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Adipositas: Ätiologie, Folgekrankheiten, Diagnostik,  Therapie
Adipositas: Ätiologie, Folgekrankheiten, Diagnostik,  Therapie
Adipositas: Ätiologie, Folgekrankheiten, Diagnostik,  Therapie
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Adipositas: Ätiologie, Folgekrankheiten, Diagnostik, Therapie

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About this ebook

Es ist „normal“, nicht normalgewichtig zu sein.

Etwa 60% der Deutschen sind übergewichtig. Die heutigen „Volksseuchen“ – u.a. Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Hypertonie - sind weitgehend durch Übergewicht bedingt.

Was sind die Grundlagen und Ursachen?

Psychologisch und physiologisch

Von der genetischen Prädisposition bis zu Umweltfaktoren

Regulation von Hunger und Sättigung sowie des Energiestoffwechsels

Folgekrankheiten

Vom Diabetes bis zu Karzinomen

Vom Fersensporn bis zur Wirbelsäulendegeneration

Von der Stigmatisierung bis zur Essstörung

Welche Therapie ist sinnvoll?

Keine Crashdiäten – langfristige Ernährungsumstellung

Adipositasgerechte Bewegungstherapie

Verhaltensmodifikation, ggf. Verhaltenstherapie

Bariatrische Chirurgie als ultima ratio

DAS Nachschlagewerk, das alle Bereiche der Adipositas umfassend, interdisziplinär darstellt.

Eine anspruchsvolle Aufgabe für alle Fachleute, die in Krankenhäusern, Reha-Kliniken und niedergelassenen Praxen mit adipösen Patienten arbeiten: Ärzte (Internisten, Allgemeinmediziner, Pädiater, Gynäkologen, Endokrinologen …), Ernährungsfachkräfte, Klinische Psychologen, Psychotherapeuten, Bewegungstherapeuten, Gesundheitsberater …

Unverzichtbar auch für Experten, die sich mit den gesellschaftlichen Perspektiven dieser Epidemie beschäftigen.

NEU und erweiterte Kapitel u.a.

Psychosoziale Faktoren, Essverhalten, Essstörungen

Periphere und zentrale Regulation der Energieaufnahme

Prävention, Perinatale Adipositas

PLUS

Praxistipps, Schnellübersichten, hohe Aktualität

Nach den Leitlinien

DAG, Deutsche Adipositas-Gesellschaft

DGE, Deutsche Gesellschaft fürErnährung

DGEM, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin

DDG, Deutsche Diabetes-Gesellschaft

LanguageDeutsch
PublisherSpringer
Release dateAug 13, 2013
ISBN9783642228551
Adipositas: Ätiologie, Folgekrankheiten, Diagnostik,  Therapie

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    Book preview

    Adipositas - Alfred Wirth

    Alfred Wirth und Hans Hauner (Hrsg.)Adipositas4., vollst. überarb. u. akt. Aufl. 2013Ätiologie, Folgekrankheiten, Diagnostik, Therapie10.1007/978-3-642-22855-1_1© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

    1. Definition – Klassifikation – Untersuchungsmethoden

    H. Hauner¹ , A. Bosy-Westphal² und M.J. Müller³

    (1)

    Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, Technische Universität München Klinikum rechts der Isar, Uptown München Campus D,, Gregor-Mendel-Str. 2, 85350 Freising-Weihenstephan, Deutschland

    (2)

    Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, Technische Universität München Klinikum rechts der Isar, Uptown München Campus D,, Georg-Brauchle Ring 62, 80992 München, Deutschland

    (3)

    Universität Hohenheim, Fruwirthstraße 12, 70599 Stuttgart, Deutschland

    (4)

    Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Düsternbrooker Weg 17, 24105 Kiel, Deutschland

    1.1 Definition und Klassifikation der Adipositas

    1.1.1 Definition und Klassifikation anhand von BMI und Taillenumfang

    1.1.2 Weitere anthropometrische Indices

    1.1.3 Definitionen für das beste Körpergewicht („Idealgewicht und „Wohlfühlgewicht)

    1.1.4 Bedeutung des Lebensalter s

    1.1.5 Geschlecht

    1.2 Untersuchungsmethoden – Körperzusammensetzung

    1.2.1 Sinnhafte Anwendung in Diagnostik und Therapie

    1.2.2 Bewertung von Methoden für In-vivo-Analyse der Körperzusammensetzung

    1.2.3 Methoden der In-vivo-Analyse der Körperzusammensetzung

    1.2.4 „Praxis-Methoden"

    1.2.5 Methoden für die Forschung und spezielle klinische Indikationen

    1.2.6 „Qualität" der Methoden

    Literatur

    Zusammenfassung

    Übergewicht/Adipositas kann allgemein als eine Vermehrung des Körperfetts definiert werden, die über das Normalmaß hinausgeht und mit einer Gesundheitsgefährdung bzw. mit einem erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen einhergeht. Die Begriffe Fettleibigkeit und Fettsucht werden im deutschen Sprachraum dazu synonym benutzt. Der letztgenannte Begriff sollte nicht verwendet werden, da er medizinisch nicht korrekt und diskriminierend zugleich ist.

    1.1 Definition und Klassifikation der Adipositas

    H. Hauner⁵ 

    (5)

    Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, Technische Universität München Klinikum rechts der Isar, Uptown München Campus D,, Gregor-Mendel-Str. 2, 85350 Freising-Weihenstephan, Deutschland

    1.1.1 Definition und Klassifikation anhand von BMI und Taillenumfang

    Übergewicht/Adipositas kann allgemein als eine Vermehrung des Körperfetts definiert werden, die über das Normalmaß hinausgeht und mit einer Gesundheitsgefährdung bzw. mit einem erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen einhergeht. Die Begriffe Fettleibigkeit und Fettsucht werden im deutschen Sprachraum dazu synonym benutzt. Der letztgenannte Begriff sollte nicht verwendet werden, da er medizinisch nicht korrekt und diskriminierend zugleich ist.

    Die Definition von Übergewicht/Adipositas basiert auf Körpermaßen, die auf Körpergewicht und Körpergröße gründen. Diese sind einfach zu erfassen und erlauben eine rasche Klassifizierung. Für eine korrekte Ermittlung sind allerdings standardisiert erhobene Messwerte erforderlich. Grundlage der anthropometrischen Klassifikation des Körpergewichts ist nach internationaler Übereinkunft der „Body Mass Index" (BMI) oder Körpermassenindex. Dieser errechnet sich als Quotient aus Körpergewicht in kg und der Körpergröße in Metern im Quadrat:

    $$BMI=\frac{K\ddot{o}rpergewicht\,(kg)}{K\ddot{o}rpergr\ddot{o}e\,({{m}^{2}})}$$

    z. B. ein Mann mit Gewicht von 80 kg und Größe von 1,80 m,

    $$hat\,einen\,BMI\,von\frac{80}{1,\!80\times 1,\!80}=\frac{80}{3,\!24}=24,7\,\text{kg/}{{\text{m}}^{\text{2}}}$$

    bei einem Gewicht von 100 kg, beträgt der BMI = 30,9 kg/m².

    Die von der WHO im Jahr 2000 vorgeschlagene Definition und Klassifikation der Adipositas (WHO 2000) auf der Grundlage des BMI wird heute weltweit verwendet (Tab. 1.1). Der Normalgewichtsbereich ist als BMI zwischen 18,5 und 24,9 kg/m² definiert. Ab einem BMI von 25 kg/m² wird von Übergewicht gesprochen. Ein BMI von 30 kg/m² kennzeichnet die Schwelle zur Adipositas, die weiter in 3 Schweregrade unterteilt wird. Von Seiten der Adipositaschirurgie wird derzeit eine zusätzliche Differenzierung bei einem BMI ≥40 kg/m² diskutiert. Diese Klassifikation gilt für die weiße europäische Bevölkerung. Für Angehörige anderer ethnischer Zugehörigkeit gelten andere, meist niedrigere Grenzwerte (WHO 2000).

    Tab. 1.1

    Klassifikation des Körpergewichts anhand des BMI. (Mod. nach WHO 2000)

    Ein wichtiger Vorteil der BMI-Klassifikation nach WHO ist, dass Bereiche definiert werden, die den unterschiedlichen Körperbau- oder Konstitutionstypen besser gerecht werden. Tab. 1.2 führt die Gewichtsbereiche auf, die bei vorgegebener Körpergröße den einzelnen BMI-Klassen) zuzuordnen sind.

    Tab. 1.2

    Körpergewichtsbereiche innerhalb der BMI-Klassen nach WHO für Personen mit definierter Körpergröße (Mann mit 1,80 m, Frau mit 1,70 m; Daten auf- bzw. abgerundet)

    Die Klassifizierung des Körpergewichts basiert auf dem BMI. Adipositas ist als BMI ≥30 kg/m² definiert.

    Der BMI stellt aber lediglich ein indirektes anthropometrisches Maß der Körperfettmasse dar. Der Korrelationsquotient zwischen BMI und exakteren Methoden zur Erfassung des Körperfettanteils schwankt je nach Untersuchung zwischen 0,4 und 0,7. Damit besitzt der BMI nur einen begrenzten Wert zur Abschätzung des Körperfetts, da er nicht zwischen Körperfett und fettfreier Körpermasse differenzieren kann. Personen mit erhöhtem Körpergewicht aufgrund einer größeren Muskelmasse, z. B. Kraftsportler, haben ebenfalls einen höheren BMI, was möglicherweise zu falschen Schlussfolgerungen verleitet. Dementsprechend ist der prädiktive Wert des BMI für das Auftreten Adipositas-assoziierter Komplikationen begrenzt und im Einzelfall oft wenig aussagefähig.

    Gleichwohl gibt es eine Vielzahl von Kohortenstudien, in denen der Zusammenhang zwischen BMI und Erkrankungsrisiko bzw. Sterblichkeit untersucht und in denen zumindest auf Bevölkerungsebene konsistente Beziehungen gefunden wurden (Prospective Studies Collaboration 2009). Eine Auswertung von 5 US-amerikanischen Kohortenstudien berechnete den durchschnittlichen Verlust an Lebensjahren in Abhängigkeit von BMI und Alter (Fontaine et al. 2003). Daraus wird deutlich, dass ein früher Beginn von Übergewicht/Adipositas und ein steigender BMI mit einer wachsenden Verkürzung an Lebenszeit verbunden sind.

    Der BMI reicht als alleiniges Kriterium zur Indikationsstellung für therapeutische Maßnahmen nicht aus, es muss stets eine Abschätzung des Gesamtrisikos unter Einbeziehung weiterer Risikofaktoren erfolgen. Bei einem BMI ≥35 kg/m² ist allerdings grundsätzlich davon auszugehen, dass ein deutlich erhöhtes Risiko für Begleiterkrankungen und damit eine Behandlungsindikation besteht. Bei einem BMI unter 35 kg/m² liefert der Taillenumfang als Maß einer abdominalen Fettverteilung eine wichtige Zusatzinformation. Der Taillenumfang gilt als Parameter der viszeralen Fettdepots, die für das Komplikationsrisiko bedeutsamer zu sein scheinen als der BMI. Ein Taillenumfang >94 cm bzw. >102 cm beim Mann sowie >80 cm bzw. >88 cm bei der Frau weist auf ein mäßig (1,5- bis 2-fach) bzw. deutlich erhöhtes Risiko (relatives Risiko 2–4) für metabolische und kardiovaskuläre Komplikationen hin (Tab. 1.3).

    Tab. 1.3

    Taillenumfang sowie kardiovaskuläres und metabolisches Risiko. (Mod. nach WHO 2000)

    Der Taillenumfang wird meist am stehenden Patienten in der Mitte zwischen Oberrand des Rippenbogens und Beckenkamm bei leichter In- und Exspiration mit Hilfe eines einfachen Maßbands mit einer Genauigkeit von 1 cm bzw. 0,5 cm bestimmt. Beim adipösen Menschen kann die genannte Höhe für die Messung gut in der Axillarlinie gefunden und ggf. markiert werden. Das Maßband wird horizontal angelegt und darf nicht einschnüren (Abb. 1.1). Bei Verlaufsmessungen ist auf eine gute Standardisierung der Messmethode zu achten.

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    Abb. 1.1

    Messung von Taillenumfang

    A42041_4_De_1_Fig2_HTML.gif

    Abb. 1.2

    Nomogramm zur Ermittlung des Body-Mass-Index (BMI)

    Der Taillenumfang ist ein einfaches anthropometrisches Maß zur Erfassung des Fettverteilungsmusters und ein indirekter Parameter des viszeralen Fettgewebes.

    Ungeachtet seiner Limitationen hat der BMI einen hohen Nutzwert als Orientierungshilfe, da die meisten Studien zur Bedeutung von Übergewicht/Adipositas für das Erkrankungsrisiko und die Lebenserwartung auf dem BMI basieren. Für andere Parameter des Körperfetts wie den Körperfettanteil auf der Grundlage einer Bioimpedanzanalyse fehlen solche Daten. Eine Metaanalyse von 57 prospektiven Interventionsstudien, hauptsächlich an weißen Populationen, fand die höchste Lebenserwartung bei Männern und Frauen in der BMI-Kategorie 22,5–25 kg/m². Die Analyse zeigte außerdem, dass die Prognose bei höherem BMI vor allem von vorliegenden Risikofaktoren/Komorbiditäten bestimmt wird (Prospective Studies Collaboration 2009).

    Eine andere Metaanalyse verglich BMI und Taillenumfang als Determinanten für Erkrankungsrisiko und Mortalität und fand dabei nur einen geringgradig höheren prädiktiven Wert für Taillenumfang und WHR im Vergleich zum BMI im Hinblick auf kardiovaskuläre Komplikationen. Für das kardiovaskuläre Gesamtrisiko von übergewichtigen/adipösen Personen war dabei das Vorliegen von Risikofaktoren /Begleiterkrankungen wie Dyslipoproteinämie, Typ-2-Diabetes oder Hypertonie ausschlaggebend (Emerging Risk Factor Collaboration 2011).

    Alle großen Kohortenstudien zeigen eine J-förmige Beziehung zwischen BMI und Mortalität (Prospective Studies Collaboration 2009). Daraus wurde mehr oder weniger arbiträr abgeleitet, dass das Körpergewicht nicht unter 18,5 kg/m² (Untergewicht) liegen sollte. Lange Zeit war unklar, ob Untergewicht per se die Mortalität erhöht oder andere sekundäre Phänomene eine Rolle spielen. Diese Frage konnte durch eine Auswertung der Nurses‘ Health Studie (Manson et al. 1995) und anderer Studien weitgehend geklärt werden. Die erhöhte Mortalität bei untergewichtigen Personen ist demnach vor allem auf Zigarettenrauchen und vorbestehende Erkrankungen zurückzuführen, sodass Untergewicht per se (im Bereich 16–18,5 kg/m²) kein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko bedeutet. Vor allem leptosome Frauen liegen häufig in dieser Kategorie, ohne dass sie ein erhöhtes Mortalitätsrisiko aufweisen.

    In einer großen Kohortenstudie wurden Raucher und Personen mit definierten Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs) ausgeschlossen. Dabei fand sich eine deutliche Abschwächung, wenngleich keine komplette Aufhebung der Übersterblichkeit bei einem BMI <20 kg/m². Mit steigender Beobachtungsdauer ging die Übersterblichkeit bei einem BMI <20 kg/m² zurück. Bei dieser Vorgehensweise war zudem die Assoziation zwischen hohem BMI und erhöhter Mortalität stärker (Berrington de Gonzalez et al. 2010) (Abb. 1.2).

    1.1.2 Weitere anthropometrische Indices

    Bis vor wenigen Jahren wurde in Deutschland hauptsächlich der sog. Broca-Index verwendet. Diese einfache Formel definiert Normalgewicht als Körpergröße in cm minus 100 beim Mann, bei Frauen werden davon 5–10% abgezogen. Diese Formel führt zu erheblichen Verzerrungen bei Personen mit sehr hoher bzw. niedriger Körpergröße und wird zudem den unterschiedlichen Körperbautypen zu wenig gerecht. Dies waren die Hauptgründe, um den Broca-Index durch den BMI und Taillenumfang zu ersetzen.

    Der Taille-Hüft-Quotient („waist-hip ratio ", WHR) wurde vor mehr als 30 Jahren als Maß der Körperfettverteilung eingeführt (Kissebah et al. 1982). Die Messung des Hüftumfangs sollte der Berücksichtigung des Körperbaus dienen. In verschiedenen Studien konnte allerdings kein Vorteil dieses Quotienten im Vergleich zur alleinigen Messung des Taillenumfangs gesehen werden, sodass die WHR nicht zuletzt aus Praktikabilitätsgründen heute nicht mehr bestimmt wird und die Messung des Taillenumfangs ausreicht.

    Auf der Grundlage von Größe, Gewicht und Taillenumfang wurden verschiedenste Indices vorgeschlagen, um damit die Treffsicherheit im Hinblick auf die Gesundheitsrisiken zu erhöhen. Dazu gehört u. a. der Taille-Größe-Quotient („waist-to-height", WtH ), der von einzelnen Gruppen propagiert wird (z. B. Schneider et al. 2010), ohne bisher allerdings größere Anerkennung gefunden zu haben.

    1.1.3 Definitionen für das beste Körpergewicht („Idealgewicht und „Wohlfühlgewicht)

    Üblicherweise werden erstrebenswerte Zielwerte für Körpergewicht an Parametern wie begleitenden Risikofaktoren oder Lebenserwartung festgemacht. Alle bisherigen Bemühungen, eine einfache Formel für Idealgewicht oder „wünschenswertes Gewicht" zu finden, waren erfolglos, weil es offensichtlich bei identischen Gewichtsparametern eine hohe Variabilität im Risiko gibt und viele Parameter die Risiken eines erhöhten Körpergewichts modifizieren. Wie dargestellt ist es möglich, für eine Population Gewichtskategorien mit der niedrigsten Sterblichkeit zu bestimmen.

    Aufgrund der vielen individuellen Einflussfaktoren ist dies bei einer Einzelperson wesentlich schwieriger. Der schon lange bestehende Begriff des „Idealgewichts" spricht dagegen das Individuum an und gibt vor, dass eine solche Definition auch im Einzelfall möglich ist. Dies ist grundsätzlich problematisch und es lassen sich bestenfalls größere Gewichtskorridore definieren.

    Auch der Begriff des „Wohlfühlgewichts kann nur als irreführend bezeichnet werden. Dieser Begriff wird gerne in der Laienpresse, aber durchaus auch in der medizinischen Literatur verwendet. Damit wird fälschlicherweise suggeriert, dass ein gesundheitlich optimales Körpergewicht quasi „gefühlt werden kann. Diese Definition ist höchst subjektiv und nicht überprüfbar. Der Begriff ist somit im klinischen Kontext unbrauchbar.

    Populäre Begriffe wie „Idealgewicht oder „Wohlfühlgewicht sind nicht rational definierbar und sollten heute gemieden werden.

    1.1.4 Bedeutung des Lebensalter s

    Seit Jahren gibt es eine kontroverse und bislang nicht entschiedene Diskussion, ob und wie das Lebensalter bei der Festlegung des Normalgewichts berücksichtigt werden soll. Von Andres et al. war 1985 auf der Grundlage einer Auswertung der „Build and Blood Pressure"-Studie gefordert worden, die empfohlenen BMI-Kategorien in Abhängigkeit vom Lebensalter zu definieren und die Autoren schlugen dafür ein einfaches Schema vor, das häufig zitiert wird (Andres et al. 1985; Tab. 1.4). Diese Empfehlung beruht auf der Beobachtung, dass der BMI mit der höchsten Lebenserwartung mit dem Älterwerden ansteigt. Dagegen stehen epidemiologische Befunde, die für ein stabiles Körpergewicht während des gesamten Erwachsenenlebens sprechen.

    Tab. 1.4

    Empfohlenes Gewicht in Abhängigkeit vom Alter. „Body Mass Index" (BMI) mit der geringsten Sterblichkeit bei Männern und Frauen unterschiedlichen Alters

    Alle Altersklassen: 20–25 Männer b ( $$ \overline x $$ = 22,0); 19–26 Frauen b ( $$ \overline x $$ = 21,5) a Höchste Lebenserwartung nach Andres (1985). b Nach Metropolitan Life Insurance Company (1959).

    Mehrere große Kohortenstudien haben in den letzten Jahren deutlich gezeigt, dass der ungünstige Effekt eines erhöhten Körpergewichts auf die Lebenserwartung mit steigendem Alter abnimmt (Berrington de Gonzalez et al. 2010, Calle et al. 1999, Pischon et al. 2008). Diese Assoziation könnte aber dadurch verzerrt sein, dass adipöse Personen mit hohem Risiko vorzeitig versterben sowie hinzukommende andere Risikofaktoren den Effekt des erhöhten Körpergewichts auf das Erkrankungsrisiko und die Lebenserwartung abschwächen.

    Der Einfluss der Adipositas auf die Lebenserwartung schwächt sich mit steigendem Lebensalter ab.

    1.1.5 Geschlecht

    Die meisten Studien zu dieser Frage liefern keine überzeugenden Befunde, dass es relevante Geschlechtsunterschiede gibt, die eine geschlechtsspezifische Klassifikation begründen würden, obwohl dies in der Vergangenheit immer wieder vorgeschlagen wurde. Dennoch gibt es Hinweise, dass Frauen bei gleichem BMI wie Männer ein günstigeres Risikofaktorenprofil aufweisen (Krotkiewski et al. 1983). In der Übergewichtskategorie (BMI 25–29,9), aber auch darüber hinaus, scheinen Frauen aufgrund ihres mehr peripheren Fettverteilungsmusters und deutlich kleinerer viszeraler Fettdepots ein günstigeres Adipositas-assoziiertes Risikoprofil zu haben.

    Fazit

    Die Klassifikation der Adipositas erfolgt heute nach den Empfehlungen der WHO anhand des BMI. Diese orientiert sich am Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko, welches in großen Kohorten bestimmt wird, für den Einzelfall aber keine Risikoabschätzung erlaubt.

    Ein weiterer wichtiger Parameter ist der Taillenumfang, der stets zusammen mit dem BMI erfasst werden sollte.

    1.2 Untersuchungsmethoden – Körperzusammensetzung

    A. Bosy-Westphal⁶  und M.J. Müller⁷

    (6)

    Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, Technische Universität München Klinikum rechts der Isar, Uptown München Campus D,, Gregor-Mendel-Str. 2, 85350 Freising-Weihenstephan, Deutschland

    (7)

    Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, Technische Universität München Klinikum rechts der Isar, Uptown München Campus D,, Georg-Brauchle Ring 62, 80992 München, Deutschland

    Körperfett, spezifische Fettdepots, Fettverteilung und Muskelmasse charakterisieren den „adipösen Phänotyp. Die Körperzusammensetzung bestimmt anteilig das gesundheitliche Risiko eines Menschen, dieses wird bei Übergewichtigen und Adipösen wesentlich durch das „Bauchfett und die sog. ektopen Fette in Organen wie Leber, Muskel und Pankreas erklärt. Unterschiede zwischen „benigner, d. h. „metabolisch-gesunder Adipositas, und adipösen Patienten mit Stoffwechselstörungen (wie der Insulinresistenz) sind zu Unterschieden in der Körperzusammensetzung assoziiert.

    1.2.1 Sinnhafte Anwendung in Diagnostik und Therapie

    Monitoring bei Therapie

    Die Erfassung der Körperzusammensetzung ist Teil des „Monitorings" bei Adipositastherapie.

    Die quantitative Erfassung der Fettmasse ermöglicht die Berechnung der Energiespeicher, der Ruhe- bzw. der 24-Stunden-Energieverbrauch können anhand der Mager- (bzw. fettfreien) Masse und der Fettmasse vorhergesagt werden. Entsprechend der angestrebten Gewichtsreduktion werden das notwendige Energiedefizit und ein individuell angemessener Diätplan errechnet.

    Die Körperzusammensetzung charakterisiert und erklärt den Erfolg bzw. den Misserfolg der Behandlung. Die Zusammensetzung des „verlorenen Gewichtes aus Fett und Magermasse ist inter-individuell sehr unterschiedlich. Patienten mit einer hohen Ausgangsfettmasse mobilisieren anteilig mehr Fettmasse und nehmen deshalb bei gleichem Energiedefizit langsamer ab als Patienten mit einer niedrigeren Fettmasse. Dieses wird durch den unterschiedlichen Energiegehalt von Fettmasse und Körpereiweiß erklärt (9,25 vs. 5,65 kcal/g). Vice versa erfolgt die Gewichtszunahme in Form von Fett „schneller als die Synthese von Eiweiß, die energetischen Kosten betragen 3,25 vs. 7,65 kcal/g.

    Der „Energiegehalt des Gewichtsverlustes ist abhängig von Geschlecht und Dauer der Behandlung. Unter Diät beträgt der Verlust an Energie pro kg reduziertem Körpergewicht zwischen 6800 und 7250 kcal (Frauen) bzw. 6000–6500 kcal (Männer). bei gleichem Gewichtsverlust verlieren Männer mehr Magermasse als Frauen. Die Kinetik des Gewichtsverlusts offenbart, dass die „Energieäquivalente des „verlorenen" Gewichts mit der Dauer der Gewichtsabnahme variieren: Während der ersten 2 Wochen der Behandlung liegen die Werte unter 5000 kcal/kg, höhere Werte werden frühestens nach der 3. Woche beobachtet. Wishnofskys Gesetz (i.e. 7700 kcal/kg) wird erst in späten Phasen der Gewichtsabnahme erreicht.

    Identifikation spezieller Phänotypen

    Einschätzung des gesundheitlichen Risikos

    Zwischen 10 und 30% der adipösen Erwachsenen haben keine Störungen im Fett- und Glukosestoffwechsel oder Blutdruck, sie werden als „metabolisch gesund (= „der gesunde Adipöse) eingeschätzt. Dieser Phänotyp wird in der Praxis anhand kardiometabolischer Risikofaktoren erfasst. Aus Sicht der Körperzusammensetzung haben diese „gesunden Patienten" eine günstigere Fettverteilung: Sie haben mehr gluteo-femorales Fettgewebe, weniger viszerales Fett und auch einen geringeren Fettgehalt der Leber.

    Sarkopene Adipositas

    Bei älteren Adipösen wird häufig ein sarkopener Phänotyp beobachtet. Sarkopenie ist der Verlust der Skelettmuskelmasse. Bei sarkopener Adipositas wird dieser durch die gleichzeitig hohe Fettmasse „maskiert" und ist anhand des Körpergewichts nicht zu erkennen. Der Verlust an Muskelmasse bedeutet einen Verlust an Muskelkraft und Lebensqualität sowie eine erhöhte Mortalität. Prävalenz, Pathophysiologie und Behandlung der sarkopenen Adipositas sind bislang weitgehend unklar. Die Untersuchung der Körperzusammensetzung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung von Diagnosekriterien. Die Beurteilung der Muskelmasse muss anhand des Verhältnisses von Muskel- zu Fettgewebe erfolgen. Das Verhältnis von Muskel zu Fettgewebe nimmt mit steigendem Übergewicht ab. Eine frühzeitige Diagnose einer zu geringen Muskelmasse im Verhältnis zur Fettmasse bei jüngerem Lebensalter erscheint aus Sicht von Prävention und der möglicherweise in späteren Lebensjahren auftretenden Sarkopenie wünschenswert.

    Die Erfassung der Körperzusammensetzung ist vor und während der Behandlung adipöser Patienten sinnhaft, sie dient auch der Bestimmung des gesundheitlichen Risikos.

    1.2.2 Bewertung von Methoden für In-vivo-Analyse der Körperzusammensetzung

    Der Wert einer Methode ergibt sich zunächst aus deren gezieltem Einsatz: Was ist die Fragestellung, was will der Untersucher wissen? Die Untersuchung der Körperzusammensetzung hat mehrere mögliche Zielgrößen. Diese sind z. B. die Knochendichte bei Osteoporose, die Körperzellmasse bei Patienten mit einer Tumorkachexie oder das viszerale Fettgewebe bzw. das Leberfett bei Übergewichtigen mit einem metabolischen Syndrom. Aus der jeweiligen Fragestellung, den den verschiedenen Messverfahren zugrunde liegenden Annahmen und deren Grenzen ergibt sich die gezielte und sinnhafte Anwendung der Methoden. Die Sinnhaftigkeit berücksichtigt auch die Gütekriterien, „Genauigkeit und „Präzision, sowie das Vorliegen von für die Methode geeigneter Referenzwerte, welche wiederum eine Bewertung und Einordnung der Befunde erlauben. Nicht zuletzt sind Kosten und Praktikabilität der jeweiligen Methode zu berücksichtigen. Für den Anwender sind die Vor- und Nachteile der Methoden nicht leicht abzuwägen. Im Alltag entscheiden häufig praktische Gründe über die Wahl der Methode. Eine korrekte Interpretation der Ergebnisse erfordert Kompetenz, Erfahrung und ein „sich Einlassen".

    1.2.3 Methoden der In-vivo-Analyse der Körperzusammensetzung

    Dieser Abschnitt zur In-vivo Analyse der Körperzusammensetzung bei adipösen Patienten beschäftigt sich zunächst mit den sog. „Praxis-Methoden, d. h. die in der ärztlichen Praxis anwendbaren Methoden wie z. B. Anthropometrie und bioelektrische Impedanz-Analyse (BIA) . Davon zu trennen sind die „Methoden für die Forschung und spezielle klinische Indikationen, die ein genaueres Verständnis des adipösen Phänotyps, seiner anteiligen Ätiologie und Komorbidität ermöglichen. Körperzusammensetzung wird in Diametern, Umfängen, Dicken, Massen oder Volumina von Organen, Geweben und Körperkomponenten charakterisiert. Diese können wiederum als Prozent des Körpergewichtes (Beispiel: %Fettmasse) bzw. seiner Anteile (Beispiel: viszerales Fett als % des Gesamtkörperfetts) und auch bezogen auf die Körpergröße (z. B. als Fettmassen- bzw. Fettfreie-Massen-Index, d. h. als FMI und FFMI in kg/m²) ausgedrückt werden.

    Die Charakterisierung des Gewichtsverlustes ist eine Herausforderung für alle In-vivo-Methoden zur Erfassung der Körperzusammensetzung. Dieses hat verschiedene Gründe. Zum einen begrenzt die Präzision der Methoden (z. B. der Anthropometrie) die Nachweisgrenze von Veränderungen in der Fett- und Magermasse (oder auch fettfreie Masse = FFM). Zum anderen ist zu Beginn einer Gewichtsreduktion die Abnahme des Körperwassers (welche durch die Mobilisation von Glykogen und Protein sowie eine vermehrte Natriurese erklärt wird) überproportional, die Hydratation und auch die Dichte der FFM verändern sich. „Praxis-Methoden zur Erfassung der Körperzusammensetzung setzen aber eine konstante Hydratation der FFM von 72–73% voraus. Aufwendigere Methoden erlauben aber auch eine differenzierte Bestimmung der „Zusammensetzung des Gewichtsverlustes. Hierauf wird unter ▶ Abschn. 1.2.5 eingegangen.

    1.2.4 „Praxis-Methoden"

    Anthropometrie charakterisiert den Ernährungszustand, sie umfasst die Messungen von Größe, Gewicht, Körperumfängen und Hautfaltendicke. Auf die Bestimmung des Konstitutionstyps (auch Frame Size genannt), z. B. anhand der Vermessung von Distanzen wie z. B. der Distanz zwischen medialem und lateralem Epicondylus des Humerus zur Bestimmung der „Stärke des Knochenbaus, wird im Folgenden nicht eingegangen, da sie in der Diagnostik der Adipositas keine Rolle spielt. In Adipositaszentren und Kliniken werden heute auch apparativ aufwendigere und differenziertere Messungen der Körperzusammensetzung, z. B. mithilfe der bioelektrischen Impedanzanalyse, der Densitometrie und „Dual X-ray Absorptiometry (DXA) , durchgeführt. Auch diese Methoden werden in diesem Abschnitt beschrieben.

    Gewicht, Größe, Body Mass Index (BMI)

    Gewicht und Größe werden unter standardisierten Bedingungen mit einer sehr hohen Präzision gemessen. Die Messung des Körpergewichts erfolgt morgens nüchtern, in Unterwäsche, ohne Schuhe und nach Blasenentleerung. Wiederholungsmessungen sollten unter identen Bedingungen und zur selben Tageszeit durchgeführt werden. Bei der Messung der Körpergröße sind die Füße „geschlossen" (d. h. Fersen zusammen), sie erfolgt unter Berücksichtigung der sog. Frankfurter Linie (Orbitaboden und Meatus acusticus externus liegen auf einer horizontalen Linie); Waden, Gesäß und Rücken sollten das Stadiometer berühren.

    Der BMI wird aus dem Quotienten von Gewicht (in kg) und dem Quadrat der Körpergröße (in m) berechnet (▶ Formel: Abschn. 1.1.1). Der belgische Gelehrte Adolphe Quetelet untersuchte bereits 1870 die Beziehung zwischen Körpergewicht und Körpergröße. Er entdeckte, dass der Körper bei Gewichtszunahme nicht gleichmäßig in die Höhe und Breite „wächst (d. h. geometrisch wächst); in diesem Fall wäre das Körpergewicht proportional zur Körpergröße in m³, „doppelt so große Menschen hätten dann ein 8-fach größeres Körpergewicht. Auch ist das Körpergewicht nicht direkt proportional zur Körpergröße (d. h. dass eine Verdopplung der Größe mit einer Verdopplung des Gewichts einherginge). Quetelet erkannte demgegenüber, dass sich das Körpergewicht proportional zur „quadrierten Körpergröße verhält. Eine „Normalisierung des Körpergewichts um die Größe in m² erlaubt eine „größenunabhängige" Bewertung des Gewichts.

    Der BMI ist eine indirekte Kenngröße (sog. proxy) der Fettmasse. Der BMI dient der Kategorisierung von Untergewicht, Normalgewicht, Übergewicht und Adipositas, er gehört zu den WHO-Kriterien, die das metabolische Syndrom definieren. Anhand des BMI wird die Indikation für eine „Adipositas-chirurgische Maßnahme gestellt (z. B. BMI ≥40 kg/m² ohne Komorbiditäten) oder auch ein konservatives Therapieprogramm inkl. Kostenerstattung der Krankenkasse festgelegt (BMI ≥30 kg/m²). Ein hoher BMI ist ein „Risiko im Zusammenhang mit dem Abschluss einer privaten Krankenversicherung, er ist ein Kriterium für die Musterung bei der Bundeswehr sowie eine Voraussetzung für die Einstellung in den öffentlichen Dienst; in einigen deutschen Bundesländern wie z. B. in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ist er ein Kriterium für die Verbeamtung. Alle diese Beispiele setzen voraus, dass der BMI im Einzelfall den Ernährungszustand, d. h. die Fettmasse und das mit einer hohen Fettmasse verbundene Gesundheitsrisiko, hinreichend charakterisieren kann. Genau dies ist jedoch die Schwäche des BMI.

    Während der BMI in epidemiologischen Untersuchungen eine gute Beziehung zur Fettmasse zeigt, ist der BMI im Einzelfall ein sehr ungenaues Maß der Fettmasse (Abb. 1.3). Inter-individuell bestehen auch bei gleichem BMI große Unterschiede in der Fettmasse. Der BMI bildet auch nicht die altersbedingten Unterschiede im Körperfettanteil ab: Mit steigendem Alter nehmen sowohl die Körpergröße als auch die Muskelmasse ab. Auch bei schlanken Menschen ist der BMI ein schlechtes Maß der Fettmasse, die Sensitivität und Spezifität des BMI nimmt mit steigendem BMI zu. Der BMI überschätzt den Körperfettanteil bei Athleten, das Gewicht bei Sportlern (auch z. B. bei übergewichtigen Sportlern wie Sumo-Ringern) wird anteilig durch eine höhere Muskelmasse und nicht unbedingt durch eine höhere Fettmasse erklärt. Der BMI ist ungeeignet, Geschlechts- und auch Ethnien-spezifische Unterschiede im Körperfettanteil und in der Körperzusammensetzung zu erfassen.

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    Abb. 1.3

    Beziehung zwischen BMI und prozentualem Fettgehalt des Körpers bei 1100 Erwachsenen. Die Erfassung der Fettmasse erfolgte mit der Air-DisplacementPlethysmography. Die Normalbereiche für Europäer sind angegeben. (Aus: Müller et al. 2010. Mit freundlicher Genehmigung von ObesRev)

    Im frühen Kindesalter ist eine Normalisierung des Körpergewichts für die Körpergröße in m² ungeeignet, da das Körpergewicht noch bis etwa zum Alter von 8 Jahren und darüber hinaus proportional zur Körpergröße³ ist; damit nimmt die Breite des Körpers etwa im selben Maß zu wie die Körpergröße (geometrisches Wachstum; ▶ oben). Dieser „Ponderal Index " (Gewicht in kg/Größe in m³) findet Anwendung in der Pädiatrie, er wird jedoch heute vielfach durch den BMI ersetzt.

    Ein Beispiel soll das Problem illustrieren: Ein normalgewichtiger junger Mann mit einem BMI von 23 kg/m² hatte im Alter von 10 Jahren noch einen BMI von 16 kg/m², obwohl sich sein Körperfettanteil seitdem nicht verändert hat. Die Normalisierung des Gewichts um das Quadrat der Körpergröße führt bei Kindern und Erwachsenen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit altersabhängiger Normalbereiche für den BMI im Kindes- und Jugendalter. Diese werden in Form von Perzentilenkurven angegeben. Eine Perzentile gibt die Rangposition innerhalb einer Population an. Zum Vergleich von Populationen wird üblicherweise die 50. Perzentile herangezogen. Die Kategorisierung erfolgt normativ: Werte oberhalb der 90. bzw. 95. oder 97. Perzentile gelten als „Übergewicht bzw. „adipös; unterhalb der 10. Perzentile besteht Untergewicht.

    Es gibt aktuelle Referenzwerte für den BMI von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland. BMI-Perzentilen unterliegen einem zeitlichen Wandel, wenn eine Bevölkerung immer „dicker wird (und also die 50., 90., 95. bzw. 97. Perzentilen mit der Zeit ansteigen), bleibt die Prävalenz von Übergewicht „gleich, die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas wird anhand „aktueller BMI-Perzentilen (z. B. anhand des Kinder- und Jugend-Gesundheitssurveys des Robert-Koch-Instituts in Berlin, KiGGS, 2005) unterschätzt. Im Vergleich dazu ergibt die Verwendung älterer Referenzwerte höhere Zahlen, z. B. die „internationalen BMI-Perzentilen nach Tim Cole, welche im Jahre 2000 publiziert worden waren und die bei Erwachsenen bekannten und Risiko-assoziierten cut-offs von ≥25 und ≥30 kg/m² auf die entsprechenden BMI-Werte im Kindes- und Jugendalter zurückrechnen.

    Taillen- oder „Bauch-Umfang („waist circumference, WC)

    Der Taillenumfang ist ein einfaches anthropometrisches Maß zur Charakterisierung einer „Bauch-betonten" Adipositas, er zeigt eine enge Beziehung zur Adipositas-assoziierten Morbidität. Allerdings ist die Lokalisation seiner Messung bisher nicht vereinheitlicht. Nach dem National Health and Examination Survey (NHANES 1996) aus den USA gilt:

    To define the level at which waist circumference is measured, a bony landmark is first located and marked. The subject stands and the examiner, positioned at the right of the subject, palpates the upper hip bone to locate the right iliac crest. Just above the uppermost lateral border of the right iliac crest, a horizontal mark is drawn, then crossed with a vertical mark on the midaxillary line. The measuring tape is placed in a horizontal plane around the abdomen at the level of this marked point on the right side of the trunk. The plane of the tape is parallel to the floor and the tape is snug, but does not compress the skin. The measurement is made at a normal minimal respiration.

    Im Gegensatz zu NHANES liegt der Messpunkt der WHO in der Mitte der vorderen Axillarlinie zwischen dem unteren Rippenbogen und der Crista iliaca anterior (dem Beckenkamm). Die Referenzpunkte von NHANES und WHO unterscheiden sich hinsichtlich ihres mittleren Umfanges z. B. bei Frauen aller BMI-Gruppen um ca. 5 cm.

    Je nach Referenzpunkt und Grenzwert ergeben sich unterschiedliche Prävalenzen von erhöhtem Taillenumfang (i.e. „over-waist"; Abb. 1.4). Streng genommen gelten die empfohlenen Grenzwerte nur für die Messung nach WHO, da sie für diesen Referenzpunkt generiert wurden: Nach den NCEP-ATPIII-Kriterien für das metabolische Syndrom ist ein Taillenumfang von >88 cm bei Frauen und >102 cm bei Männern erhöht. Nach der International Diabetes Federation (IDF) gelten jedoch niedrigere Grenzwerte von >80 cm bei Frauen und >94 cm bei Männern. Diese Grenzwerte wurden anhand der cut-offs für den BMI (25 bzw. 30 kg/m²) generiert. Alternativ sollte der Taillenumfang aber mit dem abdominalen oder viszeralen Fettgewebe oder direkt mit Morbidität bzw. Mortalität assoziiert bzw. kategorisiert werden.

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    Abb. 1.4

    Vergleich dreier Referenzpunkte zur Messung des Taillenumfangs hinsichtlich ihres mittleren Umfanges und der Prävalenz erhöhter Werte nach IDF (International Diabetes Federation) und WHO (World Health Organization) bei 54 Frauen und 53 Männern

    Die „Grenzen des Taillenumfangs betreffen sowohl die Validität des Parameters im Hinblick auf die Bestimmung des intraabdominalen, d. h. viszeralen „Risikofettgewebes, als auch die Präzision der Messung selbst. Der Taillenumfang ist nicht einfach und sicher reproduzierbar zu messen. Seine Messung hat einen Variationskoeffizient von 4% (im Vergleich zu <1% beim BMI). Entgegen der Annahme, der Taillenumfang sei ein indirektes Maß des intraabdominalen (sog. viszeralen) Fettgewebes , korreliert er bei beiden Geschlechtern enger mit dem subkutan-abdominalen als mit dem intraabdominalen Fettgewebe . Dies gilt besonders für Kinder und Jugendliche. Das viszerale Fettgewebe zeigt eine deutliche Altersabhängigkeit, bei Kindern ist fast ausschließlich subkutan-abdominales Fettgewebe ausgebildet (Abb. 1.5). Auch Geschlecht und Alter haben einen Einfluss: Während 20–40 Jahre alte Männer bei erhöhtem Taillenumfang bereits große Mengen an viszeralem Fettgewebe aufweisen, findet sich bei Frauen eine deutliche Zunahme des viszeralen Fetts erst nach der Menopause. Bei den Grenzwerten von 80 vs. 94 cm bzw. 88 vs. 102 cm haben Männer im Vergleich zu Frauen das „3,8-Fache" an viszeralem Fett. Mit zunehmendem Alter entspricht der Taillenumfang mehr dem viszeralen Fettgewebe. Dennoch ist er ein Maß für das gesamte abdominale Fettgewebe.

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    Abb. 1.5

    Beziehung zwischen Taillenumfang und dem Volumen an viszeralem Fettgewebe (VAT in cm³) bei Kindern/Jugendlichen, jüngeren und älteren Erwachsenen. (Mod. nach Bosy-Westphal et al. 2010)

    Der Taillenumfang wird auch alternativ zum BMI verwendet. Er ist Teil der meisten Definitionen des metabolischen Syndroms (NCEP-ATPIII 2002, EGIR 1999, IDF 2006). Der BMI ist eng zum Taillenumfang korreliert, er hat aber keinen zusätzlichen und unabhängigen Wert für die Prädiktion des Risikos; demgegenüber steigt das metabolische Risiko bei gleichem BMI mit dem Taillenumfang. Während 96% der Frauen mit einem BMI ≥30 kg/m² auch einen Taillenumfang von über 88 cm aufweisen, haben demgegenüber 43% der Übergewichtigen einen normalen oder allenfalls leicht erhöhten Taillenumfang; bei 10% der normalgewichtigen Frauen ist der Taillenumfang erhöht. Die Messung des Taillenumfanges ist sinnvoll bei Normal- und Übergewichtigen, bei Adipositas ist der Taillenumfang regelhaft erhöht. Aktuell gibt es Referenzwerte für den Taillenumfang bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland.

    „Waist-to-height ratio" (WHtR)

    Der Taillenumfang kann auf die Körpergröße bezogen werden. Eine Normalisierung des Taillenumfangs für die Körpergröße ist sinnvoll, da mit steigender Körpergröße auch eine Zunahme des Körperumfangs verbunden ist, die unabhängig vom Ernährungszustand (d. h. der prozentualen Fettmasse) ist. Im Vergleich aller anthropometrischen Indices hat das WHtR die engste Beziehung zum kardiometabolen Risiko. Für das WHtR gelten für beide Geschlechter dieselben Grenzwerte. Ein WHtR von 0,51 entspricht einem BMI von 25 kg/m² und ein WHtR von 0,57 einem BMI von 30 kg/m².

    „Waist-to-hip ratio" (WHR)

    Das Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang beschreibt die Körperfettverteilung . Der Hüftumfang wird in Höhe der Trochanteren (auf Ebene der Symphyse, an der ausladendsten Stelle des Gesäßes) gemessen, er ist ein Maß für das Körpervolumen und das gluteo-femorale Fettgewebe , welches als „protektiv im Hinblick auf das kardiometabole Risiko bewertet wird. Grenzwerte der WHR sind <1,0 für Männer und <0,85 für Frauen, der in wissenschaftlichen Untersuchungen für die Risikoeinschätzung „optimale Grenzwert beträgt 0,98 (Männer) und 0,89 (Frauen). WHR wurde in den letzten Jahren selten verwendet, da der Taillenumfang alleine der WHR im Hinblick auf die Erfassung des „metabolischen Risikos „überlegen ist; WHR erfasst nicht genau die Bedeutung des abdominalen Fetts für die Insulinresistenz. Demgegenüber erlaubt der WHR im Vergleich zu WC (und auch dem BMI) eine bessere Vorhersage des kardiovaskulären Risikos; die Einschätzung ist bei jüngeren Erwachsenen (Alter <60 Jahre) und Kaukasiern im Vergleich zu Älteren bzw. Menschen anderer Ethnien am genauesten.

    Die Einschränkung des WHR soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Eine Zunahme von 10 kg Körpergewicht führt zu einer deutlichen Zunahme des Risikofettgewebes (und damit auch des Taillenumfangs); das bedeutet aber nicht unbedingt auch eine Zunahme der WHR, da der Hüftumfang (wie z. B. bei Frauen häufig) im gleichen Maße zunehmen kann. Die WHR impliziert, dass das Risiko eines hohen Taillenumfangs durch einen entsprechend hohen Hüftumfang „kompensiert werden kann. Dies setzt jedoch voraus, dass das gluteo-femorale Fettgewebe tatsächlich „protektiv ist und somit viel gluteo-femorales Fettgewebe unabhängig vom Gesamtkörperfettanteil besser ist als wenig. Eine vom Taillenumfang und Übergewicht unabhängige protektive Bedeutung von gluteo-femoralen Fettgewebe ist nicht sicher belegt. Eine alternative Erklärung für eine mögliche protektive Bedeutung des Hüftumfangs ist seine Beziehung zur Muskelmasse bzw. zur fettfreien Masse des Körpers.

    Eine Kritik am WHR ist die Messungenauigkeit zweier Umfangsmessungen die in den Quotienten eingehen. Dieser setzt auch ein über den gesamten Wertebereich konstantes Verhältnis zwischen „Risiko(Taillenumfang) und „Schutz (Hüftumfang) voraus. Möglicherweise ist aber die protektive Wirkung des Hüftumfangs nicht genauso stark, wie die negative Wirkung des Taillenumfangs. Es gibt aktuell keine Referenzdaten für den Hüftumfang, seine Bedeutung bei Kindern und Jugendlichen ist unklar.

    „Body Adiposity Index (BAI): „(hip/height1.5) -18

    Dieser vom Gewicht unabhängige Index zeigt im Vergleich zum BMI (Abb. 1.3) eine engere Korrelation zum Körperfett. Es ist unklar, inwieweit diese Beziehung durch Alter, körperliche Aktivität und Ethnizität beeinflusst wird. Bei Kindern und Jugendlichen findet der BAI keine Anwendung.

    Hautfaltenmessungen

    Die Hautfaltendicke wird mit einer geeichten Caliperzange an bestimmten Referenzpunkten (üblicherweise gemessen als Triceps-, Biceps-, Subscapular- und Suprailiacal- bzw. paraumbilikale Hautfalten) des Körpers gemessen; die Messung erfasst das subkutane Fettgewebe in mm. Bei Schlanken entspricht das subkutane Fett etwa 80% des Gesamtkörperfetts, bei stark Adipösen sind es „nur" 50%. Die Hautfalten können einzeln oder in Summe bewertet werden. Das Verhältnis von Hautfalten am Rumpf zu den Hautfalten am Arm ist ein Maß der Fettverteilung. Aus der Dicke der Hautfalten wird anhand publizierter Regressionsformeln die Körperdichte bzw. die prozentuale Körperfettmasse errechnet (▶ Densitometrie). Hautfalten sind bei Kindern gut zur Bestimmung der Körperdichte geeignet. Demgegenüber ist die Messung der Hautfalten als Maß der Fettmasse bei Erwachsenen und insbesondere bei Adipösen ungenauer. Die Präzision der Methode beträgt 5–10%. Für Kinder und Jugendliche gibt es in Deutschland aktuelle Referenzwerte.

    Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA)

    Die BIA misst bei einer einzelnen oder auch bei mehreren Frequenzen (i.e. mono- oder multifrequent) die Leitfähigkeit der elektrolythaltigen Körperflüssigkeit für elektrischen Wechselstrom, in der Regel ist die Messung monofrequent bei 50 kH. Die Messung erfolgt z. B. über 4 Elektroden an Hand und Fuß. Standardisierte Messbedingungen sind: Abwinkeln der Extremitäten um 30°, Elektrodenabstand von mindestens 5 cm, keine kalten Hände und Füße, entleerte Blase, in Ruhe und liegend (ca. 10 min), sowie 3–4 h Abstand zur letzten größeren Mahlzeit.

    Die Impedanz ist der Widerstand gegenüber dem Wechselstrom, dieser setzt sich zusammen aus den primären Messgrößen der BIA, dem resistiven und dem kapazitiven Widerstand (R, Resistance und Xc, Reactance oder kapazitiver Widerstand). Die Widerstände zeigen eine statistische Beziehung zu den „sekundären" Parametern wie dem Gesamtkörperwasser, dem extrazellulären Körperwasser und der Körperzellmasse. Es besteht ein enger inverser Zusammenhang zwischen der Resistance bzw. dem sog. Resistance Index (Größe²/R) bei 50 kHz und dem Gesamtkörperwasser. Weitere sekundäre Zielgrößen der BIA sind die FFM (welche nach Gesamtkörperwasser/0,732 berechnet wird), die Fettmasse (Differenz zwischen Körpergewicht und FFM) und die Körperzellmasse (Berechnung mit Hilfe von Xc). Bei niedrigeren Frequenzen (z. B. 5 kHz) ist der elektrische Wechselstrom kaum in der Lage, die Zellmembranen zu durchdringen, in diesem Fall ist der Widerstand proportional zum extrazellulären Flüssigkeitsvolumen. Die Widerstände können mit einer hohen Präzision gemessen werden.

    Zur Berechnung der Körperzusammensetzung werden Algorithmen verwendet, deren Herkunft und Validität gelegentlich unklar sind. Bei den Formeln der BIA wird zwischen populationsspezifischen und allgemein anwendbaren Algorithmen unterschieden. Es gibt heute mehr als 100 meist populationsspezifische Gleichungen und es kommen fortlaufend neue Algorithmen hinzu. Die zur Berechnung der Körperzusammensetzung verwandten Algorithmen der BIA sind empirisch, sie wurden durch den Vergleich der gemessenen Widerstände mit der mithilfe von sog. Referenzmethoden charakterisierten Körperzusammensetzung (z. B. Bestimmung des Körperwassers mit Isotopendilution oder Densitometrie zur Bestimmung der Körperdichte, ▶ unten) in ausgewählten Populationen und mit multivariater Statistik errechnet. Für die Anwendung sollten die Charakteristika der Referenzpopulation und die Methodik selbst (z. B. Gerätetyp, Protokoll der Untersuchung) mit denen der Untersuchungsgruppe übereinstimmen. Bei der Auswahl eines Algorithmus werden folgende Charakteristika der Referenzgruppe hinterfragt: Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, mittlere prozentuale Fettmasse, körperliche Aktivität und die Referenzmethode selbst. Algorithmen werden in der Regel an Gesunden generiert und validiert, bei kranken Menschen und einer veränderten Körperzusammensetzung bleibt ihre Güte häufig unklar.

    Bei „multifrequenter Analyse (sog. „Multifrequenz-BIA) oder Bioimpedanz-Spektroskopie (BIS) werden mehrere Frequenzen bzw. wird ein Spektrum aller Frequenzen bis zu 1 MHz erfasst. Das Ergebnis von BIS basiert auf einem physiologischen Modell sowie einer Mischgleichung (Cole-Cole Plot und Formel nach Hanai), welche zunächst die elektrischen Widerstände von extra- und intrazellulärem Wasser bestimmen und anschließend die Volumina dieser Kompartimente berechnen. Der Vorteil der BIS ist, dass das Ergebnis nicht von einem populationsspezifischen Algorithmus abhängt (der meist nur für gesunde und gut „hydrierte Probanden generiert wurde), und eine genauere Berechnung der Flüssigkeitsräume auch bei Patienten mit Störungen der Flüssigkeitshomöostase, z. B. Dialysepatienten oder Patienten mit einer Herzinsuffizienz, möglich ist. BIS-Geräte werden daher auch bevorzugt für die Messung der „Überwässerung eingesetzt.

    Die Grenzen der BIA bestehen in der Wahl eines möglicherweise für die spezielle Anwendung ungeeigneten Algorithmus sowie in der Messung selbst wie z. B. in einer nicht ausreichenden Erfassung des ganzen Körpers durch ausschließliche Verwendung von Fuß- oder Handelektroden, einen unvollständigen Elektrodenkontakt, eine schlecht reproduzierbare Körperhaltung. Die Untersuchung adipöser Patienten ist ein besonderes Problem: Da der Rumpf aufgrund des hohen Durchmessers (hier kann der Strom ungehindert fließen) nur zu ca. 10% des Gesamtkörperwiderstandes beiträgt, obwohl er den größten Anteil am Körpergewicht ausmacht, wird das Körperwasser anhand von BIA besonders bei bauchbetonter Adipositas über- und so gleichzeitig die Fettmasse unterschätzt.

    Die physikalischen Messwerte der Widerstände R und Xc können auch Zielgröße der Untersuchung sein. Das Ergebnis ist unabhängig von einem Algorithmus. Der Phasenwinkel der Impedanz (arctan (Xc/R) x 180°/π) ist ein Indikator der Körperzellmasse, der Zellmembranintegrität und Hydratation der Gewebe. Er hat prognostische Bedeutung für die Mortalität z. B. von chronisch Kranken oder Tumorpatienten. Bei der „Bioelektrischen Impedanzvektoranalyse" (BIVA) wird die Impedanz als bivariater Vektor von R und Xc, jeweils korrigiert für die Körpergröße, abgebildet. Diese Darstellung erlaubt im Einzelfall die Beurteilung von Veränderungen der Gewebehydratation und der Zellmasse. Geschlecht, Alter und BMI beeinflussen das Ergebnis und sollten daher bei der Interpretation der BIVA berücksichtigt werden.

    Es gibt aktuelle BIA-Referenzwerte für Kinder und Jugendliche in Deutschland; für Erwachsene bestehen größere Referenzdatenbanken in der Schweiz und in Deutschland. Aus den in den USA im Rahmen von NHANES erfassten Daten wurden BIA-Referenzwerte für die Körperzusammensetzung errechnet. Bei der Nutzung dieser Referenzwerte ist auf eine Übereinstimmung der Gerätetypen, die Ethnien und auch des mittleren BMIs der Populationen zu achten.

    (Fourier Transform)-Nah-Infrarot-Spektroskopie (FT-NIR)

    Das tragbare Spektrometer „arbeitet als Fiberoptik mit einem He-Ne-Laser mit Fokussierung im Infrarotbereich; die Messungen erfolgen am oberen Teil des Ohres. Die Absorptionsspektren von 5 Einzelmessungen werden gemittelt, integriert und auf den „Fett-peak eingeschränkt. Das „Signal wird mit dem FT-NIR-Spektrum eines Referenzmaterials mit definiertem Fettgehalt und dem Menschen vergleichbarer Fettzusammensetzung verglichen. Die Ergebnisse werden auch um das „Proteinsignal des Ohrknorpels korrigiert und mithilfe eines empirischen Algorithmus in Fettmasse des Körpers umgerechnet. Dabei wird die Fettdicke am Ohr als repräsentativ für das gesamte subkutane Fett des Körpers angenommen. Da „nur das subkutane Fett direkt erfasst wird, beruht die Schätzung des „Gesamtkörperfetts auf der Annahme eines fixen Verhältnisses zwischen den subkutanen und intraabdominalen bzw. intrathorakalen Fettdepots. Die Methode wurde gegen MRI (▶ unten) und auch DXA (▶ unten) validiert. Aufgrund der Dispersion des NIR-Lichtes kann nicht in allen Körperregionen gemessen werden, alternativ zum Ohr wurde über dem M. biceps gemessen. Die Präzision der Methode ist hoch, FT-NIR „liefert anthropometrischen Messungen oder auch der BIA (▶ oben) vergleichbare Ergebnisse, bei Adipösen „unterschätzt die Methode die prozentuale Fettmasse. Der Vorteil gegenüber anthropometrischen Methoden ist nicht unbedingt evident, Referenzwerte liegen nicht vor.

    Dual X-ray Absorptiometry (DXA)

    DXA ist eine Röntgenabsorptionsmessung, deren bevorzugte klinische Anwendung die Bestimmung der Knochendichte ist. DXA erfasst auch das Weichteilgewebe. Die Präzision beträgt 2–3%. Bei der Methode werden Photonen zweier verschiedener Energieniveaus in Abhängigkeit von der Dichte des untersuchten Gewebes abgeschwächt. In Kombination mit einer manuellen Einteilung der Körperregionen werden so Weichteil-Magermasse, Fettmasse, Knochenmineralgehalt und -dichte differenziert. Einige Hersteller bieten auch eine Software zur speziellen Evaluation der abdominellen und gluteo-femoralen Region an, um die Fettverteilung zu erfassen. Die Fettverteilung ergibt sich auch aus dem Verhältnis der Fettmasse von Rumpf und Extremitäten. Aus der „Weichteil-Magermasse" der Extremitäten kann zudem die Muskelmasse des Körpers berechnet werden.

    Die Strahlenbelastung eines Ganzkörperscans ist mit <10 µSv gering, die Anwendung der Methode bei Schwangeren und Kindern ist allerdings aus diesem Grund obsolet. Die Messung adipöser Probanden ist mit der DXA nur eingeschränkt möglich, da das zulässige Höchstgewicht des Tisches und die Ausdehnung des Messfeldes bei einem BMI >35 kg/m² fast immer überschritten werden. Hierzu wurde von der Firma General Electrics für das iDXA eine Software entwickelt, die es ermöglicht, bei zu hohem Körpervolumen einen Arm aus dem Messfeld zu nehmen, der dann bei der späteren Analyse durch „Dopplung des anderen Arms ersetzt wird. Es bestehen große Unterschiede zwischen den Ergebnissen verschiedener Softwareversionen eines Herstellers sowie zwischen den Gerätetypen und der Messtechnik (z. B. Pencil-Beam vs. Fan-Beam) verschiedener Hersteller (Hologic, Lunar und Norland-Geräte). Die Hersteller-eigenen Algorithmen der DXA-Software sind nicht publiziert. Da ein gemessener Bildpunkt jeweils nur in 2 Bestandteile zerlegt werden kann, die Analyse der Körperzusammensetzung jedoch Fett-, „Weichteil-Magermasse und Knochenmineralien differenziert, müssen für jeden Bildpunkt, der Knochen enthält, Annahmen über das jeweils fehlende dritte Kompartiment gemacht werden. Weitere Annahmen sind konstante mittlere Dichten von FM und Weichteil-Magermasse. Eine Möglichkeit, die Genauigkeit der DXA-Ergebnisse zu prüfen, ist der Vergleich des „DXA-Körpergewichts", welches sich aus der Addition der Kompartimente ergibt, mit dem auf der Waage gemessenen tatsächlichen Körpergewicht. Bei Implausibilität sollten die Ergebnisse verworfen werden.

    Es gibt DXA-Referenzwerte zur Knochendichte. Aus den in den USA im Rahmen von NHANES erfassten Daten wurden DXA-Referenzwerte für die Körperzusammensetzung Jugendlicher und Erwachsener errechnet.

    Densitometrie

    Densitometrie erfasst die Dichte des Körpers und erlaubt die Berechnung der Körperzusammensetzung. Die Körperdichte wird als Quotient der Körpermasse (bestimmt durch Wägung) und dem Körpervolumen errechnet. Das Körpervolumen wird im Falle der Hydrodensitometrie über den Gewichtsverlust des Körpers unter Wasser bestimmt (= klassisches Archimedisches Prinzip; Messung mit einer sog. „Unterwasserwaage") und bei der moderneren Methode der Air-Displacement Plethysmographie mithilfe eines Body-Plethysmographen gemessen. Die Präzision der Volumenbestimmung beträgt 2–3%, der technische Fehler der Dichtemessung ist 0,0020 g/ml. Aus der Körperdichte wird die prozentuale Fettmasse und aus der Differenz zwischen Gewicht und der Fettmasse die fettfreie Masse berechnet.

    Bei der Hydrodensitometrie entspricht der Auftrieb, den ein Körper im Wasser erfährt, der von ihm verdrängten Flüssigkeitsmenge. In dieser Berechnung müssen das nach maximaler Ausatmung in der Lunge verbleibende und variable Residualvolumen (ca. 1–2 l) sowie ein konstantes Volumen von 200 ml für das Gas im Gastrointestinaltrakt berücksichtigt werden. Das Messprinzip der Air-DisplacementPlethysmographie beruht auf dem Poisson-Gasgesetz. Da dieses Gasgesetz für adiabatische Bedingungen gilt, muss die Messung des Körpervolumens für die warmen Luftschichten an der äußeren Körperoberfläche und im Respirationstrakt korrigiert werden. Daher werden sowohl die Körperoberfläche als auch das thorakale Gasvolumen (Messung im Plethysmographen oder Berechnung nach Formeln) bei der Auswertung berücksichtigt. Die Untersuchung dauert nur wenige Minuten, sie ist nicht belastend, sie ist auch bei Adipositas Grad 3 bis zu einem maximalen Gewicht von 250 kg durchführbar.

    Der Densitometrie liegt die Annahme einer konstanten mittleren Dichte von Fettmasse und fettfreier Masse zugrunde. In der Siri-Formel (Fettmasse in % = 495/Körperdichte – 450) zur Berechnung der prozentualen Fettmasse wird eine mittlere Dichte der fettfreien Masse von 1,100 g/cm³ und der Fettmasse von 0,9007 g/cm³ angenommen. Die Dichte der FFM errechnet sich aus Anteilen von Wasser mit 73,8% (Dichte: 0,9937 g/ml), von Protein mit 19,4% (Dichte: 1,34 g/ml) und von Mineralien mit 6,8% (Dichte: 3,038 g/ml). Bei Kindern sind aufgrund des höheren Wassergehalts der FFM Korrekturen notwendig, die z. B. in der Lohman-Formel berücksichtigt werden. Die Densitometrie erlaubt so die Berechnung von Fettmasse und FFM. Die Genauigkeit der Densitometrie wird wesentlich durch die Abweichung der tatsächlichen von der angenommenen Dichte bestimmt.

    Der Methodenvergleich zeigt eine gute Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen der Hydrodensitometrie und der Air-DisplacementPlethysmographie . Obgleich die Hydrodensitometrie schon seit Jahrzehnten etabliert ist, gibt es im Gegensatz zur Air-DisplacementPlethysmographie kein einheitliches und industriell gefertigtes Messgerät. Weltweit existieren auch nur wenige zumeist im Eigenbau errichtete Unterwasserwaagen. Gerätetypen mit einem frei schwingenden Sitz, der während der Messung ins Wasser getaucht werden muss, erscheinen nachteilig, da Wasserbewegungen die Präzision der Methode beeinträchtigen können. Die Air-DisplacementPlethysmographie ist für den Probanden angenehmer und komfortabler. Sie ist auch für ältere Menschen, Kinder und zum Teil auch für Patienten geeignet. Für Kleinkinder gibt es spezielle Geräte der Air-DisplacementPlethysmographie (PeaPOD, Cosmed).

    Ultraschall

    Realtime-Sonographie erlaubt eine qualitative Bestimmung von Leberfett und die Diagnose einer Fettleber. In der Hand des geübten Untersuchers ist die Sensitivität der Methode hoch und steigt bei einem Leberfettgehalt >20% auf bis zu 100% an. Bei makrovesikulärer Verfettung der Hepatozyten sind Sensitivität und Spezifität der Methode hoch. Demgegenüber ist die Validität der Methode bei niedrigem Fettgehalt und besonders bei mikrovaskulärer Verfettung gering. Die Diagnose beruht auf der vermehrten Echogenität des Leberparenchyms und der unscharfen Abgrenzung der Pfortader. Zum Vergleich der „Hyper-Echogenität wird das Gewebe der Milz oder der rechten Niere herangezogen, die Intensität wird im Vergleich der Graustufen ermittelt. Eine semiquantitative Bestimmung des Leberfetts ist durch einen 3-stufigen Score möglich, welcher eine Beziehung zum histologisch nachgewiesenen Grad der Verfettung zeigt. Theoretisch können mithilfe einer Ultraschalluntersuchung auch die Dicke des subkutanen Fettgewebes oder auch individuelle Fettdepots (z. B. viszerales Fett, paraaortales Fett) vermessen werden. Allerdings gibt es dafür bisher kein standardisiertes Untersuchungsprotokoll. In einigen Untersuchungen wird die intraabdominelle „Tiefe (oder der intraabdominale oder sagittale Diameter, IAD) als Index des viszeralen Fetts verwendet. Die Messung des IADs erfolgt (obwohl nicht allgemein vereinbart) in Höhe L4. Für die Messung von subkutanem Fett werden Schallköpfe mit einer Frequenz von 5–7,5 MHz, für die Bestimmung des IADs eine Frequenz von 3,5 oder 3,75 verwendet.

    Praxismethoden erlauben eine schnelle und z. T. auch einfache Bestimmung der Körperzusammensetzung, vor ihrer Anwendung sind ihre Präzision und Validität sowie auch das Vorliegen geeigneter Referenzwerte zu hinterfragen.

    1.2.5 Methoden für die Forschung und spezielle klinische Indikationen

    4-Kompartiment-Modell

    Nahezu alle Methoden setzen eine konstante Hydratation , Dichte und Zusammensetzung der Magermasse voraus. Bei ausgeprägter Adipositas, in der initialen Phase von Gewichtsreduktion, bei Patienten mit Ödemen, Herz-, Nieren- oder Leberinsuffizienz, oder auch untergewichtigen Patienten mit Tumorkachexie sind die Hydratation und die Dichte der Magermasse verändert. Der sich dadurch ergebende Fehler kann durch eine Kombination der Methoden als sog. „4-Kompartiment-Modell (= 4C-Modells) „beherrscht werden. Dazu werden Wasser (durch Deuteriumdilution), „Mineralgehalt" (durch DXA) und das Körpervolumen (durch Air-DisplacementPlethysmographie oder Hydrodensitometrie) getrennt gemessen, die Annahmen der einzelnen Methoden werden so reduziert. Der zufällige Fehler der Methoden bleibt aber gleich, so dass die durch Addition der Fehler geringere Präzision (insbesondere bei sehr schweren Probanden) ein Nachteil auch des 4C-Modells ist.

    Magnetresonanztomographie (MRT), Magnetresonanzspektroskopie (MRS)

    MRT (und auch die Computertomographie, CT) ermöglicht eine differenzierte und quantitative Erfassung von Organ- und Gewebevolumina. MRT-Geräte benutzen ein Magnetfeld von 1,5 Tesla. Höhere Feldstärken kommen für spezielle Anwendungen z. B. in der Neuroradiologie zum Einsatz, sie sind jedoch für die Messung der Körperzusammensetzung in der Regel nicht erforderlich. Das starke Magnetfeld schließt die Untersuchung von Patienten mit Herzschrittmachern aus. Metallische Implantate sollten fest in den Knochen eingewachsen sein, sie sorgen jedoch in jedem Fall für Bildartefakte und Auslöschungen, sodass die betroffene Körperregion nicht untersucht werden kann. Die „Spule eines „konventionellen MRT-Gerätes hat etwa 50–52 cm Durchmesser und stellt daher eine Einschränkung für die Untersuchung adipöser Patienten dar. Offene MRT-Geräte oder Geräte mit einem höheren Durchmesser sind nur an wenigen spezialisierten Zentren verfügbar. Vor der Anwendung von MRT oder DXA zu Studienzwecken muss bei Probandinnen im gebärfähigen Alter eine Schwangerschaft mithilfe eines Testes ausgeschlossen werden.

    MRT-Untersuchungen werden selektiv (z. B. als einzelne Schicht zur Erfassung des viszeralen Fettgewebes in Höhe des 4. Lendenwirbels) oder als Untersuchung des ganzen Körpers durchgeführt. Ein sog. „Ganzkörper-scan aller Organe und Gewebe umfasst etwa 200 „Schichten. Die Messung ist sehr genau und hat verschiedene Zielgrößen: viszerales Fettgewebe, abdominal subkutanes Fettgewebe, gluteo-femorales Fettgewebe, Fettmark im Knochen, perikardiales Fett, perivaskuläres Fettgewebe und auch Organmassen von Leber, Gehirn, Nieren, Herz und Milz. Einzelne „Fettdepots werden weiter in „oberflächliche und „tiefe" Anteile bzw. Kompartimente differenziert. Diese sind wiederum unterschiedlich zum metabolischen Risiko assoziiert. Aussagen über die Gewebezusammensetzung (-qualität) können mittels konventioneller MRT nur in begrenztem Umfang erfolgen, da die einzelnen Graustufen im MRT nicht wie in der Computertomographie einer speziellen Dichte und damit Gewebezusammensetzung zuzuordnen sind.

    Für die Zuordnung einer Graustufe zu einer Gewebeart wird für jedes einzelne Bild ein Graustufenhistogramm abgebildet und die Grenze zwischen Fett- und Magermasse visuell festgelegt (Abb. 1.6). Für die Messung des Fetts im Knochenmark kann für jedes Bild ein Graustufengrenzwert durch den Vergleich mit den Graustufen im subkutanen Fettgewebe gebildet werden. Kommerziell erhältliche oder im Internet frei verfügbare Segmentierungssoftware wird durch eine Reihe Arbeitsgruppen-spezifischer und z. T. empirischer Algorithmen und Konstanten ergänzt (z. B. Annahme über die mittlere Dichte, d. h. den Fettgehalt des Fettgewebes in Abhängigkeit vom BMI). Einige Arbeitsgruppen haben die Entwicklung von Software zur weitgehend automatisierten Segmentierung des viszeralen Fettgewebes publiziert. Dennoch ist auch bei Anwendung dieser Software eine Überprüfung und manuelle Nachbearbeitung jedes einzelnen Bildes nötig, sodass der Zeitaufwand hoch bleibt.

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    Abb. 1.6

    Unterschiede im Phänotyp zweier Männer bei gleichem Taillenumfang von 85 cm. Proband A: 29 Jahre, BMI = 22,0 kg/m²; %Fettmasse = 21,2; Muskel = 156,7 cm²; subkutanes Fettgewebe = 123,7 cm²; viszerales Fettgewebe = 171,1 cm². Proband B: 27 Jahre, BMI = 25,1 kg/m²; %Fettmasse = 19,3; Muskel = 174,3 cm², subkutanes Fettgewebe = 108,9 cm², viszerales Fettgewebe = 51,84 cm²

    Die Annahmen der bildgebenden Verfahren zur Bestimmung des viszeralen Fettgewebes betreffen in erster Linie die Repräsentativität der gewählten Schicht für das ganze Volumen. Im Gegensatz zur Computertomographie, welche eine hohe Strahlenbelastung beinhaltet, können mit der MRT auch mehrere Schichten oder sogar der ganze Körper untersucht werden. Die Präzision der Messung z. B. von Gesamtkörperfettgewebe oder Muskelvolumen ist dadurch begrenzt, sodass bei der manuellen Segmentierung kleinere Strukturen (z. B. intermuskuläres Fettgewebe) nicht gut abgegrenzt werden können. Darüber hinaus sind Organe und Gewebe aufgrund unscharfer Begrenzungen nicht sicher bestimmbar. Die verwendete Schichtdicke und die Größe der Lücken zwischen den aufgenommenen Schichten (sog. „interslice gaps") stellen weitere Fehlerquellen dar, die ebenfalls die Präzision der Methode und damit die Nachweisgrenze messbarer Veränderungen herabsetzen.

    Die Magnetresonanzspektroskopie (MRS) und die sog. DIXON-Sequenz sind Techniken, die den Organfettgehalt (= sog. ektope Fette in Leber, Skelett- und Herzmuskel sowie Pankreas) erfassen. MRS misst direkt die Protonen in den Acylgruppen der „Organtriglyzeride, die Messung zeigt eine sehr gute Übereinstimmung mit der quantitativen Bestimmung von Triglyzeriden in Biopsieproben. Als oberer Normalbereich wurde für die Leber ein Fettgehalt von 5,56% ermittelt. MRS erfolgt gezielt in einer sog. Region of Interest, das sog. Voxel umfasst 8 cm³ (= das „Messfeld beträgt 2 × 2×2 cm), es wird üblicherweise im rechten Leberlappen „platziert. Die Signalintensitäten des „Wasser-peaks und „Fett-peaks" betragen 4,8 (Sw) bzw. 1,4 ppm (Sf), die Berechnung des Leberfettgehaltes erfolgt nach der Formel: 100 × Sf/(Sf + Sw). Der zeitliche und personelle Aufwand von MRS ist hoch. Eine DIXON-Sequenz ist eine Alternative, es handelt sich um eine schnelle Echosequenz, bei der Fett- und Wassersignale voneinander getrennt werden. Diese Methoden sind zurzeit auf die Anwendung in der Forschung beschränkt.

    Magnetresonanz-Technologien ermöglichen eine vollständige und differenzierte Analyse aller Organe und Gewebe des Körpers sowie auch ektoper Fette in Leber und Muskel.

    EchoMRI

    Die Quantitative Magnetresonanz-Methode (QMR, Echo-MRI) ist die heute präziseste nicht-invasive Methode zur Messung der Körperzusammensetzung, gleichzeitig hat sie eine hohe Validität. Es können Veränderungen der Fettmasse von <200 g erfasst werden. Die QMR misst auch das gebundene und freie Körperwasser. Im Gegensatz zur bildgebenden Magnetresonanztomographie (MRT) sind nur geringe Feldstärken notwendig. Die Auflösung der Wasser- und Fettsignale erfolgt bei der QMR nicht wie bei MRT spektroskopisch mittels „free induction decay (FID). Da die QMR ohne Bildgebung arbeitet, kann statt der FID die „Carr Purcell Meiboom Gill (CPMG)-Sequenz genutzt werden. Der Unterschied in der Relaxationszeit zwischen Fett und Wasser ist daher mittels CPMG-Technik auch bei niedriger Feldstärke der QMR (67 Gauss = 0,0067 Tesla) ausreichend.

    Echokardiographie

    Mit dieser Methode kann das epikardiale Fett quantifiziert werden. Dieses „Risikofettgewebe" liegt im Herzbeutel und umgibt die Koronarien und das Myokard. Das epikardiale Fett wird in der parasternalen langen Achse (Aufsetzen des Schallkopfes im 3. Interkostalraum) endsystolisch als echofreier Raum zwischen dem Myokard und dem viszeralen Blatt des Perikards gemessen, er beträgt 1–23. Die Reproduzierbarkeit der Methode ist gering. Eine volumetrische Erfassung des epikardialen Fettgewebes ist mittels 3-dimensionaler Echokardiographie, Cardio-MRT bzw. Cardio-CT möglich.

    Dilutionstechnik en

    Der Wassergehalt des Körpers sowie im Extrazellulärraum kann mithilfe von sog. Dilutionstechniken bestimmt werden. Dabei wird die „Verdünnung von Deuterium (als D2O) oder Sauerstoff (als H2 ¹⁸O) als Maß des Gesamtkörperwassers („total body water, TBW) bestimmt. Die Berechnung erfolgt nach der Formel: TBW=(V×C)/(C2–C1). Dabei ist V das Volumen der Dosis, C die Konzentration des Isotops, sowie C1 die Konzentration vor der Anreicherung (= sog. „background") und C2 die Konzentration nach der Anreicherung. Die Dosierung beträgt z. B. 2 g D2O, die Analyse erfolgt aus Plasma, Urin oder Speichel. Das Deuterium wird mithilfe eines Fourier-Transformations-Infrarotspektrophotometer oder genauer mit einem Isotopenverhältnis-Massenspektrometer analysiert. Die Präzision der Messung von TBW beträgt 2–3%. Aus dem Körperwasser kann die FFM unter der Annahme eines Wassergehalts von 73% berechnet werden; die Fettmasse ergibt sich dann aus der Differenz von Körpergewicht und FFM.

    Etwa 64% des Körpers bestehen aus Wasser, bei einem 70 kg schweren Mann sind dies etwa 44 l. Davon befinden sich 30 l intra- und 14 l extrazellulär. Extrazelluläres Wasser kann mit Markern wie Bromid, Chlorid oder Thiozyanat bestimmt werden. Das Protokoll der Messung folgt der Untersuchung des Gesamtkörperwasser s, die Analyse des Markers in den Plasmaproben erfolgt mithilfe von HPLC.

    Elementanalyse n

    Auf die Darstellung der Messung von Gesamtkörperkalium in einem Ganzkörperzähler oder auch der In-vivo-Neutronenaktivierung (z. B. zur Bestimmung des Gesamtkörper-N-Gehaltes) wird an dieser Stelle verzichtet, da es dafür zurzeit keine bzw. keine in der Anwendung nutzbaren Geräte in Deutschland gibt.

    1.2.6 „Qualität" der Methoden

    Die Qualität der Methoden wird durch die Gütekriterien Genauigkeit (= Validität) und Präzision (= Reproduzierbarkeit) beschrieben. Während die Genauigkeit einer Methode die Übereinstimmung ihres Ergebnisses mit einer Referenzmethode angibt, ist die Präzision der Messfehler, der sich bei Wiederholungsmessungen ergibt. Insbesondere die Reproduzierbarkeit bestimmt die Höhe der nachweisbaren Veränderungen in der Körperzusammensetzung. So müssen diese Veränderungen (z. B. bei einem Gewichtsverlust) ca. 10% Messwertunterschied betragen, um sie im Einzelfall mit Hilfe der Anthropometrie sicher nachweisen zu können. Um Veränderungen des Körperwassers mittels BIA im Einzelfall nachweisen zu können, ist je nach Gerät und Standardisierung der Messbedingungen ein Unterschied von ca.1–5 l Körperwasser nötig. Die Nachweisgrenze für Veränderungen der Fettmasse liegt bei Densitometrie und DXA zwischen 1–2 kg. Mit bildgebenden Verfahren können dagegen kleine Veränderungen von Organmassen in einer Größe von 50 g sicher nachgewiesen werden. Der Nachweis von Veränderungen des viszeralen Fettgewebes ist abhängig von der Anzahl und der anatomischen „Höhe" der gewählten Schichten und beträgt bis zu 500 g, wenn nur eine Schicht in Höhe von L4–L5 erfasst wird.

    Referenzwerte, Auskunft und Beratung

    Das Referenzzentrum für Körperzusammensetzung am Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel verfügt über ein umfassendes Spektrum von Referenz- und Feldmethoden. Es ist Teil des vom BMBF geförderten Kompetenznetzes Adipositas. Das Referenzzentrum dient der Beratung, der Entwicklung von SOPs sowie der Einrichtung und Pflege von Referenzdatenbanken. Kontakt über: http:​/​/​www.​uni-kiel.​de/​nutrfoodsc/​nutrition/​koerperzusammens​etzung_​_​.​html.

    Fazit

    Vor und während der Behandlung adipöser Patienten ist die

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