Das Kloster im Moor: Irrlicht - Neue Edition 12 – Mystikroman
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Mystik Romanen interessiert.
Ein blasser Mond schien ins Zimmer und tauchte alles in ein geisterhaftes Licht. Ruckartig setzte sich Kathleen auf. Sie hörte ein scharrendes Geräusch hinter der Wand, an der ihr Bett stand. Das Zimmer daneben stand leer. Griseldas lag auf der anderen Seite. War jetzt jemand in dem unbewohnten Zimmer? Aber wieso verursachte er ein so merkwürdiges, unheimliches Geräusch? Nun folgte ein dumpfes Poltern. Entsetzt dachte sie, vielleicht gibt es hier eine Geheimtür. In dem Nachthemd, das man ihr auf Roseville gegeben hatte, lief Kathleen hinaus. Die Lampe im Flur des ersten Stockes war noch matter als die in der Mansarde. Aber Kathleen sah, dass die Tür eines der beiden Zimmer offen stand, die Oliver gehört hatten. Plötzlich griff sie mit beiden Händen an das Geländer, ein erstickter Schrei kam über ihre Lippen. Ein Mann war im Türrahmen aufgetaucht. Sie konnte ihn nur undeutlich sehen, aber sie erkannte, dass er das Kreuz schlug. Kathleen ergriff die Flucht. Sie stolperte die Treppe hinauf. Auf dem Kennedy-Flughafen in New York blies ein kalter Wind. Die dreiundzwanzigjährige Kathleen Thayer war nicht traurig, weil sie New York verließ. Sie war in London in einem Waisenhaus aufgewachsen.
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Book preview
Das Kloster im Moor - Dorothee Flory
Irrlicht - Neue Edition
– 12 –
Das Kloster im Moor
Sein Geheimnis lässt Kathleen erzittern …
Dorothee Flory
Ein blasser Mond schien ins Zimmer und tauchte alles in ein geisterhaftes Licht. Ruckartig setzte sich Kathleen auf. Sie hörte ein scharrendes Geräusch hinter der Wand, an der ihr Bett stand. Das Zimmer daneben stand leer. Griseldas lag auf der anderen Seite. War jetzt jemand in dem unbewohnten Zimmer? Aber wieso verursachte er ein so merkwürdiges, unheimliches Geräusch? Nun folgte ein dumpfes Poltern. Entsetzt dachte sie, vielleicht gibt es hier eine Geheimtür. In dem Nachthemd, das man ihr auf Roseville gegeben hatte, lief Kathleen hinaus. Die Lampe im Flur des ersten Stockes war noch matter als die in der Mansarde. Aber Kathleen sah, dass die Tür eines der beiden Zimmer offen stand, die Oliver gehört hatten. Plötzlich griff sie mit beiden Händen an das Geländer, ein erstickter Schrei kam über ihre Lippen. Ein Mann war im Türrahmen aufgetaucht. Sie konnte ihn nur undeutlich sehen, aber sie erkannte, dass er das Kreuz schlug. Kathleen ergriff die Flucht. Sie stolperte die Treppe hinauf. Als sie die Tür ihres Zimmers fast erreicht hatte, stand Griselda vor ihr und hielt sie fest …
Auf dem Kennedy-Flughafen in New York blies ein kalter Wind.
Die dreiundzwanzigjährige Kathleen Thayer war nicht traurig, weil sie New York verließ.
Sie war in London in einem Waisenhaus aufgewachsen. Jetzt zog es sie wieder in ihre Heimatstadt zurück, obwohl sie in New York eine gute Stelle als Dolmetscherin gehabt hatte. Noch hatte sie in London weder eine Wohnung noch eine Stelle.
Ein großer schlanker Mann betrachtete sie lächelnd. Er hatte ein schmales sonnengebräuntes Gesicht, dunkles Haar und graue Augen.
»Wollen Sie auch zur Maschine nach London?«, fragte er.
»Ja, ich bin in London zu Hause.«
»Ich bin Schotte, aber ich fliege zunächst auch bis nach London.« Der Mann griff nach seiner Reisetasche.
Der Bus hielt, und alle drängten zur Gangway des Flugzeuges.
Kathleen wurde von dem Mann getrennt.
Während des langen Fluges bemerkte sie ein paarmal, dass er zu ihr zurücksah. Jedes Mal fühlte sie sich dann ertappt, weil ihre Blicke auch sehr oft seinen Platz suchten.
»Meine Damen und Herren, es ist kein Grund zur Beunruhigung. Wir haben eben einen Triebwerkschaden festgestellt und werden deshalb auf dem Shannon-Flugplatz in Irland zwischenlanden. Leider müssen wir deshalb mit einer Verspätung von zwei bis drei Stunden rechnen. Der Flugkapitän und die gesamte Crew bedauern das sehr.«
Schon zwei Minuten später erklang das Signal zum Anschnallen. Der Anflug auf den Shannon-Flugplatz begann.
Kalte Angst stieg in Kathleen auf. Sie beugte sich zur Seite.
In diesem Augenblick sah der Fremde wieder zu ihr. Sein Blick war voller Zuversicht, und er lächelte.
Kathleen atmete auf. Sie spürte, dass sich seine Zuversicht auf sie übertrug.
Mit geschlossenen Augen blieb sie die nächsten Minuten sitzen. Erst als rings um sie Stimmengewirr aufklang, sah sie sich wieder um.
Sie stand unschlüssig am Eingang der Wartehalle, weil sie überlegte, ob sie bei dem schönen Wetter nicht lieber im Freien bleiben sollte.
Wieder sah sie den Fremden an. »Wann werden wir wohl weiterfliegen?«
»Eben wurde durchgesagt, dass die Reparatur doch drei Stunden dauern wird. Wer weiß, ob es damit getan ist. Übrigens, darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Oliver Conelly. Wenn wir jetzt gezwungen sind, noch drei Stunden länger beisammen zu sein, möchte ich der Höflichkeit Genüge tun.«
»Dann darf ich Ihnen wohl nicht nachstehen.« Kathleen lachte verschmitzt. »Ich bin Kathleen Thayer. Ich begleite Sie gern. Wenn man aus dem Hexenkessel in New York kommt, muss diese Gegend wie ein Wunderland auf einen wirken.«
»Sie ist auch märchenhaft schön«, sagte Oliver Conelly. Er ging mit Kathleen zum Ausgang.
Noch einmal wurde ihnen gesagt, dass der Flug in drei Stunden fortgesetzt werden sollte, dann verließen sie den Flugplatz. Wie zwei Menschen, die miteinander schon vertraut waren, gingen sie am Shannon River entlang.
Oliver Conelly hatte nicht zu viel versprochen.
Gerade jetzt, da die Sonne unterging, sah die Landschaft wie verzaubert aus.
»Kennen Sie meine Heimat? Ich stamme aus dem Hochland. Aus der Nähe des berühmten Loch Ness.«
»Gerade dort war ich bei einem einzigen Besuch in Schottland. Aber das ist schon sehr lange her. Ich glaube, dass ich erst zehn Jahre alt war. Damals bekam mein Waisenhaus diese Reise für alle Kinder geschenkt.«
Oliver zeigte auf eines der kleinen weißen Häuser am Ufer.
»Ich glaube, das ist ein Gasthaus. Sehen Sie, es sitzen Leute davor. Hätten Sie nicht Lust auf einen kleinen Imbiss, vielleicht auf einen Irish Coffee?«
»Ja, ich würde mich gern ganz nahe an den Fluss setzen«, sagte Kathleen erfreut. »Mr Conelly, und …« Plötzlich stockte sie. »Oder muss ich Sie mit ›Sir‹ ansprechen?«
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte Oliver verdutzt.
Kathleen lachte etwas verlegen.
»Ach, wissen Sie, das sind vielleicht die Träume eines kleinen armen Mädchens. So, wie Sie aussehen, habe ich mir früher immer einen Sir oder Lord vorgestellt.«
Oliver grinste. »Ich bin Lord Oliver Conelly, aber lieber …«
»Ein echter Lord«, sagte Kathleen leise.
Als sie dann am Fluss saßen und gar nicht danach fragten, wie viel Zeit verging, spürten sie beide, dass sie an ihre Bekanntschaft nicht den üblichen Maßstab anlegen durften.
Lord Oliver sprach von sich und seiner Familie.
»Es war mein Vater, der den guten Geist auf unserem Besitz Roseville spielte. Mit meiner Mutter konnte ich mich nie besonders gut verstehen. Sie ist herrschsüchtig. Aber an meinem Vater prallte sie immer wieder ab. Er ließ es auch nicht zu, dass sie mich so in die Zucht nahm, wie sie das gern getan hätte. Für meinen Vater war es wichtig, dass ich rechtzeitig lernte, das zu Roseville gehörende große Gut zu verwalten. Er ließ mir aber auch Freiheiten. Noch mehr als mich unterstützte er meine Schwester Natalie. Sie ist unser Nachkömmling. Während ich zweiunddreißig Jahre alt bin, ist sie erst einundzwanzig geworden.« Lord Olivers Stimme klang sehnsüchtig. »Vielleicht ist es wirklich nicht richtig, wenn ich sage, es erwartet mich niemand. Natalie und ich hängen sehr aneinander. Sie wird sich freuen, mich wiederzusehen. Natalie geht es auch nicht um das Erbe. Sie fand es selbstverständlich, dass ich vor zwei Jahren den Besitz übernahm, als mein Vater starb. Meine Mutter aber wollte das nicht akzeptieren. Ihr war kein Mittel zu schäbig, um mich zu vertreiben. Man hat mir sogar nach dem Leben getrachtet.«
Kathleen sah Lord Oliver erschrocken an.
»Warum soll ich nicht auch das noch sagen, dass ich mich von meiner Mutter zu einer überstürzten Verlobung hatte verleiten lassen? Mit einer beinah gleichaltrigen Frau, die ganz vom Schlag meiner Mutter war. Ich habe diese Verlobung wieder gelöst, als mich mein Vater vor Griselda warnte. So heißt diese Frau – Griselda Garvin. Sie ist die Tochter eines in der Landespolitik sehr bekannten und ehrgeizigen Mannes. Griselda hat den Ehrgeiz ihres Vaters geerbt, sie will hoch hinaus und möchte alles zusammenraffen, was sich ihr bietet. Ich hätte ein solches Leben nicht ertragen. Nun war ich zwei Jahre in Kalifornien, weil ich es zu Hause nicht mehr ausgehalten hatte. Bis jetzt weiß noch niemand, dass ich zurückkehre. Wahrscheinlich wird man darüber nicht sonderlich erfreut sein. Aber ich bin es meinem Vater schuldig, dass ich mich um das Gut kümmere, und es zieht mich in meine Heimat zurück. Erst in der Fremde habe ich gemerkt, wie sehr ich sie liebe.«
»Warum sollen Sie sich auch draußen in der Welt herumschlagen, wenn Sie ein so schönes Zuhause haben?«, fragte Kathleen. »Ich wäre froh, wenn ich überhaupt irgendwo daheim wäre.«
Als sie vor dem Flughafengebäude angelangt waren, stieg ein Flugzeug von der Rollbahn auf.
Unwillkürlich lehnte sich Kathleen an Lord Oliver und sagte bestürzt: »Das ist unsere Maschine. Ja, ich erkenne sie genau.«
Lord Oliver legte den Arm um ihre Schultern.
»Nun seien Sie nicht so fassungslos. Natürlich mache ich mir Vorwürfe, Sie zu diesem Ausflug verleitet zu haben, aber nun ist das Unglück passiert. Kommen