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Technischer Vertrieb: Eine praxisorientierte Einführung in das Business-to-Business-Marketing
Technischer Vertrieb: Eine praxisorientierte Einführung in das Business-to-Business-Marketing
Technischer Vertrieb: Eine praxisorientierte Einführung in das Business-to-Business-Marketing
Ebook500 pages4 hours

Technischer Vertrieb: Eine praxisorientierte Einführung in das Business-to-Business-Marketing

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About this ebook

Das Buch liefert eine praxisorientierte Einführung in das Fach Technischer Vertrieb / Business-to-Business-Marketing. Es werden alle wichtigen Themen des Faches behandelt und die wichtigsten Konzepte und Methoden vorgestellt. Ziel ist es, Praktikern und Studierenden mit ingenieurswissenschaftlichem und anderem nicht-kaufmännischen Hintergrund einen schnellen Überblick in das Gebiet zu ermöglichen.

LanguageDeutsch
PublisherSpringer
Release dateOct 3, 2009
ISBN9783540795339
Technischer Vertrieb: Eine praxisorientierte Einführung in das Business-to-Business-Marketing

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    Technischer Vertrieb - Michael Kleinaltenkamp

    Michael Kleinaltenkamp und Samy SaabVDI-BuchTechnischer VertriebEine praxisorientierte Einführung in das Business-to-Business-Marketing10.1007/978-3-540-79533-9_1© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009

    1. Einführung in das Business-to-Business-Marketing

    Michael Kleinaltenkamp¹   und Samy Saab²  

    (1)

    Marketing-Department / Executive Master of Business Marketing, Freie Universität Berlin, Otto-von-Simson-Str. 19, D-14195 Berlin, Deutschland

    (2)

    DB Schenker Rail GmbH, 55116 Mainz, Deutschland

    Michael Kleinaltenkamp (Korrespondenzautor)

    Email: michael.kleinaltenkamp@fu-berlin.de

    Samy Saab

    Email: samy.saab@db-schenker.eu

    Zusammenfassung

    Wie man an der Bezeichnung „business-to-business" bereits erkennen kann, handelt es sich beim Business-to-Business-MarketingBusiness-to-Business-Marketing um Vermarktungsaktivitäten, die sich von Unternehmen an Unternehmen richten. Zu den Kunden in diesem Bereich gehören somit alle industriellen Hersteller, Dienstleistungsunternehmen, Händler und Handwerksbetriebe. Wegen der oft ähnlichen Vermarktungsgegebenheiten zählen aber auch weitere Organisationen zu den Adressaten des Business-to-Business-Marketings. Hierzu sind vor allem staatliche und halb-staatliche Institutionen zu rechnen. Folgende Merkmale Business-to-Business Merkmale sind für den Business-to-Business-Bereich typisch:

    1.1 Begriff und Merkmale des Business-to-Business-Marketing

    Wie man an der Bezeichnung „business-to-business" bereits erkennen kann, handelt es sich beim Business-to-Business-Marketing um Vermarktungsaktivitäten, die sich von Unternehmen an Unternehmen richten. Zu den Kunden in diesem Bereich gehören somit alle industriellen Hersteller, Dienstleistungsunternehmen, Händler und Handwerksbetriebe. Wegen der oft ähnlichen Vermarktungsgegebenheiten zählen aber auch weitere Organisationen zu den Adressaten des Business-to-Business-Marketings. Hierzu sind vor allem staatliche und halb-staatliche Institutionen zu rechnen. Folgende Merkmale sind für den Business-to-Business-Bereich typisch:

    Die vermarkteten Leistungen (Produkte, Dienstleistungen) werden vom Kunden nicht konsumiert, sondern investiv und/oder produktiv genutzt. Ein Business-to-Business-Kunde kauft z. B. eine Fertigungsstraße, damit er selbst Güter produzieren kann, die er dann weiterverkauft. Oder er beschafft elektronische Teile, die er für die Montage bestimmter Module benötigt. Die Module werden dann an andere Kunden weiterverkauft, die daraus z. B. IT-Systeme bauen. Ein typisches Business-to-Business-Geschäft liegt auch vor, wenn ein Unternehmen seine Mitarbeiter zu einer Schulung schickt – die Mitarbeiter sollen etwas lernen, um ihre Tätigkeit besser und/oder schneller ausführen zu können. Das Unternehmen beschafft eine Dienstleitung und investiert Geld, erhofft sich daraus aber als Gegenleistung einen Produktivitätszuwachs.

    Die Nachfrage von Unternehmen nach Leistungen vorgelagerter Unternehmen hängt von der Nachfrage nachgelagerter Marktstufen ab. Man spricht hier deshalb auch von „abgeleiteter Nachfrage " (vgl. Abb. 1.1). Ein Hersteller von IT-Komponenten (z. B. Motherboards, Sound- und Grafikkarten, Netzwerkkomponenten etc.) ist davon abhängig, dass seine Kunden, die PC-Hersteller, auf ihren Märkten eine entsprechende Nachfrage nach PCs haben. Ein Automobilzulieferer ist auch davon abhängig, dass seine Kunden, die Automobilhersteller, ihre Produkte erfolgreich vermarkten.

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    Abb. 1.1

    Abgeleitete Nachfrage

    Die Kaufprozesse sind oftmals dadurch gekennzeichnet, dass auf Anbieter- und auf Kundenseite mehrere Personen involviert sind (sog. Multipersonalität). Da die Leistungen auf Business-to-Business-Märkten oftmals komplex sind und Unternehmen arbeitsteilig agieren, findet man auf beiden Seiten des Verhandlungstisches oft mehrere Personen aus unterschiedlichen Fachgebieten, z. B. Ingenieure, Kaufleute und Juristen.

    Die Beschaffungsprozesse von Unternehmen sind oftmals formalisierter und folgen bestimmten, vom Kundenunternehmen getroffenen Regelungen. Beispielsweise stellen Kunden Beschaffungsrichtlinien auf oder suchen geeignete Anbieter mithilfe von Ausschreibungen.

    Neben den genannten Punkten können – je nach Konstellation – auch noch weitere prägende Elemente in Business-to-Business-Geschäften hinzutreten. Hierzu gehören z. B.

    unterschiedliche Grade der Internationalität der Geschäftsprozesse,

    die Tatsache, dass an bestimmten Transaktionen, z. B. bei großen Projekten, mehrere Unternehmen gleichzeitig als Käufer oder Verkäufer auftreten bzw. Drittparteien wie Unternehmensberatungen oder Agenturen hinzukommen (sog. Multiorganisationalität),

    die Notwendigkeit, dass die Produkte und Dienstleistungen zu unterschiedlichem Ausmaß individuell für den Kunden zugeschnitten werden müssen.

    Alle diese charakteristischen Merkmale im Business-to-Business-Bereich führen zu besonderen Anforderungen an das Business-to-Business-Marketing:

    Da die Leistungen vom Kunden produktiv und/oder investiv genutzt werden, spielen ökonomische Bewertungen eine besondere Rolle – es geht letztlich immer um die Frage, ob und wie man dem Kunden zu mehr Effizienz und/oder Effektivität verhelfen kann. Was das genau bedeutet, wird im Folgenden noch näher erläutert.

    Die abgeleitete Nachfrage führt dazu, dass man sich über die Mehrstufigkeit des Marktes, also die gesamte Wertschöpfungskette, intensiver Gedanken machen muss (s. hierzu auch Abschn. 7.1 zum Mehrstufigen Marketing).

    Die Multipersonalität, d. h. die Tatsache, dass Kaufentscheidungen von mehreren Personen – dem sog. Buying Center – getroffen werden, stellt besondere Anforderungen an die Analyse von Kaufprozessen (s. hierzu Kap. 2). Darüber hinaus wirkt sie sich auch direkt auf die Gestaltung der eigenen Verkaufsaktivitäten aus, z. B. dahingehend, dass den Anforderungen des Buying Centers auf der Kundenseite durch Team Selling begegnet werden muss.

    Der zunehmende Bedarf an individuellen Lösungen stellt ebenfalls hohe Anforderungen an die Anbieter und wirkt sich in den unterschiedlichsten praktischen Bereichen aus: Neben der Leistungsgestaltung an sich kann z. B. auch die gesamte Organisation des Unternehmens betroffen sein (z. B. beim Key Account Management).

    Die Bedeutung des Business-to-Business-Sektors zeigt sich darin, dass er in den entwickelten Volkswirtschaften den dominierenden Wirtschaftsbereich darstellt. Dort werden in aller Regel über 70% aller Umsätze im Business-to-Business-Bereich erzielt. Für die Bundesrepublik Deutschland ergab sich beispielsweise für die einzelnen Wirtschaftssektoren die in Tab. 1.1 wiedergegebene Verteilung der dort jeweils erzielten Umsätze auf den Business-to-Consumer- (B-to-C) und den Business-to-Business-(B-to-B)Bereich.

    Tab. 1.1

    Anteilige Durchschnittswerte der B-to-C- und B-to-B-Produktion (Quelle: Frauendorf et al. (2007, S. 20), unter Verwendung von Daten des Statistischen Bundesamtes)

    1.1.1 BEISPIEL: Boeing und Airbus warten auf Toiletten

    „Der Flugzeughersteller Airbus hat schon wieder mit Lieferverzögerungen zu kämpfen: Diesmal bereitet allerdings nicht Hochtechnologie Schwierigkeiten, sondern ein Engpass bei simpler Ausstattung. Auch der amerikanische Konkurrent Boeing ist betroffen. (…) Zulieferer können die für Flugzeuge notwendige Grundausstattung wie Sitze, Toiletten und Bordküchen nicht rechtzeitig liefern. (…) Der Engpass verlangsamt demnach die Produktion beider Flugzeugbauer – und erhöht die Kosten für beide Hersteller dramatisch: Es dauert länger, bis die Flugzeuge gebaut sind, sie können erst später ausgeliefert werden – und die Kunden bezahlen später. (…) Die Zulieferer haben ebenfalls mit Lieferverzögerungen zu kämpfen – unter anderem werden Reiskocher und Espressomaschinen nicht geliefert, die in Bordküchen eingebaut werden müssen.

    Der Engpass kommt für Boeing und Airbus zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt: Beide müssen Milliardenkosten für ihre derzeitigen Projekte verkraften."

    (Quelle: Spiegel Online, 08.08.2008)

    1.2 Marktorientierung auf Business-to-Business-Märkten

    Um im Wettbewerb den Anforderungen moderner Business-to-Business-Märkte gerecht zu werden, müssen anbietende und nachfragende Unternehmen marktorientiert agieren. Marktorientierung ist die aktuell höchste Stufe der Entwicklung des Wettbewerbs.

    Die allgemeine Entwicklung des Wettbewerbs – nicht nur auf Business-to-Business-Märkten – lässt sich wie folgt skizzieren (vgl. Plinke 2000a, S. 107ff.; ähnlich auch Kotler et al. 2007, S. 18ff.):

    Bei der Produktionsorientierung wird die Produktion bzw. die Produktionskapazität als Engpassfaktor im Wettbewerb angesehen. Der Markt ist unterversorgt, demzufolge findet jeder Produzent immer genügend Abnehmer. Es gibt auch keinen Verdrängungswettbewerb.

    Bei der Produktorientierung kennzeichnet den Markt, dass die Versorgung mit vor allem qualitativ guten und bezahlbaren Produkten nicht ausreichend ist. Als Engpass gilt hier die Produktentwicklung. Bei der Produktorientierung geht es also vor allem um die „Überlegenheit" der Qualität des Produkts.

    Bei der Verkaufsorientierung ist der Vertrieb der Engpass für den Erfolg der Anbieter. Es sind viele gute Produkte auf dem Markt verfügbar, so dass der Erfolgsfaktor im Wettbewerb darin liegt, den Kunden bei vergleichbaren Produkten den Beschaffungsprozess zu erleichtern oder billiger und angenehmer zu machen.

    Bei der Kundenorientierung kennzeichnet den Markt, dass die Versorgung mit Gütern vollständig bewältigt ist („Überfluss") Weder durch Produktions-, Produkt- oder Verkaufsorientierung lässt sich der Erfolg im Wettbewerb steigern. Der Engpassfaktor liegt im Wissen über die Kundenbedürfnisse sowie in der Fähigkeit, das eigene Angebot auf diese Kundenbedürfnisse abzustellen. Kundenorientierung bedeutet eine konsequente Ausrichtung des Anbieters auf seine Kunden.

    Bei der Marktorientierung geht es schließlich um die simultane Orientierung des Anbieters auf die Kunden und die Wettbewerber, die bei zunehmendem Verdrängungswettbewerb notwendig ist, um im Wettbewerb zu bestehen. Durch die permanente Entwicklung neuer Leistungen und den gleichzeitigen Preiswettbewerb auf Märkten lernen die Kunden, ihre Ansprüche ständig heraufzusetzen. Anbieter, die dann aus Kundensicht relativ zu den Wettbewerbern ins Hintertreffen geraten, scheiden schnell aus dem Wettbewerb aus.

    Die Marktorientierung lässt sich grafisch sehr gut am sog. Marketing-Dreieck veranschaulichen (vgl. Abb. 1.2).

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    Abb. 1.2

    Das Marketing-Dreieck

    Anhand des Marketing-Dreiecks lassen sich zwei essenzielle Konzepte der Marktorientierung verdeutlichen: Die Effektivität und die Effizienz. Beide stehen in engem Zusammenhang mit dem Konzept des Wettbewerbsvorteils. Diese Konzepte bilden eine wichtige, unentbehrliche Grundlage für das Verständnis der Zusammenhänge auf Business-to-Business-Märkten und damit auch für das Verständnis von Business-to-Business-Marketing. Sie werden deshalb im Folgenden näher betrachtet.

    Ein Anbieter kann entweder seine Leistung genauso gut, aber billiger anbieten als der Wettbewerb, oder er bietet seine Leistung zu gleichen Kosten, aber besserer Qualität an. In diesem Zusammenhang gibt die Effektivität an, inwieweit es einem Anbieter gelingt, die Erwartungen seiner Kunden zu erfüllen. Die Effektivität ist also ein externes Leistungsmaß – sie bezieht sich auf etwas, das für den Käufer wichtig ist. Davon zu unterscheiden ist die Effizienz des Anbieters. Die Effizienz gibt das Verhältnis von Output zu Input an und ist daher ein internes Leistungsmaß (Plinke 2000b, S. 86; Weiber 2004, S. 85f., m. w. N.). Der Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens setzt sich aus diesen beiden Größen zusammen. Er ist also der Gesamtvorteil, den ein Anbieter im Wettbewerb gegenüber anderen, konkurrierenden Anbietern hat (vgl. Plinke 2000b, S. 85ff.).

    Die zwei Dimensionen des Wettbewerbsvorteils zeigen, dass es eine anbieterinterne Sphäre und eine Kundensphäre gibt. Man kann deshalb auch von Anbieter- und Kundenvorteilen sprechen:

    Der Anbietervorteil ist auf Unterschiede in den Fähigkeiten, Ressourcen und Prozessen zwischen den Anbietern zurückzuführen. Effizienter zu sein bedeutet, geringere Selbstkosten zu haben oder schneller zu sein. Der Anbietervorteil existiert z. B. auch dann, wenn aus Sicht des Kunden eine identische Leistung und ein identischer Preis vorliegen, da der Anbietervorteil in diesem Fall höhere Stückgewinne ermöglicht.

    Der Kundenvorteil ist ein überlegener Nutzen, den ein Anbieter dem Kunden im Vergleich zu einem konkurrierenden Anbieter bietet. Der Kundenvorteil kann deshalb immer nur im Vergleich der Angebote mindestens zweier Anbietern deutlich gemacht werden. Der Nutzen muss sich aber nicht unbedingt in einer höheren Qualität der Leistung zeigen, er kann auch in einem niedrigen Preis bei vergleichbarem Qualitätsniveau zweier Anbieter liegen.

    1.2.1 BEISPIEL: Das Unternehmen der zufriedenen Köche

    „‚Ertrag ist wie Sägemehl – er fällt einfach ab, wenn Sie alles richtig machen‘, sagt Dr. Günther Blaschke (Chef der Rational AG). Sein Unternehmen ist Spitzenreiter in der Besten-Liste der marktorientierten Unternehmen Deutschlands. (…) Der Weltmarktführer für Geräte zur thermischen Speisezubereitung hat das mit Abstand beste Image aller Marken seiner Branche. (…) Zur Zielgruppe zählen rund 2,5 Millionen Groß- und Gewerbeküchen. (…) Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Rational AG einen Umsatz von 337 Millionen Euro und erzielte eine Marge von 28%. (…) Der bekennende Spezialist beschäftigt im Außendienst ausschließlich Köche und somit seine eigene Zielgruppe. (…) So hat ‚das Unternehmen der Köche‘ vor gut zehn Jahren alle Abteilungen abgeschafft. Statt Arbeitsteilung gilt das Gesetz: ‚Der Schlaue macht alles!‘. So wird heute jedes Gerät von einem Menschen gefertigt: Er koordiniert die Lieferanten, ist für die Montage und die Qualität verantwortlich - und ‚brandet‘ zum guten Schluss das von Ihm von A bis Z gefertigte Produkt mit seinem eigenen Namen. (…) ‚Weil es das Phänomen gibt, dass Menschen, die das Gleiche tun, es nicht gleich tun, benchmarken wir unsere Mitarbeiter kontinuierlich gegeneinander, um so von den Besten zu lernen‘, argumentiert der Rational-Chef. ‚Wir haben immer bessere Mitarbeiter, deshalb sind wir immer erfolgreicher‘, sagt Dr. Blaschke. (…) Die Rational AG hält rund 260 Patenten und Patentanmeldungen. Alle sieben bis zehn Jahre entwickelt der Technologieführer komplett neue Produkte. (…) ‚Wir setzen damit den gesamten Weltmarkt praktisch wieder auf Start‘, folgert der Vorstandsvorsitzende. (…) ‚Wir streben ein Kundennutzen-Monopol an. Umsatz und Gewinn sind für uns keine Ziele, sondern lediglich Ergebnisse – sie werden automatisch besser, je größer der Kundennutzen ist.‘ (…) Die Preise hat das Unternehmen übrigens seit zehn Jahren nicht mehr erhöht."

    (Quelle: Hermes V., Absatzwirtschaft 5/2008)

    1.2.2 BEISPIEL: Das Cafeteria-Prinzip in der Logistik

    „Wenn Claus-Peter Amberger vom ‚Cafeteria-Prinzip‘ spricht, hat er keineswegs einen Branchenwechsel im Auge. (…) ‚Das Cafeteria-Prinzip bedeutet den Wechsel von einer angebotsorientierten zu einer bedarfsorientierten Logistik‘, erläutert der 35jährige, der seit vier Jahren Mitglied der Geschäftsleitung der Loxxess-Gruppe und einer ihrer Familiengesellschafter ist. (…) ‚Bei uns bekommt der Kunde kein fertiges Menü vorgesetzt, sondern er kann sich – eben wie in einer Cafeteria – das aussuchen, was ihm am besten schmeckt. Deshalb sehen unsere Lösungen auch an fast jedem Standort anders aus.‘

    Beispiel Haiming. Im bayrisch-östereichisch-tschechischen Chemiedreieck hat Loxxess im Oktober 2008 ein Logistikzentrum für die Wacker Chemie AG in Betrieb genommen. Das neue zentrale Außenlager in Haiming ersetzt zwölf kleinere Lagerstandorte, übernimmt Ware aus der Produktion (…) und steuert den Versand-Prozess. (…) Im Lager wird die EDV-Plattform von Wacker genutzt, die Loxxess an die Lagererfordernisse angepasst hat. ‚So haben wir ein System geschaffen, in das einerseits unser eigenes Know-how in Bezug auf Lagermanagement eingeflossen ist und das andererseits für unseren Kunden so einfach wie möglich und jederzeit transparent ist‘, so Amberger. (…) Dabei übernimmt Loxxess auch die Beladung der Lkw, ist für die Ladungssicherung verantwortlich und erstellt Zoll- und Versandpapiere.

    (…) Als Logistikspezialist optimiert Loxxess für seine Kunden nicht nur Beschaffung und Warenverteilung, sondern bietet Mehrwerte in den Bereichen Customer Service, Produktveredelung, Debitorenservice und E-Business.

    (…) ‚Dabei gibt es jedoch nirgendwo dasselbe Menü. Nur Kaffee gibt es überall.‘"

    (Quelle: Amberger, C.-P., twdirekt 04/2008, S. 16–17)

    1.3 Transaktionen auf Business-to-Business-Märkten

    1.3.1 Verknüpfung von Wertschöpfungsprozessen

    Business-to-Business-Transaktionen können als Verknüpfungen von Wertschöpfungsprozessen zwischen Anbieter und Nachfrager interpretiert werden (vgl. Kleinaltenkamp 2000, S. 193ff.). Diese Idee lässt sich gut am sog. Wertketten-Modell von Porter (2000) illustrieren.

    Nach Porter ist ein Unternehmen nichts anderes als eine Ansammlung von Aktivitäten, durch die eine Leistung entworfen, hergestellt, vertrieben, ausgeliefert und unterstützt wird. Der Grundgedanke ist, dass in jedem Unternehmen alle Funktionsbereiche (z. B. Forschung & Entwicklung, Produktion, Logistik, Vertrieb usw.) zur Erreichung des Unternehmenszwecks beitragen (vgl. Abb. 1.3). Alle Tätigkeiten lassen sich in der sog. Wertkette darstellen und nach primären und unterstützenden Aktivitäten unterteilen. Primäre Aktivitäten umfassen die Herstellung der Leistung und den Verkauf, die Auslieferung und den Kundendienst. Die unterstützenden Aktivitäten erhalten die primären und die jeweils anderen unterstützenden Aktivitäten aufrecht, indem die dazu entsprechenden Ressourcen beschafft und bereitgestellt werden. Außerdem zeigt die Wertkette den Gesamtwert auf, der sich aus den Wertaktivitäten und der Gewinnspanne zusammensetzt. Das Unternehmen erzielt dann einen Gewinn, wenn der am Markt erzielte Wert der Aktivitäten ihre Kosten übersteigt.

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    Abb. 1.3

    Die Wertkette des Unternehmens (Quelle: Porter (2000, S. 66))

    Dadurch dass sich im Business-to-Business-Bereich die Wertketten von Anbietern und Nachfragern verknüpfen, können sich auf beiden Seiten sowohl der Wert als auch die Kosten der Prozesse verändern. Ein Anbieter greift durch seine Leistungen z. B. in die Wertkette seines Nachfragers ein und beeinflusst damit dessen Möglichkeiten zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen:

    Die Installation einer Maschine steigert die Qualität der Produkte des Kunden und/oder senkt die Kosten in der Produktion des Kunden.

    Die Lieferung von Roh- und/oder Einsatzstoffen ermöglicht eine bessere Verarbeitungsfähigkeit, Produktionsprozesse werden beschleunigt oder die Endprodukte haben eine höhere Qualität.

    Eine fremdbezogene Dienstleistung, z. B. eine Gebäudereinigung, eine Unternehmensberatungsleistung, eine Personaldienstleistung o. ä. ersetzt die interne Leistungserstellung und wirkt kostensenkend und/oder werterhöhend.

    Auch Kunden unterliegen im Business-to-Business-Bereich dem Wettbewerb, da sie ja selbst als Anbieter auf ihren eigenen Märkten agieren. Ein erfolgreicher Anbieter verschafft sich daher Klarheit darüber, ob und wie die eigenen Leistungen dem Kunden auf seinen Märkten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Dabei ist zu beachten, dass die eigenen Leistungen in vielfältige, komplementäre Beziehungen mit anderen vom Kunden beschafften Leistungen eingebunden sind. Um Kundenvorteile erreichen zu können, sind genaue Kenntnisse dieser Nutzungsprozesse des Kunden erforderlich. Um dem eigenen Kunden Wettbewerbsvorteile zu ermöglichen, braucht man darüber hinaus gute Kenntnisse über die darauf folgenden Marktstufen, also z. B. auch über die Konkurrenzverhältnisse, das Kaufverhalten sowie die Umfeldeinflüsse auf den Folgemärkten (vgl. Abschn. 7.1). Schließlich ist zu beachten, dass die Wettbewerbsvorteile der Kunden auch einer ständigen Gefahr ausgesetzt sind. Um den Kunden immer wieder neu einen Vorteil bieten zu können, müssen die eigenen Problemlösungen meistens individuell zugeschnitten werden. Diese Individualisierung der Leistung führt aber wiederum – wie im Folgenden ausgeführt wird – zu einem Eingriff in die Wertkette des Anbieters.

    1.3.1.1 BEISPIEL: Werkstoff-Dienstleistungen für Eaton

    „Industriehersteller setzt auf nachhaltiges Wachstum durch erstklassigen Dienstleister. (…) Die Eaton Corporation, ein führender Hersteller von Komponenten für die Ausrüstung von Stromnetzen, von Hydrauliksystemen sowie Bauteilen für Automobile und LKW, zählt zu den großen globalen Auftraggebern von ThyssenKrupp Services. (…) Im Auftrag der Eaton Electrical Group unterstützt die Service Gesellschaft ThyssenKrupp Materials NA Lieferketten für wichtige Metalle, wie zum Beispiel Kupfer und Aluminium. (…) Denn dieses Management betrifft die Lagerung der Materialien ebenso wie die Anarbeitung einzelner Bauteile und Komponenten. Ebenfalls eingeschlossen sind die Just-in-time-Auslieferung der Produkte sowie das Recycling der Reststoffe nach der Produktion. (…) Wichtiger Bestandteil der Zusammenarbeit ist das so genannte Inhouse-Lager (…) Es dient nicht nur der Lagerung von weit mehr als 300 unterschiedlichen Kupferprodukten (…). Es trägt außerdem dazu bei, dass die Materialien rechtzeitig und in den richtigen Mengen für den Fertigungsprozess bei Eaton bereitgestellt werden. (…) Neben Lagerung, bedarfsgerechter Verpackung und Just-in-time-Auslieferungen der Materialien hat ThyssenKrupp Materials NA auch ein Programm entwickelt, das vor Ort in vielen Eaton-Produktionsstätten der Kommissionierung von Lagerbeständen dient. Mit ihm hat die Gesellschaft stets einen aktuellen Überblick über die Bestände von Aluminium- und Kupfermaterialien, die in den unterschiedlichen Eaton-Produkten verwendet werden."

    (Quelle: ThyssenKrupp inside, 01/2008, S. 44–45)

    1.3.2 Kundenintegration und Leistungsdimensionen

    Gerade im Business-to-Business-Bereich werden kaum noch fertige Produkte als Problemlösung angeboten. Vielmehr müssen die Produkte und Dienstleistungen oft auf die jeweils spezifischen Kundenwünsche zugeschnitten werden („Customizing), was eine Mitwirkung des Kunden an der Leistungserstellung erforderlich macht. Damit die im Markt geforderte Kundenindividualität realisiert werden kann, müssen die Kundenwünsche nämlich spezifiziert werden. Dazu ist es notwendig, dass der Kunde dem Anbieter Informationen über die Anforderungen der Leistung, also wo und wie sie zum Einsatz kommen soll, wann sie geliefert werden muss etc., zur Verfügung stellt. Auch bei der eigentlichen Leistungserstellung kann der Kunde in unterschiedlichem Maß Einfluss auf die Prozesse des Anbieters nehmen. Im Rahmen der Leistungsindividualisierung wird dieses Phänomen allgemein als „Kundenintegration bezeichnet.

    Der Anbieter muss sich allerdings immer darüber bewusst sein, inwieweit die durch Leistungsindividualisierung gesteigerte Effektivität nicht eventuell wieder durch einen Abbau der Effizienz überkompensiert wird. Zur Wahrung der Effizienz können und sollten viele Prozesse und Zwischenergebnisse, die für das endgültige Leistungsergebnis benötigt werden, durchaus standardisiert sein bzw. werden. Die Leistungsindividualisierung muss daher nicht – und das ist für die Balance zwischen Effektivität und Effizienz entscheidend – zwangsläufig eine individuelle Gestaltung aller Geschäftsabläufe bedeuten. Z. B. werden bei einem Baukastensystem die Baukasten-Elemente vorab standardisiert produziert und dann durch die konkreten Informationen eines Kunden „nur noch" miteinander kombiniert.

    Um die Kundenintegration und ihre Auswirkungen detaillierter aufzeigen zu können, ist es zweckmäßig, zwischen den folgenden drei Leistungsdimensionen zu unterscheiden (vgl. Kleinaltenkamp 2000, S. 219ff., m. w. N.):

    Leistungspotenzial: Ein Anbieter muss über die Fähigkeit und Bereitschaft verfügen, eine Tätigkeit auszuüben, einen Auftrag anzunehmen, ein Produkt zu erstellen, etc. Hierzu benötigt er ein Leistu ngspotenzial, das die eigentliche Leistungserstellung erst möglich macht. Es besteht z. B. aus den Mitarbeitern des Unternehmens, den Maschinen und Anlagen, Gebäuden usw., aber auch aus den Rohstoffen und Materialien, die in die Leistung eingehen und den Hilfs- und Betriebsstoffen.

    Leistungserstellungsprozess: Der Leistungserstellungsp rozess kommt dadurch zustande, dass das Leistungspotential aktiviert wird, sobald ein Kunde mit dem Anbieter in Kontakt tritt. Er umfasst alle Aktivitäten von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zur Rechnungsstellung und gegebenenfalls darüber hinaus. Der Gesamtprozess der Leistungserstellung kann wiederum in viele Teilprozesse gegliedert werden, die erst in ihrer Gesamtheit zu der vom Kunden gewünschten Problemlösung führen. Die Teilprozesse können von einem Anbieter teilweise völlig autonom gesteuert und durchgeführt werden oder sind davon abhängig, dass der Kunde an ihnen in irgendeiner Form mitwirkt (Kundenintegration). Da die zu erbringende Leistung zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zwischen Anbieter und Nachfrager noch nicht fertig existiert, erfährt sie erst nach dem Einigungsprozess eine mehr oder weniger starke Veränderung und Konkretisierung. Je standardisierter die Leistung ist, desto mehr kann die Problemlösung bereits vorab vom Anbieter „vorproduziert" werden. Je individueller die Lösung sein muss, desto intensiver ist die erforderliche Abstimmung zwischen Kunde und Anbieter. Die externen, d. h. vom Kunden beigesteuerten Faktoren, können erstens die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kundenunternehmens sein, z. B. bei einer Beratungs-, Schulungs- oder Trainingsmaßnahme, zweitens Objekte, z. B. eine zu reparierende Maschine, ein zu bebauendes Grundstück oder ein zu reinigendes Gebäude, und drittens sonstige Faktoren wie Rechte, Nominalgüter oder auch Informationen.

    Leistungsergebnis: Das Leistungsergebn is ist das Resultat des Leistungserstellungsprozesses und stellt ein aus unterschiedlichen Elementen bestehendes Leistungsbündel dar. Es soll einen Nutzen für den Kunden stiften.

    Abbildung 1.4 veranschaulicht noch einmal die beschriebenen Leistungsdimensionen.

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    Abb. 1.4

    Die drei Leistungsdimensionen (Quelle: In Anlehnung an Kleinaltenkamp (1997, S. 351))

    1.3.2.1 BEISPIEL: „Beste Kunden-Lieferanten Beziehung 2008"

    „Mit einem nur knappen Vorsprung sicherten sich der Landmaschinenhersteller Claas und die Freudenberg Simrit, Spezialist für Dichtungs- und Schwingungstechnik, den Win-win-Cup 2008. (…) Eine seit Jahren intensive Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Unternehmen und die gemeinsam geschaffene Innovationskultur gaben den Ausschlag, ein ‚Open-Innovation‘-Konzept umzusetzen. Damit öffnen Unternehmen ihren Innovationsprozess und vergrößern das eigene Innovationspotenzial durch die Integration externen Wissens. (…) ‚Growing together–creating value‘ bildet eine breite Aufstellung von Aktivitäten über alle Hierarchien, Funktionsbereiche und Unternehmensgrenzen hinaus. (…) Am Beispiel eines ‚Lexion‘-Mähdreschers, machte Claas deutlich, dass der Fahrer während der Erntezeit zwölf bis 14 Stunden täglich enormen Belastungen ausgesetzt ist. Um den Fahrkomfort zu erhöhen, wurden die Geräusche in der Fahrkabine, um ein bis zwei Dezibel verringert. Das hatte zudem einen geringeren Verschleiß zur Folge und die Lebensdauer der Geräte verlängerte sich. (…) ‚Kundennähe muss man praktizieren, deshalb setzten wir einen Mitarbeiter direkt in die Entwicklungsabteilung bei Claas‘, ergänzt Ralf Schmidt, Leitung Zentraleuropa bei Freudenberg Simrit. Der Vertrauensbeweis sollte sich lohnen, denn durch das Splitten von Produktions- und Entwicklungs-Know-how ergab sich eine Reihe von Vorteilen. (…) Claas verschaffte sich Wettbewerbsvorteile bei den Kosten der Entwicklung, bei Qualität und Komfort. Freudenberg Simrit erarbeitete sich branchenspezifisches Know-how, konnte neue Innovationsfelder erschließen und Cross-Selling-Möglichkeiten ausschöpfen. Zudem verbindet die Systemintegration die Partner und sorgt für weitere Potenziale. (…) ‚Wir sind sicher, dass geteiltes Wissen wachsende Kompetenz auf beiden Seiten bedeutet‘, sagt Tomasevic, Leiter Konzerneinkauf bei Claas."

    (Quelle: Absatzwirtschaft 11/2008, S. 103–104)

    1.4 Marketing-Management im Business-to-Business-Bereich

    Unter Marketing-Management wird hier die Gesamtheit der planenden, koordinierenden und kontrollierenden Prozesse, die das Erreichen der formulierten Ziele sicherstellen sollen, verstanden (vgl. ähnlich Plinke 2000a, S. 163f.). Marketing-Management nimmt daher eine Mittelposition zwischen strategischer und operativer Ebene ein.

    Für ein zielgerichtetes Marketing-Management ist es notwendig, vor der Planung bestimmter Maßnahmen über Informationen zu verfügen, die einen effektiven und effizienten Einsatz der Mittel ermöglichen. Der Informationsbedarf lässt sich anhand des o. g. Marketi ng-Dreiecks systematisieren: Sowohl das eigene Unternehmen als auch die Konkurrenten versuchen durch die Gestaltung ihrer Angebote, für sich Kundenvorteile bei den (potenziellen) Kunden zu schaffen. Gleichzeitig streben die konkurrierenden Anbieter danach, Anbietervorteile zu realisieren. Dies alles wird zusätzlich durch technologische, ökonomische, ökologische, rechtliche und gesellschaftliche Gegebenheiten und Entwicklungen der Umwelt beeinflusst. Ein Unternehmen sollte daher bei der Planung seiner Marketingmaßnahmen über folgende Informationen verfügen:

    Informationen über die Bestimmungsfaktoren des Kaufverhaltens und der Beschaffungsstrategien der Kunden. Für die Erhebung und Auswertung kundenbezogener Informationen stehen z. B. die Methoden und Instrumente der Marktforschung zur Verfügung.

    Informationen über die Vorgehensweisen und ggf. Wettbewerbsvorteile aktueller und potenzieller Konkurrenten bei der Gestaltung ihrer Angebote (Konkurrenzanalyse).

    Informationen über die für die Wettbewerbssituation relevanten Einflüsse der Umwelt (Umweltanalyse).

    Informationen über die Möglichkeiten, die dem eigenen Unternehmen zur Verfügung stehen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Um eine verteidigungsfähige Wettbewerbsposition aufzubauen und/oder zu halten muss das Unternehmen über Nutzen-, Kosten- und/oder Zeitvorteile verfügen (vgl. Backhaus/Schneider 2007, S. 4).

    Ein wichtiger Bestandteil des Marketing-Managements besteht in

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