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Strategie- und Change-Kompetenz für Leitende Ärzte: Krisen meistern, Chancen erkennen, Zukunft gestalten
Strategie- und Change-Kompetenz für Leitende Ärzte: Krisen meistern, Chancen erkennen, Zukunft gestalten
Strategie- und Change-Kompetenz für Leitende Ärzte: Krisen meistern, Chancen erkennen, Zukunft gestalten
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Strategie- und Change-Kompetenz für Leitende Ärzte: Krisen meistern, Chancen erkennen, Zukunft gestalten

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About this ebook

Weisen Sie den Weg im permanenten Wandel!

Ärzte sind Meister der Veränderung – sofern es um ihre Profession geht und um die Fortschrittsgeschwindigkeit in der modernen Medizin. Gilt das auch für die zunehmend wichtige Rolle als Führungskraft und (Mit-) Gestalter bei Organisationsveränderungen in Klinik und MVZ?  Ärztliche Expertise ist im Management von Klink und MVZ unverzichtbar. Agieren Sie als Partner auf Augenhöhe mit dem Management Ihres Hauses. Dieses Buch gibt Leitenden Ärzten einen Leitfaden an die Hand:

 

Strategie-Kompetenz für umfassenden Überblick und optimale Positionierung

Change-Kompetenz für das Gelingen der Neuausrichtung und situative Flexibilität

 

Analyse: Gesundheitspolitik, Konkurrenz, Zuweiser und Partner im Einzugsgebiet

Evaluierte Managementmodelle zum Navigieren in komplexen Handlungsfeldern

Bewertung: Chancen und Risiken für Klinik und MVZ

Das kluge Urteil: welche Entwicklungen in Gesundheitspolitik und Region nutzen Ihrer Klinik oder Ihrem MVZ, welche bedeuten Gefahr?

Strategiepaket: Das Richtige zur richtigen Zeit tun

Wirtschaftlich nachhaltige Aufstellung Ihres Verantwortungsbereichs, Fallstudien, wie Sie Wettbewerb oder Kooperation für sich nutzbar machen

Der Change-Prozess: So behalten Sie das Heft in der Hand

Praxiserprobte und innovative Methoden für Ihr Interagieren im Prozess und für den Umgang mit Widerstand

Erfolgsfaktoren der Veränderung: Integration von Akteuren und Interessenlagen

So gewinnen Sie Rückhalt für Ihren wirtschaftlichen und medizinischen Vorsprung

 

MIT

·         Checklisten

·         Aktuellen Erkenntnissen aus Managementforschung, Philosophie und Sozialpsychologie

·         Beispielen aus der Praxis von Klinik und MVZ

Eine Pflichtlektüre für jeden Ltd. Arzt  - und jeden, der es werden will!! Ärztliche Ethik im Umfeld moderner Betriebswirtschaft ist nur zu erhalten, wenn Manager auf Ärzte treffen, die mehr als medizinisch-naturwissenschaftliche Kompetenz besitzen. Das Buch ist eine gelungene Road Map für unsere positive ärztliche Einmischung, wenn wir unser Gesundheitssystem nicht gegen die Wand fahren lassen wollen.

Prof. Dr. Günter Layer, Direktor des Zentralinstituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
Klinikum Ludwigshafen gGmbH

 „Change-Prozesse im Krankenhaus sind tägliche Arbeit geworden. Die Frage ist nur, ob wir Ärzte, speziell Chefärzte, uns nicht intensiv einbringen müssen. Nur Jammern und Nörgeln ist nicht zielführend...Das Buch hilft, mitreden zu können, um nicht den Verwaltern das Feld zu überlassen.“

Prof. Dr. Wolfgang Kölfen, Chefarzt Kinder- und Jugendmedizin, Städtische Kliniken Mönchengladbach GmbH, Elisabeth-Krankenhaus Rheydt,

"Die Aufgaben des leitenden Arztes haben sich in den vergangenen 10 Jahren dramatisch verändert -  vom Verwalten hin zum Führen. Diese neuen Aufgaben sind ...unabdingbare Voraussetzung, um auch medizinische Inhalte leitend zu begleiten....Dieses Buch gibt  wichtige Instrumente für die tägliche Arbeit an die Hand".

Prof. Dr. Peter Feindt, Chefarzt Herz- und Thoraxchirurgie  Clemenshosptial Münster

LanguageDeutsch
PublisherSpringer
Release dateMar 18, 2015
ISBN9783662436639
Strategie- und Change-Kompetenz für Leitende Ärzte: Krisen meistern, Chancen erkennen, Zukunft gestalten

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    Strategie- und Change-Kompetenz für Leitende Ärzte - Jens Hollmann

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

    Jens Hollmann und Adam SobanskiStrategie- und Change-Kompetenz für Leitende ÄrzteErfolgskonzepte Praxis- & Krankenhaus-Management10.1007/978-3-662-43663-9_1

    1. Einführung: Dynamische Dialektik zwischen Strategie und Veränderung

    Jens Hollmann¹   und Adam Sobanski²  

    (1)

    medplus-kompetenz®, Bötersheim, Deutschland

    (2)

    MAIN5 Unternehmensberatung in LifeScience, Frankfurt/Main, Deutschland

    Jens Hollmann (Korrespondenzautor)

    Email: hollmann@medplus-kompetenz.de

    Adam Sobanski

    Email: adam.sobanski@main5.de

    1.1 Kliniken und MVZ im unaufhörlichen Wandel

    1.2 Wer „überlebt im ewigen Wettbewerb der „Arten?

    Literatur

    Medica in Düsseldorf: zwei Chefärzte laufen sich nach Jahren wieder über den Weg. Fragt A. den Kollegen: „Und wie sieht’s in Ihrem Haus so aus? Sie waren doch in den Marskliniken?" Antwortet B: „Schauen Sie mal auf die Website: www.​kliniksterben.​de ."

    Sie finden die kleine Fiktion übertrieben, ein Hirngespinst? Nun, mittlerweile holt die Wirklichkeit Vorstellungen längst ein, die noch vor kurzem als Horrorszenarien verdrängt wurden: „Zwanzig große Ketten bleiben übrig, warnte das Fachmagazin „führen und wirtschaften (f&w) im Krankenhaus in seiner Ausgabe 02/2012 (https://​www.​bibliomed.​de/​fundw/​-/​magazine/​detail/​633018). Was ist geschehen, dass es zu solchen Prognosen kommen kann?

    Krankenhausbarometer 2013: Mehr Verluste, weniger Überschüsse

    Schrieb noch 2011 etwa jedes dritte Krankenhaus (31 %) Verluste, so war es 2012 mit knapp 43 % fast schon jedes zweite. Umgekehrt ist der Anteil der Krankenhäuser mit einem Jahresüberschuss von 55 auf 43 % gesunken. Der Anteil der Krankenhäuser mit einem ausgeglichenen Jahresergebnis hat sich von 14 auf 7 % halbiert. Alle drei Krankenhausgrößen (kleine mit 50 bis 300 Betten, mittlere bis zu 600 Betten und die großen über 600 Betten) schätzten zum Zeitpunkt der aktuell jüngsten Befragung des DKI (Stand August 2014) ihre aktuelle wirtschaftliche Situation zu knapp 53 % als unbefriedigend ein.

    Zwei der, unserer Meinung nach, wichtigsten Ursachen der eher pessimistisch gehaltenen Einschätzungen liegen in Verständnisdefiziten unterschiedlicher Provenienz begründet, die zu einem Ursachenkomplex verschmelzen. Eines dieser Defizite zeigt sich in der immer noch schwierigen Vereinbarkeit von Ethik und Ökonomie im Gesundheitssektor (Kap.​ 6). Da prallen gerade bei strategischen Positionierungen und Veränderungsprozessen oft Welten aufeinander. Ökonomen neigen – BWL-fundiert – zu einem Effizienzdenken , Leitende Ärzte empfinden dieses Denken nicht selten als unangemessen oder ihrem ethischen Selbstverständnis widerstrebend. Den Patienten als Kunden zu bezeichnen, vom „Markt" zu sprechen, wenn es um die Existenz der Klinik geht (Kap.​ 4), hat für ärztliche Ohren nicht selten fast blasphemischen Charakter. Dieses Spannungsfeld zu überbrücken, ist eines der Anliegen unseres Buches. Es gilt für beide Seiten, auch die Perspektive der anderen Seite einzunehmen. Ärztliche Führungskräfte, für die wir dieses Buch schreiben, gewinnen mit dem Verständnis wirtschaftsorientierten Denkens im Gesundheitssektor Gestaltungsspielräume für die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen.

    Ein zweites Verständnisdefizit liegt in einer nicht hinreichenden Veränderungskultur vieler Kliniken, (Kap.​ 6), genauer gesagt, in einer wenig veränderungsfreudigen Unternehmenskultur im Gegensatz etwa zu einer Kultur der flexiblen Anpassung an jeweils neue Erfordernisse (Kap.​ 8). Über viele Jahrzehnte waren Krankenhäuser zentral verwaltete Einrichtungen der Gesundheitsversorgung. Die Verweildauern der Patienten bestimmten maßgeblich die Einnahmesituation. Mit Einführung des DRG-Systems begann sich eine Spirale aus wachsender Komplexität und Dynamik der Entwicklungen zu drehen – und setzte den Krankenhaus-Wettbewerb im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und medizinisch gebotener Ethik in Gang. Wie gut – wie strategisch – aber waren und sind die Akteure im Gesundheitswesen für diese Herausforderungen aufgestellt?

    Von zentraler Planwirtschaft zu mehr Markt: Wer abwartet, wird zum Verlierer

    „Eine Entwicklung zu mehr Markt ist wünschenswert" schreiben Albrecht und Töpfer 2006 in den Anpassungswirren an das damals neue DRG System. Es sei allen Krankenhausbetreibern zu raten, „ihre strategische Positionierung zu überprüfen – soweit sie bisher überhaupt bewusst festgelegt wurde … es sind vor allem die internen, noch nicht genutzten Ressourcen (Abschn.​ 4.​1.​2) zu analysieren … die Krankenhäuser, die abwartend schauen, in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit sich das System weiterentwickelt, werden zu den Verlierern gehören … es gilt möglichst vorausschauend die Szenarien einzuschätzen und interne Veränderungsmechanismen in die Wege zu leiten … die organisatorische Restrukturierung , weg vom Silodenken der Fachdisziplinen hin zu einer Behandlungskette entlang klinischer Pfade  … sowie eine viel stärkere Service- und Kundenorientierung werden die hauptbestimmenden Faktoren sein".

    Die Situation fordert von den Akteuren eine Wachheit und Aufmerksamkeit weit über das Re-agieren hinaus. Viele Strategien und Veränderungsprozesse aber sind vornehmlich von dem Wunsch getragen, eine unangenehme Situation zu beenden. Strategien und Veränderungen, die deshalb an für den Erfolg wenig relevanten Stellen (re-aktiv) etwas in Angriff nehmen, damit der unangenehme Zustand oder gar die Bedrohung rasch vorüber sind (Abschn.​ 6.​1), oder gar um des Gefühls willen, wenigstens irgendetwas getan zu haben, werden selbstverständlich den erwarteten Erfolg nicht bringen. Erforderlich ist ein vorausschauendes Agieren.

    Was sogleich zur nächsten „Sollbruchstelle" führt oder führen kann, nämlich zur immer noch kaum verstandenen Verknüpfung zwischen Strategie und Veränderungsprozess: Haben einige Häuser doch eine vernünftige, eine vorausschauende Strategie definiert, so scheitern die meisten spätestens bei der Umsetzung. Der Veränderungsprozess versandet, wird zerrieben. Mitarbeiter blockieren (Abschn.​ 9.​1) – häufig zu recht, da sie in den gesamten Prozess nicht gleichwertig einbezogen, sondern oft lediglich informiert, maximal mitgenommen werden – auf einen Weg, der ohne sie bereits vorgezeichnet wurde. Den Rest der Erosion des Change-Prozesses besorgt die interne Mikropolitik der Abteilungen, indem „Fürstentümer" gegeneinander ausgespielt werden.

    In diesem Buch setzen wir an der Dialektik von Strategie und Change an. Ein langfristig wirksames und damit zukunftstaugliches Agieren ist nur in einer Kombination aus strategischer Positionierung und einem individuell auf die Situation des Hauses abgestimmten Veränderungs- respektive Umsetzungsprozess möglich. Strategie und Change einzeln zu betrachten, bedeutet jeweils nur die Hälfte eines Ganzen im Blickwinkel zu haben.

    Strategische Positionierung bedeutet im ersten Schritt sorgfältige Umfeld-Analysen (was war, was ist, was könnte sein?) (Abschn.​ 3.​1) und dem gegenüber einen (selbst-)kritischen Abgleich mit dem Potenzial der Klinik (Abschn.​ 3.​2). Das Erstellen dieser „Landkarte" bereitet den Boden für einen strategischen Gesamtplan (Kap.​ 4): Wohin soll die Reise gehen?

    Erst dann, dann aber auch unabdingbar, setzt der Veränderungsprozess selbst, der Change ein (Kap.​ 6): Wer die strategischen Optionen, die er identifiziert hat, nicht umsetzt, die Reise also hier unterbricht, verharrt beim reinen Gedankenspiel und damit beim bloßen Zeitvertreib. Startet umgekehrt die Führungsspitze einen Change ohne strategische Grundlage, wird es allzu schnell ein rein re-aktiver Change (Abschn.​ 6.​1) auf aktuelle Bedrohungen von außen.

    Strategische Positionierung und Veränderungsprozess sind dabei ein unaufhörliches Geschehen, der „Wandel als Daueraufgabe " (Krüger 2006). Der fluide Change (Abschn.​ 6.​2) wird der Normalzustand.

    Eine erfolgreiche strategische Erneuerung mündet zukünftig nicht mehr – wie in der Vergangenheit – in einen Zustand der Organisationsruhe. Externe wie interne Impulse erzeugen immer wieder neue Wandlungsnotwendigkeiten. Wandel wird dadurch von einem einmaligen Projekt zu einer ständigen Herausforderung … Dies gilt nicht nur für Führungskräfte oder die Unternehmensspitze. Wandel gehört heute zu den Aufgaben jedes einzelnen Mitarbeiters und jeder Stelle im Unternehmen.

    Krüger (2006)

    Wenn jetzt also die Frage im Raum steht: Haben Kliniken eine Zukunft? Dann kann die Antwort nur lauten: Aber ja! Ob allerdings Ihre Klinik eine Zukunft hat, das hängt – auch – von Ihrer Fähigkeit strategischen Denkens und von Ihrem Umgang mit Veränderung ab. Die Weichen für Ihr Haus stellen Sie als ärztliche Führungskraft entscheidend mit.

    Nun fragen Sie, was Sie als Leitender Arzt überhaupt bewirken können?! Sind die erforderlichen Um- und Neustrukturierungen nicht Sache des Klinikmanagements? Schon nach dem ersten Abwehrreflex (Abschn.​ 3.​2) „Soll ich jetzt auch die Aufgaben der Verwaltung übernehmen?, beim ersten genaueren Hinschauen, wird deutlich, dass gerade in Ihrer „Branche, in der es um Behandlungsprozesse von Menschen geht, Ihre medizinische Expertise unerlässlich ist: Behandlungspfade sach- und menschengerecht zu konzipieren, bedarf medizinischen Sachverstands. Und auch hier spielen mindestens zwei Perspektiven eine wichtige Rolle. Dies ist zum ersten natürlich Ihre Perspektive auf die Wirtschaftlichkeit Ihres genuinen Verantwortungsbereichs. Wie Sie hier das Spannungsfeld zwischen Ihrem ärztlichen Auftrag, Effizienz der Abläufe und DRG-Codierung ausbalancieren – dafür braucht es Ihre Expertise.

    Das kommunale Zentralklinikum in der Region ist mitten in den Planungen für einen Neubau. Von Beginn an sind hier die Chefärzte einbezogen worden: denn ein wichtiges Moment für reibungslose Abläufe sind kurze Wege; welche Disziplinen sind etwa besonders stark miteinander vernetzt und auf kurze Wege im Behandlungsprozess angewiesen? Logistisch unklug geplante Abläufe wirken sich rasch negativ auch auf die Abläufe in der Abteilung und in der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit aus!

    Zum zweiten spielt auch die umfassendere Perspektive eine wichtige Rolle: Wie wirtschaftlich wird die Klinik, das MVZ geführt? (Kap.​ 6). Im welchem Maße spielen Ökonomie und Ethik eine Rolle im gesamten Netzwerk medizinischer Versorgungseinrichtungen? Doppel- und Mehrfachuntersuchungen etwa werden seitens der Kostenträger als Verschwendung eingestuft. Für die Leistungserbringer sind sie – sofern abrechenbar – eine gute Einnahmequelle. Eine Erkenntnis, die sogleich eine weitere Frage in diesem so diffizilen Spannungsfeld von Ökonomie und Ethik aufwirft. Wie sinnvoll sind Mehrfachuntersuchungen aus medizinischer Sicht? Medizin ist nicht per se ethisch fundiert. Der Arzt steht hier z. B. vor der Frage, wie oft es ethisch vertretbar ist, Gewebeproben zu entnehmen. Sehr engagiert wurden auch bereits in diesem Lande Diskussionen geführt, ab welchem Lebensalter eine Hüftprothese sich wirtschaftlich noch rechnet. Wir wollen das Feld der Medizinethik hier nicht tiefer „beackern", an dieser Stelle ist uns wichtig, dass im Gesundheitssektor Sie als ärztliche Führungskraft, Meinungsbildner und Gestalter eine zentrale Rolle spielen.

    Als ärztliche Führungskraft haben Sie weit mehr Handlungsoptionen, als es Ihnen zunächst erscheint. Wie konstruktiv und zukunftsweisend Sie Ihre Strategie- und Veränderungskompetenz einbringen, das ist immer auch eine Frage der individuellen Einstellung, Ihrerseits oder einer noch übergeordneten hierarchischen Ebene. Manche Führungsspitze empfindet jede Veränderung als etwas Bedrohliches, ein anderer brennt förmlich vor Reformeifer und vergisst dabei die Heterogenität der Interessen, ein dritter sucht die Verständigung mit den anderen Professionen. In allen Fällen sind Sie als Leitender Arzt ein wichtiger Akteur im Strategie- und Change-Prozess. Sei es als Treiber von Veränderung in Ihrem Haus, sei es als Korrektiv oder als der so dringend gewünschte Partner auf Augenhöhe für die Klinikadministration.

    1.1 Kliniken und MVZ im unaufhörlichen Wandel

    Wir haben diesem Buch den Titel gegeben: „Strategie- und Change-Kompetenz für Leitende Ärzte in Krankenhaus und MVZ. Der Wandel als Daueraufgabe betrifft jedes Wirtschaftsunternehmen, das auch in Zukunft „mitspielen will. Speziell in der sog. Gesundheitsbranche ist der Spannungsbogen zwischen Ethik und Ökonomie zum Bersten gespannt und ist bei allen Entwicklungen zu berücksichtigen. Steht im Gesundheitswesen das Patientenwohl im Mittelpunkt, so dominiert in der Gesundheitswirtschaft die Effizienz der Leistungen. Diese Spanne auszubalancieren, ist für Krankenhäuser eine Herausforderung; nicht minder allerdings für MVZ, für die das EBM-Punktesystem die stetige Abwägung zwischen wirtschaftlicher Führung des Hauses und Patientenwohl bedeutet.

    Kliniken und MVZ bedienen denselben „Markt" (Kap.​ 4), sie sind in der Gesundheitswirtschaft mit sehr ähnlichen Problemstellungen konfrontiert, professionsbedingt „wurzeln" sie in denselben Kulturen. Welche Entwicklungen Kliniken und MVZ nehmen, sind keine voneinander unabhängigen Geschehen. Ob sie nun als Partner, als Wettbewerber oder als von Kliniken integrierte MVZ auftreten: beide sind gefordert, Strategie und Veränderung in der höchst dynamischen Gesundheitsbranche zu professionalisieren. Die politisch gewollte Gewichtung zugunsten ambulanter Versorgung hat die Spirale wechselseitiger Optionen in Gang gesetzt: Ein Beispiel ist die zunehmende Integration von MVZ in Kliniken als eine strategische Option (Kap.​ 4) – die wiederum neue Veränderungserfordernisse in der Klinik provoziert.

    Im Zuge der Integration von MVZ in die Klinik, tut sich für diese ein neu zu bearbeitendes Handlungsfeld auf: „Klinik-MVZ: Mit welchem Honorar ist zu rechnen? fragt das Beratungshaus Frielingsdorf (frielingsdorf.biz/assets/pdf/info_honorarsimulation.pdf): „Mangels Kenntnis der ambulanten Vergütungsregelungen habe bei so mancher Klinik die Umwandlung einer auf Ermächtigung beruhenden Abteilung in ein MVZ zu „existenzbedrohenden Honorareinbrüchen geführt".

    In diesem Fall „schluckt die Klinik das MVZ, dieses „verschwindet als eigenständige Organisation von der Bildfläche. Eine Entwicklung, die – hier auf die (Gesundheits-)Wirtschaft bezogen – ein evolutionäres Geschehen widerspiegelt: Eine „Art" weicht, eine neue entsteht (Abschn.​ 4.​1.​2).

    1.2 Wer „überlebt im ewigen Wettbewerb der „Arten?

    Die Evolution ist immer wieder ein guter Lehrmeister: Bestimmte Arten verschwanden von der Bildfläche, weil sie den Herausforderungen ihres Umfeldes nicht mehr gewachsen waren, andere entwickelten sich neu – ein ewiger Kreislauf. Eine Art aber kann auf einen Stammbaum bis ins Paläozän verweisen.

    60 Millionen Jahre hat dieses Tier schon auf dem Buckel, das Gürteltier ist nicht das stärkste, beileibe nicht das intelligenteste Säugetier aber wohl eines der ältesten in der Evolution – und warum? Weil es eine phänomenale Anpassungsfähigkeit entwickelt hat, so kann es bis zu sechs Minuten die Luft anhalten, wenn es in der Erde nach Nahrung gräbt. Sein Geruchssinn ist außergewöhnlich gut ausgeprägt, um bis zu 20 Zentimeter tief in der Erde seine Nahrung, Würmer, Insekten und anderes Getier, zu schnuppern, damit ist seine Hirnkapazität fast ausgeschöpft. „Das Gürteltier setzt Prioritäten", schreibt die ZEIT in einer Essayserie (http://​www.​zeit.​de/​wissen/​umwelt/​2011-08/​guerteltier-unterschaetzt).

    Eines gilt sicher auch beim Schwenk ins Jetztzeitalter: Prioritäten setzen ist erfolgskritisch. Prioritäten setzen Sie mit einer fundierten Strategie, Veränderungsbereitschaft und Flexibilität. Als ärztliche Führungskraft lenken Sie die Geschicke Ihres Hauses entscheidend mit; Sie warten nicht, bis Ihnen das Controlling Ihr Katheter-Labor genehmigt oder „streicht"; Sie steuern auf Basis Ihrer sorgfältigen Analyse von Umfeld und Wettbewerb die Kosten selbst.

    Wie Sie sich mit Ihrer Klinik, Ihrer Abteilung oder Ihrem MVZ im unaufhörlichen Wandlungsprozess positionieren, ob als Treiber von Entwicklungen (Abb. 1.1) – als sog. first mover – oder eher als derjenige, der sich zu richtigen Zeitpunkt gut anpasst, dann als early oder late follower – das ist eine Frage Ihrer individuellen Situationsanalyse: Die entscheidende Frage ist hier: Wovon profitiert Ihr Verantwortungsbereich am stärksten?

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    Abb. 1.1

    First Mover und Late Follower

    Definition

    Die Begrifflichkeit des „first movers oder schlicht des Ersten stammt aus der Welt des strategischen Marketings. Ein Unternehmen, das ein Produkt oder eine Dienstleistung erstmalig auf den „Markt bringt, setzt Akzente, ist also ein first mover. Wer folgt, kann dies zu einem sehr frühen Zeitpunkt tun und verkörpert den early follower – folgt er erst dann, wenn sich das Neue bereits wieder etabliert hat, ist er ein late follower .

    Eines möchten wir deutlich machen: Sämtliche Begrifflichkeiten sind nicht per se positiv oder negativ konnotiert. Entscheidend ist die Betrachtung aus der aktuellen Situation, dem konkreten Erfordernis heraus. Ist es sinnvoll, sich an die Spitze der Innovation zu setzen oder kann kluges Beobachten einer Entwicklung für dieses Tätigkeitsfeld angeraten sein? So manche Seifenblase an Fortschrittsgläubigkeit ist schon rascher geplatzt, als dies für alle Akteure vorstellbar war.

    Welche Haltung Sie einnehmen, ob grundsätzlicher Natur oder ob Sie zu unterschiedlichen Zeiten jeweils anders agieren, auch dies verdeutlicht das Erfordernis unablässiger Wachheit und Aufmerksamkeit auf die Geschehnisse in Ihrem Umfeld und Ihrem Verantwortungsbereich. Eine strategische Positionierung , die heute sinnvoll ist, kann bereits morgen (Abschn.​ 3.​2.​2) überholt sein. Angesichts der rasanten Entwicklungen im Gesundheitswesen , gilt es auch für Klinik und MVZ, sich immer wieder zu vergewissern, ob der eingeschlagene Weg noch der richtige ist. Diese Frage umfasst Ihre Gesamtpositionierung von der unaufhörlichen Beobachtung und Überprüfung Ihrer strategischen Aufstellung bis zur Bereitschaft und vor allem Fähigkeit, strategiebasierte Erkenntnisse flexibel in Klinik, Abteilung oder MVZ umzusetzen. Füllen Sie die dynamische Dialektik zwischen Strategie und Change mit Leben, erweitern Sie Ihren „Circle of Influence"® (Abschn.​ 3.​2) und setzen Sie sich an die Spitze einer lernenden Organisation (Kap.​ 8)!

    Literatur

    Albrecht M, Töpfer A (2006) Erfolgreiches Change Management im Krankenhaus. Springer, Berlin Heidelberg

    Krüger W (2006) Excellence in change. Springer Gabler, Wiesbaden

    Sektion Strategiekompetenz

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

    Jens Hollmann und Adam SobanskiStrategie- und Change-Kompetenz für Leitende ÄrzteErfolgskonzepte Praxis- & Krankenhaus-Management10.1007/978-3-662-43663-9_2

    2. Strategieperformance: Zepter oder Knute für den Leitenden Arzt? Mischen Sie sich ein!

    Adam Sobanski²   und Jens Hollmann¹  

    (1)

    medplus-kompetenz®, Bötersheim, Deutschland

    (2)

    MAIN5 Unternehmensberatung in LifeScience, Frankfurt/Main, Deutschland

    Adam Sobanski (Korrespondenzautor)

    Email: adam.sobanski@main5.de

    Jens Hollmann

    Email: hollmann@medplus-kompetenz.de

    Literatur

    Kommt Ihnen das bekannt vor? „Ich will gute Medizin machen, darum bin ich Arzt geworden. Hätte ich Manager werden wollen, hätte ich auch BWL studieren können". Solche Aussagen hören wir nicht selten, wenn es um die strategische Positionierung einer Klinik geht. Und um die Handlungsspielräume Leitender Ärzte. Warum so bescheiden? In Ihrer Kernprofession treffen Sie doch tagtäglich viele lebenswichtig-strategische Entscheidungen. Welche Diagnose stellen Sie Ihrem Patienten? Welchen Behandlungsplan konzipieren Sie? Welche Indikatoren nutzen Sie zur Überprüfung des Behandlungserfolges?

    Sie sagen, das hat doch alles nichts zu tun mit den strategischen Überlegungen, die in der Geschäftsführung zur Entwicklung des Wirtschaftsunternehmens Klinik angesiedelt sind?! Meinen Sie? Sie wollen doch sicher auch in den kommenden Jahren gute Medizin machen, Ihre Abteilung so erfolgreich führen wie bislang. Sie leben und arbeiten aber nicht auf einem autarken Eiland. Ihre Abteilung, Ihre Zuständigkeiten und Ihre Gestaltungsspielräume stehen nicht als Solitär im Klinikumfeld, unangefochten von dem, was sich um Sie herum abspielt.

    Der Erfolg Ihrer Abteilung und die Garantie, dass Sie auch in Zukunft weiterhin auf qualitativ-hohem Niveau ärztlich tätig sein können, stehen in einem komplexen Netz von Abhängigkeiten und Wechselwirkungen, in dem Sie weit über Ihre Kernprofession hinaus eine wichtige Rolle spielen. Präziser gesagt: Wenn Sie sich jetzt einem aktiven Mitwirken in strategischer Weitsicht, Planung und daraus resultierenden Zielen für Ihr Haus und damit auch für Ihre Abteilung verweigern, ziehen Ihre Kollegen, die das Signal vernommen haben, an Ihnen vorbei.

    Denn speziell in Kliniken herrscht nicht selten ein unbarmherziger Wettbewerb um personelle und finanzielle Ressourcen, um Patientenzuweisung und damit um die jeweilige DRG-Positionierung der einzelnen Abteilung im Klinikgefüge. Noch umfassender gedacht: Für eine marktgerechte Positionierung der Klinik ist die Verwaltung Ihres Hauses auf Ihre ärztliche Expertise angewiesen (Abschn.​ 3.​1.​3). Etwa wenn Analysen der Patientenklientel, neuer medizinischer Methoden und erforderlicher Equipments auf der Agenda stehen. Kliniken, die hier nicht auf die Fachkompetenz ihrer ärztlichen Entscheidungsträger zurückgreifen können, stehen im Wettbewerb deutlich schlechter da. Und wie sieht es dann mit der erfolgreichen Führung Ihrer Abteilung aus, wenn Ihr Haus im schlimmsten Falle um seine Existenz ringen muss?

    Sie haben doch noch einen Einwand? Sie sind ja grundsätzlich interessiert daran, mitzudenken und mitzugestalten! Aber da gibt es eben einfach zu viele Widerstände (Abb. 2.1). Das beginnt mit der großen Politik: „Was sollen wir hier vor Ort denn machen? Wir sind als Einzelklinik und erst recht als Abteilung doch machtlos, die da oben gehen auf unsere Forderungskataloge (Abschn.​ 3.​2) doch sowieso nicht ein!" Und setzt sich fort in Ihrem direkten Umfeld – selbst wenn Sie als Leitender Arzt mit guten Ideen kommen: Ihre Klinikführung lässt Sie nicht!? Die Entscheidungen werden an Ihnen vorbeigetroffen? Und ehe Sie sich’s versehen, hat Ihnen das Controlling Ihre lang geplante Personalaufstockung oder Ihr dringend benötigtes Ultraschall gestrichen?!

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    Abb. 2.1

    Der Arzt im Spinnennetz

    „Was sollen wir schon machen! Unsere Handlungsspielräume sind reglementiert, die Budgets festgelegt". Stoßseufzer eines Chefarztes im Hintergrundgespräch

    Besonders verstörend gestaltet sich für viele Leitende Ärzte ein Szenario, das in Kliniken immer öfter Einzug hält: Beraterstäbe ziehen durchs Haus und hinterlassen in den Augen der ärztlichen Leitungsebene oft eine Schneise der Verwüstung. Kommt Ihnen das bekannt vor? Ihnen wurde Personal abgezogen und dann sollen Sie sogar noch mit dem unsympathischen Kollegen der fachlich eng verwobenen Disziplin kooperieren? Etwa Equipment oder ganze Stationen teilen? Begriffe wie „Lean Management " (Abschn.​ 3.​1.​3), „Supply Chain Management, „zero based budgeting oder „quick win" wabern durch die Klinikflure. Und das alles lassen Sie mit sich machen? Beugen sich unter die Knute eines vermeintlich allmächtigen Managements?

    Sie sind doch der Leitende Arzt, Sie sind das Vorbild für Ihre ärztlichen Mitarbeiter; wie passt das zusammen mit einem Selbstverständnis des „Ausgeliefertseins" gegenüber Geschäftsführung oder Klinikvorstand? Höchste Zeit, Stopp zu sagen – oder konstruktiv betrachtet, selbst Signale zu setzen, mit zu definieren, was beispielsweise Lean Management ist und was nicht! Wie beispielsweise abteilungs- und sektorenübergreifende Behandlungsverläufe definiert und clinical pathways gestaltet werden! Wie aber kann das gelingen?

    Zuallererst: Überschätzen Sie nicht die anderen und unterschätzen Sie nicht sich selbst! Die „Anderen? Ja, auch die Geschäftsführungen und Vorstände in Krankenhäusern sind nicht mit Strategiekompetenz auf die Welt gekommen. Auch hier finden – und das ist gut so! – Lernprozesse statt. Und jetzt kommt Ihre Stunde! In der Sie unter Beweis stellen, dass Sie „über den Gartenzaun Ihrer Abteilung schauen, dass Sie Strategiepartner (Abb. 2.2) auf Augenhöhe sind, dass Ihre ärztliche Expertise (s. Exkurs: Die großen Ärztethemen im Management) auch Weitsicht und operatives Verständnis im Wirtschaftskontext umfasst.

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    Abb. 2.2

    Strategie als Brücke in die Zukunft

    Etwa dergestalt, dass Sie sich die Brille des Analytikers aufsetzen, desjenigen, der durchschaut, welchen Einflüssen ein Unternehmen im Gesundheitswesen ausgesetzt ist, wo es rechtzeitig reagieren muss, um den Zug der Veränderung nicht zu verpassen, wo aber zugleich höchste Aufmerksamkeit geboten ist, um nicht blindwütig Neuerungen hinterher zu hetzen, die für die eigene Positionierung sogar kontraproduktiv sein können.

    Strategisches Denken als Brückenbauer

    Rich Horwath, US-amerikanischer Autor („Deep Dive – strategisches Denken"), Gründer und Leiter eines Think Tank Instituts und Berater von Konzernen wie Google und Novartis (Horwath 2009), definiert strategisches Denken als Brücke zwischen unserem im beruflichen Alltag bewährten Wissen und Können, kurz unserer Kompetenz und dem umfassenden Überblick über unser Umfeld. Mit Strategiekompetenz überbrücken wir den Graben zwischen der vergangenheitsorientierten Best-Practice-Gegenwart und dem, was an Optionen offensteht (Abb. 2.2). Wer sich allein auf die Routine verlässt, wird über das Mittelmaß nie hinauskommen, warnt Horwath (Horwath 2009). Erhofft sich der „Routinier" dennoch bessere Ergebnisse, so bescheinigt ihm der Institutsleiter eine Form des Irreseins – und befindet sich mit dieser Annahme im Einvernehmen mit Albert Einstein: „Insanity means

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