90 Tage Achterwasser: oder meine Erlebnisse in einem Seniorenpark
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Book preview
90 Tage Achterwasser - Jutta Hinzmann
Impressum
Text: Copyright by Jutta Hinzmann
Umschlag: Jutta Hinzmann
Verlag: Jutta Hinzmann
Waldweg 44
19258 Besitz
Druck. Epubli ein Service der neopubli GmbH Berlin
Print in Germany
Exposé `
Die Pflege alter Menschen ist in unserer Gesellschaft ein profitables Geschäft. Deshalb findet sich auch so manches schwarze Schaf unter den Betreibern von Altenheimen, in denen Mitmenschlichkeit und seriöse Betreuung der alten Menschen zu Gunsten von Gewinnstreben auf der Strecke bleiben. Die Autorin beschreibt in diesem Buch ihre realen Erfahrungen in einem fiktiven Seniorenpark, der genau so an verschiedenen Orten Deutschlands existieren könnte.
Vorwort
Ein Mensch wird geboren. Er darf Kind sein, die Schule besuchen, einen Beruf erlernen. Der Mensch darf leben, gut oder schlecht. Der Mensch darf arbeiten, Kinder zeugen, sie großziehen. Der Mensch kann alt werden, wenn er Glück hat, sehr alt. Der Mensch muss in dieser Gesellschaft gesund, fit und solvent bleiben, weder arm noch krank werden, geschweige denn, seinen Verstand verlieren.
Abschluss
„So meine Damen und Herren, das war es, sie haben es geschafft. Manche von ihnen erfolgreich, manche weniger erfolgreich. Trotzdem möchte ich ihnen noch folgende Worte mit auf den Weg geben. Vergessen sie nie, all das was hier gelernt haben, gerecht und bewusst um zu setzten. Sie arbeiten mit Menschen, welche ihr Vertrauen in ihnen setzen, in der Hoffnung durch sie gesund zu werden, oder wenigstens Linderung in ihrem Leid durch sie zu erfahren. Und nun hauen sie schon ab, genießen sie den Tag, vergessen sie nicht, ihre Zeugnisse erhalten sie in 14 Tagen Mit diesen Worten verabschiedet sich der Rektor der Fachhochschule für medizinische Berufe. „Man bin ich froh, vier Jahre Schufterei, ich brauche jetzt einen Whisky und du?
Die lugt durch die Bäume am See, es ist ein herrlicher Tag, ein Tag im August 1990. In der Tasche habe ich mein Examen, grinse meine Freundin Christa an, schubse sie und frage, „Was machst du jetzt, gehst wieder in die Klinik zurück? „Mal sehen, weiß noch nicht, vielleicht gehe ich weiter auf die Schule und mache meinen Doktor.
Zusammen bummeln wir beide in die Innenstadt, dort trennen sich unserer Wege. Ich steige in meinem Bus nach Lehse.
Mein Vorstellungsgespräch
Und wieder ist Sommer, viel Zeit ist vergangen, seit ich damals mein Examen in Empfang nehmen durfte. Wo nur ist die Zeit geblieben? Wir schreiben bereits das Jahr 2006. Ich bin auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch. „Jutta, du musst los, sonst kommst du zu spät zum Gespräch. „Ja mein Schatz, du kennst mich doch, ich schaffe das schon.
„Du änderst dich nie, klagt mein Mann. Ich fahre ich ins „Wessiland
, über die Elbe ins sogenannte Vorstadtgebiet von Hamburg, wo die reichen Bankiers und Geschäftsleute ihre Wochenenddomizile errichtet haben. Die Landschaft gefällt mir, feuchte Wiesenviele alte Pappeln und vor allem viele Pferde. Die Straßen sind in einem desolaten Zustand, so dass ich mich beim Fahren sehr konzentrieren muss. Endlich erreiche ich mein Ziel, einen Seniorenpark. Ausgestattet wie ein vier Sternehotel, bot sich mir ein nobler Seniorenpark. Das Herz rutscht mir in die Hose, der Verstand einfach erst einmal weg! Hoffentlich erlebe ich hier nicht das gleiche Desaster, wie bei meiner letzten Tätigkeit. Ich entdecke das Büro der Heimleitung, nur durch Jutta, denke ich, klopfe an und betrete ohne Aufforderung den Raum. „Ah sie sind sicher Schwester Jutta, nehmen sie einen Augenblick Platz, der Chef hat gleich Zeit für sie. Nach gefühlten drei Stunden empfängt mich dann der Inhaber des Seniorenparkes. „Dann setzen sie sich mal und erzählen von sich.
Was ich ungern tue, wozu dann eine ausführliche Bewerbung, wenn ich im Gespräch das Geschriebene noch einmal wiederholen darf. Nach einer guten halben Stunde intensiven Gesprächs wird mir die Einrichtung vorgeführt. Mir gefällt auf dem ersten Blick das Haus und ich sage einem Probetag auf der Ebene zwei zu.
Mein Probetag
Furchtbar, der Wecker schrillt irgendwo im Schlafzimmer. Mein lieber Ehemann hat aus Sorge, ich könnte verschlafen den Wecker so gestellt, dass ich dann wirklich wach bin, bis ich ihn endlich gefunden habe. Raus aus dem Bett, es ist schon ein paar Tage her, dass ich so früh aufstehen muss. Egal, die Neugier treibt mich an, pünktlich auf Arbeit zu sein. Der Morgen zeigt sich von seiner schönsten Seite, im Auto plärrt eine Schnulze und ich singe mit. Da bin ich nun, mein Herz rast. Einmal tief Luft geholt und ich gehe ins Ungewisse. Die schnatternden Stimmen im Haus verraten mir, wohin ich meine Schritte lenken muss. „Einen schönen gutem Morgen, ich bin Schwester Jutta und soll hier heut ein Probetag absolvieren. Die Wohnbereichsleiterin der Ebene zwei nimmt sich meiner an. „Schon mal in einem Pflegeheim gearbeitet?
„Ja schon, gebe ich zur Antwort. „Was bist du denn? Examinierte?
„Ja. „Na dann komm mit, ich zeige dir alles.
Ich schließe mich ihr an und gehe brav hinterher. „Hier ist unser Dienstzimmer, der PC ist für die Mitarbeiter tabu, da arbeite nur ich dran! Na wie schön, kann ich mir mein Wissen sonst o hinstecken. „Kannst du spritzen? Verbände anlegen und so? Was stellt sie mir für Fragen? Sollte ich wohl alles können, als examinierte Krankenschwester. Also nicke ich nur auf ihre Fragen. „da ist noch die Wäschekammer, da ist das Bad, das Essen kommt jeden Tag im Essenwagen nach oben. Sie zeigt mir den Umkleideraum, „Ziehe dich um und komme dann zu mir.
Mach ich doch glatt. Zehn Minuten später stehe ich im Dienstzimmer. „Kannst du waschen? Noch so eine blöde Frage und ich gehe. „Ja
. „Dann wäschst Zimmer so und so kommst danach zurück ins Dienstzimmer. Wie selbstverständlich schnappe ich mir Waschzeug und klopfe an die erste Tür an. Keiner reagiert und so betrete ich das Zimmer. Mich erwartet ein alter Mann, der auf meine Begrüßung kaum reagiert. Der Bewohner liegt noch im Bett, jetzt ist es bereits sieben Uhr. Da der alte Herr nicht auf meine Fragen reagiert führe ich die Grundpflege fast wortlos durch, ziehe ihn an und setzte ihn dann in den Rollstuhl. Auch als ich den Bewohner ans Fenster schiebe, erfolgt keine Reaktion. Das Zimmer ist karg eingerichtet, ein Tisch, keine Stühle, ein Schrank und das Bett. Keine Blumen im Fenster, nichts. Keine Fotos, nichts persönliches des alten Mannes. Nur ein Bilanzierungsplan entdecke ich auf dem Tisch, nebst schmutzigem Trinkbecher. Dieser ist minutiös geführt. Ob das immer alles stimmt, bezweifle ich sofort. Nun Papier ist geduldig und in der Pflege sowie so. 30 Minuten sind vorbei, mehr Zeit habe ich nicht für eine Grundpflege. So gehe ich zum nächsten Bewohner dieser Ebene. Beim Überqueren des endlos langen Flures kommt mir kein Mensch entgegen, habe ich Sorgen, bin ich wohl rettungslos verloren. Das will ich gleich, nach meiner Arbeit klären. Der nächste Bewohner ist eine Frau, sie freut sich sehr, endlich ein Gesicht zu sehen. Die Rollladen sind noch unten, es ist halbdunkel im Zimmer, was ich als erstes ändere. „Sind sie neu hier, ist ihre erste Frage. „Ja „, Heut ist mein Probetag
, gebe ich höfflich zur Antwort und stelle mich gleich einmal vor. Frau Hoole, so der Name, ist noch gut bei Sinnen und sie kann mir all meine Fragen beantworten. Beim Waschen erzählt sie mir, dass sie bereits sechs Jahre hier lebt und ständig das Personal wechselt. Den Rest möchte sie allein erledigen und entlässt mich. Auf zum nächsten Bewohner. Ich bekomme keine Antwort auf mein Klopfen hin, so trete ich ein, ohne Erlaubnis. Auch dieses Zimmer ist nicht verdunkelt, es geht auf acht Uhr zu. Zunächst verschaffe ich mir Licht. Danach schaue ich mich um. Ich sehe eine schlafende Frau. Auch dieses Zimmer ist mehr als armselig eingerichtet. Hat die Bewohnerin keine Angehörigen mehr? Keine Fotos, keine persönlichen Gegenstände. Auch hier erfolgt keine Reaktion auf meine Begrüßung hin. So schaue ich mich weiter um, was hier wohl zu tun sein. Ich entdecke einen Bilanzierungsplan, Schnabeltasse, auch leer und eine Kanne gefüllt mit Tee und sogar noch warm. Vorsichtig hebe ich die Bettdecke der noch schlafenden Person an, oh nee, Beinamputation. Davon hat mir die Wohnbereichsleiterin kein Wort gesagt. Na dann ist sie bestimmt auch Diabetiker. Ohne dass die Bewohnerin reagiert, führe ich eine Grundpflege durch, auf Grund ihres Übergewichtes lasse ich sie im Bett. Kurz nach acht Uhr erscheine ich im Dienstzimmer. „Bin fertig, warte darauf, was ich als nächstes erledigen muss. „Ist gut
, die Antwort. „Jetzt ist Frühstückszeit, der Essen wagen ist schon oben, kannst mit austeilen helfen. Also helfe ich mit Frühstück austeilen, so schnell kann ich bald nicht schauen, wie die Pfleger das Frühstück in den Zimmern verteilen. Laut Wohnregeln, ist den Bewohnern ein ein halb Stunden zum Frühstücken vergönnt. Während ich noch Essen bei zwei Bewohnern anreiche, höre ich, wie auf dem Flur bereits das Geschirr eingesammelt wird. Und ich steh vielleicht 20 Minuten am Bett. Toll, denke ich, bloß nie im Heim landen. Mit der Weil knurrt auch mir der Magen. „Es ist Pause, höre ich eine Pflegerin sagen, komm mit.
Es ist Sommer und wird gemeinschaftlich vor dem großen alten Portal gefrühstückt, alle fünf Ebenen. „Bist neu hier? Erschrocken drehe ich mich um, nicke bejahend und schaue neugierig die Fragende an. Mir lacht ein offenherziges Gesicht an, nett denke ich. „Und gefällt es dir bei uns?
Was soll ich nach drei Stunden Arbeit dazu sagen? „mal sehen, gebe ich zur Antwort. Die Pause ist vorbei und ich begebe mich nach oben. Die Wohnbereichsleiterin wartet bereits auf mich „Kannst mit der Wanne umgehen?
Nun muss ich aber doch lachen. „Ja klar, bin doch nicht vom Mond. „Man darf doch wohl noch fragen!
Schwester Elke, so der Name, erklärt mir, dass es hier keine Bestimmten Badezeiten gibt, wann Zeit ist, werden die