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Citymanagement: Innenstadt-Belebung mit System - starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten
Citymanagement: Innenstadt-Belebung mit System - starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten
Citymanagement: Innenstadt-Belebung mit System - starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten
Ebook619 pages5 hours

Citymanagement: Innenstadt-Belebung mit System - starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten

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About this ebook

Dieses Buch ist Leitfaden, Ideenquelle und Nachschlagewerk für alle, die für die Gestaltung zukunftsfähiger Innenstädte und Ortszentren verantwortlich sind.
Der Autor liefert praxisnahe Ideen und Handlungsoptionen für die Stärkung und Belebung von Innenstädten und Ortsmitten. Ziel ist es, die umfassenden Ursachen des Innenstadtsterbens zu erkennen, die Problemfelder zu identifizieren sowie Lösungsansätze und konkrete Maßnahmen abzuleiten. Checklisten für verschiedenste Citymanagement-Aufgaben und -Projekte machen das Buch zu einem wertvollen Alltagsbegleiter.
Frank Manfrahs hat aus seiner langjährigen Praxis das 9K-Citymanagement-Modell entwickelt, welches das Management komplexer Innenstadtprozesse deutlich vereinfacht. Er ist der festen Überzeugung, dass ein Niedergang unserer oftmals wunderbaren Stadt- und Ortszentren nicht nur ein immenser wirtschaftlicher, sondern auch gesellschaftlicher Verlust wäre. Dem gilt es entgegenzuwirken. Das Buch bietet dafür kompetentes Fachwissen, zahlreiche Anregungen und praktische Anleitungen für diekonkrete Umsetzung.
Aus dem Inhalt
  • 16 Checklisten für die tägliche Arbeit
  • Was Innenstädten den Todesstoß versetzt
  • Citymanagement aufbauen und umsetzen
  • Suchen und Finden eines erfolgreichen Citymanagers
  • Profil- und Markenbildung für Innenstädte und Ortszentren
  • Projektmanagement für Citymanagement-Starter
  • Standortkommunikation
  • Förderung von Einzelhandel und Gastronomie
  • Leerstandsmanagement und Branchenmixsteuerung
  • Veranstaltungsmanagement
  • Aufenthaltsqualität und Stadtgestaltung
  • Erreichbarkeit, Parken und Verkehr
  • Baustellenmarketing
  • Innenstadt-Tourismus
  • Bonusteil: Praxisbericht Hohenlimburg, Erfolgsmusternutzung jenseits von Innenstädten sowie Expertengespräch „Lernen von Shopping Centern“


LanguageDeutsch
Release dateNov 18, 2019
ISBN9783658266455
Citymanagement: Innenstadt-Belebung mit System - starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten

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    Book preview

    Citymanagement - Frank Manfrahs

    Teil ISchreckensszenario

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    F. ManfrahsCitymanagementhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_1

    1. „Schöne Grüße aus Bad Ödesleben! oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt

    Frank Manfrahs¹ 

    (1)

    Geschäftsführung, Frank Manfrahs Stadtmarketing & Citymanagement, Gelsenkirchen, Deutschland

    Zusammenfassung

    In vielen Innenstädten kriselt’s, und zwar gewaltig. Verödungstendenzen greifen spürbar um sich und die City ist oftmals nicht mehr DER Standort der gesamten Stadt, die Ortsmitte nicht mehr DER Treffpunkt im Dorf, in der Gemeinde oder im Stadtteil. Vieles wird weniger: die Menschen auf der Straße, der Umsatz in den Läden, die Anzahl und die Qualität der Geschäfte am Standort. Ursachen dafür gibt es eine Menge. Zum Teil kommen diese von außen und sind nicht änderbar, viele hingegen sind hausgemacht und könnten somit strukturiert angegangen werden. Einleitend erfolgt ein kurzer Überblick über die wichtigsten Zentrenprobleme. Anhand der fiktiven Stadt Bad Ödesleben werden beispielhafte Ursachen für diese Probleme aufgeführt. Ziel ist es, zum einen nachdrücklich das Bewusstsein für die Gefahr eines umfassenden Innenstadt-Sterbens zu schärfen, und zum anderen, die Problemfelder zu identifizieren, für welche in den einzelnen Kapiteln des Buches Lösungsansätze und Maßnahmenideen vorgestellt werden. Eine „Erkenntnis-Checkliste" soll dem Leser bei der Einschätzung helfen, ob und in welchem Ausmaß an seinem Standort eine konkrete Kümmerung um das eigene Orts- bzw. Stadtzentrum nötig scheint.

    1.1 Ausgangssituation

    Viele Innenstädte, Geschäftsstraßen und Stadtteilzentren stehen zunehmend unter Druck. Insbesondere Ladenleerstand, stark zurückgehende Passantenfrequenzen, Umsatz- und Kaufkraftverluste sowie Attraktivitätseinbußen sowohl in Bezug auf das lokale Einzelhandels- und Gastronomieangebot als auch auf das äußere Erscheinungsbild sind häufige Merkmale solcher Krisensituationen. Auch Standorte, welche aktuell noch gut funktionieren, erkennen zunehmend, dass sie sich aktiv um ihre zentralen Lagen kümmern müssen, um diese für die Zukunft zu stärken. So sagte mir bereits im Jahr 2005 der Filialleiter eines großen Kaufhauskonzerns, dass im Einzelhandel kaum noch gesicherte Prognosen selbst für relativ kurze Zeiträume erstellt werden könnten. Es sei höchst unseriös, wenn er mir gegenüber Aussagen treffen würde, wie es um sein Haus in einem halben Jahr bestellt sein würde. Rund 14 Jahre später lässt sich feststellen, dass sich die Situation nicht gebessert hat, im Gegenteil. Einst etablierte Marken, z. B. im Modebereich, fallen plötzlich von der „Tischkante" und schließen in mehr oder weniger großem Stil eigene Geschäfte. Exemplarisch für dieses Phänomen stehen aktuell bekannte Namen wie Gerry Weber, Bonita, Adler, Tom Tailor, Esprit oder Hugo Boss.¹ Die Gründe hierfür sind in unserer extrem schnelllebigen und von stetigem Wandel geprägten Zeit oft nicht wirklich bis ins kleinste Detail auszumachen, andere sind hingegen sehr gut erkennbar. Ein Beispiel wie das kürzlich von Rassismusvorwürfen begleitete Werbedesaster von H&M in Südafrika zeigt aber auch, wie durch unternehmensseitige Unachtsamkeit quasi aus dem Nichts heraus und somit völlig unerwartet Flächenbrände mit Verbraucherboykott und Shitstorms in den sozialen Medien entstehen und eine bisher gut angesehene Marke enorm beschädigen können. Einige weitere Varianten, die zum Scheitern von Einzelhandelsunternehmen und somit auch zu Geschäftsaufgaben in den Innenstädten führen können, werden wir im Verlaufe dieses Kapitels kennenlernen.

    1.2 Nicht allein auf weiter Flur: Bad Ödesleben gibt es überall!

    Für meine regelmäßigen Vortragstätigkeiten zum Thema Citymanagement habe ich mir den fiktiven Standort Bad Ödesleben ausgedacht. Anhand diesem erläutere ich, welche vielfältigen Gründe dazu beitragen können, dass Innenstädte und Ortszentren in der Kunden- und Besuchergunst massiv ins Hintertreffen geraten. Ergänzend zeige ich im Rahmen dieser Vorträge die zu den jeweiligen Aussagen passenden Bilder. Diese habe ich vielerorts im Rahmen von Exkursionen, Ausflügen und Urlaubsreisen aufgenommen, verorte sie im Rahmen der Präsentation jedoch allesamt in Bad Ödesleben. Im Anschluss daran präsentiere ich auf gleiche Weise und als positiven Gegenpart den relativ erfolgreichen Nachbarstandort Bad Schönesleben und berichte, was dort unternommen wurde, um mit der eigenen Innenstadt vergleichsweise gut dazustehen und positiv gestimmt in die Zukunft blicken zu können. Auf diese Weise entsteht eine kleine Bildergeschichte in zwei Akten, welche den Zuschauern gut nachvollziehbar vor Augen führt, mit welchen Problemen und dahinterliegenden Ursachen es Innenstädte heute zu tun haben und welche grundsätzlichen Lösungsansätze es gibt. Diese Vorträge ernten viel Zustimmung, insbesondere, wenn es im ersten Teil um die Standortbeschreibung von Bad Ödesleben geht. So nehme ich hier und da ein Kopfnicken wahr oder halblaut vernehmbare Selbstbestätigungen à la „Genau wie bei uns!", und immer wieder gibt es im Anschluss an eine offizielle Diskussions- und Fragerunde noch weitergehenden persönlichen Gesprächsbedarf einiger Teilnehmer. Das alles zeigt mir: aktive Bemühungen zur Stärkung von Innenstädten und Ortsmitten werden immer wichtiger. Deshalb lade ich alle Leser zu Beginn dieses Buches -quasi als Grundlage für alle weiteren späteren Ausführungen- auf eine kleine gedankliche Reise nach Bad Ödesleben ein, um uns gemeinsam anzuschauen, wie dort der Niedergang der Innenstadt (vgl. Abb. 1.1) zustande kam.

    ../images/472015_1_De_1_Chapter/472015_1_De_1_Fig1_HTML.jpg

    Abb. 1.1

    Dieses traurige Postkartenmotiv zeigt die verlassene Innenstadt von Bad Ödesleben mit leeren Schaufenstern und einem Straßencafé, dessen Tische und Stühle sehnlich auf Gäste warten. (Quelle: Eigene Darstellung)

    1.3 Zum Teil schuldlos, zum Teil viel selber „verbockt": Gründe für das Bad Ödesleben-Dilemma

    Der Fairness halber muss man den Bad Ödeslebenern zugestehen, dass ihre Innenstadt äußeren Einflüssen unterlag, auf die sie wie die Akteure an allen anderen Standorten keinen oder nur wenig Einfluss hatten. Auf der anderen Seite gibt es jedoch Ursachen, welche dem fehlerhaften Verhalten aller Handelnden vor Ort zuzuordnen sind. Im Folgenden werden wesentliche Ursachen für die Entstehung gravierender Probleme in der Bad Ödeslebener Innenstadt aufgeführt, welche so oder zumindest in Teilen auch exemplarisch für die Negativentwicklung vieler anderer Stadtzentren zu sehen sind.

    1.3.1 Wer soll das alles kaufen? – Wettbewerb und wirtschaftliche Entwicklungen

    Nehmen wir zunächst die aktuell im Zusammenhang mit Zentrenproblemen meistgenannte Ursache, den Onlinehandel. Dieser verzeichnet stetig zweistellige Zuwachsraten pro Jahr, die Expansion des Phänomens schreitet fort. Rund jeder achte Einzelhandels-Euro wird aktuell im Internet verdient, Tendenz steigend. Bei einem jährlichen Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels in Höhe von rund € 520 Milliarden im Jahr 2018 bedeutet dieses einen Anteil von über € 50 Milliarden (Firlus 2018). Ein Umstand, den natürlich auch die City von Bad Ödesleben in den letzten Jahren zu spüren bekam.

    Massive Konkurrenz spürten viele Einzelhändler in Bad Ödesleben zudem durch ein ungebremstes Flächenwachstum sowohl in der Region als auch in ihrer eigenen Kommune. Eine neue Einkaufspassage in der einen Nachbarstadt, ein Outlet-Center in der anderen, ein skandinavisches Möbelhaus mit etlichen tausend Quadratmetern an innenstadtrelevanten Sortimenten, offiziell relativ lapidar als „zulässiges Randsortiment betitelt, in der dritten. Auch innerhalb der eigenen Stadtgrenzen wurde handelstechnisch enorm „aufgerüstet. Ein Fachmarktzentrum inkl. Lebensmittel-Vollsortimenter und -discounter (welcher im Non-Food-Bereich dermaßen aktiv war, als wäre es sein Hauptgeschäft) in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt, ein SB-Warenhaus im Industriegebiet des Nachbarstadtteils sowie ein völlig überdimensioniertes Einkaufszentrum am Ende der Fußgängerzone. Nach und nach blieb nicht mehr genug Nachfrage und somit Umsatz für alle übrig, einige inhabergeführte Fachgeschäfte in der Ödeslebener Innenstadt gaben resigniert auf, darunter das in vierter Generation geführte Haushaltswarengeschäft Steingut, der alteingesessene Metzgereibetrieb Fleischmann sowie die Traditionsbäckerei „Laib & Seele" am alten Marktplatz. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auf dem an die Bad Ödeslebener Innenstadt direkt angrenzenden Kirmesplatz zweimal pro Woche eine mobile Großkonkurrenz in Form eines regionalen Riesen-Flohmarktes stattfand, welcher mit einem ausgeprägten Neuwarenverkauf aufwartete. Die diesbezügliche Beschwerde der innenstädtischen Einzelhändler an ihren seit 38 Jahren amtierenden Bürgermeister Hubertus Schirkheimer wischte dieser mit der Begründung vom Tisch, dass es sich bei Flohmarktneuware meistens um Restposten oder B-Ware handeln würde, welche nicht in Konkurrenz zu den Qualitätsprodukten im „regulären" Handel stünden. Im Gegenteil sei der Flohmarkt ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt und er sei sich ziemlich sicher -auch wenn er es zugegebener Maßen nicht belegen könne-, dass dieser nicht nur viele auswärtige Besucher anziehen würde, sondern dass diese nach ihrem Flohmarktbesuch auch noch einen Gang durch die Innenstadt machen würden, wenn sie denn schon einmal vor Ort wären. So würde er es ja schließlich selber auch machen, wenn er in der Haut eines solchen Flohmarktbesuchers stecken täte. Tatsache war natürlich, dass kaum einer der auswärtigen Flohmarktbesucher in die Ödeslebener Innenstadt kam.

    Statt inhabergeführter Fachgeschäfte dominierten somit zusehends Filialisten das innenstädtische Gesamtbild. Doch auch diese hatten es nicht leicht. Wegen der seit Jahren im Modebereich vorhandenen Marktsättigung mussten zwei Fashion-Markenstores am Standort schließen. Deren textile Ware ließ sich immer schlechter an den Mann bzw. an die Frau bringen. Insgesamt wurde das Einkaufsangebot im Bad Ödeslebener Zentrum im Vergleich zu anderen Innenstädten im Umland somit immer uninteressanter. Im Zuge dieses regionalen Standortwettbewerbs kehrten nicht wenige Bad Ödeslebener Bürger ihrer eigenen City aufgrund des in den Nachbarstädten als besser empfundenen Einkaufserlebnisses den Rücken. Kaufkraft wanderte ab.

    1.3.2 Die Menschen ändern sich: Gesellschaftliche Entwicklungen

    Die Gesellschaft, und damit auch die Bad Ödeslebener Bevölkerung, wurde im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte weniger, älter und bunter. Stichwort „Demographischer Wandel ". Damit änderte sich nicht nur die Art der Kundschaft, sondern auch die Höhe des Besucheraufkommens in der Ödeslebener Innenstadt, und zwar nach unten.

    In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sich zudem ein Wandel im Verhalten und in den Einstellungen der Kunden vollzogen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang vor allem eine deutlich nachlassende Loyalität zu den Geschäften, in denen eingekauft wird. Der Kunde lässt sich schwieriger als früher zum Stammkunden machen. Wer früher seine Jeans immer strikt bei „Hosen Müller" aussuchte, schaut sich heute gern’ auch mal woanders um. Dazu kommt eine gestiegene Preisaffinität . „Geiz ist geil!" dachten sich denn auch viele Bad Ödeslebener und verlernten in diesem Zuge weitestgehend, dass Dinge nicht nur einen Preis, sondern auch einen Wert haben, und gingen nicht mehr so häufig in die Fachgeschäfte vor Ort, sondern dorthin, wo mit den vermeintlich kleinsten Preisen geworben wurde.

    Im Zusammenhang mit dem gerade genannten Thema Preissensibilität spielt sicherlich zudem die viel beschworene Krise der Mittelschicht eine Rolle. Auch in der Ödeslebener Bevölkerung ging die Schere zwischen „Ich muss auf den Preis achten! und „Der Preis ist mir egal. Ich kauf’, was mir gefällt! immer weiter auseinander. Insbesondere Händler mit Angeboten im mittleren Preissegment bekamen das zu spüren. Auf der einen Seite etablierten sich in Nebenstraßen der Ödeslebener Innenstadt zwischenzeitlich einige wenige Läden mit höherpreisigen Sortimenten, auf der anderen Seite belegten in bester Lauflage zunehmend „Billigheimer Geschäftsflächen, auf denen vormals der klassische „gesunde Mittelstand seine Einkaufsmöglichkeiten vorfand.

    1.3.3 Ziemlich unverständlich: Ungenügende Unterstützung durch Politik und Verwaltung

    Passend zu der unter Pkt. 1.3.1 dargestellten kleinen Flohmarktanekdote sei erwähnt, dass die Vertreter der Bad Ödeslebener Werbegemeinschaft von jeher eine fehlende Unterstützung durch Politik und Verwaltung beklagten. So diente die Innenstadt im Laufe der Jahrzehnte immer wieder als politischer Zankapfel für kontroverse, teils ideologisch geprägte Zentrenvisionen, von denen schlussendlich keine einzige umgesetzt wurde. Dazu wurden durch die städtische Verwaltung regelmäßig dringende Genehmigungsprozesse verschiedenster Art so lange „verschleppt, bis Investoren wieder absprangen oder externe Veranstalter für neue City-Events die Lust verloren. Im Rahmen offizieller Anlässe wurde hingegen gerne regelmäßig darauf verwiesen, dass die Innenstadt ein wichtiges Aushängeschild für die Gesamtstadt sei und dass man das Engagement der dort handelnden privaten Akteure sehr schätzen und dieses selbstredend jederzeit gerne unterstützen würde. Aber: Meistens wurde bei wichtigen Planungen und Entscheidungen „über die Köpfe der Betroffenen hinweg und an den Bedürfnissen der Bürger vorbei gehandelt. Alleine drei größere innenstädtische Bauruinen sowie eine äußerst „ungastlich gestaltete Platzsituation direkt hinter dem Ödeslebener Dom zeugen in diesem Zusammenhang von einem deutlichen Behördenversagen. Nicht weniger ärgerlich waren regelmäßig erlassene, völlig überzogene Auflagen sowie immer mal wieder neu eingeführte Gebührenarten zu Ungunsten des Einzelhandels und der Gastronomie, welche sich daraufhin gegängelt und „abgezockt statt unterstützt fühlten, was das Klima zwischen privaten und öffentlichen Akteuren zusehends vergiftete.

    1.3.4 Darf’s ein bisschen weniger sein? – Mängel im Händlerverhalten

    Leider waren auch etliche Geschäftsleute der Bad Ödeslebener Innenstadt in ihrem eigenen Handeln nicht unbedingt sehr geschickt. Statt konstruktiv zusammenzuarbeiten, bevorzugten sie mehrheitlich das klassische Einzelkämpfertum. Als Folge davon gab es so gut wie keine Gemeinschaftsaktionen, dafür aber jede Menge individuelle und somit uneinheitliche Öffnungszeiten. An sinnvolle größere Kooperationsprojekte wie die Herausgabe eines gemeinsamen Geschenk-Gutscheines oder ähnliches war für die nur noch wenige Mitglieder zählende „Werbegemeinschaft Bad Ödesleben-Mitte e.V. unter diesen Umständen nicht zu denken. Die Händlergemeinschaft litt seit Jahren darunter, dass sich kaum noch jemand für die Vorstandsarbeit fand und sich insgesamt immer weniger Mitglieder an der aktiven, nicht geringer werdenden Vereinsarbeit beteiligten. „Viel Last auf wenigen Schultern also.

    Obendrein ließen auch die Bemühungen und Fähigkeiten vieler Händler und Gastronomen in Bezug auf eine ausreichende Attraktivität ihres Geschäftes sehr zu wünschen übrig. So waren einige Unternehmenskonzepte nach und nach einfach nicht mehr zeitgemäß, andere nicht immer von Grund auf wirklich gut durchdacht. Bei weiteren machten sich die fehlenden unternehmerischen Fähigkeiten des Inhabers bemerkbar. Das Verschlafen von Trends, falsche Preisgestaltung, mangelhafte Präsentation der Ware, kaum Service, eine schlechte Beratung oder keine Informationsmöglichkeiten zum Sortiment im Internet seien nur als einige wenige von vielen Versäumnissen genannt. Bei manchen kamen noch unglückliche, teils missverständliche Namensgebungen für ihren Betrieb hinzu. Ich erinnere mich daran, wie ich vor ein paar Jahren mit meiner Frau in Bad Ödesleben zu Besuch war und wir ein Geschäft namens „Giftshop" entdeckten, wohinter sich nicht wie zunächst vermutet das Büro des örtlichen Kammerjägers, sondern bei genauerem Hinsehen ein in englischer Sprache betitelter Geschenkartikelladen verbarg.

    1.3.5 Wie sieht’s denn hier aus?! – Unzureichende Standortattraktivität

    Die Bad Ödeslebener Innenstadt war gekennzeichnet von einer geringen Aufenthaltsqualität. Das bereits angesprochene „unglückliche Verhalten seitens Politik und Verwaltung war in Bezug auf das Stadtbild nicht zu übersehen. Wenig Begrünung, veraltetes und kaum aufeinander abgestimmtes Stadtmobiliar und ein seit Jahrzehnten aufliegender und offensichtlich kaum gepflegter Bodenbelag ergaben insgesamt ein von maximaler Lieblosigkeit geprägtes Ambiente, an welchem auch der eine oder andere privat organisierte Verschönerungsversuch der Werbegemeinschaft nicht viel ändern konnte. Als Folge der negativen Ausstrahlung des öffentlichen Raums sahen sich zudem die Immobilieneigentümer kaum motiviert, ihre Fassaden „in Schuss zu halten. Hinzu kam ein von Bürgern und Kunden immer wieder angesprochenes allgemeines Unsicherheitsempfinden, welches neben den bereits genannten Faktoren durch einen unvorteilhaften Mix aus mangelnder Sauberkeit im Straßenbereich, zunehmenden Leerständen, vermehrten Nutzungen wie Wettbüros und Ein-Euro-Shops sowie von innenstädtischen Angsträumen (z. B. die Treppenaufgänge in den städtischen Parkhäusern) hervorgerufen wurde. Der sog. Trading Down-Effekt war im Zentrum von Bad Ödesleben immer weiter auf dem Vormarsch.

    Dazu kam eine äußerst schlechte Erreichbarkeit der Innenstadt. Egal, auf welchem Wege die Bad Ödeslebener ihre City besuchen wollten, es wurde ihnen nicht einfach gemacht. Wer mit dem Bus aus einem der Stadtteile anreiste, musste meistens zweimal umsteigen. Wer mit dem Auto kam, wusste aufgrund eines fehlenden Parkleitsystems nicht, welches Parkhaus er bevorzugt ansteuern sollte. Für Radfahrer fehlten fast gänzlich eigene Radwege. Und wer sich als ortsfremder Fußgänger auf die Wegweiser zu einzelnen zentralen Punkten verließ, merkte an der nächsten Kreuzung meist, dass der dort notwendige Folgewegweiser fehlte.

    Wie anderenorts auch, wurde in der Bad Ödeslebener Innenstadt lange und sehr einseitig auf das vermeintliche Erfolgspferd „Einkaufsstandort" gesetzt, andere u. U. sinnvolle Ergänzungsnutzungen, z. B. aus den Bereichen Gastronomie, Freizeit und Kultur, vernachlässigte man hingegen sträflich. So wurden die von einem Investor geplanten Ansiedlungen eines Kinos und eines Fitness-Centers in einer leer stehenden Einkaufspassage von verschiedenen Seiten öffentlich torpediert und damit letztendlich zur Strecke gebracht, weil man glaubte, hier auf Dauer wieder vollumfänglich Einzelhandel ansiedeln zu können (was natürlich nicht gelang). Zudem entwickelte sich über die Jahre am Standort ein unzureichender Branchenmix, der sowohl in Hinsicht auf die Angebotsqualität als auch auf die Sortimentsvielfalt zu wünschen übrig ließ.

    Selbst die Bad Ödeslebener Innenstadt-Events waren auf Dauer nicht mehr das, was sie früher einmal waren, exemplarisch dargestellt am viertägigen Stadtfest, welches jährlich immer am ersten Septemberwochenende stattfand. Nahezu jedem Programmpunkt merkte man über die Jahre zunehmend an, dass offensichtlich nicht genügend Geld vorhanden war, um ein Mindestmaß an Qualität einzukaufen. Auch wiederholten sich etliche dieser Programmpunkte von mal zu mal in allzu offensichtlicher Weise, zu wenig Neues wurde geboten. So ließ das Besucherinteresse irgendwann allmählich nach. Ähnlich verhielt es sich mit weiteren Veranstaltungen in der Ödeslebener City, insbesondere dem Wochenmarkt, welcher über die Jahre immer mehr an Zuspruch verlor. Die Zahl der Stände ging innerhalb von fünf Jahren von rund 20 auf heute durchschnittlich vier zurück, von denen meistens zwei Textil- statt Frischemarkt-Sortimente vorhalten.

    1.3.6 Kaum zu gebrauchen: Schlechte Geschäftsflächen und unprofessionelle Immobilieneigentümer

    Große Probleme gab es bei der Vermietung von Leerständen in der Bad Ödeslebener Innenstadt, weil die entsprechenden Flächen oftmals von Größe und Zuschnitt her nicht den zeitgemäßen Bedürfnissen vieler Einzelhandelskonzepte entsprachen. „Zu klein, zu verschnitten, zu viele Säulen, Eingang nicht barrierefrei., so die regelmäßige Standardantwort von Mietinteressenten nach der Besichtigung verschiedener Flächen. Zu allem Überfluss riefen einige Immobilieneigentümer deutlich überhöhte Mietpreise auf, ohne auf der anderen Seite die unbedingt fälligen Flächensanierungen anzugehen. Des Weiteren bestand kaum ein Bewusstsein für mögliche negative Folgen im Zusammenhang mit Neuansiedlungen. „Hauptsache vermieten! lautete in den meisten Fällen die Devise. So kam es, dass sich einige Flächenbelegungen zum Nachteil für das gesamte nähere Umfeld auswirkten und aktiv zum bereits erwähnten Trading Down-Effekt beitrugen, z. B. deswegen, weil die neue Nutzung Zielgruppen anzog, die ihren Müll einfach auf die Straße warfen und/oder ständig in angsteinflößenden Grüppchen vor dem Laden „herumlungerten. Andere Hauseigentümer, die es sich leisten konnten, handelten stattdessen in entgegengesetzter Weise nach dem Motto „Lieber Leerstand, als sich kümmern müssen oder Ärger mit Mietern haben!. Insgesamt herrschte somit ein weitestgehend unprofessioneller Umgang mit leerstehenden Ladenlokalen, zumal selbst die örtlichen Makler unter den gegebenen Gesamtbedingungen kaum Chancen für die Ansiedlung qualitätsvoller Nutzungen sahen und sich dementsprechend am Standort Innenstadt kaum noch engagierten. Selbst die kommunale Wirtschaftsförderung als für das Thema „gewerbliche Ansiedlung" zuständige Organisation hatte irgendwann erst das Interesse und dann den Anschluss verloren. So fehlte ihr ab einem gewissen Zeitpunkt weitestgehend der Überblick über die Eigentumsverhältnisse in der Bad Ödeslebener Innenstadt, geschweige denn, dass sie aktiven Kontakt zu dortigen Immobilieneigentümern gehabt bzw. gesucht hätte.

    1.3.7 Auch das noch: „Höhere Gewalt "

    Einige kaum vorhersehbare „Einschläge" hielt das Jahr 2018 für etliche Standorte gleichermaßen bereit, und somit natürlich auch für Bad Ödesleben. Angefangen beim Jahrhundert-Sommer, dessen Hitze über Wochen und Monate die Lust der Kundschaft auf ein Shopping-Erlebnis in der City deutlich in Grenzen hielt, gefolgt von langen milden Phasen in der zweiten Jahreshälfte, aufgrund derer ein Großteil der Herbst- und Winterware in den Modegeschäften liegenblieb.² Ein kleiner Trost für das aus Sicht des Handels empfundene Wetterdebakel wäre es vielleicht gewesen, wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft eine halbwegs ordentliche WM gespielt und den Ödeslebener Gastronomen zumindest eine Handvoll zünftiger und somit umsatzträchtiger Public Viewing-Abende spendiert hätten Bekanntermaßen war das jedoch nicht der Fall. Dazu kommt obendrein der nationale Innenstadt-Aufreger des Jahres schlechthin: Insgesamt sorgte die Gewerkschaft ver.di wie auch an vielen anderen Standorten aufgrund erfolgreicher Klagen für die Absage aller vier verkaufsoffenen Sonntage in der Bad Ödeslebener Mitte. Diese besonderen Tage mit Rahmenprogramm waren über Jahre hinweg erfolgreich gewachsen und stellten für viele Besucher aus der ganzen Region einen willkommenen Anlass dar, ihrer Nachbarstadt einen Besuch abzustatten und sich das dortige Einzelhandelsangebot gemeinsam mit der ganzen Familie einmal in Ruhe anzuschauen, was vielen von ihnen „unter der Woche" so kaum möglich war.

    1.3.8 Wie ein Haus ohne Dach: Fehlendes Standortmanagement und -marketing

    Selbstverständlich wurden letztlich auch keine professionellen Kommunikationsmaßnahmen zugunsten der Bad Ödeslebener Innenstadt in Gang gesetzt. Regelmäßige positive Nachrichten aus der City aufgrund einer strukturierten Pressearbeit oder Werbemaßnahmen für den Standort existierten somit nicht. Es gab schlichtweg niemanden, der sich gezielt um dieses wie auch um viele andere wichtige Dinge vor Ort kümmerte. Wie bereits beschrieben, war die Werbegemeinschaft in dieser Hinsicht völlig überfordert.

    1.4 Fazit

    Wie sich am Beispiel von Bad Ödesleben schnell feststellen lässt, kann es eine Vielzahl von Gründen geben, warum es in Stadtzentren und Ortsmitten nicht gut läuft. Auf einige Ursachen haben die handelnden Akteure vor Ort kaum bis gar keinen Einfluss. Andersherum gibt es jedoch auf lokaler Ebene viele „Angriffspunkte" für eine positive Innenstadtentwicklung. Diese Haupterkenntnis aufgrund der obigen Zustandsbeschreibung der Bad Ödeslebener City, welche in ihrer aktuellen Situation übrigens kaum noch überlebensfähig erscheint, bildet den Ausgangspunkt für die weiteren Ausführungen in diesem Buch.

    1.5 Arbeitshilfe: Erkenntnis-Checkliste „Mein Standort"

    Die folgende Checkliste liefert Unterstützung bei der Analyse der individuellen Situation vor Ort und hilft bei der Bewertung, ob dort größere Bemühungen zur Stärkung des Zentrums notwendig sind und welche inhaltlichen Schwerpunkte dabei im Bedarfsfall gesetzt werden sollten.

    Literatur

    Internet

    Firlus, Th. (2018). Zweistellig wachsen? Willkommen im Onlinehandel. WirtschaftsWoche.https://​www.​wiwo.​de/​unternehmen/​handel/​e-commerce-2018-zweistellig-wachsen-willkommen-im-onlinehandel/​23894604.​html. Zugegriffen am 07.05.2019.

    Zeitungsartikel

    Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) v. (07. Januar. 2019). Deutsche Modefirmen in der Krise.

    Fußnoten

    1

    Aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) v. 07.01.2019: „Deutsche Modefirmen in der Krise".

    2

    Aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) v. 07.01.2019: „Deutsche Modefirmen in der Krise".

    Teil IILösungen finden, Strategien entwickeln, Strukturen schaffen

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    F. ManfrahsCitymanagementhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_2

    2. Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte und Ortszentren

    Frank Manfrahs¹ 

    (1)

    Geschäftsführung, Frank Manfrahs Stadtmarketing & Citymanagement, Gelsenkirchen, Deutschland

    Zusammenfassung

    Die Erkenntnis, dass Innenstädte aktive Unterstützung in Form einer Citymanagement-Initiative benötigen, ist vielerorts vorhanden. In diesem Kapitel wird vorgestellt, wie ein solches aufgebaut und umgesetzt werden kann und welche Themen im Rahmen eines ganzheitlich ausgerichteten Citymanagement-Prozesses grundsätzlich eine Rolle spielen. Neben der Schaffung von Organisationsstrukturen kommt es insbesondere auf die Auswahl eines erfolgreich agierenden Citymanagers an, weshalb intensiv auf die fachlichen und persönlichen Anforderungen an diesen eingegangen wird. Das neue 9K-Citymanagement-Modell hilft, einen guten Überblick über die kompletten örtlichen Citymanagement-Bemühungen zu wahren. Eine abschließende Checkliste bietet Unterstützung bei den ersten Schritten auf dem Weg zur Einrichtung einer örtlichen Innenstadt-Initiative, welche sich um die Bewältigung der vorhandenen Citymanagement-Aufgaben kümmert.

    2.1 Jetzt gilt’s: Citymanagement aufbauen und organisieren

    Anhand des Beispiels Bad Ödesleben dürfte klar geworden sein, dass es vielen Innenstädten und Ortszentren häufig am Grundsätzlichen mangelt. Wenn auch nicht alle, so ließen sich eine Menge Probleme mit großer Sicherheit lösen, wenn sie professionell angegangen würden. Der Ansatz hierfür ist der Aufbau und die Installierung eines zentralen Managements für die Innenstadt. Dieses kümmert sich um bestimmte Arbeitsfelder direkt, im Falle anderer Zuständigkeiten wird es beratend und/oder mitarbeitend hinzugezogen. Nur durch abgestimmtes Handeln in allen Dingen wird ein Zentrum auf Sicht als komplette Einheit wahrgenommen werden. Es ist davon auszugehen, dass Citymanagement eine dauerhafte und somit keine vorübergehende Aufgabe ist, da sich Innenstädte und Ortszentren zum einen immer weiterentwickeln und es zum anderen permanent vielfältige wichtige und dringende Alltagsaufgaben gibt, um die sich jemand in möglichst professioneller Weise kümmern sollte.

    Besteht vor Ort die Absicht, ein solches Citymanagement zu installieren, ist zunächst dessen zukünftiger organisatorischer Rahmen abzustecken. Dabei geht es vornehmlich um folgende Fragen: Welche Themen sind grundsätzlich zu bearbeiten und welche davon sollen den Schwerpunkt der Arbeit bilden? Welche Institution soll dafür zuständig sein? Wie können das Personal und die Projekte finanziert werden? Brauchen wir eine eigene Geschäftsstelle? Welche Kenntnisse, Eigenschaften und Fähigkeiten sollte ein Citymanager mitbringen? Der Inhalt dieses Kapitels zielt also darauf ab, die grundsätzlichen Strukturen, in denen sich Citymanagement abspielt, kennenzulernen, um darauf aufbauend die Einrichtung einer funktionierenden Citymanagement-Einheit vorbereiten zu können.

    An dieser Stelle möchte ich den Begriff „Citymanagement definieren, wie ich ihn aufgrund meiner langen Erfahrung verstehe. Ich sehe Citymanagement als eine umfassende Perspektive über alle Handlungsbereiche, die in letzter Konsequenz auf die Belebung einer Innenstadt oder Ortsmitte ausgerichtet sind. Ansatz ist es, das Zentrum soweit wie möglich in einer unternehmerisch inspirierten, ganzheitlichen Sichtweise zu führen. Hieraus leitet sich auch der Begriff des Citymanagers ab, welcher nicht nur die Funktion des Kümmerers ausfüllt, sondern im besten Falle wie eine Art Unternehmenslenker und -denker Ziele und Ideen entwickelt und als Macher, Moderator und Motivator deren Realisierung angeht, Erfolgskontrolle betreibt und bei Bedarf nachjustiert. Alternativ zu „Citymanagement (oder manchmal auch Innenstadt-Management, Ortskern-Management, Zentren-Management etc.) wird teilweise der Begriff „Citymarketing" verwendet, welcher sich vom Stadtmarketing-Begriff ableitet und bei welchem somit die Marketingdimension im Vordergrund steht. Marketing ist eine von mehreren Teildisziplinen im Bereich der Unternehmungsführung bzw. innerhalb von Führungsprozessen. In diesem Sinne ist aus meiner Sicht der Citymanagement-Begriff der umfassendere und somit derjenige, den ich im vorliegenden Zusammenhang verwende.

    2.2 Definition der Citymanagement-Handlungsfelder

    Als Erkenntnis aus den im Einführungskapitel festgestellten Problemen und Ursachen ergeben sich für Innenstädte und Ortszentren mehrere inhaltliche Aufgabengebiete für die Arbeit eines Citymanagers. Diese werden im Folgenden aufgezeigt und inhaltlich jeweils kurz „angerissen". Eine intensivere Auseinandersetzung folgt in den jeweiligen gesonderten Schwerpunktkapiteln.

    2.2.1 Strategieentwicklung

    Nach Möglichkeit ist als erste Maßnahme eine Standortstrategie festzulegen, an der sich zukünftig alle wichtigen Innenstadt-Projekte ausrichten sollten, eine Art Leitbild also. Inhaltlich geht es vor allem darum, zu definieren, wofür der Standort zukünftig stehen soll und wie er demzufolge in seinem Wettbewerbsumfeld positioniert wird, um sich in diesem durch eine für Besucher interessante Einzigartigkeit behaupten zu können. Dieses bedeutet eine aktiv steuernde Arbeit an der Marke Innenstadt.

    2.2.2 Standortkommunikation

    Für einen Citymanager ist es wichtig, allen Akteuren am Standort die entsprechenden Botschaften in Bezug auf das Geschehen in der Innenstadt sowie bzgl. seiner Arbeit zukommen zu lassen und mit den Akteuren aktiv im Gespräch zu sein. Dazu gehören klassische Werbemaßnahmen genauso wie Aktivitäten in den sozialen Medien, der Bereich Pressearbeit, Newsletterversendungen und ähnliches.

    2.2.3 Förderung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie

    Als eine der Citymanagement-Hauptaufgaben kann in den meisten Fällen die Stärkung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie angesehen werden. An nahezu jedem Standort besteht der Wunsch, eine zumindest halbwegs erfolgreiche Einkaufsmeile, welche ergänzend frequenzstarke Angebote aus dem Dienstleistungsbereich -wie z. B. Reisebüros- sowie Cafés und Restaurants vorhält, vorzeigen zu können. Dabei sind die diesbezüglichen Aufgaben eines Citymanagers vornehmlich auf das gesamthafte Kundenerlebnis einer Innenstadt und somit auf Gemeinschaftsaktionen der dort ansässigen Geschäfte ausgerichtet. Beispiele hierfür sind die Einrichtung und Umsetzung eines gemeinsamen Geschenk-Gutschein-Systems, Schaufensterwettbewerbe oder die Durchführung verkaufsoffener Sonntage mit Rahmenprogramm. Darüber hinaus steht der Citymanager auch für Anfragen einzelner Betriebe zur Verfügung und kann diese in einem begrenzten Umfang unterstützen, etwa bei der Suche nach Ideen für erfolgversprechende Kundenaktionen. Allerdings sollte die persönliche Betreuung durch den Citymanager dort enden, wo tiefergehende fachliche Beratung angesagt erscheint, beispielsweise durch Steuer- und/oder Unternehmensberater. In solchen Fällen kann der Citymanager allenfalls eine Art Lotsenfunktion einnehmen und entsprechende Empfehlungen zur Heranziehung solcher Fachleute aussprechen.

    2.2.4 Leerstandsmanagement

    Eine weitere typische Kernaufgabe von Citymanagement ist das sog. Leerstands- bzw. Flächenmanagement. Dieses zielt darauf ab, die Anzahl der am Standort vorhandenen Ladenleerstände zu minimieren. Nach Möglichkeit sollten zudem nicht einfach „irgendwelche Neunutzungen, sondern bisher am Standort fehlende oder in zu geringem Umfang vorhandene Sortimente angesiedelt werden, und dieses obendrein in einer angemessenen Qualitätsstufe. „Nebenaufgabe von Leerstandsmanagement ist somit eine entsprechende Branchenmixsteuerung. Beim Leerstandsmanagement handelt es sich um eine zeitintensive Aufgabe, vor allem dann, wenn dieses in der Weise ausgefüllt wird, dass nicht nur eingehende Mietanfragen für verfügbare Objekte koordiniert werden, sondern auch aktiv potenzielle Mietinteressenten für diese Flächen gesucht und angesprochen werden. Grundsätzlich von Bedeutung im Bereich des Leerstandsmanagements ist eine gute Zusammenarbeit mit den zahlreichen Immobilieneigentümern, welche mit unterschiedlichsten Interessen agieren. Es gilt, diese für die eigenen Ziele zu sensibilisieren und zu gewinnen, zum Beispiel in Bezug auf die Einhaltung moderater Mietpreise.

    2.2.5 Eventmanagement

    Veranstaltungen und Aktionen sind das Salz in der Suppe vieler Citymanagement-Bemühungen, denn über diese zeigt sich, ob noch Leben am Standort vorhanden ist und sich die Bürger und Einwohner sowohl der eigenen Kommune als auch der umliegenden Städte und Gemeinden zu einem Besuch der ihnen angebotenen Events bewegen lassen. Gute, im besten Falle gar begeisternde Aktionen schaffen die Möglichkeit, dem eigenen Zentrum schnelle Aha-Effekte zu bescheren und es imagemäßig wieder ein Stück nach vorne zu bringen. Nachhaltiges Ziel sollte es sein, dass sich viele der Festbesucher obendrein zum Besuch der umliegenden Geschäfte und Gastronomieeinrichtungen „verleiten" lassen. Dieses kann durch besondere Zusatzaktionen der Betriebe gefördert werden. Entsprechende Aktivitäten von Händlern, Dienstleistern und Gastronomen können ebenfalls vom Citymanagement angestoßen und koordiniert werden.

    2.2.6 Stadtgestaltung und Aufenthaltsqualität

    Menschen gehen dorthin, wo sie sich wohlfühlen, sich also gerne aufhalten und auf andere Menschen treffen. Deshalb liegt der Aspekt der Stadtgestaltung ebenfalls im Interesse des Citymanagers. Hier gilt es zum einen, in Richtung der für dieses Thema zuständigen kommunalen Abteilungen Impulse zu setzen und ggf. Projekte anzustoßen, und zum anderen, als Citymanager in stadtgestalterische Überlegungen und Planungen meinungsbildend einbezogen zu werden. Davon unabhängig können im Rahmen des Citymanagement-Prozesses eigene Maßnahmen -z. B. in den Bereichen Sauberkeit und Sicherheit- in Gang gesetzt werden. Nach Möglichkeit sollte jedoch zuvor immer ein entsprechender Informationsaustausch und Abstimmungsprozess mit der jeweils zuständigen Behörde erfolgen.

    2.2.7 Verkehrsplanung

    Auch beim Themenkomplex „Erreichbarkeit, Parken und Verkehr sind Citymanager nicht „außen vor. Schließlich handelt es sich hierbei um Themen, die für den Standorterfolg oftmals nicht unwesentlich sind. Dabei geht es neben Fragen einer bestmöglichen Standorterreichbarkeit und einer guten Parkraumausstattung auch um Auswirkungen der Verkehrsplanung auf die Aufenthaltsqualität, z. B. bei der Frage, ob eine Fußgängerzone befahrbar sein oder umgekehrt eine bisher befahrbare Einkaufsstraße in eine Fußgängerzone umgebaut werden soll.

    2.2.8 Sonstige Aufgabenfelder

    Neben den bis hierher aufgezählten typischen Hauptarbeitsfeldern im Bereich des Citymanagements gibt es weitere, welche entweder anlass- oder standortbezogen und somit als Citymanagement-Spezialarbeitsfelder einzuordnen sind. Als anlassbezogenes Citymanagement-Arbeitsfeld wird in diesem Buch die Einrichtung eines Baustellenmarketings im Rahmen von Stadtumbaumaßnahmen vorgestellt. Ein solches verfolgt das Ziel,

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