Dieses kleine Stück Himmel: Mit allen Sinnen Familie leben
Von Sandra Geissler
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Über dieses E-Book
Im Chaos den Zauber sehen. Schmecken, was das Herz satt macht. Den Duft von Zuhause riechen. Einander zuhören. Sich als Familie durch den Dschungel des Lebens tasten.
Dieses Buch inspiriert dazu, ein erfülltes Familienleben mit allen Sinnen zu gestalten. Gerade der sechste Sinn, der Herzenssinn, spielt dabei eine besondere Rolle: Er spricht die Sprache der Liebe und ist die Grundlage für alles andere.
Eine Einladung, Familie zu sehen, zu schmecken, zu riechen, zu ertasten und auf die Sinne zu vertrauen, die Gott uns geschenkt hat.
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Buchvorschau
Dieses kleine Stück Himmel - Sandra Geissler
Stimmen zu diesem Buch
»Der Zauber dieses Buches liegt darin, den eigenen Familienalltag anzunehmen und wertzuschätzen, wie er ist – ohne sich mit anderen zu vergleichen. Eine starke Botschaf für Eltern wie dich und mich!«
Daniela Albert, Autorin und Familienberaterin
»Sandra Geissler hat ein starkes Herzensbuch für Mütter und Väter geschrieben. Sie plädiert dafür, den eigenen Kindern mit allen Sinnen und mit dem Herzen zu begegnen, anstatt sich in ein Schema zu pressen. Nach der Lektüre sehe ich meine Familie in einem frischen Licht und mir ist‘s, als hätte jemand mein Herz einmal durchgelüfet!«
Veronika Smoor, Autorin
Sandra Geissler
Dieses kleine Stück Himmel
MIT ALLEN SINNEN
FAMILIE LEBEN
SCM | Stiftung Christliche MedienSCM Hänssler ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.
ISBN 978-3-7751-7553-1 (E-Book)
ISBN 978-3-7751-6094-0 (lieferbare Buchausgabe)
Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck
© der deutschen Ausgabe 2022
SCM Hänssler in der SCM Verlagsgruppe GmbH
Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen
Internet: www.scm-haenssler.de; E-Mail: info@scm-haenssler.de
Die Bibelverse sind folgender Ausgabe entnommen:
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, vollständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe, © 2016 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten. (EÜ)
Lektorat: Mirja Wagner, www.lektorat-punktlandung.de
Umschlaggestaltung: Astrid Shemilt // Büro für Illustration & Gestaltung, www.astridshemilt.com
Titelbild: Illustration von Jakina Hofer
Autorenfoto: © 2021 Stephan Dinges
Innengestaltung: Miriam Gamper-Brühl, 3Kreativ, www.3kreativ.de
Illustrationen im Innenteil:
© shutterstock/dobrodzei: S. 7, S. 13, S. 28, S. 47, S. 54, S. 143
© shutterstock/Drawlab: S. 19, S. 32, S. 53, S. 59, S. 78, S. 88, S. 106, S. 120, S. 139,
S. 141, S. 149, S. 161, S. 169, S. 171, S. 182, S. 197
© shutterstock/NotionPic: S. 81
© shutterstock/Tatyana Okhitina: S. 115
© shutterstock/Milat_oo: Hintergründe Aquarell
© shutterstock/Sandra_M: Zeichnungen Blätter, Feder
Für die 6geisslein,
die mein Stück Himmel sind
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Über die Autorin
Sandra Geissler (Jg. 1976) lebt in Nierstein am Rhein. Sie ist kath. Diplomtheologin und Pastoralreferentin. Die verheiratete Mutter von fünf Kindern liebt es, das große Glück in den kleinen Dingen des Alltags zu entdecken und bloggt darüber auf www.7geisslein.com.
INHALTSVERZEICHNIS
Über die Autorin
Prolog
Sehen
Sehen, worauf es ankommt
Sehen, was zu dir gehört
Sehen, wer die anderen sind
Sehen, was schön ist
Sehen, was der Moment dir schenkt
Hören
Hören, was leise Stimmen flüstern
Hören, welche Macht Worte haben
Hören, was dein Herz dir sagt
Hören, was ein Herz braucht
Hören, was Geschichte ist
Schmecken
Schmecken, was das Herz satt macht
Schmecken, was Ruhe schenkt
Schmecken, was du fühlst
Schmecken, was Struktur gibt
Schmecken, was an der Zeit ist
Riechen
Riechen, wohin du gehörst
Riechen, was euch stinkt
Riechen, was die Luft dick macht
Riechen, was Erinnerungen weckt
Tasten
Tasten, um zu sprechen
Tasten, was wesentlich ist
Tasten, was die Dunkelheit erzählt
Tasten, wohin der Weg dich führt
Herzenssinn
Lieben, um im Gleichgewicht zu bleiben
Lieben, was dir geschenkt wurde
Lieben, was Halt gibt
Lieben, wofür dein Herz schlägt
Epilog
Anmerkungen
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Prolog
Es war ein warmer Tag im September 2006, als unser erster Sohn geboren wurde. Der Sommer war heiß gewesen, so heiß, dass man wieder einmal von einem Jahrhundertsommer sprach. Ich war dreißig Jahre alt und dieses Kind war so sehr gewünscht, erwartet und erhofft, so sehr geliebt von seinen Eltern, schon lange bevor sein irdisches Leben überhaupt begonnen hatte. Ich hatte alle Ratgeberbücher und Broschüren gelesen, die ich nur finden konnte. Wir waren informiert und bestens vorbereitet, als hätten wir noch ein Zweitstudium absolviert, hatten Listen abgearbeitet und einen lebenslangen Vorrat an Waschlappen besorgt. Ich wollte so gern auf Nummer sicher gehen. An meiner Seite war mein Mann, er wich keinen Zentimeter von mir, ich war nicht allein. Die Voraussetzungen hätten also kaum besser sein können. Und doch war es beängstigend und Furcht einflößend, wurde ich überrollt von meinen Gefühlen und Emotionen. Ich zerbröselte in tausend Einzelstücke und wurde als Mutter wieder ganz neu zusammengesetzt.
Du kannst so viele Bücher lesen, wie du willst, so viele Menschen befragen, wie du nur finden kannst: Du wirst niemals richtig vorbereitet sein. Jede Geburt ist urgewaltig, einzigartig und besonders. Ein Abenteuer, das erlebt werden will, nicht erlesen oder erzählt. Ein Stückchen Himmel plumpst auf die Erde und keines gleicht dem anderen. Wir trugen unseren kleinen Sohn heim, den kostbarsten Schatz auf Erden, fürchteten um seine Sicherheit, waren voll von Fragen und Ängsten, überwältigt von Liebe, Freude und Müdigkeit – alle drei waren wir neue Menschen, als Familie wiedergeboren.
Der kleine Junge brachte alles mit, was ein Menschlein für sein beginnendes Leben auf Erden braucht: Händchen, Füße, eine funktionierende Verdauung und eine kräftige Stimme, nur eine Bedienungsanleitung wurde leider nicht mitgeliefert. Alles, was wir zur Verfügung hatten, war unser gesunder Menschenverstand und ein vor Liebe überquellendes Herz – und beidem misstraute ich zutiefst. Wie konnte ich denn sicher sein, dass wir das Richtige taten?
Immer wieder suchte ich in den folgenden Jahren nach der passenden Bedienungsanleitung für unser Kind, für den richtigen Weg, Familie zu leben, für Erziehung und den ordentlichen Umgang miteinander, denn ich wollte keine Fehler machen. Häufig widersprach das Gelesene meinem Bauchgefühl – und trotzdem handelte ich danach. Ich las viel über Fütterungszeiten und Schlafrhythmen, über Entwicklungsstufen und Bewegungsförderung. Unser Kind wollte nicht zu diesen Anleitungen passen, und ich wurde nicht nur immer informierter, sondern gleichzeitig auch immer besorgter. Ich hatte, bevor ich Mutter wurde, gelernt, mehr auf das Geschriebene zu vertrauen als auf meine eigenen Instinkte, mein Bauchgefühl, mein Herz.
Vielleicht sind dir all diese Zweifel und Unsicherheiten wohlvertraut. Wie oft hast du dich schon gefragt, ob alles mit rechten Dingen zugeht, ob ihr als Eltern, als Familie auf einem guten Weg seid? Heute lauern Bedienungsanleitungen für die gelingende Familie nicht nur in den Ratgeberecken der Buchhandlungen, vielmehr bevölkern sie das ganze Internet. Das macht die Sache nicht eben leichter, sondern noch verwirrender. Wie sollst du da wissen, was richtig ist? Dabei ist am Einholen von Rat absolut nichts Verkehrtes, es kann sogar ausgesprochen klug und weise sein, auf die Erfahrungen und das Wissen anderer zurückzugreifen. Aber eine Bedienungsanleitung, die dich Schritt für Schritt durch dein Familien- und Elternsein navigiert, wirst du auch dann noch suchen, wenn dein Kind schon längst ausgezogen ist.
Heute bin ich Mutter von fünf Kindern, die Ratgeber von damals sind längst in den Müll gewandert und haben einer wichtigen Erkenntnis Platz gemacht: Jeder Mensch, egal wie alt oder jung, jede Familie, jede Gemeinschaft, in der Menschen füreinander Sorge tragen, ist einzigartig. Und so viel Einzigartigkeit in der Welt passt nicht zwischen die zwei Buchdeckel einer Betriebsanleitung, ja noch nicht mal in die unendlichen Weiten des Internets.
Wenn wir füreinander sorgen, einander lieben, wenn wir die Sinne nutzen, die unser Schöpfergott in uns hineingelegt hat, wenn wir die Stimme dieses Schöpfers hören, in unseren Herzen, mal lauter, mal leiser, dann ist das gelungene Familie.
Wenn wir füreinander sorgen, einander lieben,
wenn wir die Sinne nutzen, die unser Schöpfergott in uns hineingelegt hat, wenn wir die Stimme dieses Schöpfers hören, in unseren Herzen, mal lauter, mal leiser, dann ist das gelungene Familie.
Es ist keine hochkomplexe Wissenschaft, ein Stückchen Himmel großzuziehen, das vergessen wir heute nur manchmal. Und dann geraten wir in die Gefahr, unsere Unbekümmertheit und Freude unterwegs zu verlieren, in unserem angestrengten Bemühen, alles richtig zu machen. Ein aussichtsloses Unterfangen, wenn wir mehr auf das Außen als auf das Innen hören, wenn wir uns und unsere Kinder vergleichen oder sogar versuchen, jemand zu sein, der wir nicht sind.
Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen und Familie in all ihren Spielarten die Urform von Gemeinde. Gott selbst hat uns das Rüstzeug dafür gegeben, diese Gemeinschaft leben zu können. Eine Gemeinschaft, in der wir zu Hause sind, in der seine Liebe sichtbar wird.
Seit fünfzehn Jahren darf ich als Mutter durchs Leben gehen, und immer mehr komme ich zu der tiefen Überzeugung, dass es eigentlich sehr wenig dafür braucht. Familie ist der Ort, wo wir unser Bauchgefühl zu Wort kommen lassen, wo wir aus tiefster Seele miteinander reden, streiten und ringen dürfen. Wo wir lernen, Fehler machen und trotzdem geliebt werden, immer auf der Suche nach unserem ganz eigenen Weg, den nur wir allein gehen können. Wir können uns mutig und gestärkt auf diesen Weg machen, weil der Schöpfer selbst uns dieses Leben zutraut. Er hat uns mit allem ausgestattet, was es braucht, um Familie zu leben, fünf Sinne und ein liebendes Herz.
Dieses Buch möchte dich mit auf eine kleine Reise zu diesen Sinnen nehmen, die wir zu so viel mehr gebrauchen und nutzen können als allein zum Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und Tasten. Ich will dir erzählen, warum sie nach meiner Meinung und Erfahrung die einzigen wahren Ratgeber sind, warum du den deinen getrost vertrauen darfst und wie mit ihrer Hilfe dieses irrwitzige Abenteuer Familie nur gelingen kann.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Sehen
Morgens in der Frühe, wenn der Wecker klingelt und mich mit aller Macht und schrill piepsender Härte aus Traumwelten in die Wirklichkeit holt, dann reibe ich mir den Schlaf aus den noch müden Augen, taste in der Dunkelheit nach meiner Brille, ohne die ich verloren wäre, finde mit meinen Füßen festen Boden. Leise, leise, den Weg durch das Dunkel des Zimmers suchend, schleiche ich hinaus in den Tag, die Brille in der Hand, aus der Dunkelheit ins Licht. Ich setze das Gestell auf meine Nase und mache mich nun endlich sehend auf den Weg. Jeden Morgen feiere ich aufs Neue das Fest aller Kurzsichtigen, den besonderen Augenblick, wenn aus verschwommenem Nebel klare Umrisse auftauchen und die Welt um mich herum greifbar und erkennbar wird.
Das Sehen bringt uns die sichtbare Welt nahe, die unermessliche Vielfalt der Farben und Formen, den Reichtum der Schöpfung und die wechselnden Kulissen unseres Lebens. Wir sehen, was unser Herz erfreut, wir sehen, was uns zurückschrecken lässt. Wir sehen die Menschen, die wir lieben, und all ihre Besonderheiten: den kleinen Knick im Ohr, die grünen Sprengsel in braunen Augen und die Grübchen am Kinn.
Das Sehen, verstanden als echtes Wahrnehmen, macht uns eine Vielzahl verborgener Welten sichtbar. Es gibt Einblick in die Tiefen der Seelen, deckt unliebsame Tatsachen auf und vermittelt eine Aussicht auf die Vielfalt menschlicher Charaktere. Es zeigt uns die Schönheit des Augenblicks, die Farben der Liebe und die Buntheit des Lebens in all seinen Facetten. Du siehst die Gesichter der Menschen, die dir ans Herz gelegt wurden, aber du kannst auch erkennen, worauf es wirklich ankommt, was zu dir gehört und was den anderen ausmacht. Du darfst mit deinen Kindern an der Hand die Schönheit der Welt und des Lebens neu entdecken, die offensichtliche und die, nach der man erst mal ein wenig Ausschau halten muss.
SEHEN, WORAUF ES ANKOMMT
Ein wunderbar großer und geschmackvoll geschmückter Weihnachtsbaum steht prachtvoll mitten im Raum und seine flackernden Kerzen tauchen das ganze Zimmer in goldenes Licht. Es ist ein traumhaft schönes Zimmer, eingerichtet mit kostbaren Möbeln, einem gemütlichen Sofa und passenden Kissen in heimeligen Rottönen. Verheißungsvoll stapeln sich große und kleine Päckchen unter seinen Zweigen, im Kamin knistert ein warmes Feuer und Kinder hüpfen erwartungsfroh und mit leuchtenden Augen zwischen den Möbeln umher. Allerliebst sehen sie dabei aus, in ihren Samtkleidchen und Pullundern, mit blonden Locken und blanken Gesichtern. Keiner stört sich am Gehopse, alle sind herrlich entspannt, große und kleine Menschen einträchtig beieinander, und einer sitzt immer im Lehnstuhl, mit mildem Lächeln und einer dampfenden Tasse in der Hand.
So sah sie aus, die Kaffeewerbung meiner Kindheit, und wann immer ich sie zu Gesicht bekam, saß ich fasziniert und gebannt vor dem Fernseher im heimischen Wohnzimmer. Nein, was mussten es diese Menschen nett miteinander haben! Wie glücklich durften sich diese Kinder schätzen, diese perfekten Menschen in der perfekten Kulisse, eine Familie, fast zu schön, um wahr zu sein. Nun war ich als Kind nicht auf den Kopf gefallen, ich wusste sehr wohl, dass Werbung Werbung und Fernsehen Fernsehen ist, diese Familie in Wirklichkeit also gar nicht existierte. Doch vielleicht gab es irgendwo eine, die genau so lebte? Wer konnte das denn ausschließen?
Schon damals vermochte Werbung das vorzugaukeln, was der Medienwelt auch heute mühelos gelingt: die Idee der idealen Familie in einer idealen Umgebung, wo Menschen nicht nur mit ihrer Wandfarbe, sondern auch untereinander einträchtig harmonieren. Diese Idee nährt eine urmenschliche Sehnsucht nach heiler Familie, Harmonie und Geborgenheit, einem Ort, an dem jeder sein darf, alle dazugehören und einander lieben, wo Schönheit und Freundlichkeit das ganze Leben in warme Farben tauchen.