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Erfolgreiche Verhandlungen mit dem 3D-Effekt: Leitfaden für die Praxis im B2B-Vertrieb
Erfolgreiche Verhandlungen mit dem 3D-Effekt: Leitfaden für die Praxis im B2B-Vertrieb
Erfolgreiche Verhandlungen mit dem 3D-Effekt: Leitfaden für die Praxis im B2B-Vertrieb
Ebook529 pages5 hours

Erfolgreiche Verhandlungen mit dem 3D-Effekt: Leitfaden für die Praxis im B2B-Vertrieb

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About this ebook

Ob es um Gehaltsverhandlungen, Preis- und Verkaufsverhandlungen im Beruf oder um Verhandlungen im privaten Umfeld geht, der Rahmen ist immer der gleiche: Eine Partei verhandelt mit einer weiteren Partei und folgt dabei einem mehr oder weniger stringenten Prozess. Diese drei Dimensionen der Verhandlung bilden auch das Grundgerüst des Buchs. Als Handlungsleitfaden unterstützt es Leser bei der Vorbereitung von B2B-Verhandlungen, bei der Verhandlungsführung und bei der Entwicklung einer Verhandlungsstrategie – kurz: Leser lernen, ihre Verhandlungskompetenz zu steigern.Im Zentrum stehen die eigene Verhandlungspartei bzw. Sie selbst, der Verhandlungspartner und die Verhandlungsführung als ein Prozess, der mit dem Verhandlungstermin beginnt und mit dem Verhandlungserfolg endet. Mit dieser 3D-Betrachtungsweise lernen Verkäufer und Vertriebsmitarbeiter, taktisch klug und erfolgreich mit dem Einkauf zu verhandeln. Der Autor beantwortet Fragen, die Mitarbeiter vor, während und nach einer Verhandlung mit dem Einkauf beschäftigen: Wie gehe ich mit Einwänden und Vorwänden um (Einwandbehandlung)?Kann ich meinem Gesprächspartner trauen?Wie wehre ich mich gegen Taktiken meines Gegenübers?Warum habe ich in meiner letzten Verhandlung Zugeständnisse gemacht?Dieses Buch zeigt Handlungsoptionen auf und vermittelt Verhandlungskompetenz konsequent anhand von Beispielen aus dem Geschäftsleben. Leser erhalten Tipps und Tricks, die sich in der Praxis bewährt haben, zahlreiche Übungen und umfangreiche Checklisten unterstützen die Verhandlungsvorbereitung und helfen bei der systematischen Auswertung des Verhandlungsgesprächs. Wer wenig Zeit hat und sich nur für einzelne Aspekte des Verhandlungsprozesses interessiert, kann das Buch auch als Nachschlagewerk verwenden.
LanguageDeutsch
Release dateApr 17, 2018
ISBN9783658211141
Erfolgreiche Verhandlungen mit dem 3D-Effekt: Leitfaden für die Praxis im B2B-Vertrieb

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    Erfolgreiche Verhandlungen mit dem 3D-Effekt - Frank Przybylski

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018

    Frank PrzybylskiErfolgreiche Verhandlungen mit dem 3D-Effekthttps://doi.org/10.1007/978-3-658-21114-1_1

    1. Gestatten: Peter Schmitz

    Frank Przybylski¹  

    (1)

    DVAK Deutsche Vertriebs Akademie GmbH, Bonn, Deutschland

    Frank Przybylski

    Email: przybylski@dvak-gmbh.de

    Reden lernt man durch reden.

    Marcus Tullius Cicero

    Das ist er, Peter Schmitz. Peter Schmitz ist 36 Jahre alt und wohnt in der Dom-Metropole Köln. Er ist verheiratet und stolzer Vater von zwei Kindern. Er ist begeisterter Fan des 1. FC Köln und leidenschaftlicher Sammler von alten Motorrollern. Seinen beruflichen Werdegang begann Peter Schmitz als Ingenieur der Nachrichtentechnik. Über verschiedene Zwischenstationen, die auch weiterhin einen sehr ingenieurwissenschaftlichen Hintergrund hatten, gelangte Peter Schmitz zu seinem heutigen Arbeitgeber, einem führenden deutschen Kommunikationsunternehmen. Peter Schmitz selbst bezeichnet seine dortige Position als „Vertriebsingenieur". Vertriebsmitarbeiter ziehen ihn im Laufe des Vertriebsprozesses hinzu, wenn besonderes Know-how notwendig ist oder es darum geht, neue Lösungen, die auf den jeweiligen Kunden abgestimmt sind, zu entwickeln. Eine typische Vertriebsausbildung besitzt Peter Schmitz bis heute nicht. Natürlich hat er sich den einen oder anderen Trick bei seinen Kollegen abgeschaut und verwendet sie immer dort, wo sie ihm spontan sinnvoll erscheinen. Sie merken: Das vertriebliche Agieren von Peter Schmitz ist eher von Spontanität getrieben, denn basierend auf fundiertem Wissen.

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    Alle Kunden, die Peter Schmitz im Zusammenspiel mit den Vertriebsmitarbeitern betreut, gehören zum Großkundensegment. Hinsichtlich Branche sind sie sehr heterogen. Die Gemeinsamkeit besteht in bestimmten technischen Applikationen, die sich durchaus in unterschiedlichen Branchen wiederfinden. Dazu gehören führende Unternehmen aus dem Automobilbau, dem stationärem Handel und Krankenhäuser. Bei diesen Kunden ist Peter Schmitz als Fachmann geschätzt.

    Am heutigen Vormittag wurde er von seinem Vorgesetzten zu einem Mitarbeitergespräch eingeladen, in dessen Verlauf ihm mitgeteilt wurde, dass sein Unternehmen von ihm zukünftig ein verstärktes vertriebliches Engagement erwartet. Insbesondere soll er sich verstärkt in die Verhandlungen mit Großkunden einbringen. Dieses Einbringen soll zukünftig auch über das Fachliche hinausgehen. Peter Schmitz ist nach diesem Mitarbeitergespräch wenig begeistert, denn schon beim Wort „Verhandlungen" musste er unweigerlich an die letzten Diskussionen mit seiner Frau denken, bei denen es um die Auswahl des nächsten Urlaubsortes ging. In diesen Diskussionen hatte er in den letzten Jahren immer das Nachsehen. Dabei war seine Frau noch ein durchaus netter Verhandlungspartner. Wie also soll er im beruflichen Kontext bestehen, wenn er es erst mit knallharten Einkäufern zu tun hat?

    Am Nachmittag, auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, überlegt sich Peter Schmitz, dass es nun doch wohl einmal an der Zeit ist, sich mehr Wissen über das Thema Verhandlungen anzueignen. Da sein Arbeitgeber wenig Bereitschaft zeigt, ihn für dieses Thema explizit auf eine Fortbildung zu entsenden, entscheidet er sich dafür, mithilfe eines Buches seinen Wissensstand zu erweitern.

    Und genau dieses Buch halten Sie in den Händen. Unser Protagonist Peter Schmitz begleitet Sie im Laufe dieses Buches. Er hilft Ihnen durch Beispiele aus seinem beruflichen und privaten Kontext, um die einzelnen Themenblöcke besser in die Praxis umzusetzen.

    Gerade die privaten Beispiele sollen Ihnen vermitteln, dass Sie selbst tagtäglich viel mehr verhandeln, als Sie glauben. Und mit diesen Verhandlungen steht Ihnen eine weite Übungsarena zur Verfügung, die Ihnen hilft, im Beruf fit für die wirklich großen Verhandlungen zu sein. Verbessern Sie Ihre Verhandlungskompetenz hier und heute.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018

    Frank PrzybylskiErfolgreiche Verhandlungen mit dem 3D-Effekthttps://doi.org/10.1007/978-3-658-21114-1_2

    2. Verhandeln – hier und heute

    Frank Przybylski¹  

    (1)

    DVAK Deutsche Vertriebs Akademie GmbH, Bonn, Deutschland

    Frank Przybylski

    Email: przybylski@dvak-gmbh.de

    Wenn zwei Menschen über eine Frage verhandeln, dann werden sie anders, und die Frage wird anders.

    Eduard Graf von Keyserling

    Anhänger

    Vielleicht denken Sie: „Das eine Mal, an dem ich im Jahr eine Verhandlung habe. Dafür bin ich gut gerüstet. Ich mache das ja schon länger." Und ich hoffe, Sie waren dabei in der Vergangenheit auch erfolgreich in Ihren Verhandlungen. Glückwunsch. Dennoch sind in Ihrer Aussage zwei Punkte, die aus der praktischen Erfahrung zumindest einer Sensibilisierung bedürfen: Ihre Erfahrung und die Häufigkeit Ihres Verhandelns.

    Erfahrung ist ein wertvolles Gut, auch in Verhandlungen. Wenn Sie schon länger an Verhandlungen teilnehmen, dann kennen Sie die Tricks und Kniffe, die unerfahrenen Verhandlungsführern das Leben schwer machen können. Sie kennen die Prozesse und Spielregeln. Und doch ist gerade diese Erfahrung aktuell eine Herausforderung für Sie. Verhandlungen unterliegen einem starken Wandel. Viele bewährte Instrumente, die Sie in der Vergangenheit in Ihren Verhandlungen zum Erfolg geführt haben, stehen heute auf dem Prüfstein oder sind schlichtweg nicht mehr anwendbar. Das Verhandeln heute durchläuft einen starken Wandel und folgt den neuen informationspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Und glauben Sie mir: Sie verhandeln mehr als einmal im Jahr. Sie verhandeln auch nicht zwei-, drei- oder 17-mal. Sie verhandeln fast täglich. Sei es morgens in der Warteschlange beim Bäcker, mit Ihrem Chef über den Abgabetermin Ihres aktuellen Arbeitsauftrages, mit den Kollegen, zu welchem Restaurant sie gemeinsam zum Essen gehen wollen oder am Abend mit Ihren Kindern, wenn es um das Zähneputzen geht. Und das ist gut so. Denn damit haben Sie jeden Tag aufs Neue die Möglichkeit, Ihre Verhandlungskompetenz zu optimieren. Verhandeln ist überall.

    2.1 Hier – Verhandeln ist überall

    Verhandeln ist nicht die schlechteste Form des Handelns.

    William Penn Adair Rogers

    Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff „Verhandlungen hören? Sicherlich hat Ihr Gedankengang etwas damit zu tun, welche Themen Sie derzeit beschäftigen. Wenn Sie sich gerade vor dem Jahresgespräch mit Ihrem Vorgesetzten befinden, so ist für Sie besonders das Thema „Gehaltsverhandlungen sehr präsent. Als versierter Vertriebsmitarbeiter steht vielleicht die schwierige Kaufverhandlung am morgigen Tag im Fokus. Sollten Sie zu den Bürgern gehören, die verstärkt die Deutsche Bahn nutzen, so sind Ihnen Tarifverhandlungen wohlbekannt. Tatsächlich sind bei genauerer Betrachtungen Verhandlungen viel präsenter, weil teils subtiler oder unausgesprochener, als nur in den klassischen Themenstellungen, bei denen es um Gehalt oder typische Situationen zwischen Einkäufern und Verkäufern geht. Wer von Ihnen zu den Eltern eines fünfjährigen Kindes zählt, weiß um die abendlichen Verhandlungen, ob die Kinder nun die Zähne putzen oder nicht. Als Vielfahrer der Deutschen Bahn kennen Sie vielleicht auch die Verhandlungen mit dem Zugpersonal darüber, inwiefern Sie die Möglichkeit erhalten, am Platz einen Kaffee serviert zu bekommen. Und diese Verhandlungen können recht zähflüssig ablaufen.

    Aus dem Leben von Peter Schmitz

    Peter Schmitz hat das Glück, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Köln fahren zu können, wenn er an dem betreffenden Tag nur im Büro arbeitet. Gerade in den Morgenstunden sind viele der Straßenbahnlinien äußerst stark frequentiert. Es bilden sich beim Eintreffen der Straßenbahnen dichte Menschentrauben, die in die Straßenbahnen hineindrängen. Zugleich wollen natürlich viele Menschen, die sich in der Bahn befinden, aussteigen. Peter Schmitz verhandelt auch in dieser Situation, wenn auch nicht mit Worten. Tatsächlich verhandeln er und die Menschen, die um ihn herum stehen und in die Straßenbahn hinein wollen, in welcher Reihenfolge sie die Straßenbahn betreten. Dieses Verhandeln erfolgt meist ausschließlich über nonverbale Parameter, zum Beispiel über den Blickkontakt oder die körperliche Präsenz. Ohne ein derartiges Verhandeln würde die Menschenmenge einfach nur wild übereinander stolpern.

    Sie merken: Verhandeln bedarf nicht unbedingt vieler Worte. Zugleich sensibilisiert Sie dieses Beispiel dafür, dass bei Verhandlungen ganz viele Signale jenseits der Worte eine entscheidende Rolle spielen. Aus diesem Grund finden Sie in späteren Abschnitten auch detaillierte Informationen und Analysen darüber, welche Signale Sie Ihren Verhandlungspartnern senden. Im Gegenzug natürlich auch, welche Signale Sie im Umkehrschluss von Ihren Verhandlungspartnern empfangen können, wenn Sie sich der entsprechenden Signale bewusst sind. Denken Sie doch einmal darüber nach, welche Signale Sie auffangen, wenn Sie mit Ihrer Frau oder Ihrem Mann über den nächsten Urlaub verhandeln. Während Sie bezüglich des Urlaubs miteinander sprechen, wechselt eine Vielzahl weiterer Signale zwischen Ihnen hin und her, derer Sie beide sich gar nicht bewusst sind. Sie rollen vielleicht die Augen, seufzen oder spielen demonstrativ mit dem Atem, indem sie bspw. laut ausatmen, um ihr Missfallen auszudrücken. Nehmen Sie eine andere Situation aus dem Business-Kontext: Sie verhandeln mit einem Mitarbeiter darüber, dass er in den kommenden Monaten in der US-amerikanischen Niederlassung Ihres Unternehmens arbeiten soll. Ihr Mitarbeiter ist eng in seinem regionalen Umfeld verankert und von der Idee, mehrere Monate im Ausland zu verbringen, wenig begeistert. Auch in einem solchen Gespräch wechseln Wörter und andere Signale zwischen ihnen hin und her. Vieles, was unausgesprochen bleibt, deutet sich durch körpersprachliche Signale an. Die Mimik verändert sich. Die Sitzposition variiert. Das unbewusste Stirnrunzeln gehört genauso dazu wie der beschleunigte Atemrhythmus. Viele dieser Signale sendet Ihr Mitarbeiter unbewusst. Oder doch nicht? Dazu finden Sie mehr in Kap. 6.

    Tatsächlich verläuft das Verhandeln im privaten und beruflichen Kontext in einem Punkt anders: Im beruflichen Kontext legen die meisten Menschen deutlich mehr Wert auf eine fundierte Vorbereitung der Verhandlung. Vielleicht wäre das schon der erste Lösungsansatz für einige von Ihnen, um im privaten Umfeld erfolgreicher bei Verhandlungen zu sein. Bereiten Sie sich doch einfach einmal so gewissenhaft auf Ihre privaten Verhandlungen vor, wie Sie es im beruflichen Kontext ganz selbstverständlich machen würden. Informieren Sie sich vorher darüber, was Ihrem Partner wichtig ist, welche Strategie Sie einsetzen könnten, wie Ihr Gesprächspartner wohl die gleiche Situation einschätzt oder welche Optionen Sie hinzuziehen könnten, um zu einem Verhandlungskonsens zu gelangen. Hand aufs Herz: Inwieweit haben Sie sich im privaten Umfeld vor einer Diskussion, die letztendlich nichts anderes als eine Verhandlung ist, derartige Gedanken gemacht? Privat agieren Sie häufig auf der Basis von Standards und legen wenig Wert auf eine besondere Vorbereitung Ihrer Verhandlungen. Bei der Ehefrau oder dem Ehemann neigen viele von Ihnen dazu, sich standardmäßig einer Anpassungsstrategie zu bedienen. Sie passen sich Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin an, da für Sie eine gute Beziehung im Vordergrund steht. Hauptsache, die Stimmung ist prima. Das Ergebnis der „Verhandlung ist dabei oft zweitrangig. Bei Kindern arbeiten Eltern häufig mit der Kampfstrategie. Sie als Elternteil wollen Recht behalten und sich durchsetzen. Dabei steht das Ergebnis im Vordergrund. Egal, ob das Kind nach der „Verhandlung schlecht gelaunt ist oder nicht.

    Da Sie tagtäglich in der Situation sind zu verhandeln, so ist eben dieser Alltag genau die Übungsfläche, die Sie für sich nutzen können, um zukünftig erfolgreicher zu verhandeln. Nutzen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen der Alltag bietet, um sich dort fit zu machen für ihre beruflichen und privaten Verhandlungen. Wer erst im Berufsalltag übt, vergibt unnötig Chancen. Vielleicht machen Sie es zu Ihrem persönlichen Spiel, bei der einen oder anderen privaten Verabredung bewusst Techniken aus diesem Buch einzusetzen und zu schauen, wie erfolgreich Sie damit sind. Nur wer übt, verinnerlicht. Nur, wenn Sie diese Themen verinnerlicht haben, brauchen Sie dafür in der eigentlichen Verhandlung keine Ressourcen explizit einzusetzen. Es gibt schon ausreichend genug Herausforderungen im Kontext des Verhandelns, auf die Sie Ihre Ressourcen konzentrieren sollten. Der Rahmen heutiger Verhandlungen ändert sich fortwährend und stellt Sie vor neue Herausforderungen. Was vor zehn oder 15 Jahren bestens bewährt war, bedarf heute neuer Kenntnisse oder Vorgehensweisen.

    2.2 Heute – Verhandeln durchläuft starke Veränderung

    Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.

    Dante Alighieri

    In Gesprächen mit alten Haudegen aus den 1970er Jahren erfahren Sie so manche Anekdote über das damalige Vorgehen in Verhandlungen. Sicher gab es einige Branchen, die sich besonders durch „kreative" Verhandlungsorte und Verhandlungsmethoden hervorgetan haben. Dennoch waren zu dieser Zeit Manipulation, Falschinformationen, Verschleierungen, Seilschaften oder Gefälligkeiten ein allgemein toleriertes oder gar akzeptiertes, probates Mittel in der Verhandlungsführung. Diese Themenstellungen sind heute immer schwieriger oder vom Aussterben bedroht. Wo früher Verhandlungsführer auf der Baustelle von Entscheidern erschienen, um Ihnen im Rahmen des Hausbaus ein Angebot für eine Kostenübernahme für die High-End-Küche zu machen, vermeiden heute Verhandlungsführer ein privates Zusammentreffen mit der anderen Verhandlungspartei, um nur ja keinen falschen Anschein zu erwecken. Es gibt klarere Regeln zum Schutz aller Beteiligten, eine bessere Informationslage durch mehr und leichter zu beschaffende Daten, und die beteiligten Personen haben mehr Verhandlungskompetenz und sind weitaus intensiver vorbereitet.

    Verhandlungspartner sind besser trainiert

    Ausbildung und Weiterbildung, wie Sie sie vielleicht heute in Ihrem Unternehmen genießen, ist in dieser Form erst seit den 1980er Jahren in Unternehmen präsent. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum heute Techniken nicht mehr funktionieren, mit denen Sie durchaus in den 1980er und 90er Jahren sehr erfolgreich waren. Denken Sie an Suggestivfragen oder die berüchtigte Ja-Straße. Vor 20 oder 30 Jahren waren diese Techniken noch weitestgehend unbekannt und funktionierten daher. Ihre Gesprächspartner waren wenig trainiert und somit für diese Techniken nicht oder nur wenig sensibilisiert. Im Laufe der Zeit haben sich immer mehr Menschen mit Kommunikation beschäftigt. Sei es aus privatem Interesse oder eben im Rahmen beruflicher Weiterbildung. Dies führt dazu, dass immer mehr Menschen erkennen, wenn Sie versuchen, Sie zu manipulieren. Vereinfacht gesagt: Ihre Gesprächspartner haben aufgerüstet.

    Aus dem Leben von Peter Schmitz

    Peter Schmitz erinnert sich an eine Situation, in der er einen seiner Vertriebskollegen anlässlich eines Kundentermins begleitet hat. Dieser Kollege ist dafür zuständig, mit Großunternehmen Rahmenverträge auszuhandeln. In besagtem Termin wurden die Parameter einer zukünftigen Kooperation verhandelt. Sein Kollege verwendete im Laufe des Gespräches wiederholt Suggestivfragen. Dies war Peter Schmitz anfänglich gar nicht aufgefallen. Erst als der Gesprächspartner auf Kundenseite sehr ungehalten reagierte, bemerkte Peter Schmitz, welche Wirkung diese Suggestivfragen besitzen. Der Gesprächspartner spiegelte diese Wirkung sehr eindeutig wider, indem er äußerte: „Jetzt wissen Sie wohl nicht mehr weiter! Oder warum versuchen Sie es mit Suggestivfragen bei mir?" Der Kollege von Peter Schmitz kam in einen massiven Erklärungsnotstand und es gelang ihm an diesem Tag nicht mehr, dem Gesprächspartner Zugeständnisse abzuringen. Es bestand eine deutlich wahrnehmbare Verweigerungshaltung aufseiten des Kooperationspartners. Sie konnten die notwendigen Lösungsansätze erst in einem späteren Gesprächstermin erarbeiten.

    In dieser Verhandlung entstand eine Störung auf der Beziehungsebene, die es erst einmal zu beseitigen galt, um in der Verhandlung weiter fortschreiten zu können. Die eine oder andere Technik, die Sie vor vielen Jahren einmal gelernt haben, mag bei unbedarften Gesprächspartnern, zum Beispiel im Privatkundenbereich, noch heute gut funktionieren. Viele Versicherungskaufleute arbeiten im Privatkundensegment nach wie vor mit einem massiven Einsatz von Suggestivfragen und sind damit sehr erfolgreich. Für die Anwendung im Business-Kontext sollten Sie diese Techniken jedoch eingehend hinterfragen. Gehen Sie davon aus, dass viele Ihrer Gesprächspartner kommunikativ mindestens ebenbürtig sind. In einigen Branchen erleben Sie ein starkes Know-how-Gefälle zwischen Einkäufern und Verkäufern hinsichtlich ihrer Verhandlungskompetenz. Gerade in den Bereichen Automobilbau, Handel und Maschinenbau sind Einkäufer häufig besser trainiert als Verkäufer.

    Vielleicht empfinden daher viele Verkäufer noch heute, dass der Einkäufer in der vermeintlich besseren Verhandlungsposition ist. Der Einkäufer, kann aus Sicht der Verkäufer seine Dienstleister bzw. Lieferanten auswählen. Tatsächlich werden heute auch Einkäufer in vielen Unternehmen sehr nach ihrem Erfolg bewertet. Einsparungspotenziale von den ursprünglich vorgelegten Angeboten sind dabei nur ein Maß für den Erfolg eines Einkäufers. Andere Kriterien wie Zuverlässigkeit des Dienstleisters oder Synergie-Effekte sind weitere beliebte Kriterien. Beide Verhandlungsparteien vertreten bestimmte Interessen. Der Einkäufer kann nicht mehr nur einfach „Hof halten". Auch er muss Erfolge vorweisen. Einkäufer und Verkäufer sind daher immer wieder aufs Neue daran interessiert, das kleine Teil zu finden, welches ihnen den notwendigen Wettbewerbsvorteil in einer Verhandlung sichert. Sie sollten daher in Ihrer Verhandlungskompetenz den Blick nach vorne richten und sich offen mit den neuesten Methoden auseinandersetzen, statt auf alten Prinzipien und Techniken zu beharren. Erstaunlich ist dabei, dass viele Techniken, die in einigen Branchen bereits Standard sind, in anderen Branchen noch Neuland bedeuten.

    Neue kommunikative Hilfsmittel bieten Wettbewerbsvorteile

    Ohne anderen Abschnitten in diesem Buch vorzugreifen: Sie stimmen sicherlich zu, dass eine Verhandlung in erster Linie ein kommunikativer Prozess zwischen den beteiligten Parteien ist. Damit ist Ihre kommunikative Kompetenz definitiv eine der Schlüsselkompetenzen in diesem Thema. In der Praxis finden Sie zwei wesentliche Problemfelder hinsichtlich dieser Schlüsselkompetenz.

    Zum einen beherrschen viele involvierte Personen die notwendigen kommunikativen Grundlagen nur unzureichend. Bei Standardthemen, wie Fragetechniken oder dem Umgang mit Widerstand in Verhandlungen, erleben Sie teilweise Ihr blaues Wunder. Was Sie heute als Selbstverständlichkeit annehmen können sollten, ist in vielen Fällen wenig bekannt oder nicht bewusst gelebt. Natürlich sind zum Beispiel öffnende Fragen vielen Verhandlungsführern bekannt. Die Umsetzung in der Praxis ist dabei dann häufig wenig gelungen. Das Gleiche gilt für viele andere kommunikative Felder. Gehört haben es die meisten von Ihnen schon einmal. Ausreichend geübt, sodass Sie es spontan und spielerisch im Verhandlungsverlauf einsetzen können, haben es nur die wenigsten von Ihnen. Dies ist leider die Realität. Wie viele der zahllosen Tools aus früheren Trainings haben Sie wirklich verinnerlicht? Nehmen Sie an dieser Stelle einmal das Beispiel eines Eiskunstläufers. Im Eiskunstlauf gibt es die Pflicht und die Kür. Ohne das Pflichtprogramm lässt Sie als Eiskunstläufer niemand zur Kür zu. Viele Verhandlungsführer wollen gleich die Kür erlernen, ohne die Pflicht erfolgreich absolviert zu haben.

    Das zweite Problemfeld sind neue kommunikative Hilfsmittel, die ein besonderes Können erfordern, zum Beispiel eine sehr gute Beobachtungsgabe. Diese Hilfsmittel können Sie zwar jedem erläutern, anwenden kann sie aber nur ein Teil von uns. Die Kür des Eiskunstläufers steht für diese neuen kommunikativen Hilfsmittel in Verhandlungen. Im vorherigen Abschnitt konnten Sie bereits über die Heterogenität des Ausbildungsstandes in verschiedenen Branchen lesen. Dementsprechend gestaltet sich die Kür in den Branchen auch ganz unterschiedlich. Während in der einen Branche das intensive Einbeziehen der nonverbalen Kommunikation bereits ein Teil der Kür ist, zählt dies in anderen Branchen noch zum Pflichtprogramm. Die Praxis vieler Trainings und Coachings zeigt, dass Themenstellungen wie Augenbewegungen oder Mikromimik bei den meisten von Ihnen zur Kür zählen. Diese kommunikativen Hilfsmittel sind entweder gar nicht oder nur rudimentär bekannt. Gerade diese Hilfsmittel haben Verhandlungen in eine ganz neue Dimension katapultiert. Viele Ihrer Unternehmen arbeiten heute mit ausgewiesenen Experten in diesen Themenstellungen zusammen. Damit treffen Sie in immer mehr Verhandlungen auf Verhandlungsteams, die sich aus internen und externen Experten zusammensetzen. In vergangenen Jahren ist daraus ein ganz neues Jobprofil entstanden. Unternehmen arbeiten zunehmend mit einem sogenannten Ghost-Negotiator zusammen. Diese externen Experten sind in den Verhandlungen anwesend, um als verdeckte Experten einen Wettbewerbsvorteil zu generieren. Meist treten diese Personen als neue Mitarbeiter auf, die über keinerlei Handlungsvollmacht verfügen und sich erst in der Einarbeitung befinden, was Sie als fachliche Ansprechpartner uninteressant macht. Die Aufgabe dieser Personen besteht darin, den Verhandlungspartner zu beobachten, Auffälligkeiten zu registrieren und so in den Pausen mögliche Ansatzpunkte für den nächsten Verhandlungsschritt aufzuzeigen. Die Konzentration dieser Experten liegt in den Gesprächen einerseits auf dem Abgleich der gesagten Worte mit den von diesen Verhandlungspartnern zugleich ausgesendeten körperlichen Signalen und andererseits auf den Reaktionen der Verhandlungspartner, wenn sie auf Fragen reagieren.

    Bessere Informationslage durch moderne Medien und Social Media

    Die Einschätzungen von Wissenschaftlern, wie sehr Menschen heute Informationen ausgesetzt sind, variieren. In einigen Schätzungen wird davon ausgegangen, dass heute an einem einzigen Tag so viele Informationen auf Sie einprasseln, wie Menschen vor etwa 100 Jahren im Laufe eines ganzen Jahres aufgenommen haben. Informationen sind heute überall und auch überall verfügbar. Wo Sie früher vielleicht in einer Verhandlung eine Behauptung aufstellen konnten, greifen Ihre Verhandlungspartner heute zum Smartphone und prüfen Ihre Aussagen binnen weniger Sekunden. Alles geht schneller, günstiger und vernetzter. Mit Wissen um die wichtigen psychologischen Effekte können Sie heute gezielt im Internet nach den Informationen suchen, die Ihnen im Verhandlungsverlauf helfen, sich dieser psychologischen Effekte zu bedienen und so einen entscheidenden Vorteil zu erlangen. Die meisten Ihrer Verhandlungspartner sind aufgrund ihrer Position im Unternehmen mehr oder weniger intensiv in modernen Medien präsent. Es beginnt meist mit dem Lebenslauf, der zumindest in Kurzversion häufig auf den Unternehmensseiten vorhanden ist. Detailliertere Angaben finden Sie dann in den businessrelevanten Netzwerken wie XING oder LinkedIn. Die wirklich spannenden Informationen können Sie häufig auf Facebook oder Instagram nachlesen. Viele dieser Informationen können Sie einsetzen, um Ihre Gesprächspartner in den Verhandlungen zu manipulieren. Mehr dazu finden Sie im Abschn. 4.​3 über die Vorbereitung von Verhandlungen. Natürlich sind die Verhandlungspartner ein entscheidender Faktor, denn schließlich entscheiden diese Personen über die Zusammenarbeit mit Ihnen. Aber auch andere wichtige Informationen, wie die Zusammensetzung von Stoffen oder die genaue Spezifikation von Produkten, sind heute in den meisten Fällen via Internet abrufbar und mit anderen Produkten vergleichbar. Sie und Ihre Produkte bzw. Leistungen sind in den meisten Fällen gläsern. Dies macht es für Sie zu einer Herausforderung, die notwendige Abgrenzung von Wettbewerbern zu realisieren.

    Aus dem Leben von Peter Schmitz

    Peter Schmitz ist leidenschaftlicher Rollerfahrer und denkt an den Kauf seines letzten Rollers zurück. Wo früher die große Herausforderung darin bestand herauszufinden, was der Roller eines bestimmten Typs und eines bestimmten Baujahrs wert ist, reicht ihm heute der Blick ins Internet. Er fragt einfach auf Plattformen wie mobile.​de oder AutoScout24.​de ein vergleichbares Modell ab und hat direkt einen Überblick über die Preisstruktur. Damit kann er in seiner Verhandlung sofort einschätzen, inwieweit das Anfangsgebot seines Verhandlungspartners realistisch ist oder nicht.

    Vergleichbare Portale gibt es auch im Business-Kontext von Peter Schmitz. Die Kunden, die er gemeinsam mit seinen Vertriebskollegen besucht, verfügen über ähnliche Plattformen, auf denen sie die Produkte miteinander vergleichen können. Dort finden sie die Leistungsmerkmale der einzelnen Produkte schön nebeneinander aufgeführt und können leicht herausfiltern, welches Produkt für sie besser geeignet ist.

    Was im ersten Moment wie ein Fluch wirken mag, hat für Sie auch einen positiven Aspekt. Sie erhalten viel leichter einen Marktüberblick und eine Übersicht über die Leistungsfähigkeit Ihrer Wettbewerber. Was früher einer umfangreichen Recherche bedurfte, lässt sich heute häufig mit einfachen Suchagenten auf den richtigen Plattformen realisieren. Damit stehen Ihnen dann häufig Informationen zur Verfügung, die Sie für eine entsprechende Wettbewerbsabgrenzung verwenden können. Im besten Fall finden Sie vermeintlich geheime Dokumente, die von den Verfassern unsachgemäß abgelegt wurden und Ihnen so als wichtige Informationsquelle dienen können. Apropos geheim: Im Zeitalter moderner Medien setzen viele Menschen, die sich auf Internetplattformen bewegen, auf die Anonymität oder den Community-Charakter einzelner Plattformen und äußern sich sehr offen und ausführlich. Wenn Sie solche Quellen nutzen, können Sie unter Umständen interessante Informationen erhalten.

    Compliance beeinflusst Verhandlungen

    Compliance ist definitiv ein extrem wichtiges Thema und steht im Interesse aller Beteiligten bei Verhandlungen. Wenn Sie schon einmal als einer von mehreren Dienstleistern parallel mit einem Kunden verhandelt haben, wissen Sie es zu schätzen, wenn dabei alles seinen geregelten Lauf geht. Tatsächlich sorgt dieses Thema bei Verhandlungen aber häufig für Verunsicherung, weil nicht ausreichend genug klar ist, wo Compliance-relevante Themen beginnen. Eine ganze Reihe von Verhandlungsführern sieht sich mit einer neuen Art des Verhandelns konfrontiert, die so ganz weit weg vom bisher gelebten Verhandeln ist. Viele Verhandlungen waren in der Vergangenheit vom Prinzip des Gegenseitigkeitseffektes geprägt. Taten Sie Ihrem Gesprächspartner einen Gefallen, so baute sich im Unterbewusstsein der Wunsch auf, dies durch einen Gefallen seinerseits auszugleichen. Derartige Versuche werden heute durch klare Compliance-Regeln in den Unternehmen unterbunden.

    Aus dem Leben von Peter Schmitz

    Vor einigen Monaten traf Peter Schmitz einen alten Haudegen, der mehrere Jahrzehnte als Verhandlungsführer im Maschinenbau tätig war. Peter Schmitz erzählte ihm, dass er in Zukunft für sein Unternehmen stärker im Vertriebsbereich tätig werden soll. Der alte Haudegen versuchte, Peter Schmitz zu motivieren. Er berichtete ihm davon, mit wem er schon wo auf der Welt die tollsten Vertragsabschlüsse gefeiert hat. Ganz begeistert war er von den vielen interessanten Messegesprächen, die er anlässlich der Hausmessen auf den Malediven und in der Karibik geführt hatte. In einer späteren Diskussion mit seinen Kollegen erfuhr Peter Schmitz, dass in der Vergangenheit viele derartige verkaufsfördernde Veranstaltungen gepflegt wurden. Aus der Einschätzung seiner erfahreneren Kollegen stört die Compliance durchaus die Atmosphäre in Verhandlungen nachhaltig, auch ohne dass eine Vorteilsannahme im Raum steht. Sie erzählten ihm, welche Blüten das treiben kann: Bei einer Verhandlung hatte ein Unternehmen für die Mittagspause belegte Brötchen für alle Beteiligten bereitgestellt. Diese Brötchen waren aus einer Bäckerei, die sich im Erdgeschoss des Gebäudes befindet. Die Gesprächspartner auf Kundenseite lehnten diese Brötchen mit einem Verweis auf die Compliance ab. Stattdessen gingen sie ins Erdgeschoss, kauften sich belegte Brötchen in genau der gleichen Bäckerei und brachten diese in den Besprechungsraum, um sie dort zu essen.

    Das stärkere Bewusstsein für Compliance führte in den letzten Jahren dazu, dass die Beziehungsebene in Verhandlungen ein Stück weit zurückgedrängt wurde. Diese Entwicklung verstärkt sich noch dadurch, dass immer mehr Einkaufsorganisationen einen bewussten Austausch der Einkäufer nach zwölf bis 18 Monaten vornehmen. Mit diesem Wechsel wollen sie ein zu starkes Beziehungsgeflecht zwischen den Gesprächspartnern unterbinden, damit die Entscheidungen weniger persönlichen Eindrücken unterliegen. Das Verhandeln findet heute viel stärker auf der rein sachbezogenen Ebene statt. Dies bedeutet für viele Verhandlungsführer ein Umdenken. Wo Sie in der Vergangenheit an die Beziehungsebene appellieren konnten und darüber Defizite kompensieren konnten, stehen Sie heute in der verstärkten Pflicht, Ihre Leistungen durch einen entsprechenden Nutzen für den potenziellen Auftragnehmer noch besser darzustellen und sich zugleich damit besser vom Wettbewerber abzugrenzen. Für Sie bedeutet dies, dass Sie sich noch intensiver mit ihren Verhandlungspartnern auseinandersetzen, mögliche Ansatzpunkte und Interessen erkennen sowie diese in die Argumentationen einbauen sollten.

    Langfristigkeit prägt verstärkt Verhandlungen

    Die Beziehungen zwischen Kunden und Lieferanten erleben eine deutlich andere Bewertung, als dies noch vor zehn bis 15 Jahren der Fall war. In der Vergangenheit waren einige Einkaufsorganisationen für ihr kompromissloses Verhandeln bekannt. Gerade die Bereiche der Automobilzulieferer oder auch des Maschinenbaus waren teils berühmt berüchtigt. Sie waren geprägt von Aggressivität, persönlichen Angriffen und grenzwertigen Methoden.

    Aus dem Leben von Peter Schmitz

    Peter Schmitz denkt über einen Kundentermin bei einem deutschen Maschinenbaukonzern nach. Während die eigentliche Kundenpräsentation am Vortag in einem sehr hochwertigen Ambiente stattgefunden hatte, erfolgten die Gespräche mit dem Zentraleinkauf in einer ganz anderen Atmosphäre. Besonders bemerkenswert fand Peter Schmitz, dass es noch immer die berühmten abgesägten Stühle gab. Glatte Holzstühle, bei denen die beiden vorderen Stuhlbeine ein wenig abgesägt waren. Peter Schmitz drohte permanent auf der Sitzfläche nach vorne weg zu rutschen. Die Kollegen erzählten Peter Schmitz im Nachgang zu dieser Verhandlung von weiteren Beispielen aus der Vergangenheit, bei denen zum Beispiel die Raumtemperatur extrem hoch war, sie die Fenster nicht zum Kühlen öffnen konnten und die Thermostate an den Heizkörpern abgeschraubt waren.

    Diese Dinge gehören in den meisten Unternehmen der Vergangenheit an. In den meisten. Heute besitzen Lieferanten einen anderen Stellenwert. Es geht schon lange nicht mehr nur um den Preis. Die Qualität der Produkte rückt immer mehr in den Fokus. Zugleich müssen Unternehmen verstärkt den Umweltaspekt berücksichtigen. Und was nützt Ihnen ein qualitativ hochwertiger und zugleich günstiger Lieferant, wenn seine Logistik nicht funktioniert (Liefertermine, Liefermengen und Versand) oder er sich in finanzieller Schieflage befindet? Neben diesen quantitativen Kriterien rücken verstärkt qualitative Aspekte in der Bewertung der Lieferantenbeziehung in den Vordergrund. Zu diesen Kriterien zählen: die Glaubwürdigkeit, das Vertrauen, die langfristige Orientierung des Lieferanten, das Potenzial zur Ausweitung der Geschäftstätigkeit, die Bereitschaft zur Entwicklung gemeinsamer Lösungen und auch das Engagement des Lieferanten in der Abwicklung bestehender Verträge. Insgesamt unterliegen Kunden-Lieferanten-Beziehungen einer deutlich verstärkten Gesamtkostenbetrachtung, wobei auch diese qualitativen Aspekte integriert sind.

    Angesichts der Globalisierungstendenz in den Märkten stehen Kunden wie Lieferanten leicht und schnell Alternativen zur Verfügung. Beide Seiten sind daher darin interessiert, eine langfristige Partnerschaft zu entwickeln. Deshalb suchen immer mehr Unternehmen den Weg raus aus der Lieferantenbeziehung, rein in eine Entwicklungspartnerschaft. Und auch die Kunden präferieren dauerhafte Partnerschaften anstelle von Quick Wins. Diesen Tendenzen folgt die Wahl der Verhandlungsstrategien. Wo früher der Kampf im Vordergrund stand, gilt heute Win-win als das Ziel. Spannend ist dabei, wie viele Verhandlungsführer diesen Begriff inflationär verwenden, ohne ihn richtig zu definieren. Und wenn Sie ein solches Ziel falsch definieren, erreichen Sie es oftmals nicht. Um eine echte Win-win-Situation zu erzielen, sollten Sie sich mit den drei großen Dimensionen des Verhandelns vertraut machen: dem Prozess, Ihnen selbst und Ihrem Verhandlungspartner.

    Erkenntnisse

    Nutzen Sie die alltäglichen Verhandlungssituationen als Übungsarena. Nur wer übt, verinnerlicht.

    Trainieren Sie Ihre Verhandlungskompetenz. Am besten in Inhouse-Trainings, um eng an den Leistungen Ihres Unternehmens zu arbeiten.

    Verbannen Sie die typischen Verhandlungstechniken aus den 1980er-Jahren, zum Beispiel Suggestivfragen oder Ja-Straßen.

    Machen Sie

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