Employer Branding: Human Resources Management für die Unternehmensführung
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Unternehmen benötigen exzellente Mitarbeiter und Manager, um gerade in Zeiten hoher Wettbewerbsintensität und kurzfristiger Kopierbarkeit von Technologieführerschaften Spitzenleistungen zu erzielen. Die Kompetenz der eigenen Mitarbeiter ist das wichtigste Differenzierungsmerkmal. In der 2., vollständig überarbeiteten und erweiterten Auflage zeigen die Autoren--beide langjährige Experten für Personalentwicklung--wesentliche Zusammenhänge zwischen Führung und Employer Branding auf. Neu in der 2. Auflage sind die Einbindung des Employer Branding in ein strategisches HR- und Unternehmensmanagement und Ergänzungen zum Thema Rekrutierung sowie Förderung von Talenten. Viele nützliche Checklisten und konkrete Handlungsempfehlungen versetzen Manager und Personalexperten in die Lage, im "war for talents" ihre Weichen auf Erfolg zu stellen.
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Book preview
Employer Branding - Florian Schuhmacher
Florian Schuhmacher und Roland GeschwillEmployer Branding2., überarb. u. erw. Aufl. 2014Human Resources Management für die Unternehmensführung10.1007/978-3-8349-4631-7_1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
1. Management-Fokus Human Resources
Florian Schuhmacher¹ und Roland Geschwill²
(1)
Landau, Deutschland
(2)
Eppelheim, Deutschland
Florian Schuhmacher (Korrespondenzautor)
Email: schuhmacher@shrm-consulting.de
Roland Geschwill
Email: rgeschwill@t-online.de
1.1 Einleitung
1.2 Wichtige Gründe für konsequentes Handeln
1.3 Handlungsfelder für Top-Entscheider
1.4 Human Resource Management
1.5 Aufgaben von Managern
1.5.1 Grundsätze effektiven Managements
1.5.2 Aufgaben effektiven Managements
1.5.3 Glaubwürdigkeit und Konsistenz der Führung
1.6 Zielkonflikte?
1.6.1 Der Loyalitätsansatz
1.6.2 Commitment-Ansatz
1.6.3 Gerechtigkeits-Ansatz
1.6.4 Erwartungen des Unternehmens an seine Mitarbeiter
1.6.5 Erwartungen der Mitarbeiter an ihr Unternehmen
1.7 Determinanten für Produktivität
Zusammenfassung
In Zeiten hoher Wettbewerbsintensität und Kapitalverfügbarkeit sowie kurzfristiger Kopierbarkeit von Technologie ist die Suche nach internationalen Wettbewerbsvorteilen ein unbedingtes Muss. Für Deutschland gilt, dass wir aufgrund unseres Lebensstandards und unserer gesellschaftlichen und politischen Strukturen in Konkurrenz mit anderen Ländern im Bereich der Personalkosten komparative Nachteile kompensieren müssen. In Deutschland tätige Unternehmen müssen andere Wege finden. Hierbei ist die Kompetenz der eigenen Mitarbeiter das wichtigste Differenzierungsmerkmal für Unternehmen: „the leading edge!"
In Zeiten hoher Wettbewerbsintensität und Kapitalverfügbarkeit sowie kurzfristiger Kopierbarkeit von Technologie ist die Suche nach internationalen Wettbewerbsvorteilen ein unbedingtes Muss. Für Deutschland gilt, dass wir aufgrund unseres Lebensstandards und unserer gesellschaftlichen und politischen Strukturen in Konkurrenz mit anderen Ländern im Bereich der Personalkosten komparative Nachteile kompensieren müssen. In Deutschland tätige Unternehmen müssen andere Wege finden. Hierbei ist die Kompetenz der eigenen Mitarbeiter das wichtigste Differenzierungsmerkmal für Unternehmen: „the leading edge!"¹
Mitarbeiter sind das einzige nicht frei austauschbare Asset eines Unternehmens. In Deutschland bilden sie aufgrund ihrer Ausbildung und Sozialisation noch immer ein erhebliches Alleinstellungsmerkmal gegenüber Volkswirtschaften, die ihre Entwicklung mehr mit „Transpiration als mit „Inspiration
vorantreiben. Diesen Vorteil gilt es zu erhalten. Angesichts der derzeitigen Diskussionen über soziale Absicherung, Elitenförderung, Schulbildung, Ausbildungsfähigkeit, Mindestlohn, Grundversorgungsanspruch sowie Wertewandel und Generationen X–Z erscheint es zunehmend schwieriger, „Brains" zu gewinnen und zu halten.
Unser Ziel ist es, die Zusammenhänge zwischen Wettbewerbsvorteilen und Entwicklung der Potenziale von Mitarbeitern herauszuarbeiten und den Lesern Handlungsempfehlungen an die Hand zu geben, die in der Praxis direkt umsetzbar sind.
1.1 Einleitung
Herr Lang sitzt an seinem Schreibtisch. Es ist Freitag und das Verwaltungsgebäude ist leer. Es wird bereits dunkel und eigentlich möchte er nach dieser anstrengenden Woche ins Wochenende. Wären da nicht die vielen Probleme im Unternehmen, die in seinem Kopf umhergehen.
Mittlerweile zum Geschäftsführer aufgestiegen, ist er vom operativen Geschäft mehr und mehr abgekoppelt. Aus seiner Helikopter-Perspektive schaut er auf das Unternehmen. Getreu der X-Y-Führungstheorie nach McGregor sieht er sich als Y-Manager und wünscht sich, dass auch seine Manager dieselbe Einstellung gegenüber ihren Mitarbeitern entfalten. Stattdessen betrachten diese ihre Mitarbeiter als X-Tierchen, die durch Autorität gelenkt und kontrolliert werden müssen.
„Wie kann ich es bloß erreichen, dass meine Manager sich darum bemühen, eigene Ziele zu erreichen, erfolgreich sein zu wollen, eigenverantwortlich zu handeln und dieses wiederum auch auf ihre Mitarbeiter zu übertragen? Würden doch alle so ernsthaft die Ziele verfolgen, die ich entwickle, wie ich es tue", denkt er mit einem tiefen Seufzer.
„Es ist viel schwerer ganz oben zu sein, als direkt einen Bereich zu führen, denkt er. „Aber ich führe nicht mehr unmittelbar. Dinge verselbständigen sich, wenn man nicht persönlich die Hand darauf hat und die Mitarbeiter auf Kurs halten kann. Das macht es schwieriger. Oftmals fühlt man sich ohnmächtig, nur zum Zuschauen verbannt.
Über die vergangenen Monate hat er zusehen müssen, wie die Mitarbeiterfluktuation gestiegen ist. Nicht, dass etwas Besonderes geschehen sei oder es dem Unternehmen schlecht ginge. Im Gegenteil, die Zahlen sind gut. Sie könnten besser sein, aber es muss ja auch noch Entwicklungspotenzial geben. Die neu entwickelte Vertriebsstrategie trägt Früchte, die neuen Produkte kommen gut auf dem Markt an, die Qualität stimmt. Aber der Kundenzufriedenheitsindex könnte besser sein.
Irgendwo ist der Wurm drin. Er hat das Gefühl, dass der Funke nicht auf die Mitarbeiter überspringen will. Es fehlt an der Aufbruchsstimmung im Unternehmen. Und ihm persönlich fehlt die zündende Idee für ein klares Konzept. Außerdem gelingt es dem Personalwesen in immer geringerem Maße, wirklich geeignete Mitarbeiter vom Arbeitsmarkt zu rekrutieren.
Er hat das Gefühl, dass alle auf ihn starren und er das Problem gleich einem Gordischen Knoten durchschlagen muss. Schließlich steht er auf und geht nach Hause, denn jetzt am Wochenende kann er ohnehin nichts mehr bewegen.
Am Samstagabend ist er zu einem Geburtstag eingeladen. Zu fortgeschrittener Stunde und nach einigen guten Gläsern Rotwein kommt er mit einem älteren Gast ins Gespräch. Über die Frage des Gesprächspartners: „Was ist Ihre Aufgabe?, kommt Herr Lang ins Grübeln. Auf die unvermittelte Antwort: „Ich bin Chef der Firma XY
, winkt der andere lächelnd ab. „Ich will nicht wissen, was Ihr Status ist. Sie müssen sich mir gegenüber nicht beweisen oder verkaufen. Ich wollte lediglich wissen, was Ihre konkreten Aufgaben sind, welchen Nutzen Sie für die Organisation, in der Sie arbeiten, entfalten, was die Dinge sind, an die man sich auch nach Ihrem Ausscheiden erinnern soll, und in welcher Form Sie der Organisation einen Stempel aufdrücken!"
Leicht verwirrt stutzt Herr Lang. Solche Gespräche auf einer Geburtstagsfeier? Er schreibt das dem Wein zu, klopft dem Gegenüber müde lächelnd auf die Schulter und sagt, er müsse noch mal zum Buffet. Aber die Fragen gehen ihm nicht aus dem Kopf, seine Stimmung ist irgendwie getrübt und kurze Zeit später verlässt er die Feier.
In der Nacht gehen ihm die Fragen weiter durch den Kopf. Auch am Sonntag wirkt er eher nachdenklich und abwesend. Er überlegt die ganze Zeit, was seine persönliche Botschaft ist. In die Leitungsfunktion ist er aufgrund seiner fachlichen Eignung gerutscht. Etwas anderes konnte er sich jedenfalls nicht vorstellen. Aber was macht gerade ihn als Leiter des Unternehmens aus? Was ist sein konkreter Beitrag, außer dass er stets fleißig war und auch noch ist? Was ist es, was seine Person ausmacht? Über diese Gedanken schweift er ab und kommt urplötzlich zu der Frage, was das Unternehmen eigentlich für die Mitarbeiter und Externe darstellt, welche Botschaften ausgesandt werden und wie diese möglicherweise das Handeln aller Akteure im Unternehmen bestimmen.
Am Montagmorgen ist es ihm klar: Es fehlt eine eindeutige Strategie in Bezug auf Mitarbeiterführung. Wir haben eine Investitionsstrategie, eine Produkt- und Vertriebsstrategie und alle sonstigen betriebswirtschaftlichen Strategien. Aber was wir nicht haben, ist eine Seele, ist ein Geist, eine Einstellung, ein Wertesystem. Unternehmensgrundsätze sind zwar formuliert, aber werden diese auch gelebt? Und sind diese auf die Bedürfnisse unserer Zielgruppen zugeschnitten? Ihm wird plötzlich die Tragweite seiner Gedanken klar. Jetzt weiß er, wofür er verantwortlich ist. Ich muss der Unternehmensstrategie Leben „einhauchen"!
1.2 Wichtige Gründe für konsequentes Handeln
In diesem Buch geht es um Fragestellungen zum Thema Führung von Mitarbeitern, mit denen Top-Entscheider täglich konfrontiert werden. Dies ist zwar nur ein Teilaspekt unternehmerischen Handelns, jedoch der maßgebliche, da die Wertschöpfung in Unternehmen von Menschen erbracht wird:
All organizations now say routinely, people are our greatest asset. Yet few practice what they preach, let alone truly believe it. Most still believe, though perhaps not consciously, what nineteenth-century employers believed: people need us more than we need them. But, in fact, organizations have to market membership as much as they market products and services – and perhaps more. They have to attract people, hold people, recognize and reward people, motivate, and serve and satisfy people.²
Bereits in der einleitenden Anekdote werden die vier Kernfragen angesprochen, mit denen sich Top-Entscheider unter dem Stichwort Personalführung beschäftigen müssen:
Wie schaffe ich es, ein positives Image meines Unternehmens aufzubauen und zu kommunizieren?
Wie kann ich die „richtigen" Mitarbeiter für mein Unternehmen gewinnen und diese in die Organisation integrieren?
Wie kann ich die „wichtigen" Mitarbeiter für das Unternehmen begeistern?
Wie kann ich Mitarbeiter, ganz gleich welcher Qualifikation, auf welcher Ebene und in welcher Funktion bis an die Grenzen der Nutzung ihrer Potenziale führen?
Dieses Buch richtet sich an Top-Entscheider. Ein Top-Entscheider im Sinne unserer Definition ist jemand, der in einem der vier Handlungsfelder maßgeblich Vorgaben für die beschriebenen Prozesse geben kann oder die Auswahl, Gestaltung und Umsetzung der beschriebenen Instrumente in maßgeblicher Form verantwortet. Die Zugehörigkeit zur Gruppe der Top-Entscheider ist keine Frage der Zugehörigkeit zu einer Hierarchieebene, sondern gebunden an den Entscheidungsspielraum, den jemand im Rahmen der beschriebenen Handlungsfelder hat. Damit zählen alle Führungskräfte zu den Top-Entscheidern. Der klassische Führungsbegriff ist mittlerweile ergänzt um zwei weitere Aspekte: laterale Führung (Führung ohne Macht mit sozialer Kompetenz)³ und Führung von unten. In Organisationen, in denen hierarchische Strukturen zunehmend durch dezentrale, netzwerkartige dienstleistungsgeprägte Verknüpfungen ersetzt werden, ist Personalführung somit per definitionem eine Aufgabe für einen größer werdenden Personenkreis.
Die Beantwortung der vier Kernfragen ist für Unternehmen erfolgskritisch:
Hierarchien und Statussymbole brechen weg. Neben klassische Karrieren in Linien- und Stabsfunktionen treten vermehrt Projektmanagement- und Spezialistenkarrieren. Es findet eine Virtualisierung der klassischen Aufbauorganisationen statt (z. B. Home-Office, globale Teams). Daraus resultierendes interdisziplinäres Handeln erfordert ausgeprägte Methoden- und Sozialkompetenz.
Hierarchische Führungssysteme implizieren, dass „oben", wo die größte Macht herrscht, auch die höchste Stufe an Weisheit vorhanden sei. Dies ist ein Trugschluss. Komplexe Umwelten erfordern ein flexibles und dynamisches Handeln, welches nicht durch den Filter einer Organisation verzerrt werden darf. Um als Unternehmen erfolgreich auf dem Markt agieren zu können, ist Macht zu teilen und damit zu dezentralisieren. Alle Mitarbeiter sind gemäß ihrer Funktion zu ermächtigen und in Entscheidungen einzubinden.
Die Verdichtung von Aufgaben zu komplexen Themen und Anforderungsprofilen ist gepaart mit zum Teil konkurrierenden Zielsetzungen. Hier ist durch Top-Entscheider eine klare Orientierung zu geben.
Es bedarf zunehmend leistungsorientierter und weniger alters- bzw. senioritätsgeprägter Arbeits- und Organisationsmodelle. Diese erfordern Antworten im Bereich der Vergütungssysteme und der Karrieremodelle.
Die Halbwertzeit von Wissen und damit auch der Vorsprung in den Bereichen Innovation, Technologie, Preis, Produktionskosten etc. verringern sich. Wissen wird kopiert und anderweitig zur Marktreife gebracht. Dahingegen wird das Umgehen mit komplexen Problemstellungen und interdisziplinärem Know-how immer erfolgskritischer und stellt ein Alleinstellungsmerkmal und somit einen Wettbewerbsvorteil dar. Eine Studie anlässlich des Wettbewerbs „Bester Arbeitgeber 2008" belegt, dass fast alle der 100 besten Unternehmen in den letzten drei Jahren ein neues Produkt auf den Markt gebracht haben. Im EU-Durchschnitt sind dies nur 50 % aller Unternehmen.⁴
Die Globalisierung der Arbeitsmärkte bietet zunehmend Alternativen für Arbeitnehmer. Lag der Fokus bisher auf „High-Potentials, speziellen Gruppen von Arbeitnehmern mit hoher Qualifikation, erfasst er zunehmend mehr Arbeitnehmergruppen. Der Begriff „High-Potential
ist somit neu zu definieren. Er bemisst sich am Verfügbarkeitsgrad von Mitarbeitern mit spezifischer Qualifikation und umfasst mithin alle Arbeitnehmergruppen, nach denen eine hohe Nachfrage auf Seiten der Unternehmen, aber ein geringes Angebot auf dem Arbeitsmarkt besteht.
Freie und kostengünstige Verfügbarkeit von Wissen und Lernen erhöhen die Mündigkeit der Mitarbeiter und damit ihre Souveränität.
An dieser Stelle wollen wir nicht die Diskussion um die nächste Generation und deren spezifische Werthaltungen und Bedürfnisse in Abgrenzung zu anderen Generationen anstoßen. Allerdings lässt sich beobachten, dass alleine schon aufgrund der erhöhten Vielzahl an Alternativen für „High Potentials die Gestaltung des eigenen Lebens und die Work-(Life-)Balance eine Herausforderung für die Integration dieser Personen für Unternehmen darstellt. High-Potentials werden zunehmend mit den „Füßen abstimmen
, wenn keine Win-win-Situationen geschaffen werden.
Diese Komplexität ist von Top-Entscheidern täglich zu bedenken. Die dargestellten Anforderungen stehen in einem krassen Widerspruch zu den Rahmenbedingungen der Vergangenheit. Die Funktion von Führungskräften unterliegt einem Paradigmenwechsel, der in seiner Geschwindigkeit und Schärfe seinesgleichen sucht:
Die Unternehmensleitung wandelt sich zunehmend in eine wissenschaftlich geprägte Betriebsführung. Es ist eine starke Fokussierung auf das „Human-Capital zu beobachten. Das „Asset-Management
ist Aufgabe der Führungskräfte. Diese haben jedoch die Wende hin zu einer durch betriebswirtschaftliche Kennzahlen geführten Unternehmung noch zu verkraften und werden mit dieser neuen Anforderung zum Teil an ihre Grenzen geführt. Allgemeine Management-Lehrgänge werden als Trainingsmaßnahmen angeboten. Darüber hinausgehende Unterstützung für Führungskräfte ist wenig verbreitet. Beim Stellenwechsel findet eine Begleitung von Führungskräften in die neue Funktion nur beiläufig statt. Fachliche Kriterien stehen bei der Besetzung von Führungsfunktionen nach wie vor im Vordergrund. Führung als echte eigene „Profession" ist bisher kaum verankert.
Führung findet in einem komplexer werdenden Umfeld statt. Die klassische Führungskraft wandelt sich hierbei zu einem „Controller, „Motivator
, „Mentor und „Coach
. Kernaufgaben sind: Visionen formulieren, Strategien entwickeln, Rahmenbedingungen regeln, richtungweisende Entscheidungen treffen, Ziele vereinbaren und Steuerung der Prozesse sowie Bereitstellung von Ressourcen, um ein möglichst reibungsloses, blindleistungsfreies Arbeiten zu gewährleisten. Die Wege zur Umsetzung der Ziele finden die Mitarbeiter selbst. Die Balance zwischen individuellem Freiraum und notwendiger Orientierung ist zu halten.
Hohen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Organisationen steht ein weltweiter Arbeitsmarkt gegenüber, auf dem der Kampf um die „High-Potentials bereits zu Beginn der Ausbildung entbrennt. Die Wirtschaft kooperiert zunehmend, mittlerweile zu Lasten des Handwerks und der dualen Berufsausbildung, mit Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen. Als „Lockmittel
für potenzielle Mitarbeiter dienen neben klassischen harten Faktoren, wie Vergütungs- und Versorgungssysteme, zunehmend weiche Faktoren, wie z. B. Führungsstil, Freiräume, Aufgaben als persönliche Herausforderungen etc. Auch die eigenen Mitarbeiter bewerten ihr Unternehmen zunehmend nach diesen Kriterien.
Durch detaillierte betriebswirtschaftliche Kennzahlen- und Zielvereinbarungssysteme (z. B. Balanced Scorecard, Six-Sigma) wird die Leistung des Einzelnen transparent. Gegebene Anforderungen und vereinbarte Ziele sind immer weniger als „One-Man-Show" zu realisieren! Team-Building, Team-Coaching und Team-Performance-Management sind kritische Erfolgsfaktoren für eine Führungskraft.
Personalführung, das Managen der Ressource Personal, ist keine „Nebenbei-Aufgabe". Führung ist auch kein Abfallprodukt oder unvermeidbares Ergebnis unternehmerischen Handelns. Personalführung ist eine ernst zu nehmende, eigenständige und eigenwillige Profession.
Neben den bereits diskutierten Punkten verdeutlichen die weiteren Argumente die Notwendigkeit eines professionellen und ganzheitlichen Personalmanagements:
Mehrere Studien seit 1995 zeigen, dass es weniger kostenintensiv ist, in Human Capital zu investieren, als es zu reduzieren oder zu ersetzen.⁵ In diesem Kontext bedeuten Investitionen die konsequente und gezielte Entwicklung der in den Mitarbeitern steckenden Potenziale. Nach Studien europäischer Forschungsinstitute werden rund 25 % aller Stellenbesetzungen bereits im ersten Beschäftigungsjahr oder kurze Zeit danach wieder korrigiert. Diese Ergebnisse können durch eine eigene Studie aus dem Jahr 2009 in einem internationalen Industrieunternehmen bestätigt werden. Dort verließen 40 % der jungen Akademiker (25 bis 35 Jahre) das Unternehmen innerhalb der ersten drei Jahre.
In einer Befragung des Gallup-Instituts im Jahr 2003 gaben 88 % der Arbeitnehmer an, dass sie keine oder nur eine geringe emotionale Bindung an ihr Unternehmen haben. Dieses Ergebnis wird durch die Gallup-Studie aus 2013 bekräftigt. Hierbei sind weniger räumliche Gegebenheiten und der Ausstattungsgrad des Arbeitsplatzes entscheidend (Hygienefaktoren nach Herzfeld). Unzufriedenheit besteht vielmehr hinsichtlich der Möglichkeiten, sein Arbeitsumfeld mitzugestalten, Verantwortung zu übernehmen und sich positiv in das Unternehmen einzubringen (Motivatoren) (Abb. 1.1).
A286686_2_De_1_Fig1_HTML.gifAbb. 1.1
Untersuchungsergebnisse des Gallup-Instituts zur Arbeitszufriedenheit
Die deutsche Bevölkerung schrumpft. In der Generation der 36- bis 50-Jährigen gibt es heute 29 Mio. Menschen. In der Generation der 20- bis 35-Jährigen sind es hingegen nur noch 19 Mio. Ein weiterer Vergleich: Die Altersgruppe der 35-Jährigen zählt 750 000, die der 20-Jährigen nur 500 000 Menschen. Die Geburtenrate ist seit Jahren rückläufig. Lag sie 1990 noch bei 1,45 Kindern pro Frau, ist sie seit 2006 relativ konstant nur noch bei 1,33 Kindern. Trotz einer leicht gestiegenen Geburtenrate seit 2007 ging die Bevölkerung, auch bedingt durch den erstmals negativen Zuwanderungssaldo, um ca. 100 000 Personen, zurück.⁶ Selbst die Verdopplung der jährlichen Einwanderung auf knapp eine Million Menschen seit 2008 bis 2012 konnte diesen Trend nicht aufhalten. Dieses wirkt sich dramatisch auf die Rekrutierung von Fach- und Führungskräften aus (Abb. 1.2).
A286686_2_De_1_Fig2_HTML.gifAbb. 1.2
Zu- und Abwanderung in Deutschland
Arbeitgeber und Universitäten gleichen in immer stärkerem Maße die mangelnde Ausbildungs- bzw. Studienfähigkeit der Schulabgänger aus. Der Trend zu Privatschulen und Hochschulen, die in Deutschland im Gegensatz zum Ausland bisher ein elitäres Nischendasein führten, ist anhaltend. Dies führt zu einer Polarisierung und vermögensabhängigen Zweiklassenbildung, die Deutschland nicht zuletzt wegen der damit verbundenen sozialpolitischen Diskussion nicht gebrauchen kann. Die Defizite sind unter erheblichen Anstrengungen durch die Unternehmen auszugleichen. Technische Studiengänge wie Verfahrens- und Elektrotechnik sowie Maschinenbau werden zu wenig nachgefragt, um den Bedarf zu decken. Um den Tiger weiter reiten zu können, benötigen wir alle Erwerbsfähigen!
Es gibt eine positive Korrelation zwischen Unternehmenskultur und wirtschaftlichem Erfolg.⁷ Das gilt umso ausgeprägter, je größer die Wettbewerbsintensität innerhalb einer Branche ist. Diese Wirkungskette wird in Abb. 1.3 dargestellt.
A286686_2_De_1_Fig3_HTML.gifAbb. 1.3
Zusammenhang von Unternehmenskultur und Erfolg
Durch die Einführung von „Basel" im Rahmen von Bonitätsprüfungen gewinnen Personalmanagementaspekte zunehmend auch bei der finanziellen Bewertung von Unternehmen an Bedeutung und beeinflussen die Kreditvergabe. Personelle Stabilität und professionelles Human Capital Management wirken sich positiv aus. Die Zertifizierungsnormen (z. B. EFQM, ISO 9001:2008) legten im Rahmen der Umstellung auf die Prozessorientierung ein verstärktes Augenmerk auf das Personalmanagement.
Nach einer Einschätzung der „Wirtschaftswoche" aus dem Jahr 2007 wurde prognostiziert, dass in den kommenden fünf Jahren 35 % der DAX-notierten Unternehmen fusionieren. Dieser Trend zeigte sich zumindest bis zum Einsetzen der Wirtschaftskrise. Seit Ende 2011 ist die Zahl der Unternehmenszusammenschlüsse in Deutschland wieder ansteigend. Gleiches ist auch bei mittelständischen Betrieben zu verzeichnen. Nach den Reorganisations- und Rationalisierungsansätzen der Vergangenheit werden Fusionen in den kommenden Jahren das strategische Instrument sein, um der Konkurrenz auf den enger werdenden Märkten Paroli zu bieten. Diese Zusammenschlüsse finden verstärkt im internationalen Kontext statt – eine weitere Herausforderung für alle Beteiligten