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WIETE
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Ebook180 pages2 hours

WIETE

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About this ebook

Die Erzählerin Wiete, eine Schülerin, leidet unter starken Schulängsten und zugleich unter dem Zerfall ihrer Familie. Nach dem Verschwinden ihres Vaters und dem Tod der Mutter unterbricht sie ihre Aufzeichnungen.
Viel später, Wiete ist erwachsen, beginnt ein neuer erzählerischer Absatz ihres Lebens, voller Konflikte, spannender Begegnungen, Glück und unglaublicher Entscheidungen. Ihre Ängste aber verliert sie nicht.
Könnte das Ende ein neuer Anfang sein...?
LanguageDeutsch
Publisherepubli
Release dateApr 11, 2014
ISBN9783844291490
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    WIETE - Gisela Kranz

    Gisela Kranz

    W I E T E

    Copyright: © 2014 Gisela Kranz

    published by: epubli GmbH, Berlin

    www.epubli.de

    ISBN 978-3-8442-9149-0

    Vorwort

    Die Erzählerin Wiete, eine Schülerin, leidet unter starken Schulängsten und zugleich unter dem Zerfall ihrer Familie. Nach dem Verschwinden ihres Vaters und dem Tod der Mutter unterbricht sie ihre Aufzeichnungen.

    Viel später, Wiete ist erwachsen, beginnt ein neuer erzählerischer Absatz ihres Lebens, voller Konflikte, spannender Begegnungen, Glück und unglaublicher Entscheidungen. Ihre Ängste aber verliert sie nicht.

    Könnte das Ende ein neuer Anfang sein...?

    Inhaltsverzeichnis

    Teil I Aufzeichnungen

    Teil II Einblicke

    Teil III Moritz

    Teil IV Martin

    Teil I     A u f z e i c h n u n g e n

    Eine Schülerin versucht verzweifelt, der Umwelt ihre Schulängste zu vermitteln, aber niemand nimmt sie ernst. Sie leidet an diesem Unverständnis und fühlt sich völlig allein gelassen. In ihrem jungen Leben bieten sich viele Chancen, trotzdem glaubt sie, nicht genügend Herzenswärme von ihren Eltern zu bekommen. Die wichtigsten Menschen sind immer dann zu weit weg, wenn man sie gerade dringend braucht. Ihre Aufzeichnungen beschreiben ihre Ängste und ihre ganz persönlichen Nöte.

    1

    Am frühen Morgen gibt es in unserer Familie ein riesiges Problem vor dem Badezimmer. Jeder glaubt es am eiligsten zu haben und benutzt immer die gleichen  Argumente, sich sofort den Platz im Bad zu sichern. Wir Kinder haben meist unterschiedlichen Unterrichtsbeginn, also ändert sich oft die Reihenfolge. Mein Vater ist, mit kleinen Ausnahmen, meistens der  letzte. Er kommt dann gut oder schlecht gelaunt an den schon fast abgeräumten Frühstückstisch und ist manchmal nicht ansprechbar.

    Heute war alles anders. Er  erschien in glänzender Laune, einem strahlenden Gesicht und sagte:

    „Kinder nehmt euch heute Nachmittag nichts vor, unser Fertighaus wird endlich geliefert. Es wäre doch spannend, wenn wir uns das Schauspiel gemeinsam anschauen könnten."

    Mein Bruder, er heißt Martin, noch total verschlafen, die Haare auf Sturm gebürstet, den Hals garantiert wieder nicht gewaschen, fragt mit vollem Mund:

    „Was soll das denn?"

    Mein Vater holte so richtig aus und fing an, langweilig und umständlich den gesamten Bauablauf zu erklären, da brummte Martin, immer noch mit vollem Mund und verschlafener Stimme:

    „Papa, bitte keine Vorlesung, ich muss gleich zur Schule."

    In einer Kurzfassung erzählte er etwas von großen Einzelteilen, die von riesigen Schwertransportern abgeladen und am nächsten Tag von Monteuren aufgestellt werden.

    „Gut, sagte Martin, „ich bin dabei!

    Ich weiß nicht, ich finde es super langweilig, zuzusehen wie diese Monsterteile abgeladen werden.

    „Geht Mama denn auch mit?"

    Nach kurzer Diskussion war sich die gesamte Familie einig, den Nachmittag auf der Baustelle zu verbringen. Rübe, unser Rauhaardackel, saß als erster im Auto, wir mussten uns an ihm vorbeizwängen.

    Meine Mutter war sehr aufgeregt und mein Vater klasse gelaunt. Auf dem Bauplatz herrschte große Ruhe. Es passierte nämlich dauernd nichts. Rübe rannte sofort in die Gegend, in der Hoffnung, eine Katze oder ein Wildschwein jagen zu können. Martin langweilte sich tierisch.

    „Genau so habe ich mir den Ausflug vorgestellt",

    flüsterte er mir zu.

    Außer einer Platte, auf der später das Haus stehen soll und einem riesigen Erdhaufen, war nichts zu sehen. Nachbarn gab es auch noch keine. Die gute Laune meines Vaters verflog wie eine Windwolke am Himmel.

    „Wo ist der Hund? Könnt ihr nicht ein bisschen besser auf Rübe aufpassen?", schrie meine Mutter durch unseren zukünftigen Garten, von dem noch nicht einmal etwas zu ahnen war.                                                                                           

    Endlich fuhr ein riesiger Sattelschlepper auf das Gelände, dem ein Schwertransporter folgte.

    Jetzt wurde es richtig spannend. Die Fahrer hatten sich verspätet und wirkten nervös. Es wurde geschrien und geflucht.

    Meine Mutter wagte zu fragen, ob es nicht auch anders ginge, als in diesem Ton. Darauf machten ihr die Leute den Vorschlag, sie solle doch abhauen, denn sie müsse ja nicht anschließend auf die Autobahn, und die versäumte Zeit einholen.

    Langsam wurde es ungemütlich nasskalt, wir hatten alle keine Lust mehr, hier herumzustehen.

    „O.K., sagte mein Vater, „wir werden in Zukunft sowieso oft hier sein, dann lasst uns jetzt nach Hause fahren.

    Von diesem Tag an änderte sich unser Familienleben. Es wurde gefaucht, geschimpft, alle nervten sich gegenseitig. Die Zeiten im Badezimmer verkürzten sich täglich, weil mein Vater morgens oft sehr früh zur Baustelle fuhr. Die Monteure ließen auf sich warten. Das Thema Bau sorgte weiterhin für  Hochspannung in unserer Familie. Schlechte Laune wurde Dauerzustand. Bis zu einem ganz bestimmten Montag, da sollte alles ganz fürchterlich losgehen.

    Alle waren gespannt auf den nächsten Ausflug zur Baustelle. Der Weg dorthin war zum Einschlafen langweilig. Aber schon von weitem glaubten wir nicht richtig zu sehen.

    „Es wird eine Kirche!", schrie mein Bruder vom Hintersitz. Er war gerade von einem Schlummerschlaf erwacht. Tatsächlich, auf  unserem Grundstück konnte man deutlich eine kleine Dorfkapelle entstehen sehen, mit einem eingebauten Glockenturm.

    Entzückend, hätte meine Großmutter gerufen, aber sie war ja nicht dabei. Mein Vater fuhr an den Straßenrand, traute seinen  Augen nicht und schwieg.

    Meiner Mutter wurde es schlecht, sie stieg aus, rannte hinter das Auto und musste kotzen.

    Martin hörte ich laut Sch….sagen.

    Mein Vater lief den Rest zur Baustelle zu Fuß und fing an laut zu schreien. Die Arbeiter, alle aus verschiedenen Ländern, verstanden wenig Deutsch, aber das verstanden sie.

    „Aufhören schrie mein Vater, Aufhören! Stopp! Stopp!"

    Meiner Mutter ging es wieder besser, aber sie weinte fürchterlich.

    Mein Vater ließ den Bau sofort stilllegen, und so begann eine unendliche Geschichte.

    Die Fertigkirche wurde natürlich wieder abgeholt, und mit großer Zeitverzögerung lieferten sie unser BIO-Fertighaus. Am Anfang lief alles nach Plan. Wieder die obligatorischen Besichtigungen nach Baubeginn. Und wieder war die Familie vollzählig am Bau. Die Räume konnten schon begangen werden. Martin lief zuerst in sein zukünftiges Zimmer und rief laut:

    „Papa, in meinem Zimmer fehlen die Fenster."

    Die Mängel, auch in den anderen Zimmern, häuften sich, und der Ärger wurde immer größer.

    Als zwei Wände nicht richtig eingezogen waren und die Badewanne im Wohnzimmer montiert werden sollte, war mein Vater vollkommen am Ende seiner Geduld. Er wurde ganz still, setzte sich in eine Ecke und sagte mit leiser Stimme:

    „Das schaffen wir nicht allein, hier läuft alles schief."

    Von nun an fetzten sich meine Eltern regelmäßig auf der Baustelle. Die Arbeiter hatten ein kleines Radio aufgestellt und hörten Musik.

    Die Wohnung, in der wir wohnten, hatten meine Eltern schon gekündigt. Die neuen Mieter kamen jeden zweiten Tag angerannt und wollten etwas ausmessen. Es nervte Martin und mich, dauernd aufgeräumte Zimmer vorzeigen zu müssen.

    Eines Tages teilten uns unsere Eltern mit, dass wir für kurze Zeit in ein Hotel ziehen würden, bis unser Haus fertig sei. Die Möbel werden für diese Zeit untergestellt.

    Und Rübe?

    „Keine Frage, der bleibt bei uns."

    Eine Woche später wohnten wir im QUELLENHOF!

    „Gute Adresse", sagten meine Freundinnen.

    „Klasse, so gefällt mir das Leben", sagte Martin.

    Während unseres Aufenthaltes im Quellenhof wurde meine Mutter immer hübscher. Sie nahm die Annehmlichkeiten des Hotels in Anspruch. Kosmetik, Sauna, Sonnenbank, alles gehörte zum Service. Und so ging die Zeit sehr angenehm dahin. Von der Baustelle redeten wir sehr selten, dafür war das Leben im Hotel mit den vielen verschiedenen Menschen viel zu aufregend. Den Hotelaufenthalt zahlte natürlich die Fertighausfirma, die uns die Kirche geschickt und das ganze Chaos angerichtet hatte.

    Und wieder kam alles anders. Eines Abends durften wir vor dem Essen mit in die Hotelbar. Wir Kinder bekamen ein alkoholfreies Getränk, und unsere Eltern bestellten Sekt. Noch wussten wir alle nicht, was uns erwartet, da raste Rübe durch die Hotelhalle, gezielt zu einer Frau im Nerzmantel und biss sich in den Fellen fest. Wenn Rübe etwas verabscheut, dann sind es Frösche und Nerzmäntel.

    „Auch das noch, schrie meine Mutter etwas hysterisch, unserem Hund nach, „könnt ihr ihn denn nie an die Leine nehmen?

    Die Sache mit Rübe ging ganz gut aus, aber was wir dann zu hören bekamen, schmiss uns fast vom Hocker. Mein Vater machte ein sehr wichtiges Gesicht, er wirkte aber unsicher.

    „Ich muss  euch eine Neuigkeit mitteilen. Wir ziehen schon bald an die Ostsee und nicht in das neue Haus. Diese Nachricht habe ich heute von der Direktion unserer Hauptniederlassung erhalten."

    „In die DDR", schrie Martin durch die Bar.

    Mein Vater tat noch wichtiger, als er sagte:

    „Ich übernehme eine Niederlassung unserer Bank. Und nebenbei, Martin, eine DDR gibt es nicht mehr. Ich glaubte, du hättest schon davon gehört. Jetzt habe ich es euch gesagt, dort werdet ihr euch  bald alle wohlfühlen."

    Er stand etwas unglücklich vor uns, sein Gesicht verriet seine Unsicherheit.

    Große Pause!

    Wir schauten uns wie versteinert an. Keiner sagte etwas, nur meine Mutter verschluckte sich und rannte zur Toilette.

    Martin erholte sich von diesem Schreck und sagte:

    „Das kann nicht wahr sein. Lieber gehe ich in ein Internat, aber nicht in die DDR."

    Ohne das ewige Thema Baustelle kann ich gut leben, aber der Abschied von meiner besten Freundin macht mich heute noch traurig. Und so wohnen wir jetzt alle hier. Rübe hat sich am schnellsten eingelebt. Sein Revier ist jetzt viel größer geworden, doch für ihn gilt nach wie vor, dabei sein ist alles.

    Inhalt:                        Ausdruck:                        Orthografie:

    „Wiete, deine Fantasie ist zu bewundern, aber sprachlich hättest du dir etwas mehr Mühe geben können."

    2

    Das war mein erster Aufsatz nach dem Schulwechsel, zu dem Thema:

    „Erzähle eine Geschichte aus deinem Familienleben."

    Ich heiße Wiete und bin bald 15 Jahre alt, mein Bruder heißt Martin, und einen Rauhaardackel, der Rübe heißt, haben wir wirklich. Dass auf unserer früheren Baustelle eine Fertigkirche entstehen sollte, habe ich natürlich erfunden. Das übrige Geschehen stimmt zum größten Teil. Wir sind wirklich während der Bauzeit unseres Hauses in ein Hotel gezogen und von dort in ein kleines Dorf an der Ostsee. Der Ort heißt Blumenhagen im Dierhäger Moor.

    Der Schulwechsel ist mir sehr schwer gefallen. Meine Leistungen im Unterricht sind weiterhin mangelhaft und werden von einer krankhaften Angst begleitet. Keiner glaubt mir meine Ängste, und deshalb habe ich mir vorgenommen, Aufzeichnungen zu schreiben. Aber wie geht das? Es soll kein Tagebuch werden, dazu bin ich zu faul, ich möchte einfach nur erzählen, wie es mir nach dem Umzug ergeht, und was ich so erlebe.

    Zuerst musste ich mich eingewöhnen. Am Anfang hoffte ich, dass eine neue Umgebung und andere Lehrer

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