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Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen: Bestandsaufnahme, Ziele und Herausforderungen
Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen: Bestandsaufnahme, Ziele und Herausforderungen
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Ebook607 pages5 hours

Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen: Bestandsaufnahme, Ziele und Herausforderungen

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Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen wird in Österreich, Deutschland und der Schweiz seit Jahrzehnten gelebt. Die Vielzahl wissenschaftlicher und praxisrelevanter Ansätze macht es notwendig, den Ist-Stand zu bestimmen und zukünftige Zielvorgaben und Herausforderungen aufzuzeigen.

Dieses Buch folgt einem integrativen Ansatz: Repräsentanten aus dem deutschsprachigen und niederländischen Raum und aus allen im prähospitalen Notfallprozess beteiligten Organisationen – Leitstellen, Rettungs- und Notarztdienste,  Notaufnahmen - beteiligen sich mit Beiträgen. Die Perspektive der Patienten, die als einzige den gesamten Notfallprozess erleben, steht dabei im Mittelpunkt.

Das Buch richtet sich an Leitstellendisponenten, Notärzte, Rettungsdienstmitarbeiter, leitendes ärztliches Personal und medizinisches Personal in Notaufnahmen. Auch Studenten und Mitarbeiter in Public Health Einrichtungen finden wertvolle Anregungen für die Gestaltung ihres Arbeitsfeldes.

LanguageDeutsch
PublisherSpringer
Release dateNov 19, 2013
ISBN9783709115978
Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen: Bestandsaufnahme, Ziele und Herausforderungen

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    Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen - Agnes Neumayr

    Agnes Neumayr, Adolf Schinnerl und Michael Baubin (Hrsg.)Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen2013Bestandsaufnahme, Ziele und Herausforderungen10.1007/978-3-7091-1597-8_1

    © Springer-Verlag Wien 2013

    1. „Wegweiser" für die Lektüre

    Agnes Neumayr¹   und Adolf Schinnerl²  

    (1)

    Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck, Österreich

    (2)

    BKH-Kufstein, Endach 27, 6330 Kufstein, Österreich

    Agnes Neumayr (Korrespondenzautor)

    Email: agnes.neumayr@uki.at

    Adolf Schinnerl

    Email: aelrd@tirol.gv.at

    Zusammenfassung

    Dieses Buch gliedert sich in drei Teile. Im ersten Abschnitt, der die Sektionen 1 und 2 umfasst, werden grundlegende Fragen des Qualitätsmanagements (QM) erörtert. Hier stehen die Herausforderungen der Zukunft zur Diskussion, ebenso wie Fragen zu allgemeinen Grundlagen und Standards für QM im prähospitalen Notfallwesen. Der zweite Teil, der aus den Sektionen 3, 4, 5 und 6 besteht, widmet sich konkreten, praxisbezogenen Fragen des QM bei allen Prozesspartnern des prähospitalen Notfallprozesses: den Leitstellen, dem Notarzt- und Rettungswesen und den Notaufnahmen. Im dritten Teil des Buches, den Sektionen 7 und 8, wird die Funktion des Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) vorgestellt und seine Aufgaben im Rahmen eines integrierten QMs diskutiert, wie beispielsweise: externe Datenevaluation (Reanimationsregister), einheitliches Datenmanagement (NADOK-Projekt), Analyse von Outcome-Kriterien oder Befragungen zur Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit.

    Dieses Buch gliedert sich in drei Teile. Im ersten Abschnitt, der die Sektionen 1 und 2 umfasst, werden grundlegende Fragen des Qualitätsmanagements (QM) erörtert. Hier stehen die Herausforderungen der Zukunft zur Diskussion, ebenso wie Fragen zu allgemeinen Grundlagen und Standards für QM im prähospitalen Notfallwesen.

    Der zweite Teil des Buches, der aus den Sektionen 3, 4, 5 und 6 besteht, widmet sich konkreten, praxisbezogenen Fragen des QM bei allen Prozesspartnern des prähospitalen Notfallprozesses: den Leitstellen, dem Notarzt- und Rettungswesen und den Notaufnahmen. Dazu stellen Leitstellen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz ihre besonderen QM-Instrumente vor, Notfallmediziner diskutieren zentrale Fragen des QM im bodengebundenen Rettungsdienst und in der Luftrettung. Vertreter von Notfallambulanzen zeichnen ein Bild zur gängigen QM-Praxis in zentralen Notaufnahmen.

    Im dritten Teil des Buches, den Sektionen 7 und 8, wird die Funktion des Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) vorgestellt und seine Aufgaben im Rahmen eines „integrierten Qualitätsmanagements" diskutiert, wie beispielsweise: externe Datenevaluation (Reanimationsregister), einheitliches Datenmanagement (NADOK-Projekt), Analyse von Outcome-Kriterien oder Befragungen zur Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit.

    Im Folgenden finden Sie eine kurze Zusammenfassung der Inhalte, die Sie in den jeweiligen Sektionen erwarten:

    Sektion I: QM im prähospitalen Notfallwesen. Allgemeine Fragen

    Die Schwierigkeit, ein entsprechendes Qualitätsbewusstsein in der prähospitalen Notfallmedizin zu entwickeln, beginnt bereits dort, so Stefan Meusburger und Agnes Neumayr, wo die vorhandenen rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen die Implementierung von QM-Systemen nicht bindend vorschreiben. Gerade im Gesundheitswesen bedarf es aber laufender Evaluierungen und Qualitätskontrollen, um die hohe Qualität und die vorgegebenen medizinischen Standards aufrecht zu erhalten. Nationale und internationale Anstrengungen auf europäischer Ebene sind nötig, um diese Entwicklung voranzutreiben.

    Für Markus Gosch erfordert die europaweite Zunahme pflegebedürftiger, betagter Patienten neue Konzepte für eine bedürfnisgerechte Versorgung geriatrischer Patienten, die auch soziale und ethische Aspekte inkludieren müssen. Notfallmediziner, Sozialversicherungsträger, politische Vertretungen und Fachgesellschaften sind zur Entwicklung dieser Konzepte aufzufordern.

    Thomas Krafft und Alexandra Ziemann diskutieren die Wichtigkeit der systematischen Nutzung von Routinedaten der notfallmedizinischen Versorgung für die Frühwarnung vor Gesundheitsgefahren, die Überwachung von gesundheitsgefährdenden Ereignissen und die Gesundheitsberichterstattung. Die von ihnen in europäischen Forschungsprojekten gesammelten Daten werden zudem zum Benchmarking von Notfallsystemen in ganz Europa herangezogen.

    Jürgen Högl zählt eine Reihe von neuen Risiken auf, für die das inter‑/nationale Krisen- und Katastrophenmanagement gerüstet sein muss: Großveranstaltungen, Naturkatastrophen als Auswirkungen des Klimawandels, Abhängigkeiten durch komplex vernetzte kritische Infrastrukturen (Informations- und Kommunikationstechnologien) oder globalisierte Infektionskrankheiten (Grippepandemie, SARS). Transnationale Vernetzungen genauso wie ein perfektes Zusammenspiel aller Partnerorganisationen im Katastrophenfall sind nötig, um diesen Gefahren bereits präventiv zu begegnen.

    Sektion II: QM-Systeme im Vergleich

    Klaus Runggaldier und Frank Flake entwerfen eine Übersicht über bestehende zertifizierungsfähige QM-Systeme (ISO, EFQM, KTQ), die im Rettungswesen in Deutschland, der Schweiz und Österreich Anwendung finden. Sie zeigen deren Stärken und Schwächen auf. Zur Vertiefung gehen sie auf Audits und Kundenbefragungen ein.

    Christoph Redelsteiner erklärt in nutzerfreundlicher Sprache die vier wichtigsten Ebenen im QM-Handbuch der Norm ISO 9001:2008, mit Fokus auf rettungsdienstliche Prozesse: (1) Verantwortung der Leitung; (2) Management der Ressourcen; (3) Produktrealisierung; (4) Messung, Analyse und Verbesserung. Beispielhaft verortet er wichtige QM-Tools wie das Critical Incident Reporting System (CIRS) oder Zufriedenheitsmessungen innerhalb der Norm.

    Achim Reineke stellt das in der Feuerschutz- und Rettungsleitstelle Kreis Lippe (Nordrhein-Westfalen) eingeführte QM-System nach DIN EN 9001:2008 vor und erläutert dessen Vorteile für alle Kunden der Leitstelle: die Notfallpatienten sowie die Mitarbeiter im Rettungsdienst und in der Leitstelle.

    Das Zertifizierungsverfahren für Zentrale Notaufnahmen DGINA Zert® der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin DGINA e. V. wird im Artikel von Barbara Hogan und Ulrike Güssow am Beispiel der Asklepios Klinik Hamburg Altona vorgestellt. Die Kategorien dieses QM-Systems unterteilen sich in Struktur‑, Informations‑, Sicherheits- und Prozessqualität sowie in Fort- und Weiterbildung.

    Sektion III: QM in Leitstellen

    Daniel Sievers, Ilka Zerche und Thomas Behra stellen die strukturierte Notrufbearbeitung in der Integrierten Regionalleitstelle NordOst des Landkreises Barnim in Brandenburg vor und berichten über den schrittweisen Aufbau folgender QM-Instrumente: Standardisierung der Kernprozesse, Einrichtung eines Störungs- und Verbesserungssystems, Aufbau eines Reklamationsmanagementsystems.

    Ein einheitliches Dokumentationssystem, interne Audits, die Standardisierung von Kernprozessen, laufende Qualitätsverbesserungsprozesse und der Aufbau eines umfassenden Safety Managements sind für die Arbeit in der Leitstelle Tirol genauso wichtig, so Gernot Vergeiner und Walter Endres, wie das Bekenntnis der Geschäftsführung zum QM oder das besondere Augenmerk auf die Zufriedenheit der eigenen Mitarbeiter.

    Stefan Müller veranschaulicht die Entwicklung des Abfragesystems „N2 Notrufnavigator" der Einsatzleitzentrale Schutz & Rettung Zürich. Er schildert die Erfahrungen mit dem medizinischen Abfragesystem MPDS®, diskutiert dessen Vor- und Nachteile und erörtert die Gründe, die in Zürich zur Entwicklung eines eigenständigen Abfragesystems geführt haben.

    Sektion IV: QM in Rettungs- und Notarztsystemen

    Micha Dambach wagt sich an das schwierige Thema der Evaluierung von Vor- und Nachteilen der Paramedic-Systeme gegenüber Notarztsystemen. Er diskutiert, in welche Richtung sich das Notarztwesen der Schweiz in Zukunft entwickeln soll, um die hohe Versorgungsqualität aufrecht erhalten zu können.

    Die aktuelle Entwicklung der Rettungs- und Notarztsysteme in Österreich beschreiben Stefan Heschl, Johann Kainz, Simon Orlob, Gerhard Prause und Gernot Wildner. Neben den historisch gewachsenen, föderalistischen und daher inhomogenen Strukturen im Rettungs- und Notarztwesen, erschweren die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Finanzierungsmodelle sowie das Fehlen einer bundeseinheitlichen Datenerfassung und ‑auswertung das koordinierte Vorgehen zur bundesweiten Qualitätsverbesserung im Rettungswesen.

    Der Artikel von Joachim Koppenberg, Wolfgang Voelckel, Roland Albrecht und Stefan Becker konzentriert sich in erster Linie auf die Darstellung des QM in der deutschen, schweizerischen und österreichischen Luftrettung im Unterschied zum bodengebundenen Rettungsdienst. Hervorgehoben wird dabei u. a. die zentrale Bedeutung der Human Factors für die Qualitätssicherung in der Luftrettung. Crew Ressource Management sollte auch im bodengebundenen Rettungsdienst an Bedeutung gewinnen, so die Autoren.

    Sektion V: QM in der Aus- und Fortbildung

    Die Qualitätskontrolle zur Notarztausbildung wird in der Schweiz, so Simon Sulser, durch die Schweizerische Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin SGNOR durchgeführt. Qualitätsstandards zu den Notarztkursen sind in einem Lernzielkatalog definiert; Visitationen sichern die organisatorische und strukturelle Qualität der zertifizierten Notarztkurse. Um die Ausbildungsqualität laufend zu evaluieren und zu optimieren, fehlen jedoch noch entsprechende Datensätze (Minimal Data Set).

    Johann Kainz, Stefan Heschl, Gernot Wildner und Gerhard Prause orten als Schwachstellen der aktuellen rettungsdienstlichen und notärztlichen Ausbildungsmodelle die Trennung der Ausbildung „Notärzte – Rettungsdienstpersonal", der nahezu fehlende diagnostisch-klinische Anteil und eine mangelnde Qualitätsüberwachung. Zukünftige österreichweite Modelle sollten ihren Fokus auf die Definition prähospitaler (notfallmedizinischer) Behandlungspfade und einer interdisziplinären Ausbildung legen.

    Die relevanten Probleme zur Ausbildungssituation im deutschen Notarztdienst beschreiben Stefan Beckers, Henning Biermann und Sasa Sopka. Auch in Deutschland ist die Qualifizierung zum Notarzt uneinheitlich geregelt und unterliegt den Regularien der 17 Landesärztekammern. Als konkrete Anforderungen für zukünftige Aus- und Fortbildungsmodelle zum Notarzt fordern die Autoren vereinheitlichte, etablierte Kurskonzepte, die den international zertifizierten Kursformaten entsprechen.

    Als Psychologin fokussiert Barbara Mayr auf ein zentrales Thema der prähospitalen Notfallmedizin, das Stressmanagement. Sie unterscheidet zwischen Burnout und Boreout. Jedes dieser beiden ist durch ein fehlendes Gleichgewicht zwischen Unter- und Überforderung bedingt und beeinträchtigt in allen Ausprägungen nicht nur die Arbeitsfähigkeit, sondern auch die Lebensqualität der Mitarbeiter. Entsprechende Ausbildungsmethoden könnten hier Abhilfe schaffen.

    Sektion VI: QM in Notaufnahmen

    Martin Brüesch und Barbara Eckl stellen das Schweizer Projekt „emerge – schnelle und sichere Hilfe in der Notaufnahme" vor: Die Patientenzufriedenheit wird mit Hilfe eines Fragebogens erhoben. Ein Erhebungsbogen dient zur Messung der Ergebnisqualität in Notaufnahmen. Die Ergebnisse werden in Benchmarking-Projekten evaluiert sowie Stärken und Schwächen der teilnehmenden 12 Krankenhäuser aufgezeigt.

    Über die Besonderheiten von Notaufnahmen im Unterschied zu klinischen Abteilungen informieren Thomas Michalski und Alexander Franz. Neben schweren Notfällen sind ungeplante Patienten, die alle Krankheitsbilder aufweisen können, in Zentralen Notaufnahmen (ZNA), wie jener der Landeskliniken Salzburg, der Alltag. Interdisziplinarität ist folglich genauso gefragt, wie entsprechende Notfallkompetenzen. Gefordert werden die eigenständige Ausbildung zur innerklinischen Notfallmedizin sowie die Entwicklung eines neuen Qualitätsbewusstseins für ZNA.

    Michael Bayeff-Filloff betrachtet das QM in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) des RoMed Klinikums Rosenheim aus seiner Perspektive als chirurgischer Chefarzt und als Ärztlicher Leiter Rettungsdienst. Diese Doppelfunktion ermöglicht ihm, QM so zu gestalten, dass die Schnittstelle prähospitale Notfallversorgung und Notaufnahmen möglichst zur Nahtstelle wird. Neben zeitbezogenen Kennzahlen profitiert der Notaufnahme-Patient vor allem von der Integration eines Teamressourcenmanagements, das für mehr Patientensicherheit sorgt.

    Sektion VII: Medizinisches QM – Datenevaluation

    Der „plötzliche Herztod" bzw. die Reanimation gilt als die zentrale Tracerdiagnose der prähospitalen Notfallmedizin. Aus diesem Grund hat die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI) 2002 das Reanimationsregister begründet und 2007 gestartet. Seither liefert das Register wertvolle Daten zum Behandlungserfolg nach Herztod und zur Reanimation – so Matthias Fischer und Jan-Thorsten Gräsner. Konsekutive Benchmarking-Projekte, z. B. als externes QM-Tool des Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, intensivieren die prähospitale und innerklinische Qualitätssicherung.

    Matthias Fischer und Martin Messelken beschreiben das Projekt Notarztdokumentation (NADOK) aus Baden-Württemberg. Es zielt auf die Messung der Ergebnisqualität der notärztlichen Versorgung ab. Dazu wird das Δ MEES berechnet, ein Wert, der die Veränderung des Patientenzustands (Vitalstatus) während der prähospitalen Versorgung beschreibt. Δ MEES ist damit ein Gradmesser für die Effektivität der Notfallversorgung. Durch halbjährliche Ergebnisdarstellungen an die Notarztstandorte (externes Benchmarking) konnten messbare Verbesserungen der Versorgungsqualität erreicht werden.

    Lässt sich die Qualität der prähospitalen Medizin überhaupt messen? Mit dieser kritischen Frage setzt sich Stefan Müller auseinander. Er verweist auf die Schwierigkeit, im prähospitalen Setting (durchschnittlich 1 Stunde) zu auswertbaren medizinischen Daten zu gelangen und darauf, dass es aufgrund des Datenschutzes kaum Feedback über den weiteren innerklinischen Krankheitsverlauf gibt. Unmittelbar „messbare" Indikatoren für das medizinische QM können die Schmerzbehandlung sowie das Zeitmanagement bei zeitkritischen Situationen (z. B. ST-Hebungs-Infarkte) sein.

    Markus Glanzer berichtet in seinem Beitrag über die Einführung des Critical Incident Supporting Systems (CIRS) im Österreichischen Roten Kreuz. Die Patientensicherheit steht hier genauso im Mittelpunkt wie der Aufbau einer positiven Fehler- oder Sicherheitskultur, in der Fehler als Chance zur positiven Veränderung gesehen werden.

    Sektion VIII: QM-Aufgaben des Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD)

    Agnes Neumayr und Michael Baubin stellen in ihrem Artikel die Notwendigkeit eines „Integrierten Qualitätsmanagements" (IQM) über den gesamten prähospitalen Notfallprozess zur Diskussion. Gerade der ÄLRD hat die Aufgabe, eine Brückenfunktion mit bzw. über alle Prozesspartner im prähospitalen Notfall einzunehmen. Dies bedeutet auch, dass spezielle Controlling-Aufgaben vom ÄLRD wahrgenommen werden müssen, in denen die Qualität, die Effektivität und die Effizienz des gesamten prähospitalen Notfallwesens laufend evaluiert und verbessert werden müssen.

    Im Bundesland Tirol ist erstmals in Österreich die Funktion des ÄLRD mit dem Rettungsdienstgesetz 2009 festgelegt. Adolf Schinnerl beschreibt, zusammen mit Agnes Neumayr, seine Aufgaben als ÄLRD und veranschaulicht diese anhand der Evaluierung der Ausrückeordnung mit dem Ziel der Reduktion von Notarztfehleinsätzen.

    Neben der historischen Entstehung der Funktion des ÄLRD in Deutschland beschreibt Alex Lechleuthner die Einbindung des ÄLRD in die Rettungsdienstbehörde in Deutschland und seine QM-Aufgaben. Steuerungsfähigkeit, Transparenz und eine entsprechende QM-Konzeption sind Voraussetzungen für die Implementierung eines QM-Systems. Die fachlichen und sozialen Kompetenzen und insbesondere die Führungskompetenzen eines ÄLRD entscheiden darüber, in welchem Ausmaß er seinen Mitarbeitern und den politischen Vertretern wichtige Neuerungen im Bereich des QM schmackhaft machen kann.

    Teil 1

    QM im prähospitalen Notfallwesen. Allgemeine Fragen

    Agnes Neumayr, Adolf Schinnerl und Michael Baubin (Hrsg.)Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen2013Bestandsaufnahme, Ziele und Herausforderungen10.1007/978-3-7091-1597-8_2

    © Springer-Verlag Wien 2013

    2. Einleitung

    Silvia Türk¹  

    (1)

    Bundesministerium für Gesundheit, Radetzkystraße 2, 1031 Wien, Österreich

    Silvia Türk

    Email: silvia.tuerk@bmg.gv.at

    Zusammenfassung

    Das prähospitale Notfallwesen beruht vielerorts auf Freiwilligkeit und wird durch unterschiedliche öffentliche und private Interessensgruppen und Organisationen beeinflusst. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die neuen Herausforderungen an die Notfallteams und das sogenannte Krisenmanagement bedürfen einer neuen Orientierung auch in Richtung des Qualitätsmanagements (QM), speziell für das Notfallwesen. Die Ansätze können vielseitig sein und erstrecken sich auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, Krisenmanagement (z. B. Seuchen) und auf Herausforderungen im Bereich der demographischen Entwicklung. Allen Maßnahmen sollte die Sicherheit der Patienten das gemeinsame Ziel sein.

    Das prähospitale Notfallwesen beruht vielerorts auf Freiwilligkeit und wird durch unterschiedliche öffentliche und private Interessensgruppen und Organisationen beeinflusst. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die neuen Herausforderungen an die Notfallteams und das sogenannte Krisenmanagement bedürfen einer neuen Orientierung auch in Richtung des Qualitätsmanagements (QM), speziell für das Notfallwesen. Die Ansätze können vielseitig sein und erstrecken sich auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, Krisenmanagement (z. B. Seuchen) und auf Herausforderungen im Bereich der demographischen Entwicklung. Allen Maßnahmen sollte die Sicherheit der Patienten das gemeinsame Ziel sein.

    Es ist Aufgabe des Gesetzgebers die sektorenübergreifende Versorgung mit vielen Beteiligten und unterschiedlichen Verantwortlichkeiten zu regeln und Rahmenbedingungen vorzugeben, um den Herausforderungen z. B. der demographischen Entwicklung gerecht zu werden. In Zukunft werden ältere Patienten die Retter vor neue Herausforderungen stellen. Polypharmazie, vermehrter Einsatz von Technologie sowie die Behandlung von multimorbiden Notfallpatienten sind die Anforderungen der Zukunft. Die Ausbildung in den Gesundheitsberufen muss sich diesen Entwicklungen rasch und flexibel anpassen. Dem Notfallteam muss insofern Unterstützung gewährt werden, als das QM in der Organisation definiert ist und es mittels Ergebnisqualitätsmessungen möglich wird, die Prozessabläufe in der Organisation aber auch die Weiterentwicklung des Notfallteams zu gewährleisten.

    Prähospitaler Notfalldienst ist ein Dienst an der Gesellschaft und beruht in großen Teilen auf Engagement und Motivation Freiwilliger. Hier gilt es Anreize zu schaffen, um diese Motivation aufrecht zu erhalten, die Notfallmedizin weiter zu entwickeln und im Sinne der Patientenversorgung gemeinsam daran zu arbeiten, dass ein adäquates QM-System dabei unterstützt und auch zur Weiterbildung des Notfallteams verwendet wird.

    Agnes Neumayr, Adolf Schinnerl und Michael Baubin (Hrsg.)Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen2013Bestandsaufnahme, Ziele und Herausforderungen10.1007/978-3-7091-1597-8_3

    © Springer-Verlag Wien 2013

    3. Rahmenbedingungen für QM in der prähospitalen Notfallmedizin

    Stefan Meusburger¹   und Agnes Neumayr²  

    (1)

    Ärztliche Direktion, Krankenhaus der Elisabethinen, Linz, Fadingerstraße 1, 4020 Linz, Österreich

    (2)

    Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck, Österreich

    Stefan Meusburger (Korrespondenzautor)

    Email: stefan.meusburger@elisabethinen.or.at

    Agnes Neumayr

    Email: agnes.neumayr@uki.at

    3.1 Einleitung

    3.2 Rechtliche Rahmenbedingungen für Anbieter prähospitaler Notfallmedizin

    3.2.1 Oberösterreichisches Landesrettungsgesetz

    3.2.2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

    3.3 Organisatorische und finanzielle Rahmenbedingungen

    3.3.1 Ärztlicher Funk- und Bereitschaftsdienst

    3.3.2 Sonderrettungsmittel Notarztwagen/Notarzteinsatzfahrzeug

    3.3.3 Sonderrettungsmittel Rettungshubschrauber (RTH)

    3.3.4 Bewertung

    3.4 Diskussion

    Literatur

    Zusammenfassung

    Unter prähospitaler Notfallmedizin (NFMed) verstehen wir das Rettungs-/Notarztwesen, den Notarzthubschrauber und den notärztlichen Dienst, den niedergelassene Ärzte erbringen. Systeme der prähospitalen NFMed werden durch unterschiedliche öffentliche und private Interessensgruppen, Institutionen und Organisationen beeinflusst: von gesetzlichen Vorgaben, der Handlungsweise übergeordneter Organisationen (z. B. Landtag und Landesregierung, Sozialversicherungsträger (SVT), Ärztekammern (ÄK)) und operativ tätiger Organisationen (z. B. Rettungsorganisationen). Aus dem Zusammenspiel dieser Interessensgruppen und Organisationen werden die gesetzlichen, finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Einführung von QM gebildet. Die konkreten, in diesem Beitrag beschriebenen Bedingungen gelten für die Situation in Oberösterreich. Die diesem Zusammenwirken zugrunde liegenden allgemeinen Prinzipien können jedoch auf viele andere Regionen in Europa übertragen werden.

    Zusammenfassung

    Unter prähospitaler Notfallmedizin (NFMed) verstehen wir das Rettungs‑/Notarztwesen, den Notarzthubschrauber und den notärztlichen Dienst, den niedergelassene Ärzte erbringen. Systeme der prähospitalen NFMed werden durch unterschiedliche öffentliche und private Interessensgruppen, Institutionen und Organisationen beeinflusst: von gesetzlichen Vorgaben, der Handlungsweise übergeordneter Organisationen (z. B. Landtag und Landesregierung, Sozialversicherungsträger (SVT) , Ärztekammern (ÄK) ) und operativ tätiger Organisationen (z. B. Rettungsorganisationen). Aus dem Zusammenspiel dieser Interessensgruppen und Organisationen werden die gesetzlichen, finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Einführung von QM gebildet. Die konkreten, in diesem Beitrag beschriebenen Bedingungen gelten für die Situation in Oberösterreich. Die diesem Zusammenwirken zugrunde liegenden allgemeinen Prinzipien können jedoch auf viele andere Regionen in Europa übertragen werden.

    3.1 Einleitung

    Qualitätskontrolle (QK), Qualitätssicherung (QS) und Qualitätsmanagement (QM) sind seit vielen Jahren Thema in der medizinischen Fachliteratur (Smith 2000).

    QK greift am Ende eines Prozesses ein, QS – z. B. in Form einer Checkliste (Deakin et al. 2012) – während eines Prozesses. QM wiederum umfasst die gesamte Organisation und richtet sich nach Standards und Normen wie z. B. der International Standardisation Organisation (ISO) oder der Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ) .

    QK, QS und QM verfolgen drei Hauptziele: Transparenz zu erzeugen, Verbindlichkeit zu ermöglichen und kontinuierliche Verbesserung zu erreichen (Meusburger 2003). Diese Ziele sollten im Interesse der Patienten, der Mitarbeiter und der Erhalter der Notfalldienste erreicht werden.

    Je klarer die Rahmenbedingungen für eine Organisation sind, z. B. ihr Auftrag, ihre Ziele und die Finanzierungswege, umso eher kann ein vollständiges QM-System eingeführt werden. Je widersprüchlicher diese Rahmenbedingungen sind, umso eher werden in der Praxis bestenfalls einzelne Instrumente der QS oder der QK (z. B. Checklisten, Arbeitsanweisungen, Ausstattungsvorgaben, Ausbildungsvorschriften) angewendet. Diese Rahmenbedingungen gelten grundsätzlich als Erfolgsfaktoren für die Einführung von QM, unabhängig davon, in welchem europäischen Staat sich die Organisation befindet. Aus diesem Grund wurde z. B. das QM-System der European Foundation for Quality Management (EFQM) auch auf der europäischen Ebene entwickelt und weiterentwickelt – und nicht eigens für jeden Staat –, und kann grundsätzlich in jeder Organisation angewendet werden.

    Unter prähospitaler Notfallmedizin (NFMed) verstehen wir das Rettungs‑/Notarztwesen, den Notarzthubschrauber und den notärztlichen Dienst, den niedergelassene Ärzte erbringen. Systeme der prähospitalen NFMed werden durch unterschiedliche öffentliche und private Interessensgruppen, Institutionen und Organisationen beeinflusst: von gesetzlichen Vorgaben, der Handlungsweise übergeordneter Organisationen (z. B. Landtag und Landesregierung, Sozialversicherungsträger (SVT), Ärztekammern (ÄK)) und operativ tätiger Organisationen (z. B. Rettungsorganisationen). Aus dem Zusammenspiel dieser Interessensgruppen und Organisationen werden die Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Einführung von QM gebildet. Die konkreten, in diesem Beitrag beschriebenen Bedingungen gelten für die Situation in Oberösterreich. Die diesem Zusammenwirken zugrunde liegenden allgemeinen Prinzipien können jedoch auf viele andere Regionen in Europa übertragen werden.

    Im Folgenden werden drei Systeme der prähospitalen NFMed in Oberösterreich (OÖ) beschrieben und die rechtlichen, organisatorischen sowie finanziellen Rahmenbedingungen dargestellt. Anschließend wird auf drei Ebenen des Systems (gesetzliche Ebene, übergeordnete Ebene, operative Ebene) bewertet, ob die oben beschriebenen Rahmenbedingungen die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung von QM im jeweiligen System liefern. In der Diskussion werden die Ursachen und Hintergründe für die derzeitige Situation diskutiert, und Verbesserungsvorschläge erarbeitet.

    3.2 Rechtliche Rahmenbedingungen für Anbieter prähospitaler Notfallmedizin

    Gesetze drücken aus, was der Gesetzgeber regeln will – und auch, was er nicht regeln will. Die Art, wie prähospitale NFMed erbracht wird, hängt von einer Vielzahl gesetzlicher Normen ab. In Österreich sind dies z. B. das Ärztegesetz, diverse andere berufsrechtliche Gesetze, das Medizinproduktegesetz (MPG) , das Rettungsgesetz oder das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz. Sie stellen oberste, bundes- oder landesrechtliche Rahmenbedingungen dar, in denen sich die Anbieter der prähospitalen NFMed bewegen können und müssen.

    Im Folgenden werden drei Stellen aus Gesetzen zitiert, die für dieses Thema relevant sind. Es geht dabei nicht um einen juristisch-fachlichen Diskurs, sondern darum, Rahmenbedingungen für konkretes QM in der prähospitalen NFMed darzustellen.

    3.2.1 Oberösterreichisches Landesrettungsgesetz

    Der „Allgemeine örtliche Hilfs- und Rettungsdienst ist – gemäß dem Oberösterreichischen Landesrettungsgesetz – zuständig, „Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung erlitten haben, je nach Bedarf Erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie unter Betreuung durch fachlich geschulte Personen mit hierzu besonders geeigneten Verkehrsmitteln in eine Krankenanstalt zu bringen oder sonst der ärztlichen Versorgung zuzuführen (OÖ Rettungsgesetz 1988). Es wird also von „Erster Hilfe und „transportfähig machen gesprochen, und es wird ein „Rettungsdienst ausdrücklich im Gesetz genannt. Zuständig dafür ist die Gemeinde. Diese schließt mit einem anerkannten Rettungsdienst, z. B. dem Roten Kreuz (RK) oder dem Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), einen Vertrag. In diesem wird vereinbart, wie die im Gesetz genannten besonderen Leistungen zu erbringen sind. Der gesetzliche Rahmen für den „Hilfs- und Rettungsdienst ist damit also relativ klar gesetzt. Die „prähospitale NFMed" wird nicht erwähnt und durch diese Bestimmung, die sich ausschließlich auf den Rettungsdienst bezieht, nicht geregelt.

    Die wesentliche Aufgabe des Flugrettungsdiensts ist laut dem Oberösterreichischen Landesrettungsgesetz (1988): „die medizinische Erstversorgung von Verletzten oder Kranken, bei denen Lebensgefahr oder die Gefahr schwerer gesundheitlicher Schäden besteht, wenn sie nicht unverzüglich die erforderliche medizinische Versorgung erhalten (Notfallpatienten). Des Weiteren, die Herstellung ihrer Transportfähigkeit und ihren Transport unter fachgerechter medizinischer Betreuung mit besonders ausgestatteten Hubschraubern in eine für die weitere medizinische Versorgung geeignete Krankenanstalt (Rettungsflüge)" durchzuführen.

    In dieser Regelung ist die prähospitale NFMed bereits auf der gesetzlichen Ebene erwähnt. Auch der Auftrag zur „fachgerechten medizinischen Betreuung" ist ausdrücklich formuliert.

    3.2.2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

    Im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), einem Bundesgesetz , ist ganz allgemein z. B. im § 186 geregelt, dass (sinngemäß zitiert): „Mittel der Vorsorge für eine erste Hilfeleistung, insbesondere die Zusammenarbeit mit Organisationen zu deren Aufgaben der Transport von Verletzten (Erkrankten) gehört, zur Verfügung zu stellen sind" (ASVG, BGBl. Nr. 189/1955). Diese allgemeine Regelung lässt einen weiten Interpretationsspielraum zu. Die prähospitale NFMed wird dabei nicht erwähnt. Die Zuständigkeit, d. h. welche Leistungen durch wen und in welcher Form und Qualität zu erbringen sind und wie diese Leistungen zu finanzieren sind, ist für die Praxis nicht ausreichend geklärt.

    3.3 Organisatorische und finanzielle Rahmenbedingungen

    Die prähospitale NFMed, d. h. dringliche ärztliche Hilfeleistung, die nicht geplant und außerhalb eines Krankenhauses erfolgt, wird durch niedergelassene Ärzte (Ärztlicher Funk- und Bereitschaftsdienst), durch Ärzte und Sanitäter eines Sonderrettungsmittels (Rettungshubschrauber (RTH) oder Notarztwagen (NAW)/Notarzt Einsatzfahrzeug (NEF) ) erbracht.

    Der im Gesetz definierte „allgemeine örtliche Hilfs- und Rettungsdienst" (OÖ Rettungsgesetz 1988), den eine anerkannte Rettungsorganisation wie das Rote Kreuz oder der Arbeiter-Samariter-Bund gewährleistet, und die Systeme der prähospitalen NFMed arbeiten dabei eng zusammen und ergänzen sich.

    3.3.1 Ärztlicher Funk- und Bereitschaftsdienst

    Der Ärztliche Funk- und Bereitschaftsdienst wird nachts und an Wochenenden von niedergelassenen Ärzten erbracht. Wenn Patienten in Oberösterreich die Rufnummer 141 wählen, wird über Vermittlung der Rettungsleitzentrale der diensthabende niedergelassene Arzt verständigt.

    Dieser erbringt seine Leistung – die Versorgung der Patienten – anschließend eigenverantwortlich und selbstständig.

    Das Land Oberösterreich finanziert die Einsatzbereitschaft dieser Ärzte, der zuständige Sozialversicherungsträger (SVT) – meist die Gebietskrankenkasse – die tatsächlich erbrachten Leistungen. Vertragspartner des Landes zur Einrichtung des Bereitschaftsdienstes ist die Ärztekammer für Oberösterreich (OÖÄK) , Vertragspartner der Versicherung zur konkreten Leistungserbringung für einzelne Patienten ist der einzelne niedergelassene Arzt.

    Der gesetzliche Auftrag, wer diese Leistungen in welchem Ausmaß zu erbringen hat, ist nicht eindeutig. Insbesondere ist nicht geklärt, ob und in welcher Form ein Bereitschaftsdienst des niedergelassenen Bereichs überhaupt eingerichtet werden muss. Die SVT interpretierten die gesetzlichen Vorgaben so, dass die Notfallversorgung durch die Krankenhäuser ausreichend sei. Des Weiteren, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag (ASVG, BGBl. Nr. 189/1955) ausreichend erfüllen würden, wenn die tatsächlich erbrachten Leistungen bezahlt werden. Dennoch wurde ein entsprechender Bedarf an Versorgung durch niedergelassene Ärzte für Allgemeinmedizin 24 Stunden pro Tag gesehen. Aus diesem Grund hat das Land OÖ (als regionale exekutive politische Ebene) mit der OÖÄK die Einrichtung dieses Bereitschaftsdienstes vereinbart. Die Finanzierung dieses Dienstes erfolgt durch das Land.

    Da keine Organisation insgesamt für die Gewährleistung der prähospitalen Leistungen der NFMed verantwortlich ist, sind weder der Wille noch die Struktur zu erkennen, ein QM-System in diesem Bereich erfolgreich einzuführen. Die Qualität der Leistungserbringung – von der Erreichbarkeit bis zur medizinischen Qualität – hängt im Wesentlichen vom professionellen Handeln der einzelnen Ärzte ab.

    3.3.2 Sonderrettungsmittel Notarztwagen/Notarzteinsatzfahrzeug

    Oberösterreich ist flächendeckend mit NAW bzw. NEF versorgt. Die Stützpunkte sind meist bestehenden öffentlichen Krankenanstalten (KA) angegliedert (in den drei Bezirken, in denen sich keine öffentliche KA befindet, dem Rettungsdienst). Sanitäter, Ausrüstung und Fahrzeuge werden von den Rettungsorganisationen bereitgestellt. Die Notärzte sind in einer KA angestellt und dem NAW/NEF zugeteilt. Ist der Stützpunkt in einer KA lokalisiert, können die Dienst habenden Notärzte im Routinebetrieb der KA so eingesetzt sein, dass sie im Falle einer Alarmierung unverzüglich das Einsatzfahrzeug erreichen. An den anderen Stützpunkten steht der Arzt ausschließlich als Notarzt zur Verfügung. Der NAW/NEF wird nicht nur zur Versorgung von Notfallpatienten bei Primäreinsätzen, sondern auch für dringliche und nicht dringliche Transporte von Patienten zwischen KA (Sekundärtransporte) in Arztbegleitung verwendet. Die Alarmierung erfolgt über die Rettungsleitzentrale.

    Die Finanzierung der Sanitäter, der Fahrzeuge und der Ausrüstung erfolgt durch den Betreiber des Stützpunktes Rotes Kreuz oder Arbeiter-Samariter-Bund. Einen großen Anteil der notwendigen finanziellen Mittel stellt die öffentliche Hand in Form von Förderungen zur Verfügung. Die für den Betrieb des NAW/NEF notwendige Anzahl an ärztlichen Dienstposten wird der jeweiligen KA zusätzlich zu allen anderen Stellen zuerkannt. Die für die Bezahlung der Ärzte notwendigen finanziellen Mittel erhält die KA im Rahmen der allgemeinen Krankenhausfinanzierung zurückerstattet. Pro Einsatz leistet der Sozialversicherungsträger einen nicht kostendeckenden Beitrag.

    3.3.3 Sonderrettungsmittel Rettungshubschrauber (RTH)

    Die RTH sind an 2 Stützpunkten stationiert. Sie werden im Auftrag des Landes OÖ durch den Christophorus Flugrettungsverein des Automobilclubs ÖAMTC betrieben.

    An einem der beiden Stützpunkte stellt der Verein Ärzte, Piloten und Sanitäter. Am anderen werden die Piloten durch den Verein gestellt, die Ärzte durch eine Krankenanstalt, die Sanitäter durch eine Rettungsorganisation. Gemäß dem gesetzlichen Auftrag führt der RTH überwiegend Primäreinsätze durch. Die Alarmierung erfolgt über die Rettungsleitzentrale.

    Pro Einsatz leistet der SVT des Patienten – gegebenenfalls auch eine Privatversicherung – einen Beitrag. Der verbleibende Betriebsabgang wird durch das Land OÖ ausgeglichen. Im Flugbetrieb und bei der Bergung von Patienten wird gemäß den Vorgaben eines QM-Systems gearbeitet.

    3.3.4 Bewertung

    Die nachfolgende Analyse, ob die rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen in den drei dargestellten NFMed-Systemen für die Einführung eine QM-Systems prinzipiell günstig sind, erfolgt auf drei Ebenen (◘ Tab. 3.1):

    Tab. 3.1

    Einflussebenen, Organisationen und Körperschaften, die auf die Einführung von QM in der prähospitalen NFMed Einfluss haben

    Gesetzliche Ebene (Legislative)

    Übergeordnete Ebene (Exekutive)

    Operative Ebene (Exekutive)

    Zur Bewertung der jeweiligen Situation werden folgende Kriterien herangezogen:

    Eindeutigkeit des Auftrags und der Finanzierung

    Eindeutigkeit der Ziele

    Klarheit der Organisationsstruktur

    Ärztlicher Funk- und Bereitschaftsdienst

    Der oben zitierte § 186 des ASVG (BGBl. Nr. 189/1955) kann als eine gesetzliche Grundlage für die ärztliche Versorgung der Bevölkerung rund um die Uhr herangezogen werden. Er lässt einen weiten Interpretationsspielraum zu, z. B. ob ein Bereitschaftsdienst durch niedergelassene Ärzte überhaupt eingerichtet werden soll, ob niedergelassene Ärzte dafür zuständig sind oder ob diese Versorgung durch ein Krankenhaus gewährleistet werden soll. Historisch betrachtet, wurden solche Leistungen durch niedergelassene Ärzte (sog. „Sprengelärzte") erbracht. Auch in anderen Bundesländern Österreichs und in der Bundesrepublik Deutschland werden diese Leistungen angeboten (http://​www.​notdienst-kiel.​de/​arzt.​html). Wenngleich viel für einen solchen Bereitschaftsdienst spricht, gibt der Gesetzgeber (Legislative) keinen klaren Auftrag dazu. Damit ist zwangsläufig auch nicht geregelt, wer einen solchen Dienst gegebenenfalls einrichten sollte und wie er zu finanzieren wäre.

    Auf der übergeordneten politischen Ebene (Exekutive) ist der SVT für die Finanzierung des niedergelassenen Bereichs zuständig. Das finanzielle Risiko für die Finanzierung der KA tragen im Wesentlichen Länder und Gemeinden. Der SVT vertritt die Ansicht, dass er nur für die Abgeltung von tatsächlich durch die niedergelassenen Ärzte erbrachte Leistungen zuständig sei, nicht aber für die Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes. Da jedoch Bedarf an einem ärztlichen Bereitschaftsdienst besteht, sieht sich das Land OÖ veranlasst, ihn als freiwillige Leistung zu finanzieren. Der Bereitschaftsdienst wird von der OÖÄK organisiert. Der Auftrag des Landes an die OÖÄK ist jedoch nur sehr allgemein formuliert.

    Auf der operativen Ebene nehmen selbstständig tätige Ärzte – gleichsam im Auftrag der OÖÄK – an dem Bereitschaftsdienst teil. Dafür erhalten sie eine Abgeltung. Abhängig von Faktoren wie dem Alter der Ärzte, persönlichen Präferenzen oder der finanziellen Situation ihrer Praxis, sehen sie diesen Dienst als interessant und lohnend, oder als unangenehme Belastung an, die nicht gerne in Kauf genommen wird, aber abzuleisten ist. Der eigentliche Vertragspartner der niedergelassenen Ärzte – der SVT – beteiligt sich an der Einrichtung des Bereitschaftsdienstes nicht.

    Insgesamt ist der Ärztliche Funk- und Bereitschaftsdienst eine wesentliche Einrichtung zur Gewährleistung prähospitaler NFMed, insbesondere in ländlichen Regionen. Der Auftrag des Gesetzgebers ist aber nicht mit ausreichender Klarheit formuliert. Auf der übergeordneten Ebene sind drei Partner mit unterschiedlichen Interessen und Zielen (Land OÖ, SVT, OÖÄK) beteiligt. Auf der operativen Ebene haben die Ärzte zumindest zwei unterschiedliche Auftraggeber (OÖÄK, SVT) mit unterschiedlichen Interessenslagen. Die tatsächliche Verfügbarkeit der Ärzte und die Qualität der medizinischen Leistungen hängen ganz wesentlich vom Engagement der einzelnen Ärzte ab. Wichtige Voraussetzungen zur Einführung eines QM-Systems sind damit nicht gegeben. QM-Systeme werden auch nicht eingeführt. Ob Ärzte einzelne Instrumente des QM, der QS oder der QK verwenden, bleibt jedem einzelnen

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