Dr. Norden Bestseller 3 – Arztroman: Eine gefährliche Verwechslung
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Entschuldigen Sie bitte die Störung, Herr Doktor«, platzte Helga Moll ins Sprechzimmer, »aber Herr Grothe rief eben an. Uli hat hohes Fieber. Ob Sie möglichst schnell kommen könnten?« Dr. Daniel Norden nickte und schrieb der Patientin, die er eben untersucht hatte, ein Rezept aus. Wegen einer Lappalie würde ihn die gute Molly, wie er sie nannte, nicht stören. Und wenn Generaldirektor Grothe selbst anrief, brauchte er keinen falschen Alarm zu vermuten, wie bei dessen Frau, die jede Gelegenheit nützte, um ihn kommen zu lassen. Wenn Frau Grothe angerufen hätte, wäre Molly vorsichtig gewesen, denn sie kannte die Patientinnen sehr gut, die in ihrem Chef, den sie überaus schätzte, mehr den attraktiven Mann als den Arzt sahen. Ja, Molly kannte ihre Pappenheimer. »Herr Grothe war völlig fertig«, sagte sie zu Dr. Norden, als er seinen Arztkoffer ergriff und zur Tür eilte. »Der Mann ist wahrhaft nicht zu beneiden.« »Wie sieht es denn im Sprechzimmer aus?«, fragte Daniel Norden ablenkend. »Noch ein gutes halbes Dutzend«, erwiderte Molly. »Zwei Bestrahlungen. Das kann ich machen.«
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Dr. Norden Bestseller 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 3 –
Eine gefährliche Verwechslung
Patricia Vandenberg
»Entschuldigen Sie bitte die Störung, Herr Doktor«, platzte Helga Moll ins Sprechzimmer, »aber Herr Grothe rief eben an. Uli hat hohes Fieber. Ob Sie möglichst schnell kommen könnten?«
Dr. Daniel Norden nickte und schrieb der Patientin, die er eben untersucht hatte, ein Rezept aus. Wegen einer Lappalie würde ihn die gute Molly, wie er sie nannte, nicht stören. Und wenn Generaldirektor Grothe selbst anrief, brauchte er keinen falschen Alarm zu vermuten, wie bei dessen Frau, die jede Gelegenheit nützte, um ihn kommen zu lassen.
Wenn Frau Grothe angerufen hätte, wäre Molly vorsichtig gewesen, denn sie kannte die Patientinnen sehr gut, die in ihrem Chef, den sie überaus schätzte, mehr den attraktiven Mann als den Arzt sahen. Ja, Molly kannte ihre Pappenheimer.
»Herr Grothe war völlig fertig«, sagte sie zu Dr. Norden, als er seinen Arztkoffer ergriff und zur Tür eilte. »Der Mann ist wahrhaft nicht zu beneiden.«
»Wie sieht es denn im Sprechzimmer aus?«, fragte Daniel Norden ablenkend.
»Noch ein gutes halbes Dutzend«, erwiderte Molly. »Zwei Bestrahlungen. Das kann ich machen.«
Er war schon an der Tür und nickte.
»Die anderen müssen halt warten, Molly. Oder sie müssen wiederkommen. Wenn Herr Grothe selber anruft, brennt es.«
Mit seinem schnellen Wagen war er bald am Ziel, und es war tatsächlich kein falscher Alarm. Blinddarmentzündung, war die Diagnose, die Dr. Norden nach kurzer Untersuchung gestellt hatte.
»Warum haben Sie mich nicht früher gerufen?«, fragte er vorwurfsvoll.
Werner Grothe fuhr sich mit dem Taschentuch über die Stirn.
»Ich bin erst heute Morgen zurückgekommen. Meine Frau ist gestern verreist. Sie dachte wohl, dass es nur eine Magenverstimmung sei.«
Typisch für sie, dachte Dr. Norden verärgert. Er kannte Marlies Grothe zur Genüge. Sie war eine überaus egoistische Frau, und zur Mutter taugte sie schon gar nicht.
Er überlegte, welchem Kollegen er Uli anvertrauen könnte. Dieter Behnisch, ja, der hatte ein Herz für Kinder.
Er rief in der Klinik an, und er erreichte ihn glücklicherweise sofort.
Uli war völlig apathisch, schon gar nicht mehr da. Er wusste nicht, was um ihn vorging, als der Krankenwagen kam.
»Ich fahre mit«, erklärte Werner Grothe heiser.
Dr. Norden nickte. »Mein Kollege Behnisch weiß Bescheid. Ihr Sohn ist in guten Händen. Sobald ich meine Sprechstunde beendet habe, werde ich in die Klinik kommen.«
»Danke, Herr Doktor!«, sagte Werner Grothe, dessen Mienenspiel seine innere Erregung verriet.
Dr. Daniel Norden widmete Marlies Grothe zornige Gedanken.
Diese eitle, selbstsüchtige Frau verdiente ein solches Kind nicht, und ihr Mann konnte einem leid tun. Er war ein netter Mensch. Trotz seiner exponierten Stellung war er mit den Füßen auf dem Boden geblieben.
Er hätte wahrhaft eine bessere Gefährtin verdient gehabt, die nicht nur darauf bedacht war, eine gesellschaftliche Rolle zu spielen und das Geld, das er verdiente, unter die Leute zu bringen.
Hoffentlich kommt der Junge durch, dachte er weiter. Schlimm genug sah es aus, und Dr. Norden wusste doch, dass Werner Grothes ganzes Herz an dem Kleinen hing.
Seine Miene war entsprechend düster, als er die Praxis wieder betrat.
»Schlimm?«, fragte Helga Moll.
»Sehr schlimm. Akuter Blinddarm. Sind noch welche geblieben?« Er blickte zur Tür des Wartezimmers.
»Alle. Ihre Patienten sind nicht abzuschrecken, Herr Doktor«, sagte sie aufmunternd.
Es würde noch gut zwei Stunden dauern, bis er mit der Sprechstunde fertig wurde. Auf die schnelle Tour wollte er keinen abfertigen, obgleich der kleine Uli nun sicher schon auf dem Operationstisch lag.
*
Uli war ein schmächtiges Kind. Dr. Behnisch stellte besorgt fest, dass dessen Konstitution wirklich Schlimmstes befürchten ließ.
Er war noch jung, aber als Chirurg hatte er sich dennoch schon einen Namen gemacht.
Er war gebürtiger Münchner, hatte mit Daniel Norden zusammen studiert und war dann mehrere Jahre als Assistenzarzt an einem großen Krankenhaus beschäftigt gewesen.
Ein vermögender Onkel hatte ihm den Kauf dieser Privatklinik ermöglicht, die er erst vor wenigen Wochen übernommen hatte.
Daniel Norden war einer der Ersten gewesen, bei denen er sich in Erinnerung gebracht hatte, aber Uli Grothe war nicht der erste Patient, den Daniel ihm schickte.
Er konnte sich nicht beklagen. Er hatte einen guten Start gehabt.
Größte Aufmerksamkeit bei der Narkose hatte er dem Anästhesisten geboten. Er selbst war jetzt ganz konzentriert.
Es war auch schlimm, was sich seinen Augen darbot, als er den Schnitt ausgeführt hatte. Der Blinddarm war bereits am Durchbruch. Leichtsinnig verschleppt, wie Dr. Behnisch kombinierte. Unmöglich konnte Daniel das übersehen haben.
Der Puls des Kindes war schwach, der Blutdruck sank zusehends ab. Dr. Behnisch durfte sich davon nicht irritieren lassen.
»Blutkonserven fertig machen«, sagte er ruhig. Besonnen führte er die Operation zu Ende.
Normalerweise war es eine Routineangelegenheit, doch wenn das Leben dieses kleinen Jungen gerettet werden konnte, war es nur Dr. Nordens schneller Entschlossenheit und dem Können dieses jungen Chirurgen zu verdanken.
Jetzt können wir nur noch beten, dachte Dieter Behnisch.
Für Werner Grothe hatte er dann, eine Viertelstunde später, aufmunternde Worte bereit.
Der Mann sah zum Gotterbarmen aus, und als Uli aus dem Operationssaal an ihm vorbeigefahren wurde, so weiß wie das Leintuch, auf dem er lag, brach er zusammen.
»Du lieber Gott«, bemerkte Oberschwester Martha, die schon dreißig Jahre im Dienst der Nächstenliebe hinter sich gebracht hatte, »nun brauchen wir noch ein Bett!«
»Wir können Vater und Sohn gleich in ein Zimmer legen«, erklärte Dr. Behnisch, nachdem er Herrn Grothe untersucht hatte. »Zumindest einige Tage Bettruhe wird er brauchen. Aber den Jungen legen wir erst zu ihm hinein, wenn er außer Lebensgefahr ist.«
Als Daniel Norden in die Klinik kam, erfuhr er, dass Werner Grothe einen Kreislaufkollaps erlitten hatte.
»Und die Dame des Hauses ist verreist«, sagte er bitter. »Sie hat mich wohl deshalb nicht zu Uli rufen lassen, um ihre Reise nicht infrage zu stellen. Sonst hat sie mich wegen jeder Kleinigkeit geholt.«
Dr. Behnisch sah seinen Kollegen nachdenklich an. Hinter Daniel waren die Frauen schon immer hergewesen, und jetzt sah er noch interessanter aus als früher.
Er musste wohl sehr diplomatisch sein, um sich seiner Haut zu wehren und allen auf ihn zukommenden Gefahren zu trotzen.
»Man müsste sie verständigen«, bemerkte er. »Der Junge schwebt in Lebensgefahr. Es war allerhöchste Eisenbahn, Daniel, und bei seinem Vater können wir froh sein, dass es nicht zu einem Herzinfarkt gekommenn ist.«
»Der Mann ist trotz seines Geldes nicht zu beneiden«, äußerte Daniel gedankenvoll. »Ich glaube, dass es wenig Sinn hat, seine Frau zu verständigen. Sie würde zwar eine dramatische Schau abziehen, aber Vater und Kind mehr schaden als nützen.«
»Ich bin in einer Zwickmühle. Du weißt, welche Vorwürfe ich mir einhandeln könnte, wenn ich es unterlasse, sie zu benachrichtigen.«
»Ist Herr Grothe ansprechbar?«, fragte Daniel.
»Augenblicklich noch nicht. Sie haben doch sicher Hausangestellte?«
»Eine ganze Reihe, aber es würde mich wundern, wenn sie wüssten, wo sich Frau Grothe derzeit aufhält.«
Und so war es auch. Allerdings konnte auch Werner Grothe darüber keine Auskunft geben, als er wieder bei Bewusstsein war. Er dachte nur an sein Kind.
»Es geht ihm schon etwas besser«, erklärte Daniel Norden, um ihn zu beruhigen. »Er wird nachher in dieses Zimmer gebracht werden. Könnten Sie mir sagen, wo Ihre Frau zu erreichen ist?«
»Nein.« Es klang müde, aber auch abweisend. »Wir hatten Differenzen. Sie hat ihre Koffer gepackt. Ihnen kann ich es ja sagen. Sie ahnen wohl, wie es um meine Ehe bestellt ist, Herr Doktor. Uli ist alles, was ich habe. Ich will ihn behalten! Ich darf ihn nicht verlieren!«, stöhnte er auf.
»Seien Sie zuversichtlich«, sagte Dr. Norden. Aber war das nicht ein billiger Trost?
Glücklicherweise schlief Werner Grothe unter der Wirkung der Spritze wieder ein.
Auf dem Gang traf Dr. Norden mit Dr. Behnisch zusammen, der eben aus einem Krankenzimmer kam.
»Da du einmal hier bist, Dan, könnten wir doch zusammen essen«, schlug er vor. »Du kannst dich gleich überzeugen, dass wir unsere Patienten gut versorgen.«
Daheim würde zwar Lenchen, seine getreue Haushälterin, warten, aber die war es ja schon gewohnt, dass er zu spät zu den Mahlzeiten erschien oder sie ganz versäumte.
Er unterhielt sich gern einmal mit dem Studienfreund. Dazu hatten sie bisher noch sehr wenig Gelegenheit gefunden.
»Du bist zufrieden, Dieter?«, fragte er.
»Es läuft alles wie am Schnürchen«, bestätigte der andere. »Das Personal ist gut geschult. Sie sind alle geblieben. Schwester Martha ist eine Perle, wie man sie nicht leicht findet. Ich kann nur hoffen, dass sie auch mit mir zufrieden ist.«
Warum sollte sie nicht. Dieter Behnisch war ein sympathischer Mensch. Er neigte schon jetzt ein wenig zur Behäbigkeit. Er war mehr als einen halben Kopf kleiner als Daniel Norden, hatte ein rundliches Gesicht, freundliche graue Augen, und dass er gern und gut aß, sah man seiner Figur an.
»Dass du immer noch Junggeselle bist, will mir gar nicht in den Sinn, Daniel«, bemerkte er lächelnd.
»Na, und du?«, konterte Daniel. »Du warst doch verlobt, als wir uns aus den Augen verloren.«
Dieter winkte ab. »Mich hat ein gütiges Geschick vor dem Fiasko bewahrt, das der gute Herr Grothe anscheinend erleiden muss. Irene hat einen andern begehrenswerter gefunden. Die Richtige ist mir noch immer nicht begegnet. Und dir?«
»Mir schon«, erwiderte Daniel, und dabei bekamen seine Augen einen sehnsüchtigen Ausdruck.
»Alte oder junge Liebe?«, fragte Dieter.
»Wie man es nimmt. Felicitas Cornelius.«
»Ach nee! Was sagt man dazu! Die kleine Cornelius?