Am Rockzipfel: Redensarten rund um Kleidung und Stoff
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About this ebook
Nach dem Erfolg ihres ersten Buches "Verflixt und Zugenäht" spürt die Autorin Susanne Schnatmeyer weiteren textilen Redewendungen nach. Von über der Hutschnur bis unter den Pantoffel, von der großen Robe bis zum letzten Hemd, Sprachbilder aus dem Bereich der Kleidung und Stoffe sind allgegenwärtig und geben doch oft Rätsel auf. Wieso ist Jacke wie Hose? Wer nagt am Hungertuch und was haben Manschetten mit Muffensausen zu tun? Dieses Buch geht den Redensarten auf den Grund und schüttelt eine kleine Kulturgeschichte unserer Kleidungsstücke und textilen Gebrauchsgegenstände aus dem Ärmel.
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Book preview
Am Rockzipfel - Susanne Schnatmeyer
Am Rockzipfel
Redensarten rund um
Kleidung und Stoff
Susanne Schnatmeyer
Edition Textile Geschichten
Ebook © 2018 Susanne Schnatmeyer, Berlin
www.textilegeschichten.net
Illustrationen Susanne Schnatmeyer
Lektorat Constanze Derham
Gedruckte Ausgabe erschienen 2016 mit der
ISBN 978-3-00-052981-8
Ein Buch der Kooperation Schnatmeyer & Derham
www.schnatmeyerundderham.de
In dieser Reihe ebenfalls erschienen:
Verflixt und Zugenäht
Textile Redewendungen, gesammelt und erklärt
Gedruckte Ausgabe: ISBN 978-3-00-050969-8
Die gedruckten Bücher sind im Buchhandel erhältlich
oder über: info@textilegeschichten.net
»Redensarten sind gleichsam das Kleid der Gedanken.«
Johann Jakob Engel
Inhalt
Jacke wie Hose
Weiße Weste unter dem Deckmantel
Hemd, Kragen und Ärmel
Am Kragen packen und aus dem Ärmel schütteln
Hüte, Mützen und Hauben
Nichts am Hut und neben der Kappe
Schuhe und Strümpfe
Unter dem Pantoffel auf großem Fuß
Kleider und Verkleiden
Klamotten, Toiletten und Textilvergehen
In großer Robe
Frack und Lack und Claque
Im Detail
Handschuh, Knöpfe, Kinkerlitzchen
Farben und Färben
Blümerant und schön gefärbt
Taschen und Beutel
Von Beutelschneidern und Katzen im Sack
Haushalt und Wäsche
Wo Strohwitwen durch die Mangel gedreht werden
Starke Gewebe
Mit fliegenden Fahnen zur Hängematte
Lumpen und Lappen
Haderlumpen nagen am Hungertuch
Leder und Pelz
Zäh wie Leder mit Laus im Pelz
Zu diesem Buch
Index
»Da freuen sich sogar Männer, wenn die Frauen die Hosen anhaben.«
Strumpfhosenwerbung, 1959
Jacke wie Hose
Die Hosen anhaben
»Männer mögen die Hosen anhaben, aber die Frauen entscheiden welche« – der Spruch spielt mit einem uralten Thema, dem sogenannten ›Kampf um die Hose‹. Traditionell war die Hose das Kleidungsstück des Mannes. Ihm stand nach alter Vorstellung auch die Führungsrolle in einer Ehe zu. Hatte stattdessen seine Frau das Sagen und damit ›die Hosen an‹, so war das regelwidrig. Schon im Mittelalter drehten sich viele Geschichten und Anspielungen um die Hose als Metapher der Macht. Das Bild hielt sich über Jahrhunderte und gab immer wieder zu Herrenwitzen Anlass: »Männer, deren Frauen die Hosen anhaben, haben in der Regel Freundinnen mit Pelzmänteln«. Wohl weil Frauen inzwischen zu allen Gelegenheiten Hosen tragen, verschiebt sich die Bedeutung der Redewendung. Inzwischen hat die Hosen an, wer allgemein den Ton angibt. »Halbfinale zwischen den Klubs, die die Hosen anhaben« oder »Wenn Katzen die Hosen anhaben« schreiben Zeitungen dann.
Tote Hose
Der Ausdruck spielt eigentlich darauf an, dass sich in der Hose nichts mehr regt. Aus der Impotenz im männlichen Kleidungsstück wurde in den 1980er Jahren dann ein Slogan für Langeweile und Ereignislosigkeit. Die Punkband »Die Toten Hosen« wurde trotz des Namens extrem erfolgreich. Bei ihrem ersten Konzert Ostern 1982 glaubte der Veranstalter aber noch, sich verhört zu haben und kündigte »Die toten Hasen« an.
Herz in der Hose
Das Herz in der Hose ist lateinischen Ursprungs. Dort gilt: Animus in pedes decidit, der Mut fällt in die Füße. Der Mut ist beherzt, er sitzt in der Brust und rutscht vor Schreck nach unten. Dem Ängstlichen wird ganz flau in der Magengrube, der ganze Körper zittert, sogar die Hosenbeine schlottern.
Die Hosen voll
Üble Begleiterscheinung der Angst ist ein unruhiger Darm. Das Problem wird seit Jahrhunderten in vielen Varianten umschrieben, wie beim Hosenscheißer, der aus Furcht die Hosen gestrichen voll hat. Wenn ein Vorhaben misslingt, geht es daneben – es geht in die Hose. Der Fußballer Paul Breitner berichtete: »Da kam dann das Elfmeterschießen. Wir hatten alle die Hosen voll, aber bei mir lief’s ganz flüssig.«
Ausbüxen
In vielen Dialekten heißt die Hose auch Büx oder Buxe. Die Buxe ist eine Zusammenziehung von buckhose, einer Hose aus Bocksleder. Wen man bei der Büx kriegt, den hält man fest, damit er nicht ausbüxt, also aus der Buxe ausreißt und verschwindet. Ausbüxen kommt im allgemeinen Sprachgebrauch erst in den letzten Jahrzehnten häufiger vor.
Die Spendierhosen anhaben
Bereits im 17. Jahrhundert sind Spendir-Hosen oder Spender-Buxen scherzhaft für Großzügigkeit des Trägers verantwortlich. Um Reichtum in der Hose geht es auch bei einem Angeber, der einen auf dicke Hose macht. Hier ist die Hose entweder mit einem prallen Geldbeutel gefüllt, oder mit einem prächtigen Geschlechtsteil.
Hosenboden und Hosenlatz
Wer sich auf den Hosenboden setzt, lernt auf einem Stuhl am Arbeitstisch fleißig für eine Sache. Faulen Schülern drohten Lehrer früher an, ihnen die Hosen strammzuziehen. Das war eine verharmlosende Umschreibung für Prügel, denn auf dem faltenlosen Hosenboden sollten die Stockschläge besonders schmerzen. Schläge gab es auch beim an den Latz knallen. Der Latz war die Klappe, mit der Hosen früher vorn oder hinten verschlossen wurden. Dieser Hosenlatz wurde vermutlich mit einer Tür verglichen, weshalb auch heute noch der Hosenschlitz als Hosentür oder Hosenstall bekannt ist – als ob dahinter ein Tier wohnt.
Hose auf halb acht
Wenn die Hose auf halb acht hängt, dann sitzt sie nicht richtig. In der Seefahrersprache bezeichnet achtern das Heck, den hinteren Teil des Schiffes. Auf halb acht könnte ›halb-achtern‹ bedeuten, die Hose hängt also am Hinterteil. Dazu passt, dass tiefsitzende Jeans auf Englisch ebenfalls maritim pants at half-mast heißen, Hosen auf Halbmast.
Die Forderung »Alle müssen die Hosen herunterlassen« verlangt von den Beteiligten, bisher verdeckte Tatsachen offenzulegen, sie sollen sich ganz nackt machen. Mit abgeschnittenen oder abgesägten Hosen steht da, wer sehr geschröpft wurde und nun mittellos ist.
Hosenmatz oder auch Hemdenmatz wird wohlmeinend ein Matz, also ein kleiner Matthias, als Kind genannt. Wer sich wie ein Matz benimmt, macht Mätzchen.
Jacke wie Hose
»Das sind zwei Hosen eines Tuchs« hieß es in einer älteren Redewendung, wenn zwei Dinge austauschbar waren. Die Variante ›Jacke wie Hose‹ ist ab 1676 belegt. Ob damit Anzüge gemeint waren, bei denen der Schneider für Jacke und Hose dasselbe Tuch verarbeitet hatte? Das ist fraglich, denn solche einheitlichen Herrenanzüge verbreiteten sich erst im 19. Jahrhundert, lange