GMP-Risikoanalysen
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GMP-Risikoanalysen - Patric U. B. Vogel
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021
P. U. B. VogelGMP-Risikoanalysenessentialshttps://doi.org/10.1007/978-3-658-35208-0_1
1. Gute Herstellungspraxis (GMP), Qualitätsrisikomanagement (QRM), Begriffe und Risikoanalysen-Werkzeuge
Patric U. B. Vogel¹
(1)
Cuxhaven, Deutschland
1.1 Einleitung GMP, QRM und Risikoanalysen
Risikoanalysen dienen dazu, mögliche Fehler oder Risiken zu erkennen und zu bewerten, die einen Einfluss auf die Qualität von Produkten, in diesem Kontext von Arzneimitteln, haben können. Risikoanalysen sind ein Teil des Qualitätsmanagementsystems (QRM) von pharmazeutischen Unternehmen, die unter den Vorgaben der Guten Herstellungspraxis (GMP) arbeiten. Unter Qualitätsmanagement versteht man die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Sicherstellung, dass Arzneimittel für den vorgesehenen Gebrauch die erforderliche Qualität aufweisen (EU GMP-Leitfaden, Kap. 1). Häufig wird auch der Begriff pharmazeutisches Qualitätssystem verwendet. Aus der Definition folgt, dass dieses System alle Aktivitäten (z. B. Herstellung, Qualitätskontrolle) eines Unternehmens betrifft, die die Qualität der Produkte bzw. deren Bewertung beeinflussen.
Das pharmazeutische Qualitätssystem umfasst u. a. wiederum die Grundsätze der Guten Herstellungspraxis (GMP) und das Qualitätsrisikomanagement. Der Begriff der guten Herstellungspraxis entstand Mitte des 20. Jahrhunderts (Waldron 2018). Seitdem wurden die Anforderungen an Arzneimittel über die Jahrzehnte stetig weiterentwickelt und in Gesetzen und Richtlinien festgehalten. Das oberste Ziel war und ist hierbei, die Schaffung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und Mindestanforderungen zur Sicherstellung der Produktqualität und der Arzneimittelsicherheit. Die GMP-Grundsätze wurden von verschiedenen Institutionen, Behörden bzw. Organisationen entwickelt und überwacht (Patel 2011). In den USA z. B. von der Food and Drug Administration (FDA), der Zulassungs- und GMP-Behörde u. a. für Arzneimittel, wo diese Grundsätze cGMP (current Good Manufacturing Practice) genannt werden und im sog. Code of Federal Regulations (CFR) enthalten sind (FDA 2020). Weltweit war und ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ebenfalls stark an der Entwicklung von GMP-Richtlinien beteiligt. Im europäischen Raum basieren die Grundsätze der guten Herstellungspraxis auf EU-Direktiven, die von den Teilnehmerstaaten in nationale Gesetze umgesetzt wurden. Zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Standards, der die Anforderungen an die Herstellung und die Prüfung von Arzneimittel definiert, wurde der EU-GMP-Leitfaden geschaffen. Dieses von der europäischen Kommission erstellte Regelwerk enthält verschiedene Teile und Anhänge, die wiederum spezifischen Themen gewidmet sind. Am Ende dieses Abschnitts werden wir ein konkretes Beispiel kennenlernen, das zeigt, wie eng GMP-Anforderungen mit dem Qualitätsrisikomanagement verbunden sind.
Der Teil I des EU-GMP-Leitfadens enthält verschiedene Kapitel, die sich z. B. den grundsätzlichen Anforderungen an Räumlichkeiten, dem Personal, der Dokumentation sowie bestimmten Abläufen in der Produktion und der Qualitätskontrolle von Arzneimitteln widmen. Dazu enthält der EU-GMP-Leitfaden verschiedene Anhänge. Zum Beispiel befasst sich Anhang 1 mit der Herstellung steriler Humanarzneimittel und definiert alle Rahmenbedingungen, die bei der aseptischen Herstellung beachtet und eingehalten werden müssen. In Deutschland gibt es die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV). Ausgehend vom Arzneimittelgesetz (AMG) regelt diese Verordnung die korrekte Anwendung der Guten Herstellungspraxis. Die Anforderungen in diesem Regelwerk sollten durch alle betroffenen Unternehmen ausreichend umgesetzt werden. Die Übereinstimmung bzw. Erfüllung dieser Anforderungen werden regelmäßig durch Behördenvertreter im Rahmen von GMP-Inspektionen geprüft. Der EU-GMP-Leitfaden ist wiederum eine Anlage der AMWHV. Der EU-GMP-Leitfaden liegt in englischer Sprache vor, die aktuell gültige Fassung des Teil I (Arzneimittel) und Teil II (Wirkstoffe) samt Anlagen wird aber vom Bundesministerium für Gesundheit in die deutsche Sprache übersetzt (BMG 2020).
Wie bereits erwähnt umfasst das pharmazeutische Qualitätssystem neben GMP auch das Qualitätsrisikomanagement (QRM). Es gibt im gesamten Entwicklungs-, Herstellungs-, Prüfungs-, Lagerungs- und Vertriebsprozess zahlreiche Risiken, die einen Einfluss auf die Qualität pharmazeutischer Produkte haben können. Ein Qualitätsmanagementsystem (QRM) im pharmazeutischen Unternehmen dient dazu, Risiken und Gefahren, die z. B. die Produktqualität negativ beeinflussen können, zu kennen, zu bewerten und ausreichend zu kontrollieren. Dieses QRM betrifft alle qualitätsrelevanten Bereiche eines Unternehmens. Auf Basis dieser Bewertungen werden bei relevant eingestuften Risiken Maßnahmen festgelegt, die das Risiko unter Kontrolle stellen sollen, also z. B. entweder den Schwergrad bei Eintreten abmildern oder die