Die ID37 Persönlichkeitsanalyse: Bedeutung und Wirkung von Lebensmotiven für effiziente Selbststeuerung
Von Thomas Staller und Cornelia Kirschke
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Buchvorschau
Die ID37 Persönlichkeitsanalyse - Thomas Staller
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019
Thomas Staller und Cornelia KirschkeDie ID37 Persönlichkeitsanalysehttps://doi.org/10.1007/978-3-662-58004-2_1
1. Persönlichkeit
Thomas Staller¹ und Cornelia Kirschke¹
(1)
ID37 Company GmbH, Berlin, Deutschland
Thomas Staller (Korrespondenzautor)
Email: staller@id37.io
Cornelia Kirschke
Email: kirschke@id37.io
1.1 Der Fremde im Zug
1.2 Was ist Persönlichkeit?
1.2.1 Die Persönlichkeitsmerkmale: Traits und States
1.2.2 Was ist normal?
1.2.3 Persönlichkeit verstehen mit ID37
1.2.4 Was bedeutet das für meine Arbeitspraxis?
Literatur
1.1 Der Fremde im Zug
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im ICE und ein gerade zugestiegener Fahrgast wird laut, weil sich seine Reservierung als ungültig erweist. Der Zugbegleiter, der ihm freundlich Rede und Antwort steht, bekommt die geballte Wut des Mannes ab. Dreimal fängt der Mann von Neuem an, den Zugbegleiter zu beschimpfen und lässt dabei seinem Ärger freien Lauf. Sie sitzen unweit der Szenerie und waren bis zu diesem Moment selbst entspannt, da Sie auf der Rückreise eines erfolgreichen Geschäftstermins sind. Während andere Reisende unbeeindruckt scheinen, manche ihm sogar recht geben, erleben Sie diese Situation als stressig. Der Mann ist Ihnen unsympathisch – Ihnen selbst ist ein solches Verhalten fremd. Sie finden, dass er rücksichtslos und unbeherrscht ist, alle Mitreisenden aufwühlt und den Zugbegleiter unfair behandelt. Ihre Entspannung ist dahin, und Sie überlegen, wie Sie schlichtend eingreifen könnten.
Diese Szene verrät viel über Sie – oder sagen wir über den Beobachter im Zug. Der Beobachter ist wahrscheinlich ein friedfertiger Mensch und empfindet die Behandlung des Zugbegleiters und die Belästigung der Mitreisenden demnach als besonders schlimm. Für den Schimpfenden hingegen ist es höchstwahrscheinlich normal, dass er seine Wut auslebt.
Das Beispiel zeigt, wie unterschiedlich Menschen ein und dieselbe Situation erleben. Jeder nimmt die Welt anders wahr. Beobachtung und Erleben sind beeinflusst von der eigenen Persönlichkeit. Menschen verhalten sich, wie es ihre Persönlichkeit ihnen vorgibt. Was veranlasst den Mann im Zug wiederholt auf den Zugbegleiter loszugehen? Was treibt den Beobachter dazu, vermitteln zu wollen? Und wie wird der Zugbegleiter reagieren?
Die Antworten auf diese und ähnliche Fragen sind höchst individuell. Sie helfen jedem dabei, sein Zusammenleben- und arbeiten erfolgreich zu gestalten: Wissen, wie der Einzelne tickt, warum er handelt, wie er handelt, welchen Verhaltensmustern er folgt, was Menschen eint und was sie trennt. Menschen sind komplex und die zwischenmenschlichen Interaktionen erst recht.
Schon lange beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Suche nach geeigneten Modellen, um die Komplexität des Menschen und menschliches Verhalten zu erklären. Das Persönlichkeitsdiagnostikinstrument ID37 ist ein solches Modell , es
konzentriert sich auf einen zentralen Aspekt der menschlichen Persönlichkeit: Motive;
erfasst und beschreibt die individuelle Persönlichkeit anhand von 16 fundamentalen Motiven, die in jedem Menschen verankert sind. Deshalb eignen sich Motive besonders gut, um zum Kern der Persönlichkeit zu gelangen und Ursachen menschlichen Verhaltens zu erklären;
zeichnet ein sehr genaues Persönlichkeitsprofil , das sogar eine gewisse Vorhersagbarkeit von Verhalten erlaubt.
Kernstück des ID37 Persönlichkeitsmodells ist ein psychologisches Testverfahren , das wir gemeinsam mit der Universität Luxemburg auf Basis aktueller Forschungsergebnisse u. a. von Murray , McDougall und Reiss entwickelt haben. Zusätzlich zu diesem theoretischen Fundament sind über 10 Jahre Arbeit und Praxiserfahrung mit dem diagnostischen Instrument Reiss Motivation Profile® in den wissenschaftlichen Entwicklungsprozess eingeflossen.
Die 16 Motive , die mit dem Verfahren ID37 gemessen werden, sind: NEUGIER , SOZIALE ANERKENNUNG , EINFLUSS , STATUS , BESITZEN , AUTONOMIE , SOZIALKONTAKTE , PRINZIPIEN , SOZIALES ENGAGEMENT , STRUKTUR , SICHERHEIT , REVANCHE , BEWEGUNG , ESSENSGENUSS , FAMILIE und SINNLICHKEIT (Kap. 4).
Das Ergebnis der Analyse wird in Form eines Motivprofils dargestellt, bei dem jedes Motiv in seiner jeweiligen Ausprägung separat ausgewiesen wird (Abb. 4.1).
Mit ID37 erhalten Anwender ein fundiertes Werkzeug, um sich ihrer eigenen Wirklichkeit oder der Wirklichkeit anderer zu nähern. Im professionellen Bereich können Berater, Trainer, Coaches, Human-Resources-Manager, Personalentwickler und Führungskräfte individuelle Strategien und passgenaue Maßnahmen zur persönlichen Weiterentwicklung ableiten.
1.2 Was ist Persönlichkeit?
Der Begriff „Persönlichkeit" kennt – je nach theoretischer Zuordnung oder Forschungstradition – unzählige Definitionen. Konsens ist, dass der Mensch – mit einer Vielzahl an individuellen Merkmalen ausgestattet – einzigartig ist und die Persönlichkeit im individuellen Lebenskontext betrachtet werden muss.
Der Persönlichkeitspsychologe Jens B. Asendorpf definiert Persönlichkeit beispielsweise wie folgt:
Unter der Persönlichkeit eines Menschen wird die Gesamtheit seiner Persönlichkeitseigenschaften verstanden: die individuellen Besonderheiten in der körperlichen Erscheinung und in Regelmäßigkeiten des Verhaltens und Erlebens . (Asendorpf 2015, S. 2)
Persönlichkeit ist in der Psychologie nicht einheitlich definiert. Im Allgemeinen versteht man darunter die Summe aller Verhaltensmerkmale eines Individuums .
Nachfolgend beleuchten wir einige Begriffe und Phänomene, die im Zusammenhang mit Persönlichkeit stehen.
Im alltäglichen Sprachgebrauch kreisen die elementaren Begriffe „Mensch und „Individuum
um die Persönlichkeit :
Der Begriff „Mensch" kennzeichnet sowohl die biologische Art Homo sapiens als auch dessen Dasein als gesellschaftliches Wesen.
„Individuum bedeutet so viel wie Einzelwesen. Der Begriff trägt der Einzigartigkeit jedes Menschen Rechnung, denn Individuum stammt vom Verb „dividere
(lateinisch: teilen) ab und bedeutet wörtlich „das Unteilbare". Das Individuum wird zur Persönlichkeit, indem es sich die Errungenschaften der Kultur aneignet, von der es stammt, sich aber durch persönliche Eigenschaften, eigenverantwortliches Handeln, Interessen oder Besonderheiten abgrenzt und seine individuelle Identität entwickelt. Das impliziert, dass nicht jeder Mensch eine Persönlichkeit ist, am wenigsten ein Neugeborenes (Simon 2006, S. 12 f.).
Bei aller Individualität ist der Mensch auch ein soziales Wesen. Nach Anschauung des russischen Psychologen A. Leontjew entsteht Persönlichkeit in der Gesellschaft. Er meint damit, dass die Persönlichkeit durch den Austausch mit der Umwelt erzeugt wird. Danach entwickelt sich die Fähigkeit zum Denken, Handeln und Fühlen immer unter den Bedingungen der konkreten Gesellschaft. Die Geburt an einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Epoche verbindet den Menschen mit einem spezifischen sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Milieu, das auf ihn und seinen Lebenslauf einwirkt. Im Laufe seines Lebens bekommt der Mensch im Austausch mit anderen Menschen alles, was er benötigt. Auch in geistiger Hinsicht hängt er von diesen ab, da er von ihnen ebenso Sprache, Wissen und Verhaltensnormen übernimmt (Leontjew 1975, zit. nach Simon 2006, S. 10 f.).
Der Mensch ist sowohl ein individuelles als auch ein soziales Wesen. Daher ist Persönlichkeit immer in ihrem Kontext zu betrachten.
1.2.1 Die Persönlichkeitsmerkmale: Traits und States
Die Wissenschaft unterscheidet die weitgehend unveränderbaren Persönlichkeitsmerkmale Traits von den veränderbaren Merkmalen States.
Persönlichkeitsmerkmale des Menschen
Trait (englisch: Charakterzug, Merkmal) = stabile Eigenschaft , z. B. Ängstlichkeit
Genetisch veranlagte, weitgehend unveränderbare und kulturübergreifende Grundstruktur. Traits beschreiben sichtbares Verhalten.
State (englisch: Zustand) = vorübergehende Zustände, z. B. Angst
Umweltbedingte veränderbare Merkmale beeinflusst von Sozialisation, Kultur und situativen Gegebenheiten.
Die Beschreibung eines Individuums anhand von Traits ist deshalb sinnvoll, weil diese Persönlichkeitsmerkmale Verhaltensmuster ergeben und über die Zeit hinweg relativ stabil bleiben.
Der Hirnforscher Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth schreibt:
Menschen zeigen im Lauf ihres Lebens in ihrem Fühlen, Denken und Handeln zeitlich überdauernde Muster . Diese müssen kein festgefügtes Schema haben, sondern können in ihrer Entwicklung und auch in ihrem Auftreten dynamisch sein – und sind dies in aller Regel auch. Entwicklungsbedingte und situative Dynamik weist schon früh Regelmäßigkeiten auf. Dies nennen wir Persönlichkeit des Menschen. (Roth und Ryba 2016, S. 125)
Exkurs: Selbst wenn wir uns verändern, bleiben wir uns treu
Menschen verändern sich nur innerhalb ihrer Persönlichkeit . Menschen, die glauben, dass sie sich in ihrer Persönlichkeit grundlegend verändert haben und behaupten, sie seien heute „ein ganz anderer Mensch" als früher, irren sich in der Regel. Oftmals lässt sich das aufklären, indem man die Person gezielt überprüfen lässt, ob die eine oder andere markante Eigenschaften nicht auch schon in der Jugend vorhanden war. Meistens werden die Erinnerungen nur durch andere Ereignisse überlagert oder die Person hat über die Jahre gelernt, sich an eine Situation anzupassen. Wenn die Differenz zwischen dem, was eine Person wirklich anstrebt und dem, was sie tagtäglich lebt, zu groß ist, kann dies das Wohlbefinden und die Gesundheit maßgeblich beeinträchtigen. Eine Person, die beispielsweise einen ganz neuen Beruf gewählt hat, war vermutlich sehr unzufrieden mit ihrer vorherigen Tätigkeit. Offensichtlich haben der Job oder das Umfeld nicht gepasst. Damit hat sich die Person aber nicht in ihrem Wesen geändert – vielleicht hat sie ihrem Wesen dadurch aber mehr Ausdruck verliehen. Nach Untersuchungen des Persönlichkeitspsychologen Jens B. Asendorpf suchen sich Menschen eher Lebensbedingungen, die zu ihnen passen, anstatt sich selbst den Bedingungen anzupassen. Und selbst wenn sie sich anpassen, dann geschieht dies in dem Rahmen, den ihre Persönlichkeit vorgibt (Roth und Ryba 2016, S. 220 f.).
Zur Stabilität versus Veränderbarkeit der Persönlichkeit wird der Bonner Neurowissenschaftler Christian E. Elger in seinem Buch Neuroleadership deutlich:
Persönlichkeit ist wahrscheinlich keineswegs eine dauerhafte und feste Konstruktion, sondern nur eine Art Zustand, der sich entsprechend der inneren und äußeren Gegebenheiten verändern kann. Somit ist der Mensch einerseits ein Spiegel seiner Umwelt, und andererseits ist das Leben ein permanentes Change Management. Was das Gehirn jeweils antreibt, ist die Suche nach Belohnung , und deshalb hat gerade die aktuelle Glücksforschung auch sehr viel mit den Neurowissenschaften zu tun. (Elger 2009, S. 39)
Die Vorstellung, dass die Persönlichkeit eine angeborene Eigenschaft ist, wurde schon vor geraumer Zeit aufgegeben. Natürlich spielen die genetischen Eigenschaften eine Rolle. Sie beeinflussen den Charakter eines Menschen aber nur zu 30 bis 60 Prozent, wie verschiedene Studien an eineiigen Zwillingen nachgewiesen haben. Der Rest wird sozial erworben. Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass bis zum dritten Lebensjahr die wesentlichen Persönlichkeitsmerkmale festgelegt sind. Andere glauben belegen zu können, dass sich die Persönlichkeit erst bis zum 50. Lebensjahr vollständig ausformt. Wahrscheinlich ist es so, dass wir uns