Als die Kosaken kamen: Der Erste Weltkrieg in Ostpreußen und die Volksabstimmung
()
Über dieses E-Book
Es ist fast völlig in Vergessenheit geraten, aber in Ostpreußen fand der Erste Weltkrieg auf deutschem Territorium statt, monatelang waren zwei Drittel der Provinz russisch besetzt.
Das Ebook berichtet über die Gründe des leichten Eindringens der russischen Truppen und die Rolle von Hindenburg und Ludendorff. Breiten Raum nehmen die Kriegsentwicklung und die Schlachten von Tannenberg und an den masurischen Seen 1914 sowie die Masurische Winterschlacht im Februar 1915 und die russische Besetzung ein.
Ferner werden die Folgen dargestellt, von den Kriegsschäden und dem Wiederaufbau über die Ereignisse der Novemberrevolution 1918 und den Versailler Vertrag bis hin zur darin begründeten Volksabstimmung von 1920 und deren Ausgang.
Mehr von Brigitte Jäger Dabek lesen
Jüdisches Leben in Ostpreußen.: Geschichte und Untergang einer großen Kultur Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDanzig: Hansestadt und Ostseemetropole Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNiemand wollte uns haben.: Ostpreußen 1945 - Tagebuch einer Flucht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGrundkurs Geschichte Polens: Land zwischen Hammer und Amboss Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Bilder in unseren Köpfen: Deutsche Polenbilder - Polnische Deutschlandbilder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchummerstund: Geschichten aus Ostpreußen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPolen im 2. Weltkrieg: Vom deutschen Überfall zum Holocaust Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOstpreußen für Anfänger: Ansichten, Einsichten und Vergnügliches für Spurensucher Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Als die Kosaken kamen
Ähnliche E-Books
Hitlers Vermächtnis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTagebuch aus dem Feldzug gegen Rußland 1812 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTagebuch meines Feldzuges in Rußland 1812 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch gebe zu, dass mir manchmal die Hände zitterten: Hilfe für verfolgte Juden in Italien 1943–1945 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenManege frei für die Russische Armee Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNach dem Osten mit unbekanntem Ziel: Großvater Hugo, eine Spurensuche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGeneration Ahnungslos: Wie ich auszog, um für Hitler den Krieg zu gewinnen Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Lebenslinien im langen Schatten des Hakenkreuzes: 18 Zeitzeugenberichte aus dem 2. Weltkrieg und der Nachkriegszeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen"Wenn die Norskes uns schon nicht lieben, …": Das Tagebuch des Dienststellenleiters Heinrich Christen in Norwegen 1941-1943 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Sog des Kraken: Beinahe ein historischer Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnterwegs in Südrussland: Vom Nordrand des Kaukasus zur Küste des Schwarzen Meeres Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen"Wir waren zunächst mal froh, dass wir noch lebten": Die Erinnerungen Walter Grünfelds an seine Kindheit und Jugend in Mainz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen1812 - Mit Napoleon in Rußland: Kriegserinnerungen des württembergischen Militärarztes Heinrich von Roos Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Front entkommen: Der lange Weg nach Hause Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutschland als Kaiserreich: Der Staat Bismarcks – Ein Überblick Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutsche Revolution 1848/49 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Lieber Sohn und Kamerad: Briefe aus dem Ersten Weltkrieg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCarlos de Teruel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Auswärtige Amt und die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKürschners Handbuch Europäisches Parlament: 9. Wahlperiode (2019-2024) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch traue dem Frieden nicht: Leben zwischen zwei Diktaturen. Tagebücher 1945-1946 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Wiener Kongress 1814/15: Restauration, Rekonstruktion oder imperiale Neuordnung Europas? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVon Versailles bis Potsdam: Frankreich und das deutsche Problem 1919–1945 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Wiener Kongress: Diplomaten, Intrigen und Skandale Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDem Tod davongelaufen: Wie neun junge Frauen dem Konzentrationslager entkamen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRICHTUNG SCHWEDEN 1945: Die Evakuierung von Frauen aus den Konzentrationslagern Ravensbrück und Neuengamme Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Anfänge des „Donau-Kurier“ (1945-1949): Theorie und Wirklichkeit der bayerischen Lizenzpresse am Beispiel Ingolstadt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Als die Kosaken kamen
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Als die Kosaken kamen - Brigitte Jäger-Dabek
Vorwort
Fragt man einmal herum, was heute den Deutschen zum Thema Erster Weltkrieg so einfällt, wird man wie aus der Pistole geschossen hören: Verdun. Danach aber folgt schon bald das große Schweigen. Natürlich, Verdun ist längst zum Synonym geworden für die Blutmühle des Stellungskriegs an der Westfront, in der auf beiden Seiten ganze Generationen dahingemetzelt wurden.
Darüber hinaus aber ist einmal abgesehen vom Auslöser des Krieges, dem Attentat von Sarajewo oder dem Gaskrieg bei Ypern, das Wissen über das übrige Geschehen verblasst und fast ausschließlich auf die Kenntnisse über die Westfront in Nordfrankreich und Belgien beschränkt, Schon die kaum weniger Opfer fordernden Fronten in den Dolomiten und am Isonzo sind aus dem Blickfeld gerückt.
Fast ganz aus der Erinnerung gerutscht ist die Ostfront, an der schon zu Kriegsbeginn 1914 die österreichisch-ungarischen Truppen an der Front in Galizien Verluste erlitten, von denen sie sich nie mehr erholten. Ostfront – das ist allenfalls noch durch den Frieden von Brest-Litowsk bekannt.
Dann ist da noch Tannenberg. „Ach ja, Tanneberg, das war doch der Sieg von Hindenburg, ja, doch .. hört man dann. Das steht im seltsamen Kontrast zu den Behauptungen, die man immer wieder hört: „Der Erste Weltkrieg fand ja nicht auf deutschem Boden statt.
Das aber ist schlicht falsch.
Es ist völlig in Vergessenheit geraten, dass die Generation meiner Großmütter bereits im Ersten Weltkrieg einmal geflüchtet ist, sofern sie denn in Ostpreußen lebte. Und der Erste Weltkrieg in Ostpreußen war nicht nur die eine Schlacht bei Tannenberg, sondern eine im August 1914 beginnende, Monate währende Besetzung des größten Teils der damals östlichsten Provinz Deutschlands. Erst im Frühjahr 1915 war Ostpreußen wieder ganz befreit. Mit der Schlacht bei Tannenberg war es nicht getan, zwei weitere große Schlachten, eine an den Masurischen Seen und die Masurische Winterschlacht waren dazu nötig. Dazwischen lagen Monate russischer Besetzung.
Die Gründe dafür, dass dieser Teil des Ersten Weltkriegs in Deutschland fast in Vergessenheit geriet, sind zum einen darin zu sehen, dass Ostpreußen nicht mehr zu Deutschland gehört, zum anderen, dass die seinerzeitige Lichtgestalt Hindenburg sowie sein Stabschef Ludendorff heute kritischer gesehen werden und auch die Mythenbildung um Tannenberg differenzierter beurteilt werden.
Wogen des Nationalismus und den Beginn der Unversöhnlichkeit brachte die Volksabstimmung nach Ostpreußen. War es bis zur Reichsgründung relativ egal, welcher Sprache sich ein Bürger Preußens im Alltag bediente, wurde die eigene Muttersprache vieler Ostpreußen, also das masurische oder ermländische Polnisch plötzlich zum Ausschluss- und Entscheidungsfaktor. Nur wer deutsch sprach und die Zugehörigkeit zur deutschen Kultur betonte, war ein guter Ostpreuße, alle anderen standen unter dem Generalverdacht, so etwas wie Vaterlandsverräter zu sein. Auch ohne diesen Druck und die Agitationswellen hätten sich die meisten Masuren und Ermländer vermutlich für einen Verbleib beim Ostpreußen entschieden, denn es wurde auf den Stimmzetteln nach Ostpreußen und nicht nach Deutschland gefragt. Auch auf polnischer Seite wurden alle Register des aufbrandenden Nationalismus gezogen, die zwangsgermanisierten masurischen und ermländischen Brüder sollten mit in einem freien Polen leben. Es bedurfte also nicht erst des Dritten Reichs und des Nazirassismus, um Schluss zu machen mit dem eigentlichen Reichtum der Provinz: der kulturellen Vielfalt eines der ersten Einwanderungsländern der Geschichte.
Vorgeschichte und Kriegsursachen
Sucht man nach den Ursachen für den Ersten Weltkrieg, muss man zunächst ein Stück zurückgehen. Die Gründe reichen bis fünfzig Jahre zurück, als die Gründung des Deutschen Reiches – noch dazu mit dem Schwert - das europäische Machtgefüge, die „balance of power" gründlich durcheinander brachte.
Das Deutsche Reich, als letzter europäischer Nationalstaat aus der Taufe gehoben, war eine unvollständige Gründung. Einerseits in nationaler Hinsicht, denn es war eine kleindeutsche Lösung, andererseits war es auch als Verfassungsstaat unvollendet, von einer konstitutionellen Monarchie konnte man nicht reden, der Kaiser hatte die entscheidende Machtbefugnis, er war de facto ein absolut regierender Monarch.
Das Reich war eine zutiefst preußische Gründung, eine Art Groß-Preußen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck hatte die Kriege von 1864 und 1866 gewollt und auch gemacht, um Österreichs Dominanz im Deutschen Bund zu brechen, und er hatte auch den Deutsch – Französischen Krieg von 1870/71 letztlich gemacht.
Entstanden durch militärische Gewalt, war das Wesen des Bismarckschen Reiches Macht, überlegene Macht, repräsentiert durch eine starke Armee. Diese säbelrasselnde Art der Reichsgründung, das Bild der Proklamation im Spiegelsaal von Versailles prägte das Bild des jungen Reiches bei seinen Nachbarn nachhaltig.
Die „verspätete Nation mit all ihren Komplexen des zu kurz gekommenen, ewig Benachteiligten entwickelte sich schnell zum größten Industriestaat Europas. Man suchte den Vorsprung der anderen Europäer wettzumachen und reklamierte für sich auch einen „Platz an der Sonne
, sprich Kolonien in Übersee.
Weltmacht wollte das Deutsche Reich sein- fordernd und immer ein wenig zu säbelrasselnd. Wilhelm II., seit 1888 Deutscher Kaiser, war die Personifizierung des Zeitgeistes seiner Epoche, zugleich Repräsentant und Spiegel einer militärisch geprägten Bürgergesellschaft. Getrieben vom Komplex des Hinterherhechelns des Spätgeborenen war er immer etwas zu laut, zu poltrig, zu nassforsch in seinem Vorgehen.
Dieses kriegerisch anmaßende Auftreten Wilhelms wurde zunehmend als Provokation verstanden und verprellte die Nachbarn. Die Folgen waren fatal: 1894 schlossen Frankreich und Russland ein Defensivbündnis gegen Deutschland. Diese Entwicklung war im Reich für völlig unmöglich gehalten worden, rechnete man doch Russland dem eigenen Einflussbereich zu und schloss eine Annäherung des republikanischen Frankreich an das dem Despotentum noch nahe Russland auch politisch aus.
Das Deutsche Reich steckte in der Zange, ein Zustand, den Bismarck um fast jeden Preis zu verhindern trachtete. Ihm war die ungünstige Mittellage Deutschlands bewusst und seine Doktrin lautete „Freundschaft mit Russland".
Er war in der Lage gewesen, die fünf Bälle der europäischen Mächte gleichzeitig jonglierend in der Luft zu halten, wenn auch zunehmend mit Problemen. Auch er konnte schon Frankreichs Isolierung nicht mehr vollkommen aufrecht erhalten, dass die Revanchegelüste dort wachsen mussten, war ohnehin klar.
Ein gleichzeitiges Bündnis mit Österreich – Ungarn und Russland zu erhalten wurde selbst für den Diplomaten Bismarck fast zur Quadratur des Kreises ob derer Interessengegensätze auf dem Balkan.
Seine Nachfolger waren nicht in der Lage, diese fragile Balance zu erhalten, wollten es auch nicht einmal. Schon Leo von Caprivi sah einen zukünftigen Zweifrontenkrieg als unausweichlich an, und Wilhelm II. ließ den Rückversicherungsvertrag mit Russland auslaufen.
In die zunehmende Isolation hinein folgte das nächste unbedachte Vorpreschen. Zum angestrebten Weltmachtstatus gehörte eine Flotte. Bismarcks Mahnung, sich mit dem Status einer Landmacht zu bescheiden, wurde in den Wind geschlagen. Man betrachtete sich auch keinesfalls mehr als saturiert und zerschlug mit verbalen Kraftakten viel Porzellan.
Wilhelm II. legte ein ehrgeiziges Flottenbauprogramm auf, mit dem er seine Hassliebe England herausfordern musste. Ein gigantisches Wettrüsten setzte ein, noch schlimmer war für Deutschland aber, dass England direkt in die Arme Frankreichs gedrängt wurde.
England das bisher keine eigenen kontinentalen Interessen gehabt hatte, trat 1904 in die Entente Cordiale mit Frankreich ein, das wiederum auf einen englisch – russischen Ausgleich drängte. 1907 steckten England und Russland dann ihre Interessen im Nahen Osten ab und kamen zu einer vertraglichen Bindung. Auch dies hatten deutsche Diplomaten für ausgeschlossen gehalten, die Gegensätze seien unüberbrückbar, hatte es geheißen.
Nun war es also passiert, Deutschland war isoliert, eingekreist – keineswegs ohne eigenes Verschulden. Ein neuer Komplex wuchs heran im Unterbewusstsein der jungen Nation: der Einkreisungskomplex. Die nun bestehenden Bündnisse erwiesen sich als haltbar, so haltbar, dass sie förmlich erstarrten und der Diplomatie keinen Spielraum mehr ließen. Von nun an wurde alles politische Handeln in Europa den