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Dopamin: Das Buch der Parkinson Community
Dopamin: Das Buch der Parkinson Community
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Dopamin: Das Buch der Parkinson Community

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Dopamin - ein Buch, geschrieben von Menschen, die mit der chronischen Erkrankung Morbus Parkinson leben, seien sie selbst betroffen, Angehörige oder Therapeuten. Diese Sammlung von sehr persönlichen Geschichten eröffnet den Leser*innen unterschiedliche Einblicke in den Umgang mit Parkinson. Die Autorinnen und Autoren stehen entweder zu Beginn ihrer Erkrankung oder sie sind schon seit Jahren betroffen. Sie berichten von ihren Erfahrungen, Gefühlen und Erlebnissen im täglichen Umgang mit der Krankheit. Tauchen Sie einfach ein in ihre traurige, ernste aber auch hoffnungsvolle und fröhliche Welt.
LanguageDeutsch
Publisherepubli
Release dateJan 3, 2018
ISBN9783745077711
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    Book preview

    Dopamin - May Evers et. al.

    Beate

    Fünf Jahre danach

    Es ist mittlerweile fünf Jahre her, als ich nach gefühlten 100 Jahren die endgültige Diagnose Morbus Parkinson bekam. Ich war so richtig froh und glücklich. Die meisten Personen in meinem Umfeld verstanden mich nicht. Wie konnte ich lachen und glücklich sein über eine Diagnose? Morbus Parkinson, eine unheilbare Nervenkrankheit. Diese Diagnose brachte mich in mein Leben zurück. Die Medikamente machten aus mir wieder einen Menschen. Ich wurde vom krummen schlurfenden, gesichtslosen Menschen mit leiser piepsiger Stimme und unleserlicher Schrift zu einem Menschen, der wieder am normalen Leben teilnehmen konnte und wollte. Dass sich mein Leben ändern würde, war mir klar. Dass es sich so radikal ändern würde, allerdings nicht. Nachdem ich die ersten Einheiten von meinen Parkinson-Medikamenten bekam, war es, als ob ich aus einem Dämmerschlaf aufgewacht wäre. Meine Augen gingen wie in Zeitlupe auf und ich nahm mein Umfeld wieder war. Es bekam alles wieder Farbe.

    Ich wollte leben. Mein Leben, mein einziges Leben, was ich je haben werde, wollte ich wiederhaben. Nein – ich wollte es weiter (er)leben, die Jahre, die mir genommen wurden, durch falsche Diagnosen, bekam ich nicht wieder. Die Jahre waren vorbei, aber nicht vergessen. Zurückholen ging nicht und wollte ich es überhaupt? Nein. Meine Schwellenangst, so nannte ich es. Der Gang nach draußen war eine Überwindung, die ich Schritt für Schritt, tagein tagaus üben musste. Ich nahm Fahrstunden, um wieder die größte Unabhängigkeit, die der Mensch je hatte und immer noch hat, einen PKW zu lenken, nicht aufzugeben.

    Aus mir wurde wieder eine selbstbewusste Frau (meine Einschätzung). Diese Zeit hat mich geprägt und den Menschen aus mir gemacht, der ich heute bin. Aber wer bin ich heute, fünf Jahre nach der Diagnose? Das Leben wird nicht einfacher. Die Dosierung wird erhöht, die Medikamente schon mal ausgetauscht. Weitere Diagnosen folgen. Trotz allem ist es für mich sehr wichtig, den Humor nicht zu verlieren. Auch wenn die Laune manchmal zu wünschen übriglässt. Ein falscher Ton angeschlagen wird. Und sich die sogenannten „guten Freunde" verabschieden, weil man ja nicht mehr ist, was man ist, aber man einen doch gerne so hätte.

    Verbiegen lassen möchte ich mich nicht, dazu bin ich zu steif (Parkihumor). Ich kann Vieles ändern, aber eins kann ich nicht, diese Krankheit verschweigen oder vergessen. Möchte ich auch nicht. „Mein Morbus Parkinson hat mir geholfen, weiter zu leben. Gute und auch beste Freunde zu finden. Über meinen Tellerrand hinaus zu schauen. Zu lernen, dass jeder „Parkinson anders ist. Ich lebe das Meine so: das, was gestern war, ist vorbei. Was morgen kommt, weiß ich nicht. Den Tag heute so zu leben, dass ich morgen sagen kann, der Tag gestern war schön. Mit Dingen zu hadern, die man nicht ändern kann, oder zu sagen, das Leben ist ein Kampf.

    Sind Empfindungen, die einen schon mal streifen, aber nicht das Leben beherrschen sollten. Eine Frage werde ich nie beantwortet bekommen, was vielleicht auch ganz gut ist. Mein Vater starb vor 27 Jahren. Was hätte er gesagt, dass sein kleines „Zwiebelchen diese Krankheit hat. Ich fragte mal meine Mutter, sie sagte nur zwei Worte: „Ach Kind!

    Ich möchte kein Mitleid. Ich möchte nur eins, dass man akzeptiert wird mit Morbus Parkinson, den guten und den schlechten Tagen und Launen. Und dass man sagen kann wie einst ein Dichter: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein."

    Bika

    Wann und wie alles begann, das ist die große Frage

    Ich denke, es muss vor ca. fünf Jahren gewesen sein, vielleicht auch schon länger, als der Mr. Parkinson zum ersten Mal um die Ecke lugte.

    Ich hatte Schmerzen in den Oberschenkeln und meine Beine bewegten sich nicht so flott, wie ich es wollte. „Müdigkeit und man wird ja älter", war damals gerade sechzig, habe ich nicht akzeptiert.

    Meine rechte Hand zitterte manchmal, ach, mal 'ne Unterzuckerung, hörte ja auch wieder auf. Meine leichte Depression wurde mittelschwer. Ich hatte ständig irgendwelche Schmerzen. Es folgten psychosomatische Rehamaßnahmen, Psychotherapie und Physiotherapie und kurzzeitige Besserung. Ab und an stolperte ich auch mal und das Absteigen vom Fahrrad musste durch vorheriges Anhalten geschehen. In der letzten Reha wollte ich wortwörtlich mit dem Kopf durch die Wand. Beim Sport musste ich ja unbedingt, sportlich wie ich immer war, den Ball bekommen und lief ungebremst (war nicht möglich) mit dem Kopf gegen die Wand. Tatütata, ins Krankenhaus, Nase nähen und zurück. Zum Glück nichts gebrochen. Ein paar Tage später war es mir nicht möglich, aus dem Drachenboot zu klettern. „Sie müssen mal einen Gang zurückschalten, Sie werden älter". Grrr!!

    Wieder zu Hause, war mein erster Weg zum Neurologen, der schickte mich zum MRT. Ohne Befund, alles in Ordnung. Muss wirklich am Älterwerden liegen, alles etwas langsamer, Schmerztabletten und Antidepressiva.

    Die Zitterpartie ging weiter, breitete sich auf Beine und Kiefer aus. Daraufhin musste ich zum DAT-Scan in die Uniklinik. Der Befund war, man kann es sich schon denken, Morbus Parkinson.

    Es befiel mich eine richtige Fröhlichkeit, endlich wusste ich, was mit mir los ist. Ein Medikament und gut ist… Denkste! Das ist jetzt ca. eineinhalb Jahre her und ich habe die Krankheit immer noch nicht akzeptiert.

    So hat alles begonnen.

    Mein Tagesablauf

    Er beginnt mit einem Tabletten-Cocktail, der mich auch weiterhin durch den Tag begleitet. Ab ins Bad und Zähne putzen auf einem Bein (fürs Gleichgewicht).

    Dann je nachdem was anliegt, Ärzte, Therapien, Einkaufen, Enkel besuchen, mit Muttern einkaufen, Wohnung in Ordnung bringen, um’s Gärtchen kümmern, Radfahren und vieles mehr.

    Das alles, wenn es mir gut geht. Es gibt aber oft Tage, da habe ich Schmerzen und Schwindel oder ich bin sehr müde und erschöpft.

    Mein Parkinson gehört mir, nur mir, könnte gut darauf verzichten. MP ist bei jedem anders. Mit meinem muss ICH mich arrangieren, ob ich will oder nicht. Als positiver Mensch horche ich jeden Tag in mich hinein, was mein Körper gerade an diesem Tag braucht. Ich versuche, nicht wütend zu sein, wenn er rebelliert und ich freue mich, wenn er sanft mit mir umgeht.

    In diesem Sinne, kein Tag ist wie der andere!

    Zurück im Leben!

    Ja, wie ging es weiter nach meiner jahrelangen Odyssee und der MP Diagnose vor etwa eineinhalb Jahren?

    Dieser kleine Zwerg, der gigantische Größe erreichen konnte, hatte sich fest eingenistet. Ich bekam zunächst einen Agonisten, der gegen ihn antreten sollte.

    OK, der Tremor reduzierte sich und tritt heute nur noch bei Erschöpfung und Aufregung auf. Meine Beine jedoch blieben sehr schwer und manchmal hatte ich das Gefühl, es würde gleich gar nichts mehr weitergehen. Ich gab mit meinem Kopf den Befehl an meine Beine, aber es kam nicht an, Befehlsverweigerung. Dieser Zustand und dass ich Tag und Nacht essen wollte, was durch das Medikament verursacht wurde, stürzte mich mal wieder in eine Depression. Nicht die Freunde zogen sich zurück, nein, ich wollte mit meinem gigantischen Zwerg alleine sein.

    Zum Glück gab es Mitstreiter, so wurde ich darauf aufmerksam, dass L-Dopa bei uns Parkis für Fitness sorgt.

    Mein Neurologe fand das noch nicht angebracht, er wüsste nicht, wie er mich dann in zehn Jahren behandeln sollte, weil es bei der Behandlung mit L-Dopa ein Limit gibt.

    Nun, erst mal weiß niemand, was in zehn Jahren ist und außerdem möchte ich jetzt ein wenig mehr Lebensqualität. So verhandelten wir und einigten uns auf die geringste Dosierung.

    Gespannt lauschte ich, was mein kleiner Zwerg davon hielt. Schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass sich das Blatt gedreht hatte, er wurde ein wenig müder und ich wesentlich agiler. Schnell gehen kann ich immer noch nicht, aber länger zumindest und ich habe wieder mehr Elan. Habe beim Tanzcafé Tango getanzt und werkele in meinem Gärtchen oder tolle mit meinem kleinen Enkel.

    Dazu schaffe ich es noch, ein wenig zu arbeiten und viele Sachen nebenbei zu erledigen, nur alles etwas langsamer. Ein altes oder defektes Automobil kann auch keine 200 mehr fahren, man soll es hegen und pflegen. Genau so gehe ich jetzt mit mir um, umsichtig und verständnisvoll. Ich bin leider allein, aber mein Freundeskreis steht zu mir und sieht es genauso, kein Mitleid, neue Ideen und Verständnis.

    Ich helfe meinem Körper und Geist durch Kunsttherapie, Achtsamkeitstraining, Bewegungsbad und einiges mehr. Das drängt auch meinen kleinen, hässlichen Zwerg, den Parkinson in die Defensive. So sieht es aus, 20 Monate nach der Diagnose, somit nach circa sieben Jahren MP. Ich hoffe, ihn noch lange im Zaum halten zu können und vertraue auf die Wissenschaft.

    Canty

    Noch nie war mehr Anfang als jetzt!

    Liebes Tagebuch,

    lange habe ich dir nichts mehr anvertraut.

    Aber – es gibt Dinge, über die rede ich nicht einmal mit mir selbst.

    „Parkinson! „Ich!!! Ich frage mich: „Warum? Warum gerade ich?"

    Irgendwo habe ich gelesen: „Setze nie ein Fragezeichen, wo das Schicksal bereits einen Punkt gemacht hat". Irgendwie habe ich mir die Antwort anders vorgestellt.

    Diese Diagnose hat mich aus der Geborgenheit von Ordnung und Normalität vertrieben – mir meine Unbeschwertheit geraubt. Ich will niemanden sehen, mit niemandem sprechen! Jeder glaubt etwas zu wissen. Nichts wissen sie, rein gar nichts!!

    Ich verstecke meine Tränen hinter einem Lachen und versuche, meine Angst zu verbergen; um zu zeigen, dass es mir gut geht und um meine Familie nicht zu beunruhigen.

    Der Blick in den Spiegel schockiert mich: mein Gesicht: leblos, ausdruckslos, einfach nur furchtbar. So wollte ich niemals aussehen! Ich fühle mich unattraktiv, schwach, verletzlich.

    Gestern wurde ich eingeladen. Auf die Frage, ob ich was mitbringen solle, hieß es „nur gute Laune". Ich habe dann

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