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Die fliegenden Pioniere: Sieben Kriegsnovellen
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Die fliegenden Pioniere: Sieben Kriegsnovellen
Ebook129 pages

Die fliegenden Pioniere: Sieben Kriegsnovellen

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About this ebook

Erschütterndes tausendfaches Sterben in den masurischen Sümpfen, einer Apokalypse gleich. Ein furchtbarer Massentod. Der dämonische Untergang von Menschen- und Pferdeleibern im Dunkeln. Entsetzt kreisen die Flieger über dieser gespenstischen Szenerie.
Kühl, hart, unsentimental schließ sich Otto Friedrichs Buch als eines der fesselnden Erscheinungen der Kriegsliteratur an.
LanguageDeutsch
Publisherepubli
Release dateFeb 26, 2018
ISBN9783746703206
Die fliegenden Pioniere: Sieben Kriegsnovellen

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    Die fliegenden Pioniere - Friedrich Otto

    Die fliegenden Pioniere

    Sieben Kriegsnovellen von gepanzerten Menschen und Maschinen

    von

    Friedrich Otto

    _________

    Erstmals erschienen bei:

    Georg Müller, München, 1915

    __________

    Vollständig überarbeitete Ausgabe.

    Ungekürzte Fassung.

    © 2017 Klarwelt-Verlag

    ISBN: 978-3-96559-089-2

    www.klarweltverlag.de

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Der rote Punkt

    Die fliegenden Pioniere

    Der Kampf im Dunkeln

    Panzerzug-Patrouille.

    Die Brüder Thomaszewski

    Heimkehr

    Der Tod in der Irischen See

    Der rote Punkt

    Zwei Seeoffiziere standen auf der roten steilen Kante Helgolands. Der eine sah durch einen kurzen, kräftigen Feldstecher, dem man seine innere Kraft nicht recht anmerkte, und der andere fragte ihn:

    „Warum lächelst du so, Hans?"

    Das Lächeln des anderen ging in ein starkes Grinsen über und, ohne das Glas von den Augen zu nehmen, bemerkte der Offizier:

    „Ob sich das wohl unsere Jungens haben vor acht Tagen noch träumen lassen, dass sie jetzt auf der Düne an Stelle der dicken faulen Kurgäste sich wie die Seehunde in der Sonne ahlen dürften. Sieh mal durch, Heinz, wie die Bande sich amüsiert. Der eine schont seinen Teint höchst überflüssiger Weise unter dem roten Sonnenschirm einer von dort Hals über Kopf geflüchteten Dame. Einige scheinen . . . „Pardon, unterbrach ihn der andere, „deine Schilderung ist ja sehr nett, aber was ist das da am Horizont . . ."

    Hans Cording richtete sein Glas, immer noch fest vor den Augen, in einem großen Bogen nach Nordwesten, wohin die Hand seines Kameraden zeigte.

    „U 15", sagte er dann.

    Damit war das Gespräch wieder in das in den letzten Tagen so außerordentlich tief ausgefahrene Gleis der militärischen Gespräch« gelenkt. Hans Cording hatte vergeblich versucht, es einige Sekunden lang auf ein harmloseres Gebiet zu bringen. „Ich glaube, sagte Heinrich von Derschau, „unsere Armee wird wieder alles allein zu besorgen haben und unsere Marine kann sich hier die Augen aussehen nach einem Feinde, der nie mit seinen Dreadnoughts sich in die deutschen Meere trauen wird. Ich beneide meine Kameraden, die jetzt bereits im Osten und im Westen über dem Feind sich tummeln, ihm die Geheimnisse seines Aufmarsches entreißen und Bomben als Visitenkarten auf seine Köpfe werfen. Es wäre verflucht, Hans, wenn‘s wieder nichts würde. Aber . . . Das Gespräch wurde durch einen Dampferpfiff jäh abgerissen, der aus dem neuen Hafen vom Helgoländer Unterland her kam. Ohne ein Wort zu verlieren, steckte Hans Cording den Krimstecher in das Futteral, strich sich den blonden Scheitel mit einer schnellen Bewegung des Handrückens zurecht und eilte mit Heinrich von Derschau der großen steilen Treppe zu, die Oberland und Unterland der kleinen Felseninsel verbindet. Reiner der beiden Marineoffiziere sprach ein Wort, aber ihre Mienen verrieten, dass allerlei Gedanken ihr Spiel hinter der glatten Stirn trieben.

    „Sollte am Ende doch?" meinte von Derschau. Der andere zuckte mit den Schultern. Dann standen beide schon kerzengerade vor dem Kommandanten.

    „Meine Herren, kam es aus dem Munde des getreuen Inselbehüters hervor. „Streichen Sie sich den heutigen 4. August des Heilsjahres 1914 in Ihrem Kalender rot an. Lesen Sie die Funkendepesche.

    Der Kommandant hielt den beiden Offizieren einen kleinen Papierstreifen hin. Er enthielt nichts weiter als die Buchstaben: h. . h . . h . .

    Wie von einer gemeinsamen Schnur blitzschnell gezogen, fuhren die rechten Hände der drei Männer grüßend an die Mützen und alle drei riefen: Hipp, Hipp, Hurra.

    Der Kommandant fuhr ernster fort:

    „Sie wissen, was das bedeutet. Zu Frankreich und Russland ist jetzt auch England gekommen, das heißt, es wird uns heute Abend den Krieg erklären. Sie kennen die englische Gemütsart hinreichend, meine Herren, um zu wissen, dass England auch schon vor der offiziellen Kriegserklärung sich nicht schämen wird, uns zu überfallen. Ich gebe Ihnen hier eine Kartenskizze, Ihre Aufgabe ist es, die darin bezeichneten Stellen besonders scharf auf eine Anwesenheit der englischen Flotte zu untersuchen. wie Sie sehen, führt Sie Ihr Weg ziemlich weit weg vom sicheren Boden. Unter zwölf Stunden wird der Flug nicht dauern, eher noch eine Stunde länger, wenn Sie Nebelmassen zu untersuchen haben. Ihre Aufgabe ist schön und schwer zugleich. Ich gebe zu, dass sie mit großer Lebensgefahr verbunden ist. wenn Sie unterwegs merken, dass Sie Helgoland nicht wieder erreichen, so steuern Sie den roten Punkt auf der Karte an. Vielleicht wird Ihnen dort Hilfe. Doch kann ich Ihnen eine Garantie nicht dafür geben. Auf alle Fälle werfen Sie vor einer etwaigen Katastrophe eine Nachrichtenboje aus. Die werden wir bestimmt finden. Sie können um fünf Uhr abfliegen und dann zwischen elf bis ein Uhr nachts Ihre Hauptbeobachtungen machen. Der Mond wird Ihnen hinreichend Licht geben. Also auf Wiedersehen, morgen früh. Wenn nicht, leben Sie wohl, meine Herren."

    Der Kommandant drückte beiden Offizieren herzlich die Hand und nach einer strammen Wendung verließen die Flieger die Kommandantur.

    Sie konnten ihre innere Erregung kaum noch meistern.

    „Also doch!" rang es sich aus der Brust beider fast gleichzeitig, als sie wieder an der steilen Treppe standen.

    „Ebenso gemein wie dumm", sagte Heinrich von Derschau vor sich hin.

    „Wer, was, wie, warum?" fragte Cording.

    „Ganz meine Meinung, fuhr von Derschau etwas rätselhaft fort und beide lachten über die gemeinsame schnelle Verständigung. „Wie es auch nicht anders zu erwarten war von unseren lieben Vettern, bemerkte von Derschau weiter.

    „Gott sei Dank, sagte Cording, „nun brauchen wir hier nicht zu verrosten! Wir haben noch zwei Stunden Zeit, ich werde schnell meiner Frau ein paar Zeilen schreiben!"

    „Und ich meiner Braut! Auf Wiedersehen im Schuppen um vier Uhr!"

    Die beiden Offiziere hatten sich für einen schwimmerlosen Doppeldecker entschieden, obwohl die See ruhig und die günstige Wetterlage fest war.

    „Ich halte von den Dingern in ihrer heutigen Form noch nicht viel, sagte von Derschau, „unsere deutsche See hat auch in ihren ruhigsten Augenblicken einen zu harten Gang, als dass die Schwimmer auf ihr großen Zweck hätten.

    „Außerdem haben wir ja den roten Punkt auf der Karte, der Alte wird schon gewusst haben, was er uns versprach!"

    „Ich hatte auch den Eindruck, dass er mehr meinte als er sagte. Seine Miene leuchtete geheimnisvoll. Also rin in die Kiste!, beendete von Derschau die kurze „technische Vorbesprechung.

    Die „Kiste war «in herrlicher Doppeldecker. Das obere Flügelpaar hatte die Form von Falkenfittichen, das untere bildete leicht zurückgebogene Rechtecke mit abgerundeten Ecken. Am bootsähnlichen, schön geschnittenen Rumpf stand klein und unauffällig der Name des herrlichen Doppeldeckers: „Möve II. Ihr Vorgänger Nummer I lag auf dem kühlen Grunde der Nordsee in gleicher Höhe mit dem Leuchtturm von Kampen auf Sylt, wo er in einem schweren Sturm von einer Böe ins Meer geschleudert worden war. Auch der bewaffnete Frieden hatte seine kostbaren Opfer gefordert. Vergeblich hätte man aber in den Augen der beiden reisefertigen Offiziere nach einer Spur dieser traurigen Vorgeschichte der „Möve I" gesucht. Die braunen Köpfe der beiden Flieger leuchteten in der Sonne wie Bronze, während die weiße Stirn darüber wie Marmor lag. Einige Matrosen fassten den Doppeldecker unten fest, als hätten sie einen Wundervogel gefangen, um ihn nie mehr wieder frei zu geben.

    „In zwei Minuten Fünf", rief von Derschau Cording, dem Führer des Flugzeuges, zu. Ein Matrose trat vor den scharfen Kopf des Doppeldeckers, griff nach dem Propeller, der blitzschnell in einen surrenden Kreis überging.

    „Fünf Uhr," rief von Derschau. Der Führer hob die linke Hand und im selben Augenblick raste der befreite Vogel los. Einige Meter vor der steilen Kante wippte das Höhensteuer und der Doppeldecker hatte sich von seinen Erdenfesseln gelöst, nicht ohne von unten her eine leichte Backpfeife zu bekommen, als er an die Kante der Rüste kam. Die Flieger kannten diese kritische Stelle an der Steilküste schon, diesen stetigen senkrechten Luftstrom, auf den sich die Möwen meist von unten langsam ohne Flügelschlag emportragen ließen und der sie spielerisch bewegte, wie eine Meereswelle Korkenstücke trägt.

    Als von Derschau 5 Uhr 5 Minuten zurücksah, war Helgoland trotz der Kürze der Zeit schon zu einem grauen Etwas in der blauen See zurückgesunken. Die Insel lag bereits zehn Kilometer hinter den Fliegern.

    Der stählerne Vogel stieß mit seiner Motorstirn zornig nach Norden, beseelt von einem Willen, der so gewaltig und stark war, dass er einzig und allein diesen furchtbaren Pfeil in der Luft zu halten schien. Der Doppeldecker glich nicht einer motorgetriebenen, künstlichen Maschine, sondern schien lebendig und wie der Ausdruck eines außerordentlich großen Vorhabens. Die Vorderkanten seines Flügelpaares durchschnitten die Luft wie vier scharfe Parallelmesser. Der träge, dicke Propeller hatte seine Materie ganz an eine zitternde Aureole verloren. Er war nahezu unsichtbar geworden. Nur ein silbergrauer, körperloser Kreis war er noch. Ein Ätherzirkel in rasender Umdrehung, durch die sich eine glühende Reflexlinie wie eine Parabel bog. Blöde Fische jagten in den Grund des Meeres, wenn sie ihn sahen und die Perlenschnüre fliegender Tauchhühner fielen entsetzt wie Steine in die nahen Wellen, wenn der Doppeldecker brüllend ihre Bahn kreuzte.

    Die beiden Offiziere beschäftigten sich mittlerweile in den ersten Minuten der langen Reise zwischen Meer und Himmel mit wichtigeren Fragen, verstauten hier und da eine Kleinigkeit besser in dem nicht allzu weiten und fischartig ausgebauchten Rumpf des Doppeldeckers.

    Hans Cording betrachtete die Instrumente seines Führersitzes. Die rote zitternde Zungennadel des Geschwindigkeitsmessers wanderte

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