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Chefsache Veränderung: Praxistipps zum persönlichen Erfolg
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Ebook327 pages4 hours

Chefsache Veränderung: Praxistipps zum persönlichen Erfolg

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Der neue Titel aus der Chefsache-Buchreihe von Peter Buchenau behandelt das Thema Veränderungsprozesse. Sechs Trainer, Berater oder Coaches tragen ihre Erfahrungen mit beruflichen Veränderungsprozessen zusammen. Sie beschreiben, warum sie sich verändert haben, wie ihr berufliches Umfeld darauf reagiert hat, warum der Schritt wichtig war und wie man erkennt, dass man Veränderungsbedarf hat. Mit konkreten Tipps und Checklisten.  

Die Chefsache-Reihe wurde von Peter Buchenau begründet und enthält alles, was für Führungskräfte wichtig ist. In unregelmäßigen Abständen lädt er Gastautoren ein, in dieser Reihe zu aktuellen Managementthemen zu publizieren – Expertenwissen aus erster Hand.

LanguageDeutsch
Release dateSep 19, 2018
ISBN9783658142728
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    Book preview

    Chefsache Veränderung - Nicole Bernstein

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018

    Nicole Bernstein, Martina Przybilla, Claudia Girnuweit, Siegfried Drews, Margarita von Mayen und Steffen BeckerChefsache Veränderunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-14272-8_1

    1. Der charmante Erfolgsroutinier

    Steffen Becker¹  

    (1)

    Dresden, Deutschland

    Steffen Becker

    Email: ast@steffenbecker.com

    1.1 Einleitung und Vorgeschichte

    Kennen Sie Menschen, die Erfolg haben und manchmal gar nicht wissen warum? Kennen Sie Menschen, die scheinbar mühelos von einem Erfolg zu einem anderen Erfolg gelangen? Kennen Sie Menschen, die sich hin und wieder Gedanken machen, warum und wieso sie heute da stehen, wo sie im Leben stehen?

    Wenn Sie keine der Fragen mit einem Ja beantworten haben, dann können Sie sich meinen Part in diesem Buch sparen. Dies ist dann nichts für Sie, weil es in meinem Abschnitt viel um das Thema Selbstreflektion geht – selbstverständlich mit meiner Selbstreflektion im Vordergrund, aber auch Reflektion von Dingen, die um mich herum passiert sind. Ich werde hier im Buch einige sehr persönliche Erlebnisse nach außen, tragen damit Sie, liebe Leserinnen und Leser, meine Situation, meine „Schule des Lebens" etwas besser verstehen können. Daher schon einmal zu Beginn der Hinweis, dass ich in Zukunft von Leser sprechen werde und damit sowohl die überaus geschätzte Damenwelt als auch die männliche Spezies meine. Auch zu Beginn will ich Ihnen eine persönliche Schwäche offenbaren, damit Sie sich im Vorfeld entscheiden können, ob Sie wirklich weiterlesen wollen. Ich kann recht gut reden und sprechen, jedoch weniger gut schreiben. Doch das bin auch ich. Geht es Ihnen nur um das Aussehen, dann biete ich Ihnen an weiterzublättern. Wollen Sie wirklich den Inhalt und meine Ansätze verstehen, dann freue ich mich, wenn Sie weiterlesen.

    Ich bin Steffen Becker und mein Claim ist: der charmante Erfolgsroutinier.

    Was für eine Aussage, könnten sich manche von Ihnen denken. Andere mögen vielleicht denken, was für ein arroganter Schnösel. Ich habe noch nie etwas von dem gehört, also was soll der mir schon mitteilen? Wieder andere denken möglicherweise, na dann bin ich mal gespannt, was da kommen mag. Was kommen wird, sind erlebte und verarbeitete Themen, die dazu führten, warum ich mich als charmanten Erfolgsroutinier beschreiben möchte, und auch Themen, die noch zu bearbeiten sind. Wir sind ja nie fertig mit uns selbst und wir können uns immer weiterentwickeln, wenn wir es zulassen und wollen.

    Ich werde dieses Buchkapitel so schreiben, dass ich die Worte des Claims strukturiert auseinandernehme, sodass die Menschen, denen eine Struktur wichtig ist, diese erkennen können. Dennoch werde ich mich bemühen, möglichst viel von meinen Gedanken, Emotionen und Erkenntnissen mitzuteilen. Ich werde sogar teilweise tiefe Einblicke in mein Innerstes mit Ihnen teilen. Vielleicht erkennen sich einige von Ihnen darin wieder und bekomme selbst neue Erkenntnisse oder Ideen. Wenn ich dies mit diesem Text erreiche, dann hat sich diese Arbeit gelohnt.

    Es ist Sonntag, der 12. Juni 2005. Ausnahmsweise sitze ich im Flieger mal nicht auf der Gangseite, sondern ich habe einen Fensterplatz irgendwo in der Mitte des Flugzeugs. Der Platz neben mir ist leer und das ist auch gut so. Ich sitze in dem Flieger und höre über meine Kopfhörer Musik. Es sind immer die gleichen 2 Lieder, die ich höre. Immer wieder klingen die Stimmen von Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo in mein Ohr. Ich starre die ganze Zeit vor mich hin und manchmal auch aus dem Fenster des Flugzeuges. Die Flugbegleiter auf dem Weg von Frankfurt nach Alicante denken sich sicherlich ihren Teil als ich – ein Mann von 36 Jahren – so verstört und in sich gekehrt da sitze. Ich bin auf dem Weg nach Spanien, um mit meiner Mutter Dinge zu klären und Entscheidungen zu treffen, denn es ist „The Day after oder Tag 1. Es ist der Tag, an dem ich keine 24 h vorher erfahren habe, dass mein Vater mit 63 Jahren auf dem Tennisplatz in Altea in Spanien mit einem Herzinfarkt zusammengebrochen und sofort tot war. Ja, die Lieder „Mein Weg und „Abschied nehmen" begleiteten mich eine sehr lange Zeit ab diesem Moment.

    Und es war in diesem Flieger, als auf einmal ein Gedanke aufblitzte. Dieser Gedanke war es, der mich trotz aller Traurigkeit und Schmerzes ein wenig Hoffnung verbreiten ließ. Dieser Gedanke war so klar, als wenn am Himmel die Wolken durch einen Sturm weggeblasen werden und ich wieder eine freie Sicht habe.

    Bevor ich mit Ihnen, liebe Leser, den Gedanken teile, möchte ich nun hier etwas einfließen lassen, von dem ich eine Grundüberzeugung habe. Diese Überzeugung habe ich mir erst ungefähr ab meinem 30. Lebensjahr Schritt für Schritt verinnerlicht.

    Ich persönlich glaube, dass nichts auf dieser Welt ohne Grund passiert. Es gibt diesen Spruch, jeder Mensch ist ein Geschenk, eine Strafe oder ein Test. Nun, manchmal kann es auch mehreres zu unterschiedlichen Zeitpunkten sein. Doch zurück zu meiner Grundüberzeugung. Wenn es also so ist, dass nichts ohne Grund passiert, dass alles einen Sinn hat, dann muss doch auch der Tod eines nahestehenden, lieben und geliebten Menschen einen Sinn haben. Wenn dem so ist, so hat auch der Tod meines Vaters einen Sinn. Boah! Selbst jetzt wo ich an diese Situation zurückdenke, kommen in mir wieder diese Gefühle hoch, denn es war mir auf einmal klar, welchen Sinn das Ableben meines Vaters hatte.

    Aus der Traurigkeit wurde Zuversicht, Hoffnung und Dankbarkeit – jedoch nur für einen kurzen Augenblick. Die Situation ist ja, dass mein Vater nicht einmal vor 24 h verstarb. Damals war dies einerseits schon der Hammer so zu denken, aber als ich da im Flugzeug saß und mein Gedanke so hochblitzte, gab es nur einen ganz kurzen Moment, in dem die Frage hochkam, darf ich jetzt diesen Gedanken so denken?

    Der Gedanke des Sinns, der mir nämlich sofort durch den Kopf schoss, war: „Du hast jetzt deine eigenen Entscheidungen zu treffen!"

    Für viele mag das sehr profan klingen, für mich ist es das jedoch nicht. Mein Vater war ein aus meiner Sicht erfolgreicher Geschäftsmann, der ein richtiges Gespür für Ideen hatte, sehr menschlich war und einen großen Freundes‑ und Bekanntenkreis aufgebaut hatte. Er starb als Erster und bis heute als Einziger aus dem Freundeskreis meiner Eltern und dies ist nun über zwölf Jahre her. Mein Vater war in geschäftlichen Dingen mein Vorbild. Dieses Vorbild führte dazu, dass ich bei wichtigen Entscheidungen immer meinen Vater um Rat fragte, wie ich auch sonst viele Menschen um Rat gefragt habe. Ich bekam auch jedes Mal eine Antwort mit dem Zusatz, es ist deine Entscheidung, aber ich würde es so und so machen. Und ich, was habe ich entschieden? In den allermeisten Fällen habe ich so entschieden, wie es mein Vater vorgeschlagen hatte. Ich folgte seinem Rat, ohne mich auch wirklich mit mir über meine wirklichen Ziele und Wünsche in der Tiefe auseinander zu setzen. Ich dachte wohl im Unterbewusstsein immer, dass, wenn ich es so mache wie er, dann werde auch ich erfolgreich sein. Ich hatte auch nie darüber nachgedacht, was Erfolg für mich wirklich bedeutet. Ich hatte es fast ausschließlich an finanziellem Erfolg festgemacht.

    Darüber hinaus gab es natürlich auch andere Menschen im näheren Umfeld, die ich immer bei Entscheidungen fragte, egal ob es ein väterlicher Freund oder der damalige Schwiegervater war. Aus heutiger Sicht traf ich immer Entscheidungen, die andere Menschen mir vorgeschlagen oder vorgebetet haben. Es ist dann irgendwann schon etwas Besonderes, wenn du auf einmal erkennst, dass es deine Entscheidungen sind, die du zu treffen hast und nicht, weil jemand anderes dies gesagt hat, sondern weil du es wirklich so entschieden hast. Somit ist es schon merkwürdig, wenn du als Mensch erkennst, dass du fast immer die Entscheidungen einer anderen Person übernommen hast.

    Und genau da kann ein Problem versteckt sein. Dies war es teilweise bei mir und manchmal ist es auch noch heute so. Das Treffen von eigenen Entscheidungen.

    Wenn Sie, liebe Leser, dies lesen, dann ist Ihnen auch klar, dass mit dem „du" ganz klar ich gemeint bin. Natürlich hat mein Vater es alles gut gemeint, jedoch ist es noch lange nicht dasselbe, wenn zwei Personen das Gleiche tun.

    Es war im Jahr 2005, kurz vor dem Tod meines Vaters, als ich wirklich bewusst das erste Mal eine andere wichtige Entscheidung getroffen als die, die mein Vater haben wollte. Damals war ich noch in meinem zweiten Berufsleben als Handelsvertreter für hochwertige Bauelemente tätig und hatte ihm mitgeteilt, dass ich die Branche und damit auch ein Unternehmen als Handelsvertreter verlassen werde, welches er mit aufgebaut hat. Er war nicht begeistert davon, was aus seiner Sicht auch zu verständlich ist. Obwohl er nicht mehr dort arbeitete, war er mit dem Unternehmen immer noch eng verwurzelt. Und ich als nunmehr einziges Kind treffe die Entscheidung, einen anderen Weg zu gehen. Das muss für ihn hart gewesen sein. Leider hatten wir keine Gelegenheit mehr darüber zu sprechen.

    Ich lebte zu dieser Zeit am Rande von Dresden, hatte eine Frau und die gemeinsamen Kinder waren 9 und 6 Jahre alt, als dies geschehen ist.

    Der zweite Auslöser, um mich in die Veränderung zu bewegen und der auch eine sehr lange Zeit mein innerer Antreiber wurde, geschah 1988 in der Fußballkabine meines Heimatvereins. Es war mein erstes Jahr in der Seniorenmannschaft. Wir spielten damals in der Verbandsliga, was nach den beiden Fußball‐Bundesligen die zweite Amateur‐Klasse war. Als „Frischling, „Neuling oder gerade erst Aufgerückter in die Seniorenmannschaft ist es besser, sich erst einmal einzugliedern. Die Rangordnung in der Mannschaft ist mehr oder weniger klar sichtbar. Da ich einer von drei Newcomern im Seniorenbereich war, ist klar, dass ich kein wirklich hohes Standing im Mannschaftsgefüge hatte. Dies ist völlig normal und auch der Tatsache geschuldet, dass ich am Anfang eher ein Ergänzungsspieler war. Dies war auch völlig in Ordnung, denn ich wurde zudem fußballerisch nicht mit dem größten Talent ausgestattet. Was ich konnte, musste ich mir hart erarbeiten. Technisch nicht der begabteste, dafür mit einem guten Blick ausgestattet, einer der langsamsten, dennoch einer mit einer besseren Kondition, so hatte ich mich hochzuarbeiten oder hochzuspielen. Wir saßen nach einem Training in der Kabine und es gab eine Diskussion unter den Mannschaftsspielern. Als ich mich ins Gespräch einklinken wollte, kam ein Spruch von einem der angeseheneren Spielern. Er sagte wortwörtlich und für mich ohne ersichtlichen Grund: „Du bist ja nur der Sohn deines Vaters!" Dies hat mich sehr gekränkt. Ich fühlte mich in diesem Moment wieder wertlos und dieser Spruch und diese Situation hat sich in meinem Gehirn eingepflanzt, wie eine CD, in die Informationen eingebrannt wurden und daher fest verankert sind.

    1.2 Charmant

    Ein Buch ist für viele auch einmal ein Erkenntnisprozess für sich selbst. Auch für mich ist dieser Beitrag ein solches gewesen. Ich habe mich nämlich einmal damit auseinandergesetzt, was denn charmant überhaupt bedeutet. Dazu sollten Sie, liebe Leser, wissen, dass der Claim „Der charmante Erfolgsroutinier" gar nicht von mir allein als Arbeitstitel gewählt wurde, sondern meine Co‐Autoren und ich haben für jeden Autor gemeinsam die Artikelüberschriften entwickelt. Einer der Begriffe lautet: charmant.

    Charmant, was ist das eigentlich überhaupt? Wir verwenden in unserer Sprache viele Begriffe, die wir nie eindeutig definiert haben. Und aufgrund derer entscheiden wir, mit welchen Emotionen und Gefühlen wir diesen besetzen. Für mich war es ein positiv besetzter Begriff, der Begriffe wie Freundlichkeit und Höflichkeit implementierte. Ich konnte es jedoch nie wirklich genau benennen, was der Begriff wirklich bedeutet. Also schaute ich mal im Netz nach und da kam die Antwort per Wikipedia:

    Charme (Subst. von französisch charmer „faszinieren, „entzücken, „bezaubern; ursprüngl. lateinisch … carminare „verzaubern) wird im deutschen Sprachgebrauch regelmäßig in der Kennzeichnung einer Eigenschaft eines Individuums im Sinne eines bezaubernden, gewinnenden Wesens gebraucht. (…) Charme im Sinne des Persönlichkeitsmerkmals ist ein sehr weicher und deshalb schwer zu definierender Begriff und bezeichnet in seiner Hauptverwendung eine bestimmte Art der Ausstrahlung eines Menschen. Die meisten deutschen Übersetzungen, wie zum Beispiel Liebreiz, Anmut oder auch Zauber, richten sich ebenfalls auf diese persönliche Eigenschaft, wobei häufig die direkte Verwendung von Charme präziser ist als eine der möglichen Übersetzungen.

    Um 1700 kam in Deutschland zunächst charmant als Präsenspartizip des französischen charmer im Sinne von bezaubernd (einer Person) in Gebrauch. Dem folgte im 18. Jahrhundert das Substantiv Charme im Sinne von Liebenswürdigkeit oder gewinnende Wesensart, mit denen es in der deutschen Verwendung auch heute noch fest verbunden ist (Wikipedia 2017).

    Wow, dachte ich bei mir. Dass meine Kollegen mich so sehen, finde ich sehr bemerkenswert und innerlich habe ich mich natürlich gefreut. Und um ehrlich zu sein, ja, es ist mir auch wichtig, Charme zu haben und charmant zu sein.

    Ich fragte mich im weiteren Verlauf, wie ich zu diesem Umstand gekommen bin, dass Menschen mich teilweise mit dem Begriff in Verbindung bringen. Aus heutiger Sicht hat hier meine Erziehung einen großen Einfluss. Insbesondere meine Mutter war diejenige, der das Thema Höflichkeit und Freundlichkeit sehr wichtig war. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass es für sie das Größte war, wenn andere Menschen sich über mich positiv geäußert haben. Dies stimmt natürlich nicht wirklich, dennoch machte es sie stolz und glücklich und ich erfuhr sehr große Wertschätzung dadurch. Sobald sie von Menschen aus dem Umfeld bezüglich auf mich angesprochen wurde, erzählte sie es mit solcher Inbrunst und Freude und lachte dabei wie nach dem Essen eines süßen Honigkuchens.

    Mir ist es wichtig, Dinge von mehreren Seiten zu betrachten und so habe ich mich auch gefragt, was denn die negative Seite von „charmant sein sein könnte. Ja, ich weiß, es ist uncharmant, was mich jedoch vielmehr dabei beschäftigte, ist folgender Satz eines väterlichen Freundes zu mir: „Steffen, überall wo im Leben ein ‚zu‘ davorsteht, das taugt nichts. Also wenn ich etwas zu ehrgeizig angehe, ist es genauso wenig gut als wenn ich zu lasch an ein Thema herangehe. Alles hat doch zwei Seiten. Was wäre also, wenn jemand „zu" charmant wäre, was würde dann passieren? Wäre so eine Person anbiedernd? Oder würde eine solche Person als Süßholzraspler abgestempelt werden? Ich machte mich etwas auf die Suche und stellte fest, dass es kaum etwas gab, was mit Charme in einen negativen Zusammenhang gebracht wurde – mit Ausnahme des Charmeurs, der teilweise eben als überzogen und dadurch oftmals als nicht authentisch wahrgenommen wird. Und diese Begrifflichkeit kenne ich in Zusammenhang mit meiner Person auch. Ich weiß, dass ich teilweise sehr zuvorkommend sein kann. Das entscheidende Wort steht vor dem sehr – teilweise.

    Ich stellte mir weiterhin die Frage, warum Menschen um mich herum mich auch als Charmeur bezeichneten und wer dies war. Wirkt es teilweise so, als ob ich nur freundlich bin, um ein Ziel damit zu erreichen? Vordergründig würde ich das erst einmal komplett ablehnen. Wenn ich etwas tiefer grabe, dann könnte es schon damit zu tun haben, dass ich damit Anerkennung haben möchte, geschätzt oder geliebt werden möchte und wahrscheinlich auch als ein guter Mensch wahrgenommen werden möchte. Das Thema Anerkennung werden wir nochmals bei den Werten aufgreifen.

    Wie Sie als Leser erkennen, ist die Wahrnehmung sehr individuell. Wahrscheinlich war dies mit ein Grund, weswegen ich dann in 2005 die Entscheidung getroffen habe, mich mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung bewusst zu beschäftigen. Im Rahmen von Weiterbildungen habe ich erkannt, dass eine Persönlichkeitsentwicklung im Normalfall eine Entwicklung von Routinen darstellen soll. Da wir Menschen immer bestrebt sind, Erfolg zu haben, nannten wir es dann passend zum Thema „der Erfolgsroutinier". Es geht dabei darum, ähnlich eines Privatiers sich mit einer gewissen Leichtigkeit die richtigen Routinen anzueignen.

    Wie bin ich vorgegangen und was war meine Herangehensweise, um die Erkenntnis „Entwicklung meiner Persönlichkeit" voranzutreiben? Dazu ist zu sagen, wenn jemand – so wie ich – in einen komplett neuen Job mit komplett neuen Inhalten wechselt, dann ist und war es aus meiner Sicht immer entscheidend, dass diese Person die richtige Einstellung zur neuen Arbeit hat. Was meine ich mit richtiger Einstellung? Es geht darum, dass diese Person lernen und sich weiterentwickeln möchte. Ich bezeichne es manchmal spaßeshalber gesagt und doch ernst gemeint: Ich möchte lieber ein Rennpferd haben, das ich in Bahnen lenken kann, als einen lahmen Gaul, der den Weg kennt. Was meine ich damit? Die Einstellung zur Arbeit und dem Leben ist mir wichtiger als Ausbildungsscheine und Papiere. Ich stehe dafür, dass das Fachliche sich nahezu immer lernen lässt. Möglicherweise kommt diese Einstellung aufgrund meiner eigenen Biografie, in der ich als Unwissender ohne Vorkenntnisse in die Baubranche gewechselt bin und später als anerkannter Fachmann für verschieden Bereiche galt. Es kommt also darauf an, welche Einstellungen und Routinen ein Mensch hat – so zumindest ist meine Philosophie.

    1.3 Erfolgsroutinen vs. Veränderungen

    Teilweise habe ich überlegt, wie ich diesen Abschnitt anfangen soll, denn ich beschäftige mich mit Erfolgsroutinen. Was machen erfolgreiche Menschen anders als viele andere und was hat das mit Veränderungen zu tun, denn dieses Buch handelt von Veränderungen.

    Und dann fiel es mir ein, weil es nur einen etwas anderen Blick benötigt. Auch Veränderungsprozesse können mit Routine durchgeführt werden, bewältigt werden, angegangen werden.

    John Strelecky, ein amerikanischer Bestsellerautor, schreibt in seinem Buch „Wenn Du Orangen willst, such nicht im Blaubeerfeld" (2015) den Satz: „Je mehr Dinge ich ausprobiere, desto weniger Angst habe ich davor etwas Neues auszuprobieren!" Genau darum geht es. Je mehr ich mich immer wieder aus meiner Komfortzone herausbewege, je mehr ich mich in Situationen begebe, die außerhalb meiner eigentlichen Routine sind, dann wird das Neue, das Ausbrechen auch zu einer Routine. Was das bedeutet, ist klar, denke ich. Dadurch verliere ich Angst vor Neuem, ich kann mich immer wieder auf Dinge einlassen, die ich vorher nicht kannte. Möglicherweise bekomme ich sogar Spaß an diesen neuen Dingen.

    1.3.1 Wissenschaft und Routine

    Eine Erkenntnis aus meinem Leben ist die, die sich im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt hat. Wir haben unbewusste Programme, die uns zum allergrößten Teil steuern. Der Münchener Hirnforscher Prof. Dr. Ernst Pöppel (2008) hat errechnet, dass wir bis zu 20.000 Entscheidungen pro Tag treffen und Prof. Zaltmann (Harvard Business School 2003) sagte, dass rund 95 % unserer Entscheidungen gar nicht in unser Bewusstsein kommen. Wow! 95 % von unseren täglichen Entscheidungen laufen völlig automatisch ab. Ich suchte nach einem Vergleich, um dies für mich besser erfassen zu können. Auch wenn es nicht ganz stimmt, kam mir dieser schnell in den Sinn.

    Stellen Sie sich mal bitte eine Sport‐Olympiade vor, wie wir sie 2016 in Brasilien hatten. „Dabei sein ist alles" ist ein Spruch, den die meisten von uns in Verbindung mit Olympia schon des Öfteren gehört haben (siehe Abb. 1.1). Auch im privaten Umfeld wird er oftmals verwendet. Demnach würde es in meinem Modell so aussehen, dass die 95 % Routineabläufe innerhalb unserer Gewohnheiten verantwortlich dafür sind, ob wir zu einer Olympiade als Sportler zugelassen werden. Lediglich die anderen 5 % entscheiden darüber, ob ich im Vorlauf ausscheide, ins Finale komme oder sogar gewinne. Die meisten von uns wollen mal an einer Olympiade teilnehmen und die Zuschauer sind oftmals entweder die Bewunderer oder die Neider. Die Teilnahme an einer Olympiade werten die meisten Menschen als Erfolg, was es auch aus meiner Sicht zweifelsohne ist. Die Zuschauer wünschten sich, sie könnten dort unten im Stadion sein, erkennen jedoch nicht die Arbeit, die dahintersteckt.

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    Abb. 1.1

    Dabei sein ist alles

    1.3.2 Meine Entwicklung von Erfolgsroutinen

    Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an meine ersten drei Tage Mentaltraining in Österreich. Wir wussten nur, dass wir Teilnehmer in den Genuss kommen, über glühende Kohlen zu laufen und Hubschrauber zu fliegen. Unmittelbar vor der Anreise erhielten wir die Information, keine Uhren, keine Bücher und Zeitschriften, keine Handys und Wecker mitzunehmen. Was wir nach der Ankunft nicht wussten, war, dass uns im gesamten Areal alles, was zur Ablenkung diente, genommen wurde. Wir hatten selbst keine Uhr, keine Handys dabei, auch im Areal selbst hing keine Uhr. Überdies gab es auch nichts zu lesen, wir hatten keine Möglichkeit mal eine Zeitschrift durchzublättern, denn der Seminarleiter gab uns dann die Aufgabe, dass wir ab sofort nicht mehr reden durften, bis er es wieder gestattete. Das Essen wurde zu gegebener Zeit für uns bereitgestellt. Wir konnten auf dem Gelände machen, was wir wollten, wir konnten das Gelände auch verlassen, um beispielsweise spazieren zu gehen – es war ja eine einsame Hütte auf einem Berg. Er stellte im Coaching jedem Einzelnen eine Aufgabe und gab uns sogar einen kleinen Block und einen Stift, auf dem wir unsere Erkenntnisse aufschreiben sollten. Dies war die Aufgabe, die wir zu erbringen hatten. Meine Aufgabe bestand darin, herauszufinden, warum meine Kinder mich lieben oder lieben könnten.

    Dies war damals schon ziemlich schwierig, weil mein Selbstwert nicht auf dem obersten Level war. Die darauffolgende Zeit war anstrengend. Sich Gedanken über die gestellte Frage zu machen und die Gedanken fokussiert auf diesen Punkt zu behalten ist eine richtige Herausforderung. Denn es war uns untersagt zu lesen, zu reden und wir wurden angehalten den anderen Teilnehmern aus dem Weg zu gehen. Nach anderthalb Tagen wurde am Abend das Verbot wieder aufgehoben. Für mich war das kurz nach dem Moment, wo ich die Erkenntnis hatte: Es geht bei meinen Kindern nicht darum, ihnen die unterschiedlichsten Dinge zu geben, sondern es geht darum, für sie da zu sein. Auch hier war es so ähnlich wie in dem Moment, wie ich es am Anfang im Flugzeug beschrieben habe. Es fühlte sich an, als wenn der Himmel aufgeht.

    1.3.3 Der Turbo für Erfolgsroutinen

    Es war im Jahr 2007, als sich meine Frau und ich getrennt haben. Im dritten Quartal des Jahres besuchte ich mal eine Bekannte, die ein sogenanntes Power‐Plate‐Studio in Dresden hatte. Power‐Plates sind

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