kinder. Wie verrückt das klang...Ich habe Krebs.

    Gisela informierte ihre Kinder und beste Freundinnen. Dann ging es wie ferngesteuert ans Tasche packen für das Krankenhaus. Die Papiere, die ich mitführte waren eindeutig und man nahm mich sofort stationär auf. Der zuständige Oberarzt konnte die Tumore in der Leber per Ultraschall gut erkennen. Der größte der Zwölf hatte einen Durchmesser von vier Zentimetern. Noch glaubten wir, dass es nicht noch schlimmer kommen könnte. Inzwischen hatten wir eine Whatsapp Gruppe gegründet mit dem bezeichnenden Titel: „Bernie-Karzinom. In der Gruppe waren alle Leute Mitglied, die Informationen bekommen sollten. Es gibt sie noch heute, nur habe ich sie umbenannt: „Cancerfuck heißt sie seit gestern.

    Ich hatte bereits mein Dreibettzimmer bezogen, als ich zum Abend hin noch einmal von einem Arzt nach draußen zum Gespräch gebeten wurde. Er teilte mir unumwunden mit, dass man die CD mit den Aufnahmen aus dem CT ausgewertet habe. Der Haupttumor, das Mutterkarzinom also lag in der Pankreas, der Bauchspeicheldrüse. Die Tumore in der Leber waren Metastasen. Ich blickte den Arzt nur an und fragte ihm, ob ihm klar sei, dass das für mich das Todesurteil bedeutet. Er sah seine Schuhe an, als er nur nickte.

    Ich habe mich früher immer gefragt wie sich so etwas wohl anfühlt. Wie sich ein zum Tode verurteilter Mensch fühlen möge. Ich fühlte selber gar nicht so viel, tue es bis heute nicht. Keine Angst. Keine Angst vor dem Tod und keine Angst vor dem Sterben. Ich weiß um die Prognosen und ich kann Statistiken lesen. Wissen kann man das alles, begreifen allerdings nicht. Die Bürde, es meinen Kindern sagen zu müssen, meiner Mutter und den Menschen die mich lieben und schätzen wiegt schwerer als der drohende Tod. Soviel Traurigkeit und Leid wegen mir.

    Ich selbst bin mit mir etwa im Reinen, bin gefestigt und im Gleichgewicht. Meine Lebensbilanz kann sich sehen lassen, denke ich. Aber was ich mit dieser Diagnose anderen zufüge ist ungeheuerlich. Es bricht mir das Herz, ich schäme mich und könnte schreien. Für mich selbst ist es okay....und schon deswegen werde ich ringen und kämpfen und nicht aufgeben, bis die verdammte Pumpe aufhört zu schlagen. Soweit für heute. Morgen schreibe ich über Hoffnung und Glauben. Und über Methadon..…

    5. Juli 2017

    Und wieder ein Tag weniger auf der Liste. Heute vor drei Wochen habe ich die Diagnose empfangen. Von Hoffen und Bangen, ich liege hier in meinem Krankenhausbett und warte darauf, abgeholt zu werden. Rechts und links neben mir liegen zwei sehr alte Männer. Der eine ist schwer dementiell verändert und der andere hat nie eine gute Schule genossen. Ich weiß nicht wer nervtötender ist, die hochbetagten Greise oder deren Ehefrauen, die täglich zu Besuch kommen und alle Klischees über keifende und ultrakonservative Omas bedienen. Ich war/bin Altenpfleger und hatte tagaus tagein mit solchen Menschen zu tun. Das scheint im Moment denkbar weit weg. Mein Altruismus scheint weitgehend erloschen zu sein, denn ich verspüre keinerlei Helferimpuls mehr, wenn die beiden wieder einmal an die Grenzen ihrer Ressourcen kommen. Früher hätte ich mich umfassend darum gekümmert, das ist mir abhanden gekommen.

    Wenn ich meinen Körper nach Schmerzquellen scanne spüre ich das Stechen im rechten Oberbauch deutlich. Ich bekomme zwar Morphium und habe ein Fentanylpflaster kleben, schlucke Tillidin und Pregabalin und dennoch ragt der Schmerz unter dem rechten Rippenbogen wie eine Turmspitze aus dem Nebel der anderen Schmerzen und Gefühlen heraus. Das ist „Karl. „Karl, das Karzinom. So haben Gisela und ich meinen inneren Mitesser getauft. Der sitzt da auf der Pankreas und lümmelt sich in der Leber. Gestern gab es noch einmal ein Ganzkörper-MRT um Karls Zweigstellen zu finden. Pankreaskrebs streut gerne in die Milz, die Nieren und in die Knochen. In der Leber ist er ja schon mächtig vertreten. Mal

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