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Persönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführung: Den eigenen Führungsstil reflektieren und erfolgreich weiterentwickeln
Persönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführung: Den eigenen Führungsstil reflektieren und erfolgreich weiterentwickeln
Persönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführung: Den eigenen Führungsstil reflektieren und erfolgreich weiterentwickeln
Ebook859 pages8 hours

Persönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführung: Den eigenen Führungsstil reflektieren und erfolgreich weiterentwickeln

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About this ebook

Dieses Fachbuch richtet sich an junge Führungskräfte, denen es ein hilfreicher, wegweisender Begleiter durch den Führungsalltag sein will. Nur wer sein eigenes Tun kritisch hinterfragt und sich nicht nur im Führungshandwerk, sondern auch in seiner Führungspersönlichkeit weiter entwickelt, hat das Zeug zur echten Spitzenführungskraft. Die Autoren verfügen über langjährige Führungs- und Beratungspraxis und beantworten wichtige Fragen, die sich jede junge Führungskraft stellt. Welches Management-Wissen ist unabdingbar? Wie gehe ich mit verschiedenen Mitarbeiter-Persönlichkeiten um? Was ist in der Kommunikation mit meinen Mitarbeitern wichtig? Was sind die größten Führungsfallen und wie vermeide ich sie? Einzigartig ist die Wissensvermittlung anhand von vier Avataren, die für unterschiedliche Führungspersönlichkeiten stehen. Diese treffen wiederum auf unterschiedliche Mitarbeiterpersönlichkeiten und bewältigen im Zusammenspiel mit diesen ein breites Spektrum spezifischer Führungssituationen.
LanguageDeutsch
Release dateOct 16, 2019
ISBN9783658263508
Persönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführung: Den eigenen Führungsstil reflektieren und erfolgreich weiterentwickeln

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    Book preview

    Persönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführung - Karen Zoller

    Karen Zoller und Paul Nussbaumer

    Persönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführung

    Den eigenen Führungsstil reflektieren und erfolgreich weiterentwickeln

    ../images/464776_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.png

    Karen Zoller

    zoller kommunikation, Hamburg, Deutschland

    Paul Nussbaumer

    Belvoirpark Hotelfachschule HF, Zürich, Schweiz

    ISBN 978-3-658-26349-2e-ISBN 978-3-658-26350-8

    https://doi.org/10.1007/978-3-658-26350-8

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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    Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature.

    Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

    Danksagung

    Ich danke meinen Korrekturlesern Volker Pommerening und Dagmar Kumbier für ihr gründliches Auge, ihre vielen wertvollen Anregungen und für die Zeit, die sie diesem Buch gewidmet haben. Professor Friedemann Schulz von Thun danke ich für das humanistisch-systemische Fundament seiner kommunikationspsychologischen Lehre, die mir zugleich Leitplanke und wesentliche Orientierung in meiner Arbeit als Beraterin und Trainerin ist. Meinem Kollegen und Freund Stephan Busskamp danke ich für die vielen anregenden Gespräche und die wunderbare Zusammenarbeit in unseren Beratungsprojekten. Jens Hager van der Laan gebührt Dank dafür, dass sein unveröffentlichtes Rollenkonzept in dieses Buch einfließen durfte und dass er mit seiner Erfahrung viele meiner Beratungsprojekte unterstützt. Meiner Familie und meinen Freunden danke ich für das Verständnis, dass mir während der Entstehung dieses Buches häufig nicht die Zeit für mußevolle Begegnungen zur Verfügung stand, die ich mir gewünscht hätte.

    Karen Zoller

    Mein großer Dank gilt meinen Korrekturlesern Marcel Herter, der mir durch seine langjährige Führungserfahrung in Großkonzernen wertvolle Hinweise geben konnte, und Dr. Andres Iten, der mir mit seiner motivierenden Art und durch seine Führungserfahrung in verschiedensten Organisationen wie auch aus seinem eigenen Unternehmen in unseren Gesprächen Bestätigung gegeben und mich gleichzeitig zum Nachdenken und Reflektieren ermuntert hat. Einen meiner kritischsten Leser habe ich in meinem Sohn, Dr. Daniel Nussbaumer, der akribisch den Finger auf die wunden Punkte hielt. Prägend für mein Verständnis einer menschenorientierten Führung war Pater Dr. Albert Ziegler, der mir in unseren unzähligen Gesprächen durch seine Weisheit und Klarheit in manch schwieriger Führungsfrage mit Rat zur Seite stand. Hätte ich nicht meine Frau Marlies neben mir, die mir immer wieder den Weg frei gemacht, mich unterstützt und verzichtet hat, wäre dieses Buch nie entstanden. Danke, Marlies, für deine Zeit und dein großes Verständnis.

    Paul Nussbaumer

    Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung 1

    1.​1 Zielsetzung des Buches 2

    1.​2 Perspektiven auf Führung 3

    1.​3 Aufbau des Buches 7

    1.​4 Anmerkungen zur Lesart des Buches 9

    Literatur 11

    2 Neu in der Führung 13

    2.​1 Führen ist lernbar 13

    2.​2 Ziele und Tätigkeiten von Führung 20

    2.​3 Die ersten 100 Tage als Führungskraft 30

    2.​4 Fazit 33

    Literatur 34

    3 Persönlichkeit und Führung 35

    3.​1 Das Riemann-Thomann-Modell 37

    3.​2 Vier „Führungs-Avatare" 40

    3.​3 Mitarbeiter im Riemann-Thomann-Kreuz 47

    3.​4 Fazit 49

    Literatur 49

    4 Führungsrolle 51

    4.​1 Die Rolle im System 51

    4.​2 Stellenbeschreib​ung 55

    4.​3 Der Mensch in der Rolle 61

    4.​4 Dilemmata in der Führungsrolle 65

    4.​5 Selbstführung mit dem „Inneren Team" 73

    4.​6 Fazit 83

    Literatur 83

    5 Führungshandwerk​ 85

    5.​1 Die ideale Führungskraft 85

    5.​2 Management-Zyklus 90

    5.​3 Führen durch Zielvereinbarung​en 103

    5.​4 Motivation 110

    5.​5 Zeit-Management 122

    Literatur 126

    6 Führungskommunik​ation 127

    6.​1 Kommunikationsps​ychologie 128

    6.​2 Die Führungs-Avatare und ihr Kommunikationsve​rhalten 138

    6.​3 Kommunikationsfö​rderer und -hemmer 141

    6.​4 Das passende Kommunikationsme​dium 144

    Literatur 146

    7 Mitarbeitergespr​äche 147

    7.​1 Grundlagen wirkungsvoller Gespräche 148

    7.​2 Gesprächsleitfad​en 155

    7.​3 Feedbackgespräch​ 163

    7.​4 Zielvereinbarung​sgespräch 172

    7.​5 Trennungsgespräc​h 175

    Literatur 180

    8 Konflikt-Management 183

    8.​1 Konflikte sind willkommen 184

    8.​2 Konfliktdiagnose​ 186

    8.​3 Verhaltensstile im Konflikt und ihre mögliche Entstehung 192

    8.​4 Konfliktdynamik und Konfliktklärung 199

    Literatur 207

    9 Team-Management 209

    9.​1 Was ist ein Team?​ 209

    9.​2 Das ideale Team 212

    9.​3 Teamentwicklung 215

    9.​4 Teamdynamik 233

    9.​5 Effektive Sitzungen 245

    9.​6 Entscheidungspro​zesse im Team 253

    Literatur 260

    10 Führen in Veränderungsproz​essen 263

    10.​1 Veränderung als Normalität und Notwendigkeit 264

    10.​2 Unsicherheit und Angst im Veränderungsproz​ess 269

    10.​3 Konkrete Schritte und Teilziele eines Veränderungsproz​esses 273

    10.​4 Kommunikation und Information im Veränderungsproz​ess 277

    Literatur 286

    11 Führungsweisheit​en 287

    11.​1 Jede Aufgabe ist Teil eines größeren Ganzen 287

    11.​2 Setze die richtigen Prioritäten 289

    11.​3 Du wirst an deinen Ergebnissen gemessen 290

    11.​4 Halte die Ordnung des Systems ein 292

    11.​5 Übernimm´ Verantwortung für gelingende Kommunikation 297

    11.​6 Erkunde die Sichtweise des anderen 299

    11.​7 Verstehen, Verständnis haben, einverstanden sein 302

    11.​8 Positives Denken schafft neue Perspektiven 304

    11.​9 Lerne, der Dümmste in der Runde zu sein 305

    11.​10 Vertrauen entsteht durch Erfahrung 307

    11.​11 Erkenne die Stärken 309

    Literatur 311

    12 Kompetenzinventa​r 313

    12.​1 Überblick und Nutzungshinweise​ 314

    12.​2 Kompetenzen von A-Z 315

    12.​3 Feedback mit dem Werte- und Entwicklungsquad​rat 382

    Literatur 387

    13 Schlusswort 389

    Über die Autoren

    Karen Zoller

    Jahrgang 1973, ist Diplom-Psychologin und systemische Supervisorin. Sie ist Lehrtrainerin und Lehrcoach am Schulz von Thun-Institut für Kommunikation und hat dort eine Coaching-Praxis. Als selbstständige Kommunikationstrainerin, Moderatorin und Prozessberaterin in Unternehmen sowie Non-Profit-Organisationen arbeitet sie in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich. Karen Zoller war lange Jahre als Lehrbeauftragte an der Universität Hamburg tätig und publiziert als Buch- und Fachartikel-Autorin.

    Paul Nussbaumer

    Jahrgang 1953, war mehr als 25 Jahre Direktor und Dozent in der Führungsausbildung an der staatlich anerkannten Belvoirpark Hotelfachschule Zürich, zu der auch öffentliche Betriebe gehören. Die Schwerpunkte seiner Lehrtätigkeit lagen auf der Führungskommunikation und der Führungspsychologie. Paul Nussbaumer ist als Verwaltungsrat tätig und war Präsident verschiedener Organisationen und Verbände in der Schweiz. Er berät Unternehmungen und schult Führungskräfte unterschiedlichster Firmen in der Dienstleistungsbranche.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    K. Zoller, P. NussbaumerPersönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-26350-8_1

    1. Einleitung

    Karen Zoller¹  und Paul Nussbaumer²

    (1)

    zoller kommunikation, Hamburg, Deutschland

    (2)

    Belvoirpark Hotelfachschule HF, Zürich, Schweiz

    Zusammenfassung

    Das vorliegende Buch will eine Brücke „aus der Praxis für die Praxis" schlagen: Eine Verbindung zwischen bewährtem und nützlichem Wissen über Führung einerseits und lehrreichen Erkenntnissen aus jahrzehntelanger Führungs- und Beratungserfahrung andererseits. In Abschn. 1.1 beschreiben wir als Zielsetzung des Buches die Absicht, junge Führungskräfte auf die Übernahme ihrer neuen Rolle vorzubereiten und bereits Erfahrene anzuregen, ihr Führungsverhalten und ihr Selbstverständnis als Führungskraft zu reflektieren. In Abschn. 1.2 stellen wir vier verschiedene Perspektiven auf das Thema Führung vor, deren Schnittmenge leitend für den Aufbau und die Auswahl der Inhalte dieses Buches war. In Abschn. 1.3 geben wir einen Überblick über alle dreizehn Kapitel des Buches, Abschn. 1.4 enthält Hinweise zur gewünschten Lesart des Buches aus Sicht der Autoren.

    Wer eine Führungsposition übernimmt, der sieht sich einer Flut von Erwartungen ausgesetzt. Die Unternehmensleitung will Leistung in Form von Rendite sehen, dabei muss die Qualität stimmen, die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit soll hoch und die Personalfluktuation niedrig sein. Innovatives Denken ist gefordert, ohne die Wurzeln zu kappen, die das Fundament des Unternehmens bilden und seine Identität prägen. Die Mitarbeitenden wünschen sich einen verständnisvollen Vorgesetzten, der für ihre Bedürfnisse ein offenes Ohr hat, Rücksicht nimmt und gegenüber der Geschäftsleitung für sie einsteht, ihnen den gewünschten Freiraum gewährt und gleichzeitig Sicherheit gibt. Hinzu kommen die eigenen Erwartungen der Führungskraft an sich selbst, einen guten Job zu machen und ein Chef zu sein, der respektiert und geschätzt wird. Wie eine Führungskraft mit diesen Erwartungen fertig wird, wie sie an die Führungsaufgabe herangeht und wie sie unter Druck und Anspannung agiert, hat nicht zuletzt mit ihrer Persönlichkeit zu tun. Sich vor dem Hintergrund der Rollenanforderungen mit eigenen Verhaltensmustern auseinander zu setzen, beinhaltet die Chance, seine Wirkung auf unterschiedliche Mitarbeiter besser einschätzen zu können und das eigene Verhaltensrepertoire schrittweise zu erweitern.

    Dass neue Führungskräfte systematisch auf ihre Rolle vorbereitet, entsprechend ausgebildet und begleitet werden, ist unserer Erfahrung nach in den Unternehmen immer noch nicht die Regel. Mit dem Tempo, in dem mitunter die Karriereleiter erklommen wird, kann das Hineinreifen in die anspruchsvolle Führungstätigkeit nicht immer Schritt halten. Viele Führungskräfte sind auf diesem Weg in ihrer persönlichen Weiterentwicklung auf sich selbst zurückgeworfen. Gut beraten ist, wer einen Coach oder einen Mentor an seiner Seite hat, mit dem er sich auf die fachlichen und die menschlichen Herausforderungen der Führung vorbereiten oder schwierige Situationen reflektieren kann. Wir beide begleiten in unterschiedlicher Art und Weise Führungskräfte auf ihrem Entwicklungsweg: Karen Zoller beschäftigt sich als Psychologin, Kommunikationstrainerin und systemische Beraterin mit der Frage, wie der Brückenschlag zwischen Professionalität und Menschlichkeit in Organisationen und speziell in der Führungsrolle gelingen kann. Paul Nussbaumer hat mehrere Jahrzehnte Erfahrung in der Führung und Entwicklung von Unternehmen, in der Mitarbeiterführung sowie in der Ausbildung von Führungskräften. Wir haben uns vor vielen Jahren in einem Seminar kennengelernt und sind miteinander im Dialog geblieben über die Aufgaben, Fallstricke, Herausforderungen und Chancen der Führungsrolle in Organisationen. Aus unserem Austausch entstand die Idee, Führungserfahrung, Ausbildungswissen und Beratungserfahrung zu einer Führungsfibel zusammenzuführen. Dieses Buch ist demnach ein Ergebnis dessen, was wir aus unseren verschiedenen Perspektiven als essenziell für die Führung ansehen.

    1.1 Zielsetzung des Buches

    Wir wollen Ihnen mit diesem Handbuch fundiertes Wissen über Führung vermitteln und dabei die Dimension der Persönlichkeit einbeziehen, um Sie zum kritischen Nachdenken über das eigene Führungsverhalten und Ihr Selbstverständnis als Führungskraft anzuregen bzw. um Sie auf die erstmalige Übernahme einer Führungsrolle vorzubereiten. Mit konkreten Tipps aus der Praxis möchten wir Sie unterstützen, die Herausforderungen des Führungsalltags so zu meistern, dass Sie dabei authentisch bleiben, Ihre Stärken zum Einsatz bringen und Ihre Schwächen ausgleichen können.

    Wir haben den Anspruch an dieses Buch, einerseits der menschlichen Vielfalt und der Komplexität von Organisationen Rechnung zu tragen und unzulässige Vereinfachungen zu vermeiden. Andererseits wollen wir eine klare Orientierung ermöglichen, hierfür sind „Rezepte und Typologien mitunter hilfreich und haben ihre Berechtigung. So entstand die Idee, die Buchinhalte durch virtuelle Führungskräfte zu veranschaulichen, die in Kapitel drei eingeführt werden: Die vier „Führungs-Avatare Nährlich, Distel, Daumüller und Wechsler gehen Aufgaben und Situationen jeweils auf unterschiedliche Art und Weise an. Ihre Denk- und Verhaltensstile unterschieden sich erheblich, ebenso ihre Werte und Vorlieben. Die Vor- und Nachteile des jeweiligen Stils werden durch den Bezug der Kapitelinhalte auf die Avatare anschaulich und plastisch. Dies soll Ihnen ermöglichen, Ihr eigenes Führungshandeln und -verhalten durch Identifikation („so oder ähnlich würde ich auch handeln) und durch Abgrenzung („das käme mir nicht in den Sinn) zu reflektieren.

    Alle in diesem Buch genannten Fallbeispiele stammen aus der Praxis. Es handelt sich um typische Konstellationen und Situationen, wie sie tagtäglich in den Unternehmen vorkommen. Gemeinsam mit den Avataren sollen sie die Inhalte zum Leben erwecken und ein tieferes Verständnis von der Komplexität des Themas Führung ermöglichen.

    1.2 Perspektiven auf Führung

    Wer führen will, der muss etwas über Organisationen wissen (wie „funktioniert ein Unternehmen?), ein Verständnis von Teams entwickeln (wie „funktionieren Gruppen?) und sich möglichst zu einem klugen Menschenkundler entwickeln (wie „funktionieren Menschen?). Wer nur einen dieser Aspekte in der Führung berücksichtigt, übersieht Wesentliches. Wer empathisch führt und einen guten Kontakt zu seinen Mitarbeitern herstellen kann, in seiner Rolle aber widersprüchlich handelt und die Ziele aus den Augen verliert, der schadet dem Unternehmen. Ebenso verhält es sich mit einem rein zahlengetriebenen Manager, der Mitarbeiter lediglich als „Human-Kapital verwaltet und menschliche Aspekte wie die begrenzte Belastbarkeit oder die Bedeutung von Mitarbeiterzufriedenheit ausblendet.

    Wir nutzen in diesem Buch verschiedene Perspektiven auf Führung, um ein integrierendes Gesamtverständnis für das Thema anzuregen. In der Definition von Führung spielen die Begriffe „Management und „Leadership eine besondere Rolle.

    Management-Perspektive

    Unter „Management wird die strukturelle, sachlogische Führung verstanden. Welche Ziele und Ergebnisse sollen erreicht werden? Welche Aufgaben leiten sich daraus ab? Welche Strukturen und Abläufe sind erforderlich, damit die Menschen in der Organisation Leistung erbringen können? Eine Führungskraft braucht grundlegendes Wissen über Management, um ihren Verantwortungsbereich adäquat steuern zu können: Planung, Organisation, Personaleinsatz, Anweisung und Kontrolle stehen im Vordergrund des Managements, Ordnung und Struktur sind leitende Prinzipien. Die Management-Perspektive ist notwendig und wichtig, aber nicht allein ausreichend für eine Betrachtung der Führungsrolle, es braucht auch „Leadership.

    Leadership-Perspektive

    Unter dem Begriff „Leadership (wesentlich bekannt geworden durch die Veröffentlichung „A Force for Change des Harvard-Professors John P. Kotter 1991) rückt vermehrt der dynamische, auf die Zukunft gerichtete Aspekt von Führung ins Blickfeld: Wie sieht die Vision eines Unternehmens aus und wie kann sie in sinnvolle Ziele übersetzt werden? Was ist zu tun, damit die Mitarbeiter die Ziele als sinnhaft erleben und motiviert arbeiten? Wie lässt sich eine positive Teamkultur entwickeln? Welche Art des Umgangs zwischen Führendem und Geführten ist zieldienlich, wie muss die Führungsbeziehung gestaltet sein? Themen wie Strategie, Vision und Motivation rückten durch den Leadership-Begriff stärker ins Bewusstsein.

    Management oder Leadership? Es braucht beides!

    Die Begriffe Management und Leadership werden je nach Nutzerinteresse und Anwendungskontext mit einer unterschiedlichen Wertung versehen. Management und Leadership sollten unserer Meinung nach nicht als Alternativen betrachtet werden. Zukunftsfähige Unternehmen brauchen ein gutes Management, eine vorausschauende Organisation – und sie brauchen Leadership, um durch die Gestaltung der Führungsbeziehung das Beste in den Mitarbeitern hervorzubringen.

    Ein Unternehmen wird betrieben und getragen von Menschen, deren Engagement und Zusammenarbeit entscheidend für die Produktivität und Lebensfähigkeit des Unternehmens ist. Die Existenz der meisten Unternehmen ist heute daran geknüpft, die sich verändernden Bedürfnisse ihrer Kunden schnell aufzugreifen (besser noch: sie vorherzusehen) und darauf mit dem passenden Produkt oder der passenden Dienstleistung zu reagieren. Das erfordert eine Fähigkeit, die unter dem Begriff „Agilität" derzeit als moderner Ansatz gefeiert wird, wobei das Konzept der Agilität bereits aus den 1950er-Jahren stammt (ein interessanter Umstand, der einmal mehr belegt, dass auch Erkenntnisse erst ihren Markt brauchen, um Verbreitung zu finden). Nicht selten wird jedoch übersehen, dass das Implementieren von agilen Methoden und das Eliminieren von Führungspositionen allein nicht ausreichen, um das erwünschte Wissen aus den Köpfen der Mitarbeiter synergetisch zu nutzen und kundendienlich auf die Straße zu bringen. Im Gegenteil stellt agiles Arbeiten höchste Anforderungen an die fachlichen und vor allem auch an die sozialen Kompetenzen der Mitarbeiter.

    Wer erreichen will, dass seine Mitarbeiter sich offen austauschen, frei denken, kooperationsbereit sind und ihre eigenen Interessen dem gemeinsamen Ziel unterordnen, der muss sich mit der Frage befassen, unter welchen Bedingungen Mitarbeiter und Teams sich mit einer Sache identifizieren und leistungsbereit sind. Eine Herausforderung sehen wir dabei im konstruktiven und wertschätzenden Umgang der Führungskraft mit den unterschiedlichen Wahrnehmungen, Ideen und Bewertungen ihrer Mitarbeiter. In groß angelegten Studien zur Mitarbeiterzufriedenheit (zum Beispiel von dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup) zeigt sich ein ähnliches Bild wie in Pausengesprächen auf Seminaren und Workshops: Mitarbeiter fühlen sich von ihren Vorgesetzten oft nicht ausreichend wahrgenommen, in ihrem Engagement nicht genügend wertgeschätzt, mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung zu wenig beteiligt und einbezogen. In einer Zeit, in der Innovationsfähigkeit zu den zentralen Erfolgsfaktoren gehört, wird gerade die Vielfalt an Ideen, Wissen und Kompetenz in den Köpfen zum Kapital des Unternehmens. In der Unterschiedlichkeit steckt die Chance für Entwicklungen, wenn sie mit gutem Geist und kluger Hand gelenkt werden. Ein Segen, wenn eine Führungskraft dieses Potenzial erkennen, würdigen und nutzen kann.

    Aus diesen Überlegungen heraus muss eine umfassende Betrachtung der Führungsrolle auch die systemisch-soziologische und die psychologische Perspektive einbeziehen. Während die systemisch-soziologische Perspektive eine Schnittmenge sowohl mit Management als auch mit Leadership besitzt (zum Beispiel „Selbstverständnis in der Führungsrolle), befasst sich die psychologische Perspektive mit wesentlichen Voraussetzungen für gelingendes Leadership (zum Beispiel „Selbstführung).

    Die systemisch-soziologische Perspektive auf Führung: Dynamik, Wechselwirkung und Interaktion

    Unsere Erfahrung in der Führung von Unternehmen und Organisationen, in der Ausbildung und im Coaching von Führungskräften sowie in Beratungsprozessen (die oft ein Nachjustieren, ein „Führen im Nachhinein initiieren) haben uns gelehrt: Zu den größten Herausforderungen der Führungstätigkeit gehört ein klares Verständnis der eigenen Rolle, die Antwort auf die Fragen: „Wofür gibt es mich im Unternehmen? Was soll durch die Funktion, die ich besetze, erreicht werden? Mit Blick auf die Organisation, die Mitarbeiter und die zentralen Schnittstellen stellt sich die Frage, welche Erwartungen andere an Sie als Führungskraft richten. In der Mehrheit der Beratungsprozesse zeigt sich, dass die Rollen der Beteiligten nicht ausreichend geklärt sind, um miteinander die gesteckten Ziele zu erreichen. Es kommt zu Irritation, Frustration und Konflikten, die im besten Fall frühzeitig angegangen werden, häufiger jedoch lange vor sich hin schwelen.

    Jede Rolle im Unternehmen beinhaltet durch die an sie geknüpften Erwartungen, Aufgaben und Zuständigkeiten einen gewissen Zwang (den man in der Regel erst dann bemerkt, wenn man mit den Anforderungen der Rolle in Konflikt gerät). Der Zwang kann umgekehrt als Schutz erlebt werden, wenn die Rolle ein klares Spielfeld definiert, auf dem der Rolleninhaber sich bewegen kann und soll. Je besser Sie als Führungskraft Ihr Spielfeld kennen und beherrschen, desto klarer können Sie sich in Ihrer Rolle so positionieren, wie die Situation es erfordert. Wer über Sicherheit in seiner Rolle verfügt, der kann zu den an ihn gestellten Erwartungen gegebenenfalls auch kritisch auf Distanz gehen und diese thematisieren.

    Es ist zunehmend die Normalität, dass Strukturen und Prozesse in den Unternehmen kaum mit den Anforderungen Schritt halten können, die aus den Marktentwicklungen erwachsen. Ob Schnittstellen angepasst, Abläufe verändert oder Befugnisse ausgeweitet werden müssen, zeigt sich unmittelbar bei dem Rollenträger, der in der Ausübung seiner Rolle an Grenzen stößt. Ein klares Rollenbewusstsein sowie die Fähigkeit, auftauchende Probleme frühzeitig zu kommunizieren, sind wesentliche Voraussetzungen für zukunftstaugliche Entwicklungen. Das Zusammenspiel der Inhaber verschiedener Positionen im Unternehmen muss letztlich über die Rollen so angepasst werden, dass die Ziele erreicht werden können. Ein gutes Rollenkonzept ist daher ein wertvolles Erkenntnismittel zur Einschätzung von Situationen. Das Rollenkonzept in diesem Buch wurde von den Organisationsentwicklern Jens Hager van der Laan und Karin van der Laan als Folge der Erkenntnis entwickelt, dass eine rein an psychologischen Modellen orientierte Mitarbeiter-Beurteilung der Gefahr des „Vermenschelns" ausgesetzt ist, wenn dadurch strukturell begründete Probleme verwischt werden.

    Wo Menschen zusammenarbeiten, entsteht eine hohe, nicht immer voraussehbare Dynamik. Neben einem klaren Rollenbewusstsein halten wir ein gruppendynamisches Verständnis für wichtig, damit eine Führungskraft das zwischenmenschliche Geschehen in ihrem Team erkennen und sich einen Reim darauf machen kann. Wer in der Lage ist, die Signale kundig zu deuten, kann steuernd Einfluss nehmen. Gegensätzliche und manchmal widersprüchliche Erwartungen bringen die Führungskraft in Zwickmühlen: Es gilt, verschiedene Interessen sorgsam abzuwägen und die Auswirkungen des eigenen Handelns zu bedenken, ohne die Sicherheit eines eindeutigen „richtig oder „falsch. Als Führungskraft können Sie nicht immer das tun, was Ihnen als Mensch entsprechen würde. Gleichzeitig wollen Sie sich selbst treu bleiben, sich nicht verbiegen, authentisch sein. Dieses Spannungsverhältnis zwischen beruflicher Rolle und Persönlichkeit gilt es immer wieder aufs Neue auszugleichen. Das verstehen wir unter „Selbstführung".

    Die psychologische Perspektive auf Führung: den inneren Menschen verstehen und einbeziehen

    So wie es nicht „den Mitarbeiter gibt, so gibt es auch nicht „die Führungskraft. Dem einen gelingt es besonders gut, empathische Beziehungen aufzubauen, der andere verfügt über Durchsetzungsstärke. Einer ist besonders kreativ und seine Begeisterung ist ansteckend, ein anderer hat seine Stärke im systematischen Angehen von Aufgaben und er überzeugt durch sachliche Argumente. Nicht jeder ist stressresistent und nicht alle sind empathische Zuhörer. Ergo: Menschen haben sehr verschiedene Stärken, Schwächen und Ressourcen, und wir haben in der Regel nur begrenzt Einfluss darauf, mit wem wir in einem Unternehmen zusammenarbeiten. Die Mitarbeiter in einem Unternehmen bilden eine Schicksals- und Zweckgemeinschaft. Das bedeutet letztlich, auch dann miteinander klarkommen zu müssen, wenn man sich persönlich vielleicht nicht „grün" ist.

    Mancher potenzielle Zündstoff wie eine fehlende Klarheit über die Zuständigkeiten und Befugnisse lässt sich über eine saubere Rollendefinition entschärfen. Die bestehenden Rollendefinitionen zu überprüfen und sie gegebenenfalls zu präzisieren sollte in einem Konflikt der erste Schritt sein. Dies gilt umso mehr, als eine Rolle sich leichter verändern lässt als die Persönlichkeit! Aber wir dürfen auch den Menschen nicht übersehen: Letztlich ist es der Mensch in der Rolle, der handelt. Und es sind Menschen, die die Auswirkungen dieses Handelns erleben und manchmal auch erleiden. Pauschale Führungsrezepte helfen wenig weiter, jeder Mensch in einem Unternehmen agiert und reagiert anders. Deshalb empfehlen wir Führungskräften, sich nicht nur Führungs-Theorien anzueignen und für klare Rollen zu sorgen, sondern sich auch in der „Menschenkunde" zu üben.

    Führungsausbildung ist vielerorts noch so aufgebaut, als hätten alle Menschen im Unternehmen im Wesentlichen dieselben Bedürfnisse. Nur zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern oder zwischen Männern und Frauen zu unterscheiden, reicht nicht aus. Dies wird der Realität nicht gerecht. Menschen haben unterschiedliche Talente, Befindlichkeiten, Erwartungen, Ziele und Wertehaltungen. Und sie wollen als Individuen wahrgenommen werden. Die heutigen Wissensarbeiter sind Eigner des wohl wichtigsten Kapitals des Unternehmens: ihres Fachwissens, ihrer Kreativität, ihrer Problemlösekompetenz und ihrer Erfahrung. Damit verschiebt sich das Verhältnis zwischen Mitarbeiter und Unternehmen, denn anders als im Industriezeitalter gehört das Produktionskapital nicht dem Unternehmen. Der Wissensarbeiter trägt es in sich, und er nimmt es mit, wenn er das Unternehmen verlässt. Für die Generation Y scheint Geld nicht mehr der wesentliche Anreiz von Arbeit zu sein, der einen Mitarbeiter an ein Unternehmen bindet. Das Unternehmen muss schauen, wie es kluge Köpfe halten kann. Wer hingegen an seinem Arbeitsplatz zufrieden ist, seine Leistungen wertgeschätzt sieht, sich als Person wahrgenommen fühlt und sich gemäß seiner Stärken entwickeln kann, der wird wenig Gründe haben, das Unternehmen zu verlassen.

    Die psychologische Perspektive, die wir in diesem Buch einnehmen, ist zum einen stark geprägt durch die Kommunikationspsychologie von Prof. Friedemann Schulz von Thun, mit dem Karen Zoller seit mehr als zwei Jahrzehnten zusammenarbeitet und dessen Modelle in der Führungsausbildung an der Hotelfachschule von Paul Nussbaumer eine wichtige Rolle spielen. Zum zweiten speist sie sich aus den Erkenntnissen vielfältiger Beratungsprozesse der Autorin mit Einzelnen, Teams und Organisationen, in denen auf eindrückliche Weise immer wieder deutlich wird, wie sehr „der Faktor Mensch" am Geschehen in den Unternehmen beteiligt ist und dieses (oft unterschwellig) maßgeblich mitprägt.

    1.3 Aufbau des Buches

    Nach der Einleitung betrachten wir im Kapitel „Neu in der Führung" die grundsätzlichen Anforderungen, die an eine Führungskraft gestellt werden. Sie übernehmen vielleicht zum ersten Mal eine Führungsfunktion: Was kommt auf Sie zu? Was gehört zu Ihren Aufgaben, wofür sind Sie künftig verantwortlich? Wie gestalten Sie die ersten 100 Tage in der neuen Rolle?

    Im dritten Kapitel „Persönlichkeit und Führung steht die psychologische Perspektive im Vordergrund, das „Riemann-Thomann-Modell (Thomann 2004) wird eingeführt. Es hilft Ihnen, psychologische Grundbedürfnisse von Menschen zu verstehen und sich in der Führung auf sie einzustellen. Dem Riemann-Thomann-Modell mit seinen vier Polen folgend stellen wir die vier Führungs-Avatare vor. Sie verkörpern jeweils einen Verhaltensstil in Reinkultur und begleiten uns fortan durch alle Kapitel des Buches.

    Im vierten Kapitel „Führungsrolle befassen wir uns zunächst mit dem Rollenkonzept. Wir nehmen dann unter die Lupe, was in eine Stellenbeschreibung hineingehört und welche Tücken darin verborgen sind, um dann zu dem Menschen zu kommen, der in dem Rollenmantel steckt: Was hat er für ein Selbstverständnis? Wie begreift er seine Rolle? Wir befassen uns anhand des „Werte- und Entwicklungsquadrats (Schulz von Thun 1989) mit typischen Zwickmühlen in der Führung. Den Abschluss des Kapitels bildet das Modell vom „Inneren Team" (Schulz von Thun 1998). Als Instrument zur Selbsterkundung und in der Selbstführung hilft es uns dabei, eine Haltung gegenüber dem Erwartungsgeflecht zu entwickeln: Wer führt, bekommt es mit sich selbst zu tun!

    Das fünfte Kapitel behandelt das „Führungshandwerk. Es beginnt mit einer kritischen Betrachtung des Begriffs der idealen Führungskraft: Ergibt ein solches Ideal überhaupt Sinn? Als Handwerkszeug systematischer Führung stellen wir anschließend den Management-Zyklus vor: ausgehend von einer Situationsanalyse werden anhand verschiedener aufeinander abgestimmter Prozess-Schritte die angestrebten Ergebnisse erreicht. Die heute in vielen Unternehmen praktizierte Führungsmethode des „Führens durch Zielvereinbarungen nach Peter Drucker schliesst sich an. Den Abschluss des Kapitels bilden kritische Überlegungen zur Frage der Mitarbeitermotivation (kann man Menschen motivieren und wenn ja, wie?) sowie Empfehlungen für ein professionelles Zeit-Management in der Führungsrolle.

    Das sechste Kapitel behandelt die Führungskommunikation als wichtigstes Transportmittel für Informationen in der Mitarbeiterführung. Das „Kommunikationsquadrat" (Schulz von Thun 1981) wird hier eingeführt und die Kommunikationsstile der vier Führungs-Avatare werden unter dem Aspekt des Kommunikationsquadrates betrachtet. Anschließend beschäftigen wir uns mit förderlichen und hinderlichen Verhaltensweisen in der Kommunikation und enden mit Gedanken, in welchen Fällen elektronische Kommunikationsmedien sinnvoll und angemessen sind und wo sie eher für Probleme sorgen.

    Kapitel sieben ist dem Thema „Mitarbeitergespräche gewidmet. Es behandelt nach der Darstellung wesentlicher Prinzipien gelingender Gesprächsführung und eines allgemeinen Gesprächsleitfadens verschiedene Formen des Mitarbeitergespräches, wie das Feedback-Gespräch, das Zielvereinbarungsgespräch und das Trennungsgespräch. Anhand von Praxisbeispielen werden die wichtigsten Kompetenzen und Fallstricke beschrieben und mit den Verhaltensstilen der Führungs-Avatare verknüpft. Das „Situationsmodell (Schulz von Thun 1998) dient uns in diesem Kapitel als Orientierungs- und Klärungsinstrument für ein gemeinsames Situationsverständnis der Gesprächspartner.

    Das achte Kapitel über „Konflikt-Management befasst sich mit einer Schlüsselkompetenz von Mitarbeiter- und Teamführung. Die Leistungsfähigkeit eines Teams ist wesentlich dadurch beeinflusst, wie es mit Spannungen und mit Konflikten umgeht. Der Führungskraft kommt dabei die Rolle eines Lotsen zu, der auf mitunter stürmischer See navigieren muss. Was dabei zu beachten ist und welche Fallstricke es gibt, wird anhand verschiedener Praxisbeispiele ausgeführt. Sie reflektieren Ihren eigenen Verhaltensstil in Konflikten, lernen wesentliche Muster von Konfliktdynamik wie den „Teufelskreis (Schulz von Thun 1989) sowie Ansätze für die Klärung und Lösung von Konflikten kennen.

    Das neunte Kapitel „Team-Management behandelt zunächst die Fragen, was ein Team ist und welche unterschiedlichen Qualitäten und Stärken der Mitarbeiter einen guten Mix ergeben. Das Unterkapitel zur Teamentwicklung beleuchtet anhand verschiedener Prozessphasen die Entwicklung eines Teams von der Startphase bis zur Performance. Das anschließende Thema „Teamdynamik befasst sich mit den zwischenmenschlichen Wirkkräften, die die Leistungsfähigkeit des Teams beeinflussen. Wir gehen der Frage nach, worauf es bei Meetings ankommt, damit sie als sinnvolle Kommunikations- und Informations-Knotenpunkte fungieren. Abschließend gehen wir auf Entscheidungsprozesse in Teams ein und geben Hinweise, wie sich die Qualität von Teamentscheidungen steigern lässt.

    Das zehnte Kapitel behandelt das Thema „Führen in Veränderungsprozessen": Worauf kommt es an, damit diese erfolgreich gelingen können? Wir befassen uns damit, dass angekündigte Veränderungen im und am Unternehmen bei den Mitarbeitenden oft Unsicherheit und Ängste auslösen. Wir erläutern, wie wichtig und zugleich anspruchsvoll der Perspektivenwechsel zwischen der Mitarbeiter- und der Unternehmenssicht ist und welche Rolle eine gute Kommunikation im Veränderungsprozess spielt.

    Kapitel elf fasst mit den „Führungsweisheiten" wesentliche Essenzen von Führung zusammen und greift einige zentrale Gedanken des Buches in verdichteter Form noch einmal auf.

    Den Abschluss bildet das Kapitel zwölf mit dem „Kompetenzinventar, eine praktische Unterstützung zur Beurteilung von Mitarbeitern: Verhaltensqualitäten, die in vielen Unternehmensbereichen gefragt sind, werden definiert und in ihrem Potenzial sowie in ihrer Übertreibungsgefahr mithilfe des „Werte- und Entwicklungsquadrats beleuchtet. Anschließend werden durch differenzierte Beobachtungs- und Beurteilungskriterien Hinweise gegeben, wie die Kompetenzen im Dialog mit dem Mitarbeiter konkretisiert werden können, um eine transparente und entwicklungsförderliche Einschätzung zu ermöglichen.

    Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir in diesem Buch überwiegend das generische Maskulinum. Dies impliziert immer beide Formen, schließt also die weibliche Form mit ein.

    1.4 Anmerkungen zur Lesart des Buches

    Die Inhalte dieses Buches entsprechen unserer Vorstellung von einer gleichermaßen ökonomisch und menschlich verantwortungsvollen Mitarbeiterführung. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Realität in den Unternehmen oft anders aussieht. Ein Grundlagen-Lehrbuch sollte sich unserer Meinung nach an einer Vorstellung von guter Führung orientieren, dabei aber gleichzeitig ausreichend „Realitätsnähe" besitzen, um an die Welt der Leser anschlussfähig zu sein. Diesen Brückenschlag unternehmen wir mit unseren Fallbeispielen aus der Praxis: Sie bilden das ab, was sich tagtäglich in Unternehmen ereignet. Wir betrachten die Beispiele aus dem Blickwinkel, was führungsseitig dort verpasst wurde oder was sinnvoll zu tun wäre. Mit den Lehren aus diesen praktischen Beispielen sowie den inhaltlichen Abhandlungen, Modellen und Methoden möchten wir unseren Lesern das Wissen und das Werkzeug an die Hand geben, um die eigene Führung (und auch die Führung anderer) bewusster reflektieren und fundierter beurteilen zu können.

    Wir gehen gedanklich und sprachlich von einer Führungsebene aus, die eine oder mehrere Ebenen unterhalb der Geschäftsführung liegt, über der also es mindestens eine weitere Hierarchieebene gibt. Jedoch lassen sich nahezu alle Inhalte des Buches auch auf die Geschäftsführung übertragen. Durch die Fokussierung auf diese Führungsebenen wird gut sichtbar, in welchem Spannungsverhältnis die überwiegende Zahl der Führungskräfte steht: Sie befinden sich in einer „Sandwich-Position, sie sind gleichzeitig Unterstellte eines Chefs und Überstellte ihres Teams. Diese Position beinhaltet ein großes Spannungspotenzial: Von einer Führungskraft wird von „oben Loyalität in der Umsetzung von Vorgaben erwartet, gleichzeitig hat sie nach „unten fachlich und menschlich die Verantwortung für die Mitarbeiter, die diese Vorgaben umsetzen müssen. Nicht immer findet die Führungskraft gut, was „oben entschieden wird. Mitarbeiter sind nicht selten anderer Meinung als die Geschäftsführung und tun diese Meinung gegenüber ihrem Vorgesetzten kund. Wo viele Menschen zielorientiert und koordiniert zusammenarbeiten müssen, können nicht alle (mit)bestimmen und nicht jede Entscheidung wird von jedem gutgeheißen. Dieser Umstand ist als solcher unvermeidbar und gehört zur systemischen Realität.

    Was aber, wenn eine Führungskraft mit „schlechter Führung konfrontiert ist, aus welchen Gründen auch immer diese erfolgt? Wenn sie einen Chef hat, der Hierarchieebenen kreuzt oder unterwandert, oder der die Interessen seines Teams gar nicht oder schlecht vertritt, dem Team gar in den Rücken fällt? Wenn die Geschäftsführung ihre Führungsmannschaft per mail darüber informiert, dass ein gewaltiger Veränderungsprozess ansteht, bei dem sich nahezu alle Führungslinien verändern, dann aber wochenlang keine weiteren Informationen folgen? Wenn der Vorgesetzte der Führungskraft kein „Ohr für die Belange seiner Mitarbeiter hat oder keine Zeit für Gespräche aufbringt? In einer Pressemitteilung zum Gallup Engagement Index, der umfangreichsten Studie zur Arbeitsplatzqualität in Deutschland, heißt es bezogen auf das Jahr 2016: „(…) laut aktuellem Engagement Index hat nur gut jeder zweite Mitarbeiter (56 Prozent) in den letzten 12 Monaten überhaupt einmal mit seinem Vorgesetzten über seine Leistungen gesprochen. Nur 14 Prozent der Mitarbeiter berichten von einem kontinuierlichen Austausch mit dem Vorgesetzten über das Jahr hinweg."

    Derartiges blenden wir nicht aus, wenn wir in diesem Buch Empfehlungen für eine gelingende, wirtschaftlich sinnvolle und gleichzeitig verantwortungsvolle Menschenführung geben. Wir möchten den Leser dazu anregen, seinen Einflussbereich zu erkennen und die eigene Führungsverantwortung darin wahrzunehmen – wie groß oder klein dieser Raum auch sein mag. Verantwortliches Handeln bedeutet, sich das für die eigene Arbeit notwendige Wissen anzueignen, sein Verhalten bewusst zu steuern, die Wirkung des eigenen Tuns zu reflektieren, es kritisch zu hinterfragen und sich weiter zu entwickeln. Diese Gestaltungsmöglichkeit hat jeder Mitarbeiter eines Unternehmens und erst recht jede Führungskraft. Auch wer unter schwierigsten Bedingungen führt, entscheidet letzten Endes selbst über sein Verhalten. Diese Perspektive kann als Bürde verstanden werden – oder als Entlastung, weil sie die eigene Entscheidungsfreiheit bzw. -möglichkeit und damit den eigenen Einfluss innerhalb gegebener Grenzen betont. Die persönliche Schmerzgrenze zu kennen, sei es im Hinblick auf Belastungen, aber auch bezogen auf ethische oder moralische Widersprüche, ermöglicht der Führungskraft, eine innere Haltung zu entwickeln und ihr eigenes Spielfeld abzustecken: Welche Möglichkeiten und welche Grenzen habe ich? Eine klare Haltung ist die Voraussetzung für souveränes Verhalten, auch unter schwierigen Bedingungen.

    Aufgaben brauchen Menschen und Menschen brauchen Aufgaben. Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit, Aufgabenzentrierung und Mitarbeiterorientierung bilden im Unternehmen ein Spannungsverhältnis, bei welchem an den Grenzbereichen (Beispiel fehlende Rentabilität) oft die Wirtschaftlichkeit das entscheidende Kriterium ist. Ein Unternehmen muss rentabel sein und soll Gewinne machen. Dieser Umstand mag dazu beitragen, dass Maßnahmen der Personalentwicklung, beispielsweise zur Persönlichkeitsentwicklung von Führungskräften, mitunter dem Verdacht der Manipulation ausgesetzt sind, es gehe letztlich nur um Profitmaximierung und nicht um die Menschen. In manchen Fällen mag dieser Verdacht berechtigt sein, und dann ist Vorsicht geboten. In anderen Fällen dient der Verdacht vielleicht auch dazu, einen Zaun um die eigene Komfortzone zu ziehen und sich nicht verändern zu müssen?

    Wir finden es in jeglichem Sinne herausfordernd, sich im Spannungsfeld der menschlichen und der ökonomischen Perspektive zu bewegen. Dieses Buch möchte den Lesern eine Unterstützung und Hilfe sein, die Transferleistung vom einen in den anderen Bereich zu vollziehen und sich selbst-bewusst darin zu verorten.

    Literatur

    Gallup Pressemitteilung zum Gallup Engagement Index. (2016). Schlechte Chefs kosten deutsche Volkswirtschaft bis zu 105 Milliarden Euro jährlich (22.03.2017). Berlin.

    Kotter, J. P. (1991). Abschied vom Erbsenzähler (Original: A Force for Change: How Leadership differs from Management). Berlin: Econ.

    Schulz von Thun, F. (1981). Miteinander reden 1: Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

    Schulz von Thun, F. (1989). Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung (S. 43–63). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

    Schulz von Thun, F. (1998). Miteinander reden 3: Das „Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

    Thomann, C. (2004). Klärungshilfe 2: Konflikte im Beruf: Methoden und Modelle klärender Gespräche (S. 230–266). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    K. Zoller, P. NussbaumerPersönlichkeitsbewusste Mitarbeiterführunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-26350-8_2

    2. Neu in der Führung

    Karen Zoller¹  und Paul Nussbaumer²

    (1)

    zoller kommunikation, Hamburg, Deutschland

    (2)

    Belvoirpark Hotelfachschule HF, Zürich, Schweiz

    Zusammenfassung

    Wenn Sie zum ersten Mal eine Führungsaufgabe übernehmen, sehen Sie sich mit vielen Aufgaben konfrontiert, die Ihnen aus der Perspektive des Mitarbeiters wohlbekannt sind. Die Führungssichtweise auf diese Aufgaben ist jedoch gänzlich anders und neu. Unsicherheiten, die aus fehlender Erfahrung resultieren, begünstigen sowohl Überreaktionen als auch das Hinauszögern von Entscheidungen. Im Abschn. 2.1 behandeln wir die Frage, ob Führen lernbar ist und dass der Sprung vom Mitarbeiter zur Führungskraft mit einem Berufswechsel vergleichbar ist. Was kommt alles auf Sie zu, wenn Sie führen? Abschn. 2.2 vermittelt Ihnen eine Orientierung über die Ziele und Tätigkeiten von Führung. Im Sinne des Goethe-Zitats „Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande" finden Sie in Abschn. 2.3 Erklärungen, Hinweise und Tipps, wie Sie die erste Zeit als neue Führungskraft erfolgreich gestalten und wie Sie grundlegende Anfangsfehler vermeiden können.

    2.1 Führen ist lernbar

    Wer Menschen führt, übt Macht aus. Wer Macht ausübt, hat ein besonderes Maß an Verantwortung zu tragen: für Menschen, für eine Abteilung, für ein ganzes Unternehmen, für den wirtschaftlichen Erfolg, damit für Arbeitsplätze – und nicht zuletzt für sich selbst! Die Führungsaufgabe erfordert, sich für Menschen zu interessieren. Wer sich nicht gerne mit Menschen befasst, wer kein Interesse daran hat, wie Zusammenarbeit professionell und menschlich gelingen kann, der sollte sich nicht für den Beruf der Führungskraft entscheiden. Beruf der Führungskraft? Ja, genau! Unter anderem die Verantwortung für Ihre Mitarbeiter macht aus der Führungstätigkeit einen Beruf, der sich deutlich von der Facharbeit unterscheidet. Diesen Umstand auszublenden, ist wie Autofahren, ohne die Verkehrsregeln zu kennen: Unfälle sind vorprogrammiert. Sich der „Menschenverantwortung" bewusst zu sein, ist eine Grundvoraussetzung für Führung.

    Häufig ist der Schritt in die Führung die (logische) Fortsetzung einer erfolgreichen Karriere als Fachkraft. Eine Führungsposition zu erlangen, ist eine Bestätigung für das bisher Geleistete. Häufig werden vorhandene Mitarbeiter zu Führungskräften befördert, wenn sie sich durch einen besonderen Leistungswillen, eine herausragende Zuverlässigkeit, eine beeindruckende Produktivität und qualitativ hervorragende Arbeit bewährt haben. Oder auch, weil sie gute Netzwerker sind, besondere Sympathien beim Chef besitzen, diesem nicht gefährlich werden oder von ihm leicht geführt werden können. Jemanden zur Führungskraft zu ernennen, der bereits im Unternehmen arbeitet, hat Vorteile: Eine gut in das Unternehmen integrierte künftige Führungskraft kennt die Produkte, die Unternehmenskultur, die Abläufe und viele Mitarbeiter der Belegschaft. Allerdings ist nicht jede gute Fachkraft auch eine gute Führungskraft! Jemand kann exzellente fachliche Arbeit leisten und als Fachkraft seine Stärken entfalten. Die Führungsrolle jedoch verlangt andere und neue Fähigkeiten. Führen bedeutet, systematisch und mit etablierten Methoden Aufgaben zu lösen und Ergebnisse zu erzielen. Es bedeutet, gedeihliche Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, wirkungsvolle Gespräche zu führen, Konflikte zu lösen und Menschen zu fördern. Ein Handwerk, das erlernt werden kann. Und erlernt werden muss. Nicht wirklich erlernt werden kann hingegen das Interessen für Menschen, und es mag letztendlich genau dieses Interesse sein, welches den „Handwerker" von einer wirklich guten Führungskraft unterscheidet.

    Jemand, der als Fachkraft eine besonders gute Arbeit leistet, ist nicht automatisch auch eine gute Führungskraft.

    Gibt es die geborene Führungskraft?

    Es gibt Menschen, die quasi „von Natur aus" ein Talent für Führung mitbringen. Menschen, denen die neue Herausforderung geradezu Flügel verleiht, die auf Anhieb ein gutes Gespür dafür haben, das Richtige zu tun und einen guten Umgang mit den ehemaligen Kollegen und mit ihren Chefs finden. Aber solche Talente sind selten – und sie sind nicht unbedingt nötig, um gute Führungsarbeit zu machen (siehe Abschn. 5.​1). Wichtig ist ein gesundes Maß an Selbstkritik, die Bereitschaft aus den eigenen positiven wie auch schwierigen Erfahrungen zu lernen, Feedback an- und ernst zu nehmen und sein Führungsverhalten laufend (weiter) zu entwickeln. In vielen Unternehmen gibt es noch immer keine systematische Qualifizierung für Führungskräfte. Unserer Ansicht nach wird deutlich unterschätzt, dass kompetente Führungsarbeit hoch anspruchsvoll ist und ebenso erlernt werden muss wie fachliche Expertise.

    Das große Risiko einer „intuitiven Führung, bei der die neue Führungskraft ohne Vorwissen und Ausbildung so handelt wie sie es für richtig hält, sind Enttäuschung und Frustration auf beiden Seiten. Wer führt, wird auf menschliche und zwischenmenschliche Herausforderungen sowie manche Zwickmühle stoßen, die ihrer Sandwich-Position als Vorgesetzter und gleichzeitiger Mitarbeiter eines eigenen Vorgesetzten geschuldet sind: Wer führt, ist „König und Diener in einer Person und damit seinem Vorgesetzten und seinen Mitarbeitern gegenüber in unterschiedlicher, ja bisweilen sogar gegensätzlicher Weise verantwortlich! Während der Vorgesetzte erwartet, dass Ziele erreicht werden und die Zahlen stimmen, erwarten die Mitarbeiter, dass ihnen der eh schon belastete Rücken nicht noch voller gepackt wird. Womöglich hat die frisch gebackene Führungskraft mit solchen Situationen nicht gerechnet, fühlt sich ihnen nicht gewachsen, muss aber im schlimmsten Fall alleine damit zurechtkommen, weil keine Unterstützung in Form von Qualifizierung, Begleitung oder Coaching vorgesehen ist, mit denen ein sukzessives Hineinwachsen in die Rollenanforderungen möglich wäre.

    Drum prüfe sich, wer führen will

    Mit dem Aufstieg zur Führungskraft sind ein höheres Gehalt, bestimmte Privilegien und Prestige verbunden – in einer Leistungsgesellschaft sind das hohe Werte. Nicht selten ist auch das ein Antrieb, eine Führungsposition anzustreben. Wenn eine Fachkraft eine Führungsposition anstrebt und sich später herausstellt, dass sie dieser Aufgabe nicht gewachsen ist, ist das nicht selten das Ergebnis unüberlegten Handelns. Manchmal ist ein Bewerber sich nicht wirklich darüber im Klaren, was die Führungsaufgabe ihm abverlangt und er unterschätzt folglich die Belastungen, die aus der neuen Rolle resultieren. Der Wunsch, im Betrieb hierarchisch aufzusteigen, kann die Wahrnehmung trüben, was mit einer Führungsverantwortung alles verbunden ist und wie sich die Beziehung zu den Kollegen verändern wird. Die Konfrontation mit hohen Erwartungen von Mitarbeitern und Vorgesetzen, der immer stärker werdende Leistungsdruck und die täglichen Auseinandersetzungen mit Menschen und deren Befindlichkeiten können eine Belastung sein, die nicht alle Menschen tragen möchten oder können. Bei allem Reiz, den der Aufstieg in die Führungsrolle hat, ist es sinnvoll, selbstkritisch zu beurteilen, ob Sie sich den Herausforderungen stellen, die vermehrte Zeit- und Energieinvestition auf sich nehmen und Ihrem engsten Umfeld, der Familie, die höhere Belastung zumuten wollen.

    Auch seitens der Unternehmung kann es zu Fehleinschätzungen in der Besetzung einer Führungsrolle kommen, wenn nicht die passenden Kriterien leitend bei der Auswahl sind. Folgende Kriterien sind menschlich nachvollziehbar, sie dürfen aber das Kriterium der Eignung für eine Führungsrolle keinesfalls ersetzen: Der Mitarbeiter

    ist mal „dran" mit einer Beförderung, weil schon mehrere ehemalige Kollegen befördert wurden – aber: Ist er auch qualifiziert? Oder ist eine ausreichende (vorbereitende oder begleitende) Qualifizierung sichergestellt?

    ist beliebt bei den Kollegen – aber: Ist er in der Lage und bereit in Kauf zu nehmen, dass er sich mit bestimmten Entscheidungen und Vorgehensweisen auch mal unbeliebt macht, wenn er führt?

    will unbedingt Führungsverantwortung übernehmen – aber: Warum genau will er das? Und trauen ihm auch andere diese Aufgabe zu?

    hat sich als verlässliche Fachkraft bewährt – aber: Lassen die in der Führung geforderten Tätigkeiten den Schluss zu, dass diese Person mit ihren Stärken die richtige Besetzung ist?

    Von einer einmal übernommenen Führungsverantwortung wieder zurück zu treten ist in vielerlei Hinsicht schwer und menschlich sowie organisational eine echte Hürde. Die Frage, wer eine Führungsposition besetzt, sollte deshalb von dem einstellenden Vorgesetzten gründlich bedacht und mit dem Kandidaten sorgsam besprochen werden.

    Verlust guter Fachkräfte

    Wenn eine Fachkraft lediglich wegen ihrer vorbildlichen Arbeitsleistung befördert wird, ist auch auf der Seite des Unternehmens etwas schiefgelaufen. Wird eine gute Fachkraft befördert, hinterlässt sie Lücken. Diese zu schließen ist mit erheblichen Folgekosten für Rekrutierung und Einarbeitung eines Nachfolgers verbunden. Bedenkt man, wie lange es möglicherweise dauert, bis die neue Führungskraft die erwünschte Wirkung bringt, kann über einen langen Zeitraum mehr betriebswirtschaftlicher Schaden denn Nutzen daraus erwachsen. Scheitert die Führungskraft, ist der entstandene Schaden immens. Verloren hat man dann gleich zweimal: Eine herausragende Fachkraft, deren ehemalige Stelle jetzt neu besetzt ist und eine Führungskraft, deren Stelle nun ebenfalls mit einem zeit- und kostenintensiven Verfahren neu besetzt werden muss. Und doch ist der Weg, die beste Fachkraft zur Führungskraft zu machen, ein oft praktizierter Weg, weil die Vorgesetzten in der Regel weiterführen, was sie selbst erlebt haben und als „normale" Führungskultur verstehen. Und schließlich birgt es auch Probleme, einen herausragenden Mitarbeiter im Unternehmen nicht zu befördern. Es besteht das Risiko, dass der Nicht-Beförderte enttäuscht, gar frustriert ist. Oft spielt auch die Sorge eine Rolle, eine gute Fachkraft gänzlich zu verlieren, wenn man ihrem Wunsch nach Aufstieg nicht nachkommt.

    Internen Bewerbern oder möglichen Kandidaten den Vorrang zu geben, ist eine bewährte und sinnvolle Fördermaßnahme – vorausgesetzt, sie wird richtig praktiziert. Wird in einem Unternehmen der durchaus lohnenswerte Grundsatz: „Nachwuchs aus den eigenen Reihen" gelebt, bedeutet professionelles Handeln die internen Bewerber konsequent demselben Evaluationsverfahren zu unterziehen, wie es für externe Bewerber praktiziert wird. Die vergangenen Leistungen wurden bereits gewürdigt, sonst wären diese Menschen nicht auf dem Kandidaten-Karussell. Es dreht sich alleine um die Frage, ob sie denn für die künftigen Aufgaben geeignet sind.

    Nur bei im Wesentlichen vergleichbarer Qualifikation für die künftige Führungsaufgabe darf die erfolgreiche Betriebszugehörigkeit ausschlaggebend für die Führungskräfteauswahl sein!

    Seitens des Unternehmens sollte bei der Neubesetzung einer Führungsposition überlegt werden, ob „frischer Wind nicht sinnvoller wäre als „Eigengewächse zu unterstützen. Menschen, die unbelastet von außen in ein Unternehmen kommen, bringen neue Sichtweisen und Erfahrungen ein. Sie hinterfragen sinnvollerweise betriebliche Normalität und können Innovationsprozesse oft leichter beschleunigen als wenn der Kollege zum Vorgesetzten wird. Vorausgesetzt, es wird bei der Einstellung bereits darauf geachtet, ob der „frische Wind atmosphärentauglich ist für die „Kultur des Unternehmens. Wenn diese Anschlussfähigkeit fehlt, wenn nicht der Eindruck vorhanden ist, dass die neue Führungskraft einen positiven Beitrag zur Firmenkultur leisten kann, dann wird die Unverträglichkeit des „frischen Windes dazu führen, ihn schnell als „heiße Luft verdampfen zu lassen.

    Alternative Entwicklungsmöglichkeiten

    Es gibt einen Weg, der aus der Fachkräfte-Zwickmühle hinausführen kann. Für herausragende Fachkräfte, die sich aber nicht für die Führung eignen, kann die Möglichkeit der Spezialisierung (Job-Enrichment) oder der Erweiterung des Aufgaben- und Verantwortungsbereichs (Job-Enlargement) genutzt werden. Voraussetzung dafür ist das periodische Feedbackgespräch, die wertschätzende und dennoch klare Beurteilung der geleisteten Arbeit, der Stärken des Mitarbeiters und seines Verhaltens in bestimmten Arbeits-Situationen genauso wie das Aufzeigen seiner Grenzen. Das alles ist zwar keine Garantie, dass ein Mitarbeiter dann zufrieden mit seinem Job bleiben wird, aber die Chancen stehen deutlich besser, ihn zu halten und seine Zufriedenheit zu steigern. Sie kann noch verstärkt werden, wenn in einer Absage oder Nichtberücksichtigung zur Beförderung ausreichend sachliche Argumente genannt werden, die sich als tragfähige Brücke eignen, um sich

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