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MORD IN FINSTERGRUND: Ein Krimi aus Oberbayern
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eBook221 Seiten2 Stunden

MORD IN FINSTERGRUND: Ein Krimi aus Oberbayern

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Über dieses E-Book

1972 - in der Kleinstadt Finstergrund im Wettersteingebirge.
Niklas Stadlhober, ein Playboy und Lebemann (und vor allem: der Sohn des Landrats Hektor Stadlhober), wird tot aufgefunden, und die Umstände seines Todes sind außerordentlich kompromittierend.
Hinzu kommt: Der mutmaßliche Mörder ist der Cousin von Kommissarin Ildikó Hellriegel, die erst kürzlich ihren Dienst in der Polizeiinspektion von Finstergrund angetreten hat...
 
 Mord in Finstergrund  von  Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien  Jack Kandlbinder ermittelt ,  Ein Fall für Remigius Jungblut ,  Die unheimlichen Fälle des Edgar Wallace  und  Friesland , ist ein spannungsgeladener und wendungsreicher Krimi aus Oberbayern. 
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum20. Mai 2022
ISBN9783755414285
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    Buchvorschau

    MORD IN FINSTERGRUND - Christian Dörge

    Das Buch

    1972 - in der Kleinstadt Finstergrund im Wettersteingebirge.

    Niklas Stadlhober, ein Playboy und Lebemann (und vor allem: der Sohn des Landrats Hektor Stadlhober), wird tot aufgefunden, und die Umstände seines Todes sind außerordentlich kompromittierend.

    Hinzu kommt: Der mutmaßliche Mörder ist der Cousin von Kommissarin Ildikó Hellriegel, die erst kürzlich ihren Dienst in der Polizeiinspektion von Finstergrund angetreten hat...

    Mord in Finstergrund von Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien Jack Kandlbinder ermittelt, Ein Fall für Remigius Jungblut, Die unheimlichen Fälle des Edgar Wallace und Friesland, ist ein spannungsgeladener und wendungsreicher Krimi aus Oberbayern.

    Der Autor

    Christian Dörge, Jahrgang 1969.

    Schriftsteller, Dramatiker, Musiker, Theater-Schauspieler und -Regisseur.

    Erste Veröffentlichungen 1988 und 1989:  Phenomena (Roman), Opera (Texte).

    Von 1989 bis 1993 Leiter der Theatergruppe Orphée-Dramatiques und Inszenierung

    eigener Werke,  u.a. Eine Selbstspiegelung des Poeten (1990), Das Testament des Orpheus (1990), Das Gefängnis (1992) und Hamlet-Monologe (2014).

    1988 bis 2018: Diverse Veröffentlichungen in Anthologien und Literatur-Periodika.

    Veröffentlichung der Textsammlungen Automatik (1991) sowie Gift und Lichter von Paris (beide 1993).

    Seit 1992 erfolgreich als Komponist und Sänger seiner Projekte Syria und Borgia Disco sowie als Spoken Words-Artist im Rahmen zahlreicher Literatur-Vertonungen; Veröffentlichung von über 60 Alben, u.a. Ozymandias Of Egypt (1994), Marrakesh Night Market (1995), Antiphon (1996), A Gift From Culture (1996), Metroland (1999), Slow Night (2003), Sixties Alien Love Story (2010), American Gothic (2011), Flower Mercy Needle Chain (2011), Analog (2010), Apotheosis (2011), Tristana 9212 (2012), On Glass (2014), The Sound Of Snow (2015), American Life (2015), Cyberpunk (2016), Ghost Of A Bad Idea – The Very Best Of Christian Dörge (2017).

    Rückkehr zur Literatur im Jahr 2013: Veröffentlichung der Theaterstücke Hamlet-Monologe und Macbeth-Monologe (beide 2015) und von Kopernikus 8818 – Eine Werkausgabe (2019), einer ersten umfangreichen Werkschau seiner experimentelleren Arbeiten.

    2021 veröffentlicht Christian Dörge mehrere Kriminal-Romane und beginnt drei Roman-Serien: Die unheimlichen Fälle des Edgar Wallace, Ein Fall für Remigius Jungblut und Friesland.

    2022 folgen zwei weitere Krimi-Serien: Noir-Krimis um den Frankenberger Privatdetektiv Lafayette Bismarck und München-Krimis mit Jack Kandlbinder, der in der bayrisches Landeshauptstadt die merkwürdigsten Verbrechen aufzuklären hat.

    MORD IN FINSTERGRUND

    Die Hauptpersonen dieses Romans

    Ildikó Hellriegel: Kommissarin in Finstergrund.

    Benedikt Godt: Polizeiobermeister.

    Augusta Hellriegel: Ildikós Mutter.

    Hektor Stadlhober: Landrat und Geschäftsmann.

    Conrad Ottho: Staatsanwalt.

    Dr. Arthur Trenkler: Pathologe und Gerichtsarzt.

    Trixie von Glauburg: Präsidentin der Handelskammer.

    Flori Fiolka: Dieb und Zuhälter.

    Franz Pfaffenbach: Polizeiobermeister.

    Moritz Cascado: Polizeiobermeister.

    Alfons Mathaeus: Ildikós Cousin.

    Gertie Mathaeus: Alfons' Schwester.

    Barbara Mathaeus: Alfons' Ehefrau.

    Justus Heimbach: ein Ladenbesitzer.

    Frieda Munsterburg: Augusta Hellriegels Dienstmädchen.

    Hermann Munsterburg: ihr Ehemann und ein Hundebesitzer.

    Rocky: ein Spürhund.

    Dieser Roman spielt im Jahr 1972 in der oberbayerischen Kleinstadt Finstergrund im Wettersteingebirge.

      Erstes Kapitel

    Dort draußen war pechschwarze Nacht.

    Wenn es den Mond überhaupt gab, so verbarg ihn die Dunkelheit des Sturms. Der Wind fand die Bresche in den Bergen und heulte hindurch. Er peitschte einem Mann den Nacken mit Regentropfen, die Eiskügelchen glichen. Der Mann kauerte vor einem Fenster. Der Wind ließ die Tropfen an das Glas prasseln, monoton wie das unbarmherzige Dröhnen tausend kleiner Trommeln. Und die Tropfen vereinigten sich, bildeten Rinnsale und Fäden, die an der Scheibe herunterliefen, so dass alles im Zimmer verschwommen, verzerrt und schwer erkennbar wurde. Aber sehen konnte er dennoch. Er fuhr mit der Hand über das Glas und konnte durch den Spalt unter der Jalousie hineinblicken.

    Sie trieben es!

    Die Bettlampe brannte, und er konnte sie sehen. Sie trieben es. Er lag auf ihr und fickte sie. Sie stemmte die Füße ein, und er wusste, was jetzt geschah. Ihre Lippen bewegten sich, und er wusste, was sie sagte, wie sie ihn antrieb.

    Dann verschwamm alles. Es mochte am Regen liegen. Aber möglicherweise war es auch etwas anderes, eine schreckliche Blindheit, von der Wut erzeugt. Er stieß sich ab vom Haus, sprang hoch und raste zur Tür.

    Er hätte die Tür aufgesprengt, aber seltsamerweise stand sie offen. Er stürmte in das dunkle Zimmer und weiter zur gedämpften Beleuchtung im Schlafzimmer. Der Boden war mit einem dicken Teppich ausgelegt. Vielleicht lag es daran. Vielleicht hörten sie ihn in ihrer Ekstase auch einfach nicht kommen. Sie hatte die Augen geschlossen und sah ihn nicht zum Bett stürzen, begriff gar nicht, was geschah, als er ihn hinten an den Haaren packte und von ihr wegriss. Sie stieß einen kleinen Lustschrei aus. Dann öffnete sie verwirrt die Augen, und aus der Verwirrung wurde augenblicklich blankes Entsetzen. Sie öffnete den Mund, um zu schreien. Aber sie schrie nicht.

    Er hatte ihn an der Kehle gepackt, der Mann wehrte sich.

    Dann schien in seinem Hals etwas nachzugeben, und er wehrte sich nicht mehr; sein Körper wurde schwer. Er öffnete die Hände und ließ den anderen fallen, diesen Verführer.

    »Hast du ihn umgebracht?«, fragte sie.

    Er wusste es nicht. Es war ihm gleichgültig. Und er antwortete nicht.

    Er sah sie an. Sie war noch nackt und stand an der Wand. Ihre Haut war feucht vom Schweiß.

    »Bringst du mich auch um?«, fragte sie. Aber ihre Stimme klang durchaus nicht angstvoll.

    Er sah sie an. Er begann zu weinen.

    Ein Blitz zuckte auf.

    Für Sekundenbruchteile schien jede Bewegung zu erstarren. Die Berge standen in sprödem, fahlem Licht, wie von einer gigantischen blauen Blitzlichtlampe erhellt.

    Dann Dunkelheit.

    Der Wagen geriet von der Straße ab. Die Vorderräder hingen über der Leere. Einen qualvollen Augenblick lang stachen die Scheinwerfer geradeaus wie winzige, verlorene Leuchtfeuer und ertranken in der unendlichen Schwärze. Dann kippten sie hinunter.

    Der Wagen verschwand. Holz barst. Metall zerriss kreischend. Die Scheinwerfer erloschen.

    Im Gebirge rauschte der Regen herunter.

      Zweites Kapitel

    Finstergrund, hingeschmiegt ins Wettersteingebirge, sah in der Vormittagssonne prächtig aus. Die Maximilianstraße mit ihren großartigen Bäumen, an denen feuchtes Laub glänzte, brauchte sich nicht zu verstecken.

    Benedikt Godt lenkte seinen Wagen gemächlich die Straße entlang, hielt vor einem großen, weißen Holzhaus und stieg aus. Er war Polizeiobermeister bei der Polizeiinspektion Finstergrund, aber seine Uniform lag zu Hause in der Pension irgendwo im Schrank. Er zog die Uniform nur selten an, und bis jetzt hatte noch niemand verlangt, dass er damit durch die Gegend marschierte, zumal vermutlich jeder in diesem Tausend-Seelen-Städtchen wusste, wer Benedikt Godt war und welchem Beruf er nachging. Stattdessen trug er also eine leichte Jacke und eine dunkelgrüne Gabardine-Hose. Seine Stiefel waren schwarz, hoch und bequem.

    Benedikt war ein gutaussehender Mann mit einer ruhigen, legeren Art. Er war nicht ganz einsachtzig groß, aber Schultern und Brustkorb waren mächtig, seine Hände groß und kraftvoll, mit massiven Handgelenken. Er war knapp Mitte Dreißig, sah aber mit seinem breiten, kantigen Gesicht älter aus. Die hellgrauen Augen wirkten humorvoll und passten gut zu seiner legeren Art, aber der Mund widersprach dem: Er hatte einen störrischen, aggressiven Zug, der die eigentliche Wahrheit enthüllte.

    Er betrachtete das große, weiße Haus fast besinnlich, dann ging er nach hinten, wo Augusta Hellriegel ihren Garten pflegte. Sie war fünfundsechzig Jahre alt. Im Laufe der Jahre hatte sie für Benedikt fast die Rolle der Mutter eingenommen.

    »Schön, dass du mal vorbeikommst, Benni. Ist schon eine Weile her.«

    Benedikt nickte.

    »Zu lange, Benni.« Sie bot ihm einen Stuhl an. »Ich komme gleich zur Sache. Ich höre, dass es mit dir und Ildikó nicht allzu glatt läuft. Ich möchte dich bitten, Geduld mit ihr zu haben, Benni. Sie hat einen Fehler gemacht, sie weiß es, und sie spielt jetzt die Harte und Verbitterte. Du darfst nicht so streng mit ihr sein.«

    »Verstehe«, sagte er.

    »Dann lässt du sie nicht im Stich?«

    In Benedikts Gesicht war nicht viel zu erkennen.

    »Benedikt«, sagte sie noch einmal, eindringlicher, »du lässt sie doch nicht im Stich, oder?«

    »Nein.«

    Augusta seufzte erleichtert. »Die Leute in München... halten sehr viel von dir. Der einzige Grund, warum sie Ildikó bei der Beförderung dir vorgezogen haben, war der, dass sie Friedrich Hellriegels Tochter war. Und Polizistin ist sie ohnehin nur geworden, weil sie glaubte, Friedrich hätte es von ihr erwartet.

    Es ist fast schon Tradition hier in Finstergrund, dass ein Hellriegel im Chef-Büro der Inspektion sitzt. Die Leute waren vermutlich der Meinung, sie könnten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sie wollten Ildikó als Kommissarin, und du solltest trotzdem bleiben und weiter die Arbeit machen, wie in jenem Jahr, als mein Mann so krank war.«

    »Ildikó und ich sind sehr gute Freunde gewesen«, sagte Benedikt. »Wir kommen schon zurecht.«

    »Ich fühle mich gleich viel jünger, wenn du das sagst. Ich brauche mir also keine Sorgen zu machen? Du hast das Angebot abgelehnt?«

    »Welches Angebot?«

    »Na, hör mal, Benni. Stimmt es etwa nicht, dass du ein sehr interessantes Angebot aus München bekommen hast?«

    Benedikt grinste. »Bekommen hab’ ich es. Und abgelehnt auch.«

    Sie sah ihn prüfend an. »Hat man dir nicht vielleicht vorgeschlagen, du könntest die Stellung in München vorübergehend annehmen und dich später erneut für den Posten des Kommissars bewerben?«

    »Allerdings.«

    »Das war doch ein recht verlockendes Angebot. Warum hast du es ausgeschlagen?«

    Er zuckte die Achseln.

    »Lag es vielleicht daran, dass du an eine – na, sagen wir, abgekartete Sache gedacht hast?«

    Er antwortete nicht.

    »Für mich war es jedenfalls eine«, fuhr sie fort. »Und für dich auch. Du weißt genauso gut wie ich, dass man seit einiger Zeit in der Stadt alle Hebel in Bewegung setzt, um Finstergrund der Jurisdiktion von Garmisch-Partenkirchen zu unterstellen. Damit wäre das Amt des Kommissars in Finstergrund praktisch bedeutungslos.

    Und du glaubst, dass Ildikó kein Gegner für die Befürworter dieser Lösung wäre. Da hast du sogar recht!« fügte sie hinzu. »Sie ist wirklich tüchtig, das muss man ihr lassen, und man macht ihr auch so schnell nichts vor, aber... ein Friedrich Hellriegel ist sie eben nicht.«

    »Gusti?«, sagte Benedikt.

    »Ja?«

    »Auch ich bin nicht Friedrich Hellriegel.«

    Sie nickte. »Nein – du hast nie versucht, etwas anderes zu sein als das, was du bist. Und Friedrich hat mir mehr als einmal erklärt, Benedikt Godt sei – wenn du den Ausdruck bei einer alten Dame verzeihst –, er sei der schlaueste Schweinehund von einem Polizeiobermeister, mit dem er je zusammengearbeitet habe.«

    Benedikt grinste, und seine breiten Schultern begannen zu zucken, als er lautlos in sich hineinlachte.

    »Friedrich hat mich also einen Schweinehund genannt, was?«

    »Oft«, sagte sie lächelnd. »Sehr oft.«

    Frieda Munsterburg, Augustas Dienstmädchen, brachte ihnen den Kaffee in den Garten.

    »Alfons! Alfons!«, schrie eine Stimme.

    Sie klang angstvoll. Gertie Mathaeus, Augustas Schwester, stand auf der Hintertreppe des Nachbarhauses. Sie stieg die Stufen hinunter und ging zur Garage.

    »Grüß Gott, Gertie«, rief Augusta.

    Aber Gertie hörte sie nicht und verschwand hinter der hohen Hecke zwischen den zwei Grundstücken.

    »Wie man sieht, macht deine Schwester bei Alfons einen Besuch«, bemerkte Benedikt.

    »Ich fürchte, das ist mehr als ein Besuch«, erwiderte Augusta düster. »Ich glaube, Barbara ist Alfons und dem kleinen Gregor weggelaufen. Weder Gertie noch Alfons haben etwas gesagt, aber Ildikó hat Barbara gestern auf der Straße aufgelesen und zum Busbahnhof gefahren. Ildikó sagte, Barbara hätte ihr Gepäck bei sich gehabt... früher oder später musste es ja so weit kommen. Sie war nichts für ihn, Benni. Sie war...«

    Benedikt nickte. Über Barbara Mathaeus wusste er genau Bescheid.

    »Es ist nicht das erste Mal, dass sie ihm wegläuft«, meinte Augusta. »Aber diesmal, glaube ich...«

    Der Morgen wurde von einem gellenden, durchdringenden Entsetzensschrei zerrissen, der von den Nachbarhäusern widerhallte, bis man nicht mehr sagen konnte, aus welcher Richtung er kam.

    Aber Benedikt wusste es.

    Er brach durch die Hecke, hetzte durch Alfons' Garten und auf die Garage zu. Die Seitentür stand offen. Er sah sofort die Damenschuhe, die mit den Zehen nach unten aus der offenen Tür ragten. Gertie Mathaeus. Sie lag regungslos auf dem Betonboden, mit dem Gesicht nach unten.

    Nicht weit von ihr entfernt, neben dem Auto, lag Alfons.

    Das Einfahrttor der Garage war geschlossen. Der Motor des Wagens lief im Leerlauf. Benedikt lief zum Fahrzeug und stellte ihn ab. Alfons wog fast zwei Zentner, aber Benedikt hob ihn hoch, trug ihn hinaus und legte ihn ins Gras.

    Alfons' Stirn war aufgeschürft. Und – Benedikt schaute genauer hin. Außer den Schürfungen an der Stirn hatte er vier tiefe, schmale Kratzspuren an der linken Gesichtshälfte, vom Jochbein bis hinunter zum Hemdkragen – so, als sei ihm jemand mit den Fingernägeln ins Gesicht gefahren. Während die Verletzung an der Stirn frisch aussah, waren die Kratzwunden an der Wange schon verkrustet.

    Alfons atmete noch.

    Benedikt ging zu Gertie und drehte sie auf den Rücken. Ihre Nase war durch den Sturz plattgedrückt worden und schien gebrochen zu sein. Wangen und Lippen zeigten Blut- und Schleimspuren. Sie atmete mühsam und unregelmäßig.

    Augusta stand jetzt neben ihm und starrte auf ihre Schwester hinunter.

    »Sie hat einen Herzanfall. Ruf sofort im Krankenhaus an!«

    Er führte das Gespräch, blieb noch einen Augenblick vor dem Apparat stehen und rieb sich die Nase. Viele Leute hielten Alfons für ein schlichtes, wenig empfindsames Gemüt. Trotzdem gab es nicht den geringsten Zweifel daran, dass er versucht hatte, Selbstmord zu begehen.

      Drittes Kapitel

    20.20 Uhr.

    Benedikt Godt verließ Alois Klingelhöfers Büro im Seehotel, nickte dem Empfangschef zu und ging sofort hinauf. Er blieb vor der Zimmer 22 stehen und klopfte.

    Er hörte Geräusche, aber keine Antwort.

    Er klopfte noch einmal.

    »Wer ist da?« Eine Frauenstimme. Jung. Ein wenig heiser.

    »Benedikt Godt.«

    »So? Und,

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